TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/27 97/05/0047

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Veröffentlicht am 27.05.1997
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
BauO NÖ 1976 §19 Abs1;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. W in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Juni 1995, Zl. R/1-V-95074/00, betreffend eine Grundeinlösung gemäß § 19 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 9. Februar 1994 beantragte der Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstückes Nr. nn/3 der Katastralgemeinde Klosterneuburg gemäß § 19 der NÖ Bauordnung 1976 (BO), den Grundstücksteil, der durch behördliche Maßnahmen der örtlichen Raumordnung so verändert wurde, daß die Bebaubarkeit vermindert ist, einzulösen. Er habe diesen Teil als Bauland (offene Bauweise, Bauklasse I bis II, Bebauungsdichte 25 %) im Jahre 1983 gekauft.

Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 23. Februar 1994 wurde dieser Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Hiebei wurde von folgenden - im Beschwerdeverfahren nicht bemängelten - entscheidungswesentlichen Feststellungen ausgegangen:

"Das Grundstück Nr. nn/3, EZ nn, KG Klosterneuburg, ist in seiner im Kataster-, Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ersichtlichen Form laut Grundbuchsbeschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 24.2.1964, TZ. 611/64, aufgrund des Anmeldungsbogens Nr. 98/62 des Vermessungsamtes Wien infolge der Vereinigung der Grundstücke Nr. nn/1 und nn/2 entstanden.

Diese Grundstückszusammenlegung bedurfte gemäß der zu diesem Zeitpunkt geltenden BOfNÖ 1883 keiner baubehördlichen Bewilligung.

Das Grundstück Nr. nn/2 "(richtig wohl:nn/3)" wurde vom Antragsteller laut Grundbuchsbeschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 30.9.1983, TZ. 3383/83, mit Kaufvertrag vom 7./22.7.1983 erworben.

Zum Zeitpunkt des Erwerbes war der überwiegende Teil dieses Grundstückes gemäß dem Regulierungsplan

1. Teil - Flächenwidmungsplan, Plandarstellung im Maßstab 1:10.000, als Bauland, und nur eine geringfügige Teilfläche im Ausmaß von ca. 150 m2 als Grünland gewidmet. In diesem Flächenwidmungsplan waren für die Erschließung des Grundstückes keine Verkehrsflächen im Sinne des § 12, NÖ BO 1976 festgelegt.

Das Grundstück Nr. nn/3 ist in Verlängerung der L-Straße über den N-Steig, Ö.G. - Gdst. Nr. nn/4 erreichbar.

.....

In weiterer Folge wurde die gesamte Fläche des Grundstückes Nr. nn/3 mit Gemeinderatsbeschluß vom 17.12.1987 als Grünland-Landwirtschaft gewidmet, da die Festlegung einer Verkehrsfläche gemäß den Vorschriften des § 6, NÖ BO 1976 den Zielsetzungen des örtlichen Raumordnungsprogrammes, gleichfalls am 17.12.1987 beschlossen, widersprochen hätte. Dieser Flächenwidmungsplan wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 31. Mai 1989, Zl. R/1-243/58, genehmigt und trat nach Ablauf der öffentlichen Kundmachung am 30.6.1989 in Kraft.

Aufgrund dieser Verordnung hat der Antragsteller am 24.8.1991 einen Antrag auf Ersatz von Aufwendungen gemäß § 24, NÖ ROG eingebracht, über welchen mit Bescheid des Stadtamtes vom 10.9.1991, Zl.: STD 549-610-3/91, entschieden wurde. Aufgrund dieses Bescheides wurde die Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 56.000,-- vergütet. Diese Entscheidung wurde nicht angefochten.

Weiters wurde gemäß Bescheid vom 26.4.1991, Zl.: BG-167/1991, die ohne Konsumation des Grundabteilungsbescheides vom 9.12.1981, Zl.: IV/1-3706-610-2/81, einbezahlte Aufschließungsabgabe in der Höhe von S 104.395,-- zurückerstattet.

Im Verlauf des Verfahrens gemäß § 24, NÖ ROG wurde am 30.4.1990 ein Gutachten vom Ingenieurkonsulenten für Raumplanung und Raumordnung Dipl.Ing. N erstellt. Dieses Gutachten bringt die Aussage, daß das Grundstück Nr. nn/3 "von keinem Bauverbot gemäß § 24 (3), NÖ ROG 1976 zum Zeitpunkt der Erstellung des Flächenwidmungsplanes (Rechtsstand 1989)" betroffen war.

Weiters stellte der Gutachter fest, daß auf diesem Grundstück ein Einfamilienhaus bei entsprechender Baulandabgrenzung errichtet werden könnte und empfahl der Stadtgemeinde, eine diesbezügliche "Korrektur des Flächenwidmungsplanes im Zuge der nächsten Änderung".

Diesem Sachverständigengutachten hat der Gemeinderat mit Verordnungsbeschluß vom 26.6.1992 der Flächenwidmungs- und Bebauungsplanänderung Rechnung getragen.

Im derzeit geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, rechtswirksam seit

a)

dem 12. Mai 1993 - Flächenwidmungsplan und

b)

dem 12. Mai 1993 - Bebauungsplan

ist der nördliche Teil des Grundstückes Nr. nn/3 in einem Flächenausmaß von ca. 720 m2 und das angrenzende Grundstück Nr. nn/4 im Ausmaß von ca. 120 m2 (die Flächenausmaße wurden graphisch ohne Vermessungsurkunde aus der Plandarstellung 1:1000 ermittelt) als Bauland-Wohngebiet gewidmet. Die Bebauungsweise ist mit 25 % Bebauungsdichte, offene Bauweise, Bauklasse I und Anbaupflicht an der nördlichen Baufluchtlinie festgelegt.

Diese Festlegungen lassen die Schaffung eines Bauplatzes gemäß den Vorschriften der §§ 10 und 11 der BaufNÖ 1976, LGBl. Nr. 8200-10, und in weiterer Folge die Errichtung eines Einfamilienhauses zu.

.....

Die gesamte Antragsprüfung hat ergeben, daß auf dem Grundstück Nr. nn/3 nie mehr als ein selbständiger Bauplatz für ein Einfamilienhaus geschaffen werden hätte können. Diese Feststellung ergibt sich aus § 21, Abs. (2) NÖ BO (Teilbarkeitsnachweis)."

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. März 1995 wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren maßgeblich - die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. § 19 BO soll primär jene Fälle regeln, in welchen durch Maßnahmen des Bebauungsplanes (z.B. Festlegung besonders breiter Verkehrsflächen, Festlegung von Baufluchtlinien) die Bebaubarkeit eines Grundstückes wesentlich vermindert werde; erst subsidiär gegenüber § 29 NÖ ROG sollten Maßnahmen des Flächenwidmungsplanes mit ähnlichen Auswirkungen erfaßt sein. Der hier zu beurteilende Grundstücksteil befinde sich jedoch ausschließlich im Bereich der Widmung Grünland-Landwirtschaft und nicht im Bereich der Widmung Bauland. Der gegenständliche Sachverhalt könne nicht unter § 19 BO subsumiert werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Juni 1995 wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die Vorstellungsbehörde hiezu aus, der einzulösende Grundstücksteil befinde sich nicht im Bauland, sondern im Grünland. Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 19 Abs. 1 BO sei die Baulandwidmung des einzulösenden Grundstücks(teiles). Da diese wesentliche Voraussetzung hier nicht vorliege, hätten die Baubehörden zu Recht den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 24. September 1996, B 2298/95-8, abgelehnt und diese Beschwerde über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluß vom 5. Februar 1997, B 2298/95-10, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem "Recht auf Grundeinlöse gemäß § 19 NÖ BO bzw. auf richtige Handhabe des gemeindlichen Aufsichtsrechts durch die belangte Behörde verletzt". Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Das Tatbestandsmerkmal "im Bauland" im § 19 Abs. 1 BO sei so zu verstehen, daß auch Umwidmungen von im Bauland gelegenen Grundstücksteilen auf Grünland von diesem Merkmal erfaßt seien. Dieses Tatbestandsmerkmal stehe im engen Zusammenhang mit dem Begriff "Maßnahmen der örtlichen Raumordnung". Es komme nicht darauf an, ob die Liegenschaft nach der Maßnahme im Sinne des § 19 Abs. 1 BO im Bauland liege, vielmehr, ob eine derartige Maßnahme im Geltungsbereich des § 19 Abs. 1 leg. cit. erfolgt sei. Alle den Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan betreffenden Maßnahmen fielen unter den Begriff "behördliche Maßnahmen der örtlichen Raumordnung". Die belangte Behörde habe diesen Begriff auf "Maßnahmen des Bebauungsplanes" ohne taugliche Rechtsgrundlage reduziert. Daß die Bebaubarkeit dieser Teilfläche, aber auch der im Bauland verbliebenen Teilfläche durch die Umwidmung im Jahre 1987 wesentlich vermindert worden sei, werde durch die Feststellung im Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. März 1995, es könne auf der verbleibenden Fläche ein Einfamilienhaus errichtet werden, keinesfalls widerlegt. Immerhin habe er die gesamte Fläche mit der Widmung "Bauland-Wohngebiet" käuflich erworben. Die beschwerdeanlaßgebende Teilfläche sei sowohl zum Zeitpunkt des Erwerbes des Grundstückes als auch bis zum Zeitpunkt der Umwidmung im geltenden örtlichen Flächenwidmungsplan als "Bauland-Wohngebiet" gewidmet gewesen. Tatsache sei, daß schon wegen des nun geschaffenen anteilsmäßigen Verhältnisses von Bauland und Grünland des Grundstückes für erwiesen erachtet werden müsse, daß die Bebaubarkeit desselben durch die erfolgte Umwidmung erheblich beeinträchtigt sei. Im Zweifel hätte ein entsprechendes Gutachten eingeholt werden müssen, welches das im Antrag formulierte Ergebnis erbracht hätte.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 der im Beschwerdefall anzuwendenden NÖ Bauordnung 1976 (BO) hat die Gemeinde über Antrag des Grundstückseigentümers jene Grundstücke oder Grundstücksteile im Bauland einzulösen, die durch behördliche Maßnahmen der örtlichen Raumordnung so verkleinert oder verändert wurden, daß ihre Bebaubarkeit wesentlich vermindert ist.

In den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Gesetzesstelle wird hiezu ausgeführt (vgl. hiezu die Wiedergabe bei Hauer-Zaussinger, Niederösterreichische Bauordnung, 4. Auflage, Seite 142):

"Als behördliche Maßnahmen der örtlichen Raumordnung, welche Grundstücke oder Grundstücksteile im Bauland so verändern, daß ihre Bebaubarkeit wesentlich vermindert ist, kommen in erster Linie Festlegungen im Rahmen der Erlassung oder Änderung des Bebauungsplanes in Betracht (z.B. Baufluchtlinien oder Freiflächen), in zweiter Linie Festlegungen im Rahmen von Änderungen des Flächenwidmungsplanes (z.B. Verkehrsflächen oder Grüngürtel). Für Fälle der letzteren Art sind derzeit als Alternative - im § 24 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, - Entschädigungen für Aufwendungen vorgesehen, welche durch die Änderung der Widmungs- oder Nutzungsart des betroffenen Grundstückes ihren Wert verlieren."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 18. November 1986, Zl. 86/05/0100, näher begründet dargelegt, daß bei der Erledigung eines Einlösungsantrages gemäß § 19 Abs. 1 BO in Ermangelung anderslautender gesetzlicher Regelungen von der Sach- und Rechtslage zur Zeit der Erlassung des Bescheides der Berufungsbehörde auszugehen ist. Die Baubehörden haben demnach die Frage zu beantworten, ob durch die zuletzt wirksam gewordenen behördlichen Raumplanungsmaßnahmen eine Verkleinerung oder Veränderung im Sinne des § 19 Abs. 1 BO eingetreten ist.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kommt es also nicht darauf an, ob durch die mit Beschluß des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Dezember 1987 erfolgte Umwidmung des Grundstückes Nr. nn/3, KG Klosterneuburg, von Bauland in Grünland-Landwirtschaft die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 1 BO erfüllt worden sind, sondern ob durch die mit Beschluß dieses Gemeinderates vom 26. Juni 1992 vorgenommene Flächenwidmungs- und Bebauungsplanänderung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 1 BO verwirklicht worden sind, welche einen Anspruch auf Grundeinlösung im Sinne des Antrages des Beschwerdeführers vom 9. Februar 1994 begründen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgrund dieser Sach- und Rechtslage nicht zu erkennen. Mit der für die Entscheidung der Baubehörden maßgeblichen, zuletzt wirksam gewordenen behördlichen Raumplanungsmaßnahme bezüglich des Grundstückes Nr. nn/3, KG Klosterneuburg, wurde nämlich (nur) ein Teil dieses Grundstückes von Grünland-Landwirtschaft in Bauland-Wohngebiet umgewidmet. Gemäß § 19 Abs. 1 BO sind aber über Antrag des Grundstückseigentümers nur jene Grundstücks(teile) im Bauland einzulösen, die durch die behördlichen Maßnahmen der örtlichen Raumordnung so verkleinert oder verändert wurden, daß ihre Bebaubarkeit wesentlich vermindert ist. Es fehlt somit im Beschwerdefall bereits am - in der vorgenannten Gesetzesstelle geforderten - Tatbestandsmerkmal "im Bauland". Durch die hier in Rede stehende behördliche Maßnahme der örtlichen Raumordnung wurde die Bebaubarkeit des Grundstückes des Beschwerdeführers auch nicht vermindert, vielmehr wurde bezüglich eines Grundstücksteiles dessen Bebaubarkeit erst ermöglicht. Die Beschwerdeausführungen erweisen sich daher im Hinblick auf die hier anzuwendende Sach- und Rechtslage als nicht begründet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997050047.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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