Entscheidungsdatum
29.07.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L519 2233396-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1.7.2020, Zl. 1242847406-190853862, beschlossen:
A) Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1.Die BF, eine STA. von Georgien, brachte am 21.8.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Bei der Erstbefragung gab sie an, dass sie seit Jänner 2017 an Brustkrebs erkrankt sei und trotz Entfernung der linken Brust weiter Metastasen habe. Sie wolle sich in Österreich nur medizinisch behandeln lassen und dann wieder nach Georgien zurückkehren. In Georgien habe sie Angst, wegen einer falschen Behandlung zu sterben.
Beim BFA gab sie am 2.9.2019 im Wesentlichen an, dass sie in Georgien 3 Mal eine Chemotherapie erhalten, diese aber dann abgebrochen habe, obwohl insgesamt 8 Chemotherapien verordnet wurden. Sie habe auch Diabetes, aber das sei nicht dramatisch.
2. Der Antrag der BF auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten wurde gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Des Weiteren besteht gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise und sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidungen über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF keinen Fluchtgrund iSd GFK vorgebracht hat.
Zum Gesundheitszustand führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der BF in Georgien die Möglichkeit offen stehe, sich durch das georgische Gesundheitssystem behandeln zu lassen, wie sie das auch bis zur Ausreise tat. Medizinische Einrichtungen, Behandlungsmethoden und Fachkräfte sind der Erkrankung entsprechend vorhanden. Vom Moment der Bruststkrebsdiagnose an bis zur Ausreise wurde die BF diesbezüglich mittels einer OP, Chemotherapie und medikamentös behandelt. Die in Georgien geplante Chemotherapie bestand wie jene, die in Österreich durchgeführt wurde, aus 4 Zyklen Doxorubicin und Endoxan sowie 12 Zyklen Paclitaxel 80 mg/m2. Am 21.1.2020 habe die BF die 12. Und letzte Gabe Paclitaxel erhalten. Die derzeit geplante Therapie ist eine Behandlung mit Xgeva (Denosumab) 120 mg alle 4 Wochen sowie Calcium und Vitamin D, wobei vor Einleiten der Behandlung mit Xgeva eine zahnärztliche Untersuchung und Sanierung durchgeführt werden sollen.
Laut ABs der Staatendokumentation sind sowohl das Medikament Xgeva als auch die weiteren Behandlungen in Georgien erhältlich. Das Medikament Arimidex (Anastrozol) ist in Georgien unter den Handelsnamen Arimidex, Anastrozol Denk, Anastrozol Sandoz, Anastrozole, Anastrozole Kabi etc. verfügbar. Auch eine zahnärztliche Versorgung ist in Georgien möglich. Bereits vor der bisherigen Behandlung wurde die BF in Georgien mit den gleichen Medikamenten wie nachfolgend in Österreich behandelt.
Die BF verfügt zudem im Herkunftsstaat über Unterstützungs- und Unterkunftsmöglichkeiten. Ihr Sohn, mit dem sie gemeinsam gewohnt hat, lebt nach wie vor an der Heimatadresse, die BF bezieht nach wie vor ihre Pension. Die BF steht auch in ständigem Kontakt zum Sohn. Außerdem leben die Schwester und die Mutter der BF in derselben Stadt. Die BF würde daher in Georgien nicht in eine existenzielle Notlage geraten.
Außerdem sei Georgien ein sicherer Herkunftsstaat.
Derzeit herrscht weltweit die Covid19 Pandemie. In Georgien wurden zum Entscheidungszeitpunkt 931 Fälle von mit diesem Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bislang 15 Todesfälle bestätigt wurden.
Zum Privat- und Familienleben der BF in Österreich führte das BFA im Wesentlichen aus, dass die BF in Österreich über keine familiären und keine nennenswerten privaten Anknüpfungspunkte habe.
3. Die BF erhob durch dessen gesetzliche Vertretung gegen diesen Bescheid des BFA am 23.7.2020 Beschwerde und beantragte, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Begründet wurde dieser Antrag lediglich dahingehend, dass der BF im Fall einer Rückkehr eine Verletzung von Art. 3 bzw. 8 EMRK drohe.
4. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten, werden durch das BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) BGBl I 2012/87, geregelt. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt (§ 1 leg cit).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung in Senaten vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (AsylG, BFA-VG, VwGVG) nicht getroffen, es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
A) Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
1. Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (§ 19).
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
2. Mit Spruchpunkt VI. des gegenständlich angefochtenen Bescheides erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG ab.
Nach der derzeitigen Aktenlage und ausgehend vom Antrags- bzw. vom Beschwerdevorbringen besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA –Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Entsprechend der nachvollziehbaren und schlüssigen Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde, insbesondere der sehr detaillierten Auseinandersetzung mit der Krebserkrankung der BF sowie den Möglichkeiten der weiteren medizinischen Versorgung der BF in Georgien ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin bei einer Überstellung in den sicheren Drittstaat Georgien keine Verletzung iSd Art 3 bzw. 8 EMRK droht.
Weiter ist weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem Akteninhalt ein Grund hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK), auf Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung (Art. 3 EMRK), auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) oder in ihrem Recht betreffend die Abschaffung der Todesstrafe sowohl in Friedens- als auch Kriegszeiten (Protokolle Nr. 6, Nr. 13 zur Konvention) ernsthaft bedroht werden würde, wenn sie in ihren Herkunftsstaat Georgien zurückkehrt und dort das Ergebnis des Verfahrens abwartet. Daran ändert auch der mit der Beschwerde vorgelegte ärztliche Entlassungsbrief des LKH Hochsteiermark vom 9.7.2020 nichts, aus dem lediglich hervorgeht, dass die BF für 1 Tag zur CT-gezielten Punktion einer Metastase am Sitzbeinhöcker stationär im Krankenhaus war.
Auch ist weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Herkunftsstaat abzuleiten.
Vor diesem Hintergrund ist – jedenfalls im Rahmen des gegenständlichen Provisorialverfahrens – kein Grund ersichtlich, warum die Beschwerdeführerin den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht auch in Georgien abwarten könne. Insofern erfolgte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seitens der belangten Behörde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG völlig zu Recht.
3. Da die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zu Recht erfolgte und die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall NachvollziehbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L519.2233396.1.00Im RIS seit
19.02.2021Zuletzt aktualisiert am
19.02.2021