RS Vfgh 2020/11/24 E2472/2020

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 24.11.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3, §8, §10, §11, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; keine Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten und den Richtlinien des UNHCR zur Beurteilung des Bestehens einer innerstaatlichen Fluchtalternative bei Verfolgung durch die Taliban in der Heimatregion

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) kommt zum Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer zwar Verfolgung durch die Taliban in seiner Heimatregion Nangarhar drohe und somit eine Rückkehr dorthin ausscheide, jedoch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul oder Herat bestehe. Hinsichtlich der Rückkehr nach Kabul begründet es seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass den Länderberichten zufolge die allgemeine Lage als vergleichsweise sicher und stabil zu bezeichnen sei. Anschläge seien in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen und die afghanische Regierung behalte die Kontrolle über die Stadt. Das BVwG stützt seine Erwägungen dabei auf Länderberichte vorwiegend aus den Jahren 2017 und 2018, wodurch keine hinreichende Aktualität der darin enthaltenen Informationen gewährleistet ist.

Das BVwG lässt bei seinen Beurteilungen hinsichtlich einer innerstaatlichen Fluchtalternative zudem die - unmittelbar einschlägigen - Richtlinien des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (United Nations High Commissioner for Refugees - UNHCR) vom 30.08.2018 gänzlich außer Acht. Die Entscheidung des BVwG erweist sich daher im Hinblick auf die Beurteilung einer dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr drohenden Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art2 und Art3 EMRK als verfassungswidrig, weil es den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht mit den aktuellen Länderberichten sowie der in den UNHCR-Richtlinien dargestellten Sicherheitslage in Bezug gesetzt hat.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E2472.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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