TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/12 L504 2192210-3

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Veröffentlicht am 12.08.2020
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Entscheidungsdatum

12.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §57
VwGVG §13 Abs2

Spruch

L504 2192210-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb., StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.06.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

Mit verfahrensgegenständlichen Bescheid hat das Bundesamt gegen die beschwerdeführende Partei [bP] verfügt, dass gemäß § 57 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz ihr aufgetragen werde, bis zu ihrer Ausreise durchgängig Unterkunft in der nachfolgend genannten Betreuungseinrichtung zu nehmen. Dieser Verpflichtung habe sie unverzüglich nachzukommen: XXXX .

Weiters wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz ausgeschlossen.

Aus dem im angefochtenen Bescheid dargestellten und unbestritten gebliebenen Verfahrensgang ergibt sich Folgendes:

„[…]

-        Sie reisten am 01.12.2008 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten in der Folge

am 03.12.2008 einen Asylantrag, wobei Sie angaben, den Namen XXXX zu führen, am XXXX geboren zu sein und aus dem Irak zu

stammen.

? Nach erfolgtem Ermittlungsverfahren wurde Ihr Asylantrag vom Bundesasylamt,

Außenstelle Salzburg, mit Bescheid vom 03.11.2010, Zl. 08 12.177-BAS,

hinsichtlich der §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 und § 8 Abs. 1 iVm § 2

Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, gleichzeitig wurden Sie gemäß § 10 Absatz 1 Z

2 AsylG in den Irak ausgewiesen.

? Dagegen brachten Sie innerhalb offener Frist Beschwerde ein und mit Erkenntnis

des Asylgerichtshofes, Außenstelle Linz, vom 18.12.2013, Zl: E7 416827-

1/2010/45E, wurde Ihre Beschwerde hinsichtlich der §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z. 1 und

10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen und erwuchs am

11.02.2014 in Rechtskraft.

? Am 25.08.2014 stellten Sie bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich, PI St.

Georgen i.A. – EASt, 4880 St. Georgen i.A., einen 2. Asylantrag.

? Nach erfolgtem Ermittlungsverfahren wurde Ihr 2. Asylantrag vom Bundesamt für

Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) mit Bescheid vom 01.03.2018, hinsichtlich

§ 68 Abs.1 AVG abgewiesen.

? Dagegen brachten Sie innerhalb offener Frist Beschwerde ein und mit Erkenntnis

des BVwG vom 23.04.2019, GZ: G302 2192210-1/15E, wurde diese hinsichtlich des

Spruchpunktes I. (Asylberechtigter gem. § 68 Abs. 1 AVG) des angefochtenen

Bescheides abgewiesen. Hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis V. des

angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid

diesbezüglich an das BFA zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

? Am 14.08.2019 wurde Ihr Asylantrag vom 25.08.2014 vonseiten des BFA gem. § 68

Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1

Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, § 57 AsylG nicht erteilt, gleichzeitig wurden Sie

gemäß § 10 Absatz 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung

erlassen, gem. § 52 Abs. 9 FPG die Abschiebung für zulässig erklärt und die Frist

der freiwilligen Ausreise gewährt.

? Sie erhoben gegen den Bescheid des BFA vom 14.08.2019 fristgerecht

Beschwerde, welche mit 27.04.2020 vonseiten des BVwG (G302 2192210-2/5E)

- 3/16 –BE-0005-0007

vollinhaltlich abgewiesen wurde. Die Entscheidung des BFA ist daher seitdem

28.04.2020 in Rechtskraft erwachsen.

? Die Frist zur freiwilligen Ausreise endete am 12.05.2020.

? Im Zuge des verpflichteten Rückkehrberatungsgesprächs gem. § 52a Abs. 2 BFAVG

vom 12.03.2018 und vom 26.08.2019 gaben Sie jeweils zu Protokoll, nicht

rückkehrwillig zu sein.

? Seit Eintritt der Rechtskraft halten Sie sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die

Frist zur freiwilligen Ausreise wurde von Ihnen nicht genützt. Sie sind zur Ausreise

verpflichtet.

? Mit Mandatsbescheid vom 15.05.2020 wurde eine Wohnsitzauflage gemäß § 57

Abs. 1 FPG erlassen.

? Ein HRZ Verfahren wurde am 15.05.2020 eingeleitet und ein Antrag am

18.05.2020 an die irakische Botschaft gestellt.

? Am 20.05.2020 erhoben Sie fristgerecht Vorstellung gegen den Mandatsbescheid.

? Am 26.05.2020 wurde Ihnen ein Parteiengehör übermittelt, zugestellt am

28.05.2020. Ihnen wurde damit Gelegenheit gegeben sich mittels Stellungnahme,

innerhalb der vorgegebenen Frist, bezüglich des Sachverhalts zu äußern.

? Am 08.06.2020, eingelangt am 09.06.2020 haben Sie, bezugnehmend auf das

Parteiengehör, fristgerecht eine Stellungnahme dem BFA vorgelegt.

[…]“

Dagegen wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Moniert wird im Wesentlichen, dass die bP seit ca. elfeinhalb Jahren in Österreich leben und an seinem Wohnort XXXX bereits sehr gut integriert sei. Sie habe bereits einige Zeit in der Gastronomie gearbeitet und verfüge auch wieder über eine Einstellungszusage für den Fall, dass sie einen Aufenthaltstitel erlange. Die bP schöpfe alle Fristen für ihr zur Verfügung stehende Rechtsmittel aus und könne daher das Verhalten nicht als Weigerung angesehen werden der ihr auferlegten Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Das BFA verkenne, dass die bP ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich habe.

Das Erheben begründeter Rechtsmittel bei einem realen Risiko der Verletzung von Art 3 u. 8 EMRK könne nicht als strikte Weigerung ausgelegt werden. Durch den Bescheid werde massiv in das Privat- und Familienleben eingegriffen. Es bestehe keine Fluchtgefahr. Die Behörde sei auf die Partnerin und die Einstellungszusage nicht eingegangen. An der auferlegten Unterkunft bestünde durch die gemeinsame Nutzung sanitärer Anlagen möglicherweise eine erhöhte Ansteckungsgefahr hinsichtlich Covid-19.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Ihre Identität steht lt. Bundesamt fest. Sie ist irakischer Staatsangehöriger.

Sie ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mann. Sie leidet an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten. Sie gehört keiner COVID 19 Risikogruppe an.

Sie ist am 01.12.2008 nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und stellte einen 1. Asylantrag. Dieser wurde vom Bundesamt abgewiesen und eine Ausweisung erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom AsylGH mit Erkenntnis vom 18.12.2013 als unbegründet abgewiesen und erwuchs am 11.02.2014 in Rechtskraft. Der darin enthaltenen Ausreiseverpflichtung kam die bP nicht nach und hielt sich folglich nicht nichtmäßig im Bundesgebiet auf.

Am 25.08.2014 stellte sie während des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes einen 2. Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid vom 01.03.2018 gem. § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache vom Bundesamt zurückgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde hat das BVwG hinsichtlich Spruchpunkt I. abgewiesen und hinsichtlich der Spruchpunkte II.-V. zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverwiesen.

Mit nachfolgendem Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag gem. § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG nicht erteilt, gem. § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen, gem. § 52 Abs 9 FPG die Abschiebung für zulässig erklärt und die Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt.

Mit Erkenntnis vom 27.04.2020, rk. seit 28.04.2020, hat das BVwG die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Bis dahin wurden auch alle privaten- und familiären bzw. integrativen Umstände berücksichtigt und kam das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen des auch mehrfach wegen strafrechtlicher Delikte in Österreich verurteilten Fremden (2011 § 223 Abs 2 StGB, 2013 §§ 83, 105, 106, 107, 2016 §§ 83, 107, 125 StGB) überwiegen und eine Aufenthaltsbeendigung zwingend notwendig ist.

Die Frist zur freiwilligen Ausreise endete am 12.05.2020. Sie hält sich seither nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und wurde auch weder vom VwGH noch vom VfGH eine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Eine Duldung gem. § 46a FPG liegt nicht vor.

Im Zuge des verpflichteten Rückkehrberatungsgesprächs vom 12.03.2018 und vom 26.08.2019 gab die bP jeweils an, dass sie „nicht rückkehrwillig“ ist.

Mit Mandatsbescheid (§ 57 Abs 6 FPG) vom 15.05.2020 wurde vom Bundesamt eine Wohnsitzauflage an der im Spruch genannten Adresse gemäß § 57 Abs. 1 FPG erlassen. Dieser auferlegten Verpflichtung ist die bP bis dato widerrechtlich nicht nachgekommen. Der dagegen erhobenen Vorstellung kam ex lege gem. § 57 Abs 2 AVG keine aufschiebende Wirkung zu.

Die bP hat aus Eigenem keine nachweislichen Schritte unternommen um ein irakisches Reisedokument über die irakische Botschaft/Konsulat, zu erlangen. Sie hat nicht nachgewiesen, dass dies bislang aus Gründen die nicht von ihr zu vertreten waren, nicht möglich gewesen sind.

Aus den Angaben der bP im behördlichen Ermittlungsverfahren und den Beschwerdeangaben ergibt sich nicht konkret, dass sie nunmehr ausreisewillig ist.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sacherhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt einschließlich der Beschwerde im Wesentlichen unstreitig. Moniert wird im Wesentlichen die rechtliche Beurteilung.

Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens in Österreich wurden bereits vom BVwG in der rk. Entscheidung vom 27.04.2020 der gesamte, bis dahin bekannte bzw. von der bP bekannt gegebene Sacherhalt hinsichtlich des Privat- und Familienlebens in Österreich berücksichtigt. Soweit die bP nunmehr von einer „Partnerin“ spricht, so werden diesbezüglich keine näheren Angaben gemacht und auch Namen oder zustellfähige Adresse nicht genannt. Abgesehen davon, wären diese Anknüpfungspunkte, sofern sie nicht schon zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG bestanden haben, zu einer Zeit begründet worden in dem der Aufenthalt nicht rechtmäßig war und somit in der Gewichtigkeit erheblich zu relativieren wäre.

Gleichermaßen relativiert sich eine nunmehr behauptete Einstellungszusage, wenn sie aus der Zeit stammt, in dem der Aufenthalt nicht rechtmäßig war. Zudem erfolgte sie unter der Bedingung, dass die bP einen Aufenthaltstitel erlangt.

Es wurde auch nicht nachgewiesen, dass die bP hinsichtlich Covid-19 einer Risikogruppe angehören würde.

Die bP hat auch in der Beschwerde keine Nachweise erbracht, wonach sie die die gehörige Mitwirkung an der Ausreise getätigt hätte.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Wohnsitzauflage

§ 57 FPG

(1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder

2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

(3) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Anordnung zur Außerlandesbringung rechtskräftig erlassen wurde, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige der Ausreise nicht nachkommen wird. Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob

Erl. zur Regierungsvorlage 311/ME XXV. GP:

Die Wohnsitzauflage gemäß § 57 kann als Anschlussstück zur Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG sowie als Ergänzung zur Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG und allfällig damit verbundene Auflagen gemäß § 56 gesehen werden. Die vorgeschlagene Bestimmung ist insofern in Einklang mit der GVV, als eine Wohnsitzauflage erst nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung – und sofern kein Fall einer Duldung vorliegt – ergehen kann und die in Betracht kommenden Personen somit nicht (mehr) Zielgruppe der GVV sind (Art. 1 Abs. 1 GVV). Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll dabei nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie – im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt – der Art. 8 EMRK zu berücksichtigen.

Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

Zu Abs. 1: Die Wohnsitzauflage kann in zwei Konstellationen angeordnet werden. Für beide Konstellationen ist die rechtskräftige Erlassung einer Rückkehrentscheidung Voraussetzung. Dies sorgt für eine deutliche Abgrenzung zur Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG, welche nur bis zur Rechtskraft der Entscheidung Gültigkeit besitzen kann. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu § 15b Abs. 4 AsylG 2005 verwiesen. Die erste Konstellation umfasst jene Fälle, in denen eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 nicht gewährt wurde. Die zweite Konstellation soll auch jene Fälle umfassen, in denen zwar eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, der Drittstaatsangehörige aber nicht innerhalb der Frist ausgereist ist und anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird. Bei der Wohnsitzauflage handelt es sich um die Verpflichtung, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen. Bei derartigen Unterkünften handelt es sich um Betreuungseinrichtungen des Bundes gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005, in denen vor Ort verstärkt Rückkehrberatungen und Rückkehrvorbereitungen angeboten und durchgeführt werden. Mit Aufnahme in eine solche Einrichtung soll der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen überdies bis zur Ausreise auf den politischen Bezirk beschränkt sein, solange ihm die Versorgung zur Verfügung gestellt wird (§ 52a). Hinsichtlich der Versorgung in einer solchen Betreuungseinrichtung wird auf die Erläuterungen zu § 6 Abs. 2a GVG-B 2005 verwiesen.
Zu Abs. 2:

In Abs. 2 werden jene Tatsachen näher definiert und demonstrativ aufgezählt, welche im Sinne des Abs. 1 Z 2 die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird. Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gegeben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Es kann des Weiteren dann davon ausgegangen werden, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird, wenn er ein ihm angebotenes oder angeordnetes Rückkehrberatungsgespräch zum Zweck der freiwilligen Ausreise nicht wahrnimmt. Ebenso wird davon auszugehen sein, dass der Drittstaatsangehörige nicht bereit ist auszureisen, wenn er während einer gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht ausgereist ist und anschließend seinen Wohnsitz bzw. den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ändert, ohne das Bundesamt hiervon in Kenntnis zu setzen. Ferner kann von mangelhafter Bereitschaft zur Ausreise ausgegangen werden, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige es unterlässt, an der Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten mitzuwirken oder ein vorhandenes Reisedokument vernichtet oder sich dessen auf sonstige Weise entledigt. Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereitschaft zur Ausreise auszugehen sein. Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch andere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weitere denkbare Gründe in diesem Sinne sind etwa falsche oder widersprüchliche Angaben zum Vorliegen einer Voll- oder Minderjährigkeit bzw. voneinander abweichende Altersangaben in Verfahren vor verschiedenen Behörden (dazu VwGH 25.02.2015, Ra 2014/20/0045) sowie die Verschweigung von vorhandenen Identitätsdokumenten. Hievon sollen beispielsweise jene Fälle erfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige im Verfahren vor dem Bundesamt angeben, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, während sie im Verfahren vor anderen Behörden (bspw. dem Standesamt im Zuge einer Eheschließung) oder Gerichten solche vorlegen.

Zu Abs. 3: Abs. 3 zählt taxativ jene Fälle auf, in denen eine Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 keine Rechtswirkung entfaltet. Bei Wegfall der Gründe nach Abs. 3 lebt die Wohnsitzauflage nach Abs. 1 wieder auf, ohne dass die Erlassung eines neuerlichen Bescheides notwendig wäre. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 52a Abs. 2 verwiesen.

Zu Abs. 4: Die Auferlegung der Wohnsitzauflage gemäß § 57 erfolgt mittels Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG. Ein solcher kann erlassen werden, wenn es sich um die Vorschreibung einer Geldleistung oder wegen Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt. Für den vorgeschlagenen § 57 ist der Tatbestand „Gefahr in Verzug“ maßgeblich: In der Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 1 ist der Ausschluss einer Frist zur freiwilligen Ausreise an die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 2 BFA-VG) geknüpft. Somit wurde bereits im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und der Nichtgewährung einer Frist gemäß § 55 festgestellt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Dadurch ist die Erlassung der Wohnsitzauflage in dieser Konstellation mittels Mandatsbescheid aufgrund der bereits zuvor anlässlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung festgestellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässig. Hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in beiden Fallkonstellationen des Abs. 1 von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist. Verletzt der Drittstaatsangehörige die Wohnsitzauflage, liegt eine Verwaltungsübertretung gemäß § 121 Abs. 1a vor. Gleichzeitig kann die Verletzung der Wohnsitzauflage bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch zur Anordnung der Schubhaft führen. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu §§ 76 Abs. 3 Z 8 und 121 Abs. 1a verwiesen. Es erscheint daher geboten, eine Pflicht zur Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung im Mandatsbescheid vorzusehen.

Rechtsberatung und Rückkehrhilfe

§ 52a BFA-VG

(1)…

(2) Wird gegen einen Fremden eine Rückkehrentscheidung erlassen oder einem Asylwerber eine Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 ausgefolgt, ist dieser verpflichtet, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen, sofern dies nicht bereits einmal in diesem Verfahren erfolgt ist. In einem Verfahren nach § 27a AsylG 2005 kann eine Rückkehrberatung bereits in einem früheren Verfahrensstadium mit Verfahrensanordnung angeordnet werden. Darüber hinaus sind Rückkehrberatungsstellen ermächtigt, Fremden, gegen die eine – wenn auch nicht rechtskräftige – Rückkehrentscheidung erlassen wurde, weitere Rückkehrberatungsgespräche anzubieten. Fremde sind im Falle eines nachweislich angebotenen Rückkehrberatungsgesprächs verpflichtet, dieses in Anspruch zu nehmen.

(3)…

(4)…

Abschiebung

§ 46 FPG

(1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1.

die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.

sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.

auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.

sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es allfällige Gebühren und Aufwandersatzleistungen an ausländische Behörden im Zusammenhang mit der Abschiebung zu entrichten und sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

(7) Befindet sich der Fremde in einer Krankenanstalt (§§ 1 und 2 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten – KAKuG, BGBl. Nr. 1/1957) und steht seine Abschiebung zeitnah bevor, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt auf Anfrage unverzüglich über den feststehenden oder voraussichtlichen Zeitpunkt der Entlassung aus der Anstaltspflege zu informieren. Ändert sich der nach Satz 1 mitgeteilte Zeitpunkt, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt aus Eigenem zu informieren.

Fallbezogen ergibt sich Folgendes:

Mit Bescheid vom 19.06.2020 hat das Bundesamt von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und der bP gem. § 57 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 u. 4 FPG eine Wohnsitzauflage erteilt sowie einer Beschwerde dagegen gem. §13 Abs 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 27.04.2020 wurde gegen die bP ua. eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen. Eine Duldung im Sinne des § 46a FPG liegt nicht vor.

Die bP nutzte die Frist für die freiwillige Ausreise nicht und kehrte bis dato nicht in ihren Herkunftsstaat zurück.

Die bP hat im Zuge des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt, dass sie ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weiters hat die bP aus Eigenem keine nachweislichen Schritte unternommen, um ein irakisches Reisedokument über die irakische Botschaft/Konsulat, zu erlangen. Sie hat nicht nachgewiesen, dass dies bislang aus Gründen die nicht von ihr zu vertreten waren, nicht möglich gewesen ist.

Die Wohnsitzauflage wurde vom Bundesamt bereits zuvor mit Mandatsbescheid vom 15.05.2020 vorgeschrieben und kam der dagegen erhobenen Vorstellung keine aufschiebende Wirkung zu. Dessen ungeachtet ist die bP dieser Verpflichtung nicht nachgekommen.

Die Wohnsitzauflage gilt als ultima ratio und soll daher nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Dies hat das Bundesamt auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse zur Recht angenommen.

Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gegeben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Dies hat sich durch das Ergebnis des Rückkehrberatungsgespräches manifestiert, das zum Ergebnis hatte, dass sie nicht ausreisewillig ist.

Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn, wie hier, bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Resümierend hat das Bundesamt hat von ihrem Ermessen zur Erlassung einer Wohnsitzauflage zu Recht Gebrauch gemacht und auf § 57 Abs 1 u. 2 Z 3 u 4 FPG gestützt.

Aus dem bisherigen Verhalten der bP konnte die Behörde auch schließen, dass sie auch weiterhin nicht bereit ist diesbezüglich die österreichische Rechtsordnung zu beachten und damit unzweifelhaft die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Das Bundesamt berücksichtigte dabei auch die privaten und familiären Anknüpfungspunkte.

Die auferlegte Wohnsitzauflage erweist sich somit als notwendig und verhältnismäßig.

Zu Spruchpunkt II.

Das Bundesamt hat der Beschwerde gegen diesen Bescheid gem. § 13 Abs 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

§ 13 VwGVG

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Wie sich aus obiger Begründung ergibt, ging das Bundesamt zu Recht von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen und angesichts der bisherigen, beharrlichen Unwilligkeit der gesetzlich auferlegten Ausreiseverpflichtung nachzukommen, von der Notwendigkeit eines vorzeitigen Vollzuges des angefochtenen Bescheides aus. Folglich war die Beschwerde auch in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist. Zudem ordnet § 13 Abs 5 VwGVG an, dass über eine derartige Beschwerde „unverzüglich ohne weiteres Verfahren“ zu entscheiden ist. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung wurde nicht gestellt.

Auf Grund gegebener Deutschkenntnisse konnte eine Übersetzung von Spruch und Rechtsmittelbelehrung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung aufschiebende Wirkung - Entfall Ausreiseverpflichtung illegaler Aufenthalt Mitwirkungspflicht öffentliche Ordnung Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L504.2192210.3.00

Im RIS seit

19.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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