TE Vwgh Beschluss 2021/2/1 Ra 2019/11/0064

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Veröffentlicht am 01.02.2021
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Index

L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
GVG Tir 1996 §7 Abs1 litd
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/11/0065

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die gemeinsame Revision 1. des H E und 2. des A G, beide in S, beide vertreten durch Dr. Emilio Stock und Mag. Gerhard Endstrasser, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Jochberger Straße 98, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 27. Februar 2019, Zl. LVwG-2019/11/0040-1, betreffend Zurückweisung einer Anzeige nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Dezember 2018 wurde die grundverkehrsrechtliche Anzeige betreffend den Erwerb einer (nach dem Grundbuch näher bezeichneten) Liegenschaft durch einen zwischen den Revisionswerbern abgeschlossenen Kaufvertrag vom 30. Oktober 2018 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

2        In der Begründung wurde ausgeführt, der genannte Kaufvertrag betreffe eine aus zwei Grundstücken bestehende landwirtschaftliche Liegenschaft im Gesamtausmaß von ca. 1,5 ha, der Kaufpreis betrage € 148.000,--. Dieses Rechtsgeschäft sei der belangten Behörde gemäß § 23 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im Folgenden kurz: TGVG) vom Käufer (Erstrevisionswerber) angezeigt worden.

3        Die belangte Behörde habe bereits mit rechtskräftigem Bescheid vom 16. August 2016 dem (ebenfalls zwischen den beiden Revisionswerbern abgeschlossenen) Kaufvertrag vom 23. März 2016 betreffend dieselbe (aus den zwei erwähnten Grundstücken bestehende) Liegenschaft die Genehmigung gemäß (u.a.) § 7 Abs. 1 lit. d TGVG versagt, weil der Erstrevisionswerber als Käufer kein Landwirt sei und sich im damaligen grundverkehrsbehördlichen Verfahren ein Dritter als sog. Interessent iSd § 7a TGVG gemeldet habe.

4        Die nunmehrige grundverkehrsrechtliche Anzeige des Kaufvertrages vom 30. Oktober 2018 betreffe daher eine idente Sache, auch wenn das Ausmaß und der Preis dieser Liegenschaft in diesem Kaufvertrag „marginal verringert“ worden seien. Es handle sich weiterhin um eine landwirtschaftliche Liegenschaft und der Käufer sei nach wie vor kein Landwirt. Auch die Rechtslage habe sich seit dem Bescheid vom 16. August 2016 nicht geändert.

5        An der Identität der Sache ändere das Vorbringen, dass der Verkäufer (Zweitrevisionswerber) nach dem letztgenannten Versagungsbescheid die Liegenschaft nicht an den Interessenten habe verkaufen wollen, nichts. Den grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen wäre der Sinn entzogen, wenn der Verkäufer nach grundverkehrsbehördlicher Versagung des Rechtsgeschäfts (durch ein gleiches Rechtsgeschäft) auf dem ursprünglichen Käufer beharren könnte.

6        Die von den Revisionswerbern gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis abgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

7        In der Begründung traf das Verwaltungsgericht Feststellungen zum erwähnten (rechtskräftigen) Versagungsbescheid vom 16. August 2016 und dem diesem zugrunde liegenden Kaufvertrag vom 23. März 2016. Bei den darin genannten Kaufobjekten handle es sich um dieselben Grundstücke (idente Grundstücksnummern) wie im nunmehrigen Kaufvertrag vom 30. Oktober 2018, auch wenn in Letzterem die veräußerte Gesamtfläche „minimal“ (um 300m2) und der Kaufpreis um € 2.000,-- verringert worden seien. Auch sei in den beiden grundverkehrsrechtlichen Verfahren zu den genannten Kaufverträgen im Wesentlichen jeweils gleichlautend vorgebracht worden, dass die Liegenschaft an einen Dritten verpachtet sei und auch nach dem Kauf durch den Pächter weiter bewirtschaftet werden solle, und dass der Käufer (Erstrevisionswerber) die Liegenschaft erst „mittelfristig“ selbst zu bewirtschaften beabsichtige.

8        Rechtlich liege Identität der Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren decke (nähere Hinweise auf hg. Judikatur). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen sei gegenständlich auszugehen. Durch die geringfügige Änderung der veräußerten Liegenschaftsfläche und des -preises habe die Sache ihre ursprüngliche Identität nicht verloren. Auch an der Bewirtschaftung der Liegenschaft durch einen Pächter werde im vorliegenden Verfahren festgehalten, auf „allfällige, in ferner Zukunft mögliche Entwicklungen“ („mittelfristige“ Bewirtschaftung durch den Käufer) sei nicht abzustellen, weil es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung ankomme.

9        Dagegen richtet sich die vorliegende gemeinsame Revision der beiden Revisionswerber.

10       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN). Dem Erfordernis einer gesonderten Zulässigkeitsbegründung wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. aus vielen die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).

13       In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. aus vielen den Beschluss VwGH 23.4.2018, Ra 2018/11/0066, mwN).

14       Gemäß § 7 Abs. 1 lit. d Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996, LGBl. Nr. 61/1996 idF LGBl. Nr. 95/2016 (kurz: TGVG) ist die Genehmigung nach § 4 leg. cit. (eine solche ist nach der letztgenannten Bestimmung u.a. für den Erwerb des Eigentums an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken erforderlich) insbesondere dann zu versagen, wenn der Erwerber eines landwirtschaftlichen Grundstückes oder landwirtschaftlichen Betriebes nicht Landwirt im Sinn des § 2 Abs. 5 ist und zumindest ein Interessent im Sinn des § 2 Abs. 6 vorhanden ist (§ 23 leg. cit. normiert die Anzeigepflicht genehmigungspflichtiger Rechtsgeschäfte).

15       Auf diesen Versagungstatbestand stützte sich der genannte, aktenkundige Bescheid der belangten Behörde vom 16. August 2016, dessen Rechtskraft von der Revision nicht bestritten wird.

16       Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob nach einer Versagung der grundverkehrsrechtlichen Genehmigung für ein Rechtsgeschäft „ein ähnliches Rechtsgeschäft zu einem späteren Zeitpunkt mit demselben Erwerber abgeschlossen werden kann“. Damit wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht dargetan, weil es gegenständlich nicht um die Möglichkeit eines Vertragsabschlusses geht, sondern ausschließlich um die allfällige Identität der Sache der beiden in Rede stehenden grundverkehrsrechtlichen Verfahren.

17       Ungeachtet dessen besteht zur Frage, wann Identität der Sache iSd. § 68 Abs. 1 AVG vorliegt, reichhaltige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2009], § 68 Rz 24). Der Wegfall der Identität der Sache setzt demnach eine wesentliche Änderung des der rechtskräftigen Entscheidung zugrunde gelegenen Sachverhaltes oder der Rechtslage voraus. Wesentlich ist eine Änderung nur dann, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr - bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen - eine andere Beurteilung nicht ausgeschlossen werden kann (Hengstschläger/Leeb, aaO. Rz 26).

18       Die Revision zeigt nicht auf, dass - unter Bedachtnahme auf den für den Bescheid vom 16. August 2016 entscheidungswesentlichen Versagungsgrund des § 7 Abs. 1 lit. d TGVG - eine Tatsachen- oder Rechtslagenänderung eingetreten wäre, aufgrund der dieser Versagungsgrund nun nicht mehr verwirklicht wäre.

19       So wird in der Revision insbesondere nicht vorgebracht, es wäre im nunmehrigen grundverkehrsrechtlichen Verfahren davon auszugehen gewesen, dass der im vormaligen Verfahren aufgetretene Interessent mittlerweile sein Interesse an der Liegenschaft verloren bzw. widerrufen habe, sodass der genannte Versagungsgrund nunmehr aus diesem Grund ausscheide.

20       Mit der im weiteren Zulässigkeitsvorbringen mit Literaturverweis geäußerten Rechtsmeinung, der Versagungsbescheid vom 16. August 2016 führe nicht dazu, dass „der Veräußerer ... mit dem Interessenten zum ortsüblichen Preis abschließen muss“, wird keine Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung auch gar nicht zugrunde gelegt, den Veräußerer (hier: Zweitrevisionswerber) treffe aufgrund des genannten Versagungsbescheides eine Pflicht zum Abschluss eines Kaufvertrages.

21       Gleiches gilt für die im Zulässigkeitsvorbringen geäußerte Rechtsansicht, das angefochtene Erkenntnis führe zu dem Ergebnis, dass nach der grundverkehrsrechtlichen Versagung eines Rechtsgeschäftes „der Veräußerer zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr veräußern kann“, und es müsse vielmehr darauf abgestellt werden, ob jemand zum jeweils konkreten Kaufvertrag sein Interesse anmelde („oder aber auch nicht“). Damit wird weder eine konkrete Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen noch aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht von der obgenannten Judikatur betreffend die Kriterien der entschiedenen Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewichen wäre.

22       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. Februar 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019110064.L00

Im RIS seit

16.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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