Entscheidungsdatum
11.08.2020Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
L504 2196847-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag R. ENGEL im amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2020, Zl. 421872700-200645744, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes des XXXX , StA: Türkei, beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 AsylG idgF, § 22 BFA-VG idgF rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Fremde, ein Staatsangehöriger der Türkei, reiste erstmals 1990 legal in das Bundesgebiet ein. Nach Verhängung eines Aufenthaltsverbotes reiste dieser 2009 in die Türkei zurück.
Am 06.05.2014 stellte er aus der Strafhaft heraus erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründet wurde dieser im Wesentlichen damit, dass er 2007 zum katholischen Glauben übergetreten sei. Nach der Rückkehr im Jahr 2009 habe er an Öcalan-Demonstrationen bzw. an solche für den Gezi-Park teilgenommen. Deshalb sei er von seinem Onkel mit einem Messer verletzt worden. Zudem habe man ihn während des Militärdienstes geschlagen. Im Falle der Rückkehr würden ihn die Verwandten umbringen. Er wolle nach der Strafhaft mit seiner Verlobten in Österreich eine Familie gründen.
Mit Bescheid von 20.04.2018 hat das Bundesamt den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und des Status des Asylberichtigten mangels Glaubhaftmachung einer Gefährdung im Hinblick auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gem. § 57 AsylG nicht erteilt. Gem. § 52 Abs 2 Z 2 FPG wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie auch festgestellt, dass die Abschiebung in die Türkei zulässig ist. Gem. § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wurde ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestand gem. § 55 Abs 1a FPG nicht. Die aufschiebende Wirkung wurde gem. § 18 Abs 1 Z 2, 5, 6 BFA-VG aberkannt.
Mit Erkenntnis vom 14.06.2018 hat das BVwG die Beschwerde rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.
Am 18.07.2020 stellte der Fremde verfahrensgegenständlichen 2. Antrag auf internationalen Schutz. Er brachte dabei im Wesentlichen vor, dass er im Falle der Rückkehr eine 10-jährige Gefängnisstrafe erwarte. Da er zum Christentum konvertiert sei, drohe ihm eine Verfolgung durch die Verwandtschaft und im Falle der Rückkehr in die Türkei könne er seine in Österreich lebende Mutter nicht mehr sehen. Er habe bereits bei seinem ersten Antrag angegeben, dass ihn in der Türkei eine Haftstrafe erwarte. (AS 21)
Am 04.08.2020 erfolgte eine Einvernahme beim Bundesamt im Beisein des Rechtsberaters. Am Vortag und vor der Einvernahme nahm der Fremde eine Beratung durch diesen in Anspruch. In der Einvernahme gab der Fremde an, dass er freiwillig in die Türkei zurückkehren wolle (AS 66). Er wollte keine weiteren Angaben zu seinen Fluchtgründen machen. Ebenso gab er zum zusammengefassten Ländervorhalt, mit der Conclusio, dass das Bundesamt davon ausgehe, dass sich aus der aktuellen Lage für den Fremden keine entscheidungsrelevante Gefährdung ergebe und dass dem Vorbringen keine Asylrelevanz zukomme, keine Stellungnahme ab.
Zum Vorhalt, dass das Vorbringen nicht geeignet sei einen neuen asylrelevanten Sachverhalt zu begründen und beabsichtigt sei den Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zustehe, machte er ebenso keine Angaben (AS 68).
Er bestätigte in der Einvernahme, dass er im Verfahren ausreichend Gelegenheit hatte die Gründe für den neuerlichen Antrag ausführlich und vollständig zu schildern und alle Hindernisse darzulegen, die gegen eine Rückkehr sprechen würden.
Dem Rechtsberater wurde von der Behörde in der Einvernahme die Möglichkeit eingeräumt Fragen oder Anträge zu stellen. Davon wurde kein Gebrauch gemacht.
Der Fremde bestätigte die Richtigkeit der Niederschrift durch seine Unterschrift.
Im Anschluss wurde vom Bundesamt der Bescheid, womit der faktische Abschiebeschutz gem. § 12 iVm § 12a Abs 2 AsylG aufgehoben wurde, mündlich verkündet und in der Niederschrift protokolliert.
Am 07.08.2020 langte der Verwaltungsakt des Bundesamtes bei der zuständigen Geschäftsabteilung des BVwG ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grund des Ermittlungsverfahrens traf das Bundesamt nachfolgende Feststellungen, denen sich das BVwG anschließt:
„[…]
- zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht aufgrund Vorlage Ihres Reisepasses fest.
Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Ihrem Herkunftsstaat Türkei wurden bisher 233.851 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 5.747 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 04.08.2020).
Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 04.08.2020).
Bis zur Bescheiderlassung ergaben sich weder eine schwere körperliche oder ansteckende Krankheit, noch ergab sich eine schwere psychische Störung, die bei einer Überstellung/Abschiebung in die Türkei eine unzumutbare Verschlechterung Ihres Gesundheitszustandes bewirken würde.
Es existieren unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände, welche einer Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.
Sie verfügen über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.
- zu den Gründen für Ihre Anträge auf internationalen Schutz sowie zur voraussichtlichen Entscheidung im nunmehrigen Verfahren:
Im gegenständlichen Verfahren brachten Sie in der Erstbefragung [richtig: Einvernahme] im Wesentlichen vor, dass Sie freiwillig in Ihr Heimatland ausreisen wollen.
Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Ihr Vorbringen aus der polizeilichen Erstbefragung ist nicht asylrelevant. Auch wollen Sie gemäß Ihren Angaben freiwillig in Ihr Heimatland zurückkehren. Sie haben sich bereits zur freiwilligen Rückkehr mit dem Verein für Menschenrechte angemeldet.
Ihr neuer Antrag auf internationalen Schutz wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
- zur Gefährdungssituation bei einer Abschiebung:
Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände konnte nicht festgestellt werden, dass Ihre Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in die Türkei eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
- zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen kann kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden. Ihr Familienleben wurde bereits ausführliche im Vorverfahren behandelt.
- zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:
[…]“
Das Bundesamt stellte im Folgenden die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei auf Basis des aktuellen Länderinformationsblattes dar.
Die Lage im Herkunftsstaat ist seit der rk. Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz bzw. Erlassung einer Rückkehrentscheidung im Wesentlichen unverändert bzw. ist keine entscheidungsrelevante, nachteilige Lageänderung eingetreten die im konkreten Fall von Relevanz wäre. Dies wurde vom Fremden auch gar nicht behauptet und spricht der Wunsch nach freiwilliger Rückkehr auch gegen eine subjektive Furcht vor ungerechtfertigter Verfolgung bzw. Repressalien.
2. Beweiswürdigung:
Die Behörde würdigte die Beweise folgenermaßen:
„[…]
- betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:
Diese wurden den vorliegenden Akteninhalten entnommen und wurden von Ihnen in der nunmehrigen Einvernahme nicht abgeändert bzw. als falsch aufgezeigt.
Die Feststellungen zur Pandemie ergeben sich aus dem Amtswissen sowie die konkreten Daten aus den Angaben der Johns Hopkins University in Baltimore, USA, die ausführlich Daten rund um die Pandemie sammelt, auswertet und zur Verfügung stellt.
Die Feststellungen zum Virus SARS-CoV-2 ergeben sich aus den vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz als oberste Gesundheitsbehörde veröffentlichten Informationen.
- betreffend die Gründe für die voraussichtliche Entscheidung:
Der Feststellung wurde Ihr Vorbringen im Erstverfahren sowie Ihr heutiges Vorbringen zugrunde gelegt.
Ihr nunmehriges Vorbringen war asylrelevant, darüber hinaus wollen Sie freiwillig in Ihr Heimatland zurückkehren und dem stehen keine anderslautenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens entgegen. Daraus ergibt sich kein neuer relevanter Sachverhalt. Die nunmehr vorgebrachten Gründe, weshalb Sie nicht in Ihr Herkunftsland zurückkehren wollen, sind weitgehend ident mit denen des Vorverfahrens.
Die vorgebrachten Gründe, warum es Ihnen nun nicht mehr möglich wäre, in Ihr Herkunftsland zurückzukehren, sind nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter asyl- bzw. refoulementrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Werden nur Nebenumstände modifiziert, so wie in diesem Fall, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl, zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057).
Die erkennende Behörde kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.
Mangels Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts wird voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen
Anzumerken ist noch, dass der Maßstab für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes § 12 a (2) lediglich eine Prognoseentscheidung ist und diese aufgrund ihres Vorbringens eine voraussichtliche Zurückweisung bedingt, da keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts erkennbar ist.
- betreffend die Feststellungen zur Gefährdungssituation:
- Die Lage in Ihrem Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über Ihren vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert.
-
- Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.
-
- Ihr neuer Antrag auf internationalen Schutz wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
- betreffend die Feststellungen über Ihr Privat- und Familienleben:
Diese wurden aufgrund Ihrer nicht anzuzweifelnden Angaben getroffen.
- betreffend die Lage in Ihrem Herkunftsstaat:
Die Feststellungen ergeben sich aus den unbedenklichen objektiven Zusammenstellungen und Auskünften der österreichischen Staatendokumentation.
[…]“
Das BVwG schließt sich diesen Ausführungen an und ist so wie die Behörde der Ansicht, dass gegenständlich kein neuer, glaubhafter und zu berücksichtigender Sachverhalt hervorkam, der gegen eine voraussichtliche Zurückweisung wegen entschiedener Sache sprechen würde.
Diese Ansicht bestätigt sich insbesondere auch durch den vom Fremden zuletzt in der Einvernahme geäußerten ausdrücklichen Wunsch, freiwillig wieder in die Türkei zurückkehren zu wollen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
(1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt.
(2) Der Aufenthalt eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dem kein Aufenthaltsrecht zukommt, ist für die Dauer des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt lediglich im Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich sein Aufenthaltsort im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 4 befindet, zulässig. Darüber hinaus ist sein Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet zulässig, wenn und solange dies
1.
zur Erfüllung von gesetzlichen Pflichten notwendig ist;
2.
notwendig ist, um Ladungen von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden Folge zu leisten oder
3.
für die Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung und Behandlung notwendig ist.
Nach Abschluss des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt ist der Aufenthalt des Fremden, solange ihm faktischer Abschiebeschutz zukommt, im gesamten Bundesgebiet zulässig.
(3) Der Aufenthalt gemäß Abs. 1 und 2 stellt kein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 dar.
(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1.
gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2.
kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3.
im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4.
eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1.
gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2.
der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3.
die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt
1.
gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2.
der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und
3.
darüber hinaus
a)
sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;
b)
gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder
c)
der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.
Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.
(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn
1.
der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder
2.
sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.
Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.
(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.
(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden.
Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
Fallbezogen ergibt sich Folgendes:
Das Bundesamt hat gegenständlich den faktischen Abschiebeschutz gem. § 12a Abs 2 AsylG aufgehoben.
Die bP hat am 18.07.2020 gegenständlichen, als Folgeantrag zu wertenden Antrag auf internationalen Schutz gestellt und liegt kein Fall des § 12a Abs 1 AsylG vor.
Gegen den Fremden besteht seit der zitierten Entscheidung des BVwG eine aufrechte, rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot (Z1).
Der nunmehrige (Folge)Antrag auf internationalen Schutz ist nachvollziehbar voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, da kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt glaubhaft vorgebracht wurde und sich dieser im Wesentlichen auf die schon im Erstverfahren behandelten Fluchtgründe bezog, bzw. das Vorbringen keinen glaubhaften Kern hatte (Z2).
Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z3).
Es liegen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes gem. § 12a Abs 2 AsylG vor, sodass die Rechtmäßigkeit derselben vom BVwG zu bestätigen war.
Gem. § 22 Abs 1 BFA-VG konnte eine Verhandlung entfallen. Auf Grund der Aktenlage ergaben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass dessen ungeachtet eine Verhandlung zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlich gewesen wäre.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Auf Grund gegebener Deutschkenntnisse konnte eine Übersetzung von Spruch und Rechtsmittelbelehrung entfallen.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung Einreiseverbot faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Identität der Sache non refoulementEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L504.2196847.2.00Im RIS seit
19.02.2021Zuletzt aktualisiert am
19.02.2021