TE Lvwg Beschluss 2020/11/24 VGW-101/V/050/7617/2020, VGW-101/V/050/7619/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.11.2020
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Entscheidungsdatum

24.11.2020

Index

20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

EisbEG 1954 §4
EisbEG 1954 §5
AVG §8

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Gamauf-Boigner über die Beschwerde des Herrn A. B. und der Frau C. B., vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 64, vom 15. Mai 2020, Zl. …, betreffend Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz (EisbEG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. September 2020 den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 29 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden, welche sich allein gegen den Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides richten, mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Begründung

Der ursprüngliche Antrag der mitbeteiligten Partei auf Einräumung von Zwangsrechten betraf lediglich die Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, nicht jedoch die Fruchtgenussberechtigten Herrn A. B. sowie Frau C. B.. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25. September 2019 wurde zur Zulässigkeit der Enteignung von den EnteignungsgegnerInnen vorgebracht, dass die Fruchtgenussberechtigten der Liegenschaft in den Vereinbarungen angeführt worden seien, nicht aber im Enteignungsantrag. Diesbezüglich wurde von der Enteignungswerberin repliziert, dass Fruchtgenussberechtigte nach dem Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetz im Enteignungsverfahren keine Parteistellung haben (dies unter Verweis auf § 4 Abs. 2 Eisenbahnenteignungs-Entschädigungsgesetz).

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass in der „Vereinbarung über Maßnahmen im Zusammenhalt mit … der U-Bahnlinie“ Herr A. B. sowie Frau C. B. als „Beitretende“ geführt wurden. Zum Abschluss dieser Vereinbarung kam es jedoch nicht. Aus dem Grundbuch zur Einlagezahl … Katastralgemeinde D. Grundstücksnummer … ergibt sich, dass zu Gunsten von Herrn A. B. und Frau C. B. ein Fruchtgenussrecht sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt sind.

Mit E-Mail vom 28. Juni 2019 übersendete die rechtsfreundliche Vertreterin der mitbeteiligten Partei der belangten Partei ein Schreiben der nunmehrigen Beschwerdeführer vom 14. März 2019 aus dem sich ergab, dass von den drei Miteigentümern sowie den Fruchtgenussberechtigten, die sich als solche auch bezeichneten der offerierte Entschädigungsvorschlag der mitbeteiligten Partei abzulehnen war. In der schriftlichen Stellungnahme des bevollmächtigten Vertreters der Beschwerdeführer vom 25. September 2019 wurde festgehalten, dass der Antrag auf Einräumung von Zwangsrechten die dinglich berechtigten Personen, konkret die Fruchtgenussberechtigten nicht als Antragsgegner tituliert. Dies stelle nach erster Prüfung einen Verfahrensmangel dar und es werde der Antrag dahingehend zu berichtigen, dass auch die Fruchtgenussberechtigten als Antragsgegner zu führen seien. Im Rahmen der Replik auf diese Stellungnahme vom 25. September 2019 bzw. das Vorbringen im Rahmen der mündlichen Enteignungsverhandlung wurde seitens der mitbeteiligten Partei eine Replik am 9. Oktober 2019 dahingehend erstattet, dass anderen, nicht als Antragsgegner bezeichneten Personen, die im Lastenblatt des Grundbuches aufscheinen, keine Parteistellung zukommt. Diesbezüglich wurde auf ein Judikat des Obersten Gerichtshofes und § 4 Abs. 2 Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetz verwiesen, wonach „mit dem Eigentum eines anderen Gegenstandes verbundenen dinglichen Recht im Sinne des § 4 Abs. 2 Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetz eine Grunddienstbarkeit (Realservitut im Sinne des § 473 ABGB) zu verstehen ist“. Bei dem eingetragenen Fruchtgenussrecht handle es sich aber klarer Weise um eine Personalservitut. Bei einem allfälligen Enteignungsverfahren komme auch dem demjenigen zu dessen Gunsten nur eine Veräußerung- oder Belastungsverbot besteht ebenso wenig Parteistellung zu.

Darauf wurde seitens des Vertreters der von der Enteignung Betroffenen am 5. November 2019 sowohl für die Miteigentümer wie auch die Fruchtgenussberechtigten ohne weiteres Eingehen auf den Status der Fruchtgenussberechtigten repliziert.

Es erging daraufhin der angefochtene Bescheid, der als Adressaten allein die Miteigentümer an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück nennt. Hinsichtlich der Fruchtgenussberechtigten wurde unter Verweis auf § 4 Abs. 2 und § 5 Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetz sowie die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes darauf hingewiesen, dass das Fruchtgenussrecht unter den persönlichen Dienstbarkeiten in dem §§ 504 ff ABGB angeführt ist, sodass Fruchtgenussberechtigten im Enteignungsverfahren keine Parteistellung zukommt. Aus dem bloßen Wortlaut des § 4 Abs. 2 Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetz könne nicht abgeleitet werden, dass jedermann, dem ein dingliches Recht an der enteigneten Sache zusteht, auch Enteigneter sei. Der Fruchtgenussberechtigte sei Nebenberechtigter im Sinne des § 5 Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetz und habe Anspruch auf volle Schadloshaltung im Sinne des § 4 Abs. 1 Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetz, sei aber im Enteignungsverfahren nicht Partei, sondern könne sich nur an seinem Vertragspartner, den Enteigneten halten, dem die Vergütung der Nachteile obliege. Es wurde verwiesen auf die Entscheidung des VwGH vom 5.5.1984, 83/06/0064 wonach die Parteistellung eines Fruchtgenussberechtigten im Enteignungsverfahren nach dem Bundesstraßengesetz 1971 mit der Begründung verneint wurde, dass dinglich Berechtigten nur Parteistellung zukommt, wenn deren Recht mit einem nicht der Enteignung unterworfenen Gegenstand verbunden ist oder deren Recht für sich allein Gegenstand der Enteignung ist. Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall mit der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetzes zu übertragen.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in der eben auch A. B. und Frau C. B. als Fruchtgenussberechtigte als Beschwerdeführer angeführt sind.

Im Rahmen der Beschwerde wird zur Parteistellung der Fruchtgenussberechtigten ausgeführt, dass das Fruchtgenussrecht durch die Einverleibung im Grundbuch verdinglicht wurde, somit unweigerlich die gegenständlichen Zwangsrechte das Fruchtgenussrecht (nachteilig) berühren. Aus advokatorischer Vorsicht wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, konkrete Feststellungen zur Ausgestaltung des Fruchtgenussrechtes vorzunehmen. Fraglich sei, ob der in § 4 Abs. 1 EisbEG geregelte materielle Entschädigungsanspruch auch Fälle erfasst, in denen das dingliche Recht nicht Gegenstand der Enteignung ist, aber durch die Enteignung berührt wird. Durch die verfahrensgegenständliche Einräumung eines Zwangsrechts (Servitut) werde das dingliche Fruchtgenussrecht jedenfalls berührt. Durch die verfahrensgegenständliche Enteignung würden die Rechte der Eigentümer und (mittelbar) der dinglich Berechtigten beschränkt bzw. beeinträchtigt. Das EisbEG sehe die Entschädigungspflicht für entzogene Bewirtschaftungs- und Nutzungsmöglichkeiten, für durch Schutzmaßnahmen ausgelöste erhebliche Minderung des Ertrags eines Grundstücks oder nachhaltige Erschwernis der Wirtschaftsführung vor. Gerade dies liege in gegenständlicher Sache vor. Es seien die Fruchtgenussberechtigten in das gegenständliche Verfahren als Parteien einzubeziehen.

Im Rahmen der Beschwerdebeantwortung vom 23. September 2020 brachte die mitbeteiligte Partei durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter diesbezüglich vor, dass die Behörde im gegenständlichen Bescheid festgehalten habe, dass die dinglich berechtigten Personen (Fruchtgenussberechtigte) nicht als Antragsgegner geführt würden und dieser Umstand von den Beschwerdeführern im Verfahren moniert wurde. Diese Fruchtgenussberechtigten seien seit dem Jahr 2012 im öffentlich einsehbaren Grundbuch ausgewiesen. Die Behörde habe somit dazu keine weiteren Ermittlungen durchzuführen gehabt. Nicht als Antragsgegner bezeichneten Personen, die im Lastenblatt aufscheinen, komme keine Parteistellung zu. Diesbezüglich werde auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu 4 Ob 566/73 verwiesen. Beim eingetragenen Fruchtgenussrecht handelt es sich um eine Personalservitut. Demgemäß komme den Fruchtgenussberechtigten keine Parteistellung zu.

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien wurde zum Thema Parteistellung der Fruchtgenussberechtigten auf das Vorbringen in der Beschwerde verwiesen.

Es erfolgte daraufhin die Verkündung des Beschlusses samt seiner Begründung.

Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht Wien erwogen:

Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz

§ 4 (1) Das Eisenbahnunternehmen ist verpflichtet, den Enteigneten für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile gemäß § 365 ABGB. schadlos zu halten.

(2) Als Enteigneter ist jeder anzusehen, dem der Gegenstand der Enteignung gehört, oder dem an einem Gegenstande der Enteignung ein mit dem Eigentume eines anderen Gegenstandes verbundenes dingliches Recht zusteht.

§ 5 Bei der Ermittlung der Entschädigung ist auch auf die Nachteile Rücksicht zu nehmen, die Nutzungsberechtigte, Gebrauchsberechtigte oder Bestandnehmer durch die Enteignung erleiden, und deren Vergütung dem Enteigneten obliegt, sofern der als Ersatz für den Gegenstand der Enteignung zu leistende Betrag nicht zur Befriedigung der gegen den Enteigneten zustehenden Entschädigungsansprüche zu dienen hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des ABGB lauten:

§ 473 ABGB Wird das Recht der Dienstbarkeit mit dem Besitze eines Grundstückes zu dessen vortheilhafteren oder bequemeren Benützung verknüpft; so entsteht eine Grunddienstbarkeit; außerdem ist die Dienstbarkeit persönlich.

§ 478 ABGB Die persönlichen Servituten sind: der nötige Gebrauch einer Sache; die Fruchtnießung; und die Wohnung.

§ 504 ABGB Die Ausübung persönlicher Servituten wird, wenn nichts anderes verabredet worden ist, nach folgenden Grundsätzen bestimmt: Die Servitut des Gebrauches besteht darin, daß jemand befugt ist, eine fremde Sache, ohne Verletzung der Substanz, bloß zu seinem Bedürfnisse zu benützen.

§ 509 ABGB Die Fruchtnießung ist das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkung zu genießen.

Als erwiesen und unbestritten festgehalten wird, dass Herr A. B. (geboren 1966), Frau E. F., Frau G. H. zu je ein Drittel Miteigentümer der Liegenschaft mit der Grundstücksnummer … GZ …, KG D., K.-Straße/L.-gasse in Wien sind, weiters dass zu Gunsten des Beschwerdeführers A. B., geboren 1938 sowie Frau C. B. ein Fruchtgenussrecht sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot aufgrund eines Schenkungsvertrages vom 26. Oktober 2012 im C-Blatt des Grundbuches eingetragen sind. Letztlich, dass den beiden Beschwerdeführern der Enteignungsbescheid vom 15. Mai 2020 zur Zahl … nicht zugestellt wurde.

Den Argumenten im Rahmen der Bescheidbeschwerde wonach den Beschwerdeführen Parteistellung im Rahmen des Enteignungsverfahrens zukommt, ist nicht zu folgen. Es ist dazu auf die ausführliche und abschließende Begründung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde zu verweisen. Im Hinblick auf die Judikatur sowohl des Obersten Gerichtshofes (vgl. 20.11.1973, 4 Ob 566/73), wonach unter einem „mit dem Eigentum eines anderen Gegenstandes verbundenen dinglichen Recht“ im Sinne des § 4 EisbEG eine Grunddienstbarkeit „Realservitut“ im Sinne des § 473 ABGB zu verstehen ist, nicht aber eine persönliche Dienstbarkeit wie eben das Recht der Fruchtnießung gemäß § 478 bzw. § 509 ABGB. Eben jener Rechtsmeinung gibt auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 5.7.1984, 83/06/0064 Ausdruck, in welcher er ausführt, dass eine Parteistellung eines nur persönlich Dienstbarkeitsberechtigten als Enteigneter im Enteignungsverfahren keinesfalls angenommen werden kann (vgl. dazu auch VwGH vom 8.3.1989, 87/03/0137), wonach demjenigen, zu dessen Gunsten ein Veräußerungs- oder Belastungsverbot besteht, keine Parteistellung im Enteignungsverfahren zukommt. Letztlich hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.6.1998, B3497/95 bis B3490/95; B3736/95; B 3114/96 u.a., VfSlg. Nr. 15.207/1998 keine Bedenken gegen § 4 Abs. 2 EisbEG gehegt, dies mit Verweisen auf VfSlg. 8620/1979 und 5271/1966. Diesbezüglich wurde ausgeführt, dass angesichts der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, den Kreis der Parteien im Verwaltungsverfahren zu begrenzen (vgl. VfSlg. 7810/1976) und Nutzungs- wie Gebrauchsberechtigte betreffs der Entschädigung auf den Enteigneten zu verweisen keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 4 Abs. 2 zu hegen sind.

Seit diesen Entscheidungen der Höchstgerichte hat sich die Gesetzeslage hinsichtlich des EisbEG nicht geändert.

Auch aus dem systematischen Zusammenhang der Bestimmungen des § 4 und 5 EisbEG ergibt sich keine andere mögliche Interpretation dieser Bestimmungen, wäre doch sonst § 5 EisbEG obsolet, der ausdrücklich vorsieht, dass zwar auf die Nachteile die Nutzungsberechtigte, Gebrauchsberechtigte oder Bestandnehmer durch die Enteignung erleiden Rücksicht zu nehmen ist, deren Vergütung aber dem Enteigneten obliegt. Eine solche Bestimmung wäre überflüssig, hätten die im § 5 genannten Berechtigten selbst Parteistellung im Sinne des § 4 EisbEG. Derart sind auch die Argumente im Rahmen der Beschwerde zu verstehen, die sich allerdings auf das Entschädigungsverfahren vor Gericht beziehen.

Letztlich wird dazu auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien vom 12. Februar 2020 zur Zahl VGW-101/50/10161/2019 verwiesen, sowie auf den dazu ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2020, Ra 2020/03/0042, in dem ausgeführt wurde wie folgt:

Im Revisionsfall ist allein strittig, ob der Revisionswerberin, zu deren Gunsten an der enteigneten Liegenschaft ein (jeweils verbüchertes) Fruchtgenussrecht und ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt ist, im Enteignungsverfahren nach dem EisbEG Parteistellung zukommt.

Nach § 8 AVG sind Parteien eines Verwaltungsverfahrens Personen, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. Darüber, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, dass von einem Rechtsanspruch oder rechtlichem Interesse die Rede sein kann, enthält § 8 AVG keine Bestimmung. Demnach kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, anhand des AVG alleine nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden. Auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechts muss sie nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und nach dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden (ständige Judikatur, vgl. nur etwa VwGH 8.4.2019, Ra 2018/03/0086, mwN).

Im vorliegenden Verfahren ist demnach für die Frage der Parteistellung der Revisionswerberin auf die einschlägigen Bestimmungen des EisbEG abzustellen.

Gemäß § 4 Abs. 1 EisbEG ist das Eisenbahnunternehmen verpflichtet, den Enteigneten für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile gemäß § 365 ABGB schadlos zu halten.

Gemäß § 4 Abs. 2 EisbEG ist als Enteigneter jeder anzusehen, dem der Gegenstand der Enteignung gehört, oder dem an einem Gegenstand der Enteignung ein mit dem Eigentum eines anderen Gegenstandes verbundenes dingliches Recht zusteht.

Gemäß § 5 EisbEG ist bei der Ermittlung der Entschädigung auch auf die Nachteile Rücksicht zu nehmen, die Nutzungsberechtigte, Gebrauchsberechtigte oder Bestandnehmer durch die Enteignung erleiden, und deren Vergütung dem Enteigneten obliegt, sofern der als Ersatz für den Gegenstand der Enteignung zu leistende Betrag nicht zur Befriedigung der gegen den Enteigneten zustehenden Entschädigungsansprüche zu dienen hat.

Ausgehend von der Definition des „Enteigneten“ in § 4 Abs. 2 EisbEG kommt (abgesehen vom Enteignungswerber) Parteistellung im Enteignungsverfahren also - neben dem Eigentümer des zu enteignenden Gegenstands - nur Personen zu, die ein mit dem Eigentum eines anderen (also nicht zu enteignenden) Gegenstands verbundenes dingliches Recht am Enteignungsgegenstand besitzen.

Demgemäß wird eine Parteistellung der „Nebenberechtigten“ iSd § 5 EisbEG in der Judikatur einhellig verneint:

So hat der Verfassungsgerichtshof (vgl. VfGH 24.6.1998, B 3497/95 u.a., VfSlg 15207) die Parteistellung von durch ein einverleibtes Veräußerungs- und Belastungsverbot dinglich Berechtigten an der enteigneten Liegenschaft verneint; Parteistellung im Enteignungsverfahren nach § 18 Abs. 2 BStG 1971 wie auch nach § 4 Abs. 2 EisbEG komme neben dem Eigentümer der enteigneten Liegenschaft nur jenen dinglich Berechtigten zu, deren Recht mit einem nicht der Enteignung unterworfenen Gegenstand verbunden ist. Angesichts der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, den Kreis der Parteien im Verwaltungsverfahren zu begrenzen, bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solche Regelung.

Auch der Oberste Gerichtshof verneint die Parteistellung des Nebenberechtigten iSd § 5 EisbEG im Enteignungsverfahren. Dieser habe zwar Anspruch auf volle Schadloshaltung iSd § 4 Abs. 1 EisbEG, könne sich aber nur an seinen Vertragspartner, den Enteigneten, halten, dem die Vergütung der Nachteile obliege (vgl. OGH 24.6.2015, 9 Ob 37/15d, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof schließlich hat - ausgehend vom Wortlaut des § 4 Abs. 2 EisbEG bzw. § 18 Abs. 2 BStG 1971 - nicht nur (wie von der Revision eingeräumt) die Parteistellung von durch ein Veräußerungs- und Belastungsverbot Berechtigten im Enteignungsverfahren verneint (vgl. VwGH 8.3.1989, 87/03/0137), sondern auch die des Fruchtgenussberechtigten (vgl. VwGH 5.7.1984, 83/06/0064).

Das Argument der Revision, es fehle an Rechtsprechung zur entscheidungswesentlichen Frage, ist daher nicht zutreffend.

Sofern die Revision auf in anderen Gesetzen enthaltene (weitergehende) Regelungen betreffend die Parteistellung in Enteignungsverfahren verweist, ist ihr zu erwidern, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers anheim gegeben ist, ob und wie weit er Parteistellung einräumt. Verfassungsrechtliche Grenzen bestehen lediglich dadurch, dass das die Parteienrechte bestimmende Gesetz dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot unterliegt (vgl. VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0021; VfGH 26.2.2020, G 179/2019 u.a.). Da der Verfassungsgerichtshof - wie bereits dargelegt - gegen die die Parteistellung regelnden Bestimmungen des EisbEG - vor dem Hintergrund ebendieser gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit - keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert hat, ist für die Revisionswerberin mit dem Verweis auf andere Verwaltungsvorschriften nichts zu gewinnen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Enteignungsverfahren; eisenbahnrechtliche Baugenehmigung; Enteignete; Enteigneter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.101.V.050.7617.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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