TE Vfgh Erkenntnis 2020/11/24 E1900/2020

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; keine ausreichende Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten des EASO zu Personen, die lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt haben

Spruch

I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels sowie gegen die erlassene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer vierzehntägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist ein am 1. Jänner 2001 geborener Staatsangehöriger Afghanistans, der der Volksgruppe der Hazara angehört und sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam bekennt. Er wurde nach eigenen Angaben in der Provinz Daikundi geboren und reiste im Alter von neun Monaten mit seinen Eltern in den Iran aus, wo er bis zu seiner Ausreise lebte. Am 29. September 2015 stellte der Beschwerdeführer in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte er zu diesem Antrag im Wesentlichen aus, dass er im Iran keine Aufenthaltskarte besessen habe und ihm daher der Schulbesuch verwehrt gewesen sei. Weiters sei er auf Grund seiner Herkunft im Iran schikaniert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, nach Afghanistan, wo die Feinde seines Vaters leben würden, abgeschoben zu werden.

2. Mit Bescheid vom 8. März 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 ab; ebenso wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §8 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß §10 Abs1 Z3 AsylG 2005 iVm §9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs2 Z2 FPG erlassen und gemäß §52 Abs9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß §46 FPG zulässig sei. Gemäß §55 Abs1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. März 2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §27 Abs2a SMG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Wochen (auf eine Probezeit von drei Jahren) verurteilt.

4. Die gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Erkenntnis vom 23. März 2020 als unbegründet ab. Eine asylrelevante Verfolgung schließt das Bundesverwaltungsgericht mangels glaubhaften Fluchtvorbringens aus. Ebenso wenig drohe dem Beschwerdeführer eine Verfolgung auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seines Glaubens.

Die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründet das Bundesverwaltungsgericht damit, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Herat und Mazar-e Sharif zur Verfügung stehe. Diesbezüglich führt das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung aus:

"[…] dass der BF noch nie in diesen innerstaatlichen Fluchtalternativen war, schadet nicht, denn bei Afghanen, welche noch nie zuvor in Afghanistan gelebt haben, sieht die höchstgerichtliche Judikatur deren Rückkehr nach Afghanistan als möglich an: das Bundesverwaltungsgericht ging in einer Entscheidung im September 2018 bei einem im Iran geborenen afghanischen Staatsangehörigen, welcher im Iran sowohl Schulbildung als auch Berufserfahrung erlangt hatte, von einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Mazar-e Sharif oder Herat aus und wurde diese Entscheidung vom VwGH nicht behoben. Ebenso wäre eine (anfängliche) Unterstützung von im Ausland lebenden Familienangehörigen möglich […] und handelt es sich bei dem gegenständlichen BF um die Mutter und Geschwister und allenfalls um die vom BF bloß zu kontaktierenden und um Hilfe zu ersuchenden Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinnen im Iran. Der BF gab zwar an, dass er bloß zur Kernfamilie Kontakt halte, aber kann er zu den übrigen im Iran befindlichen Verwandten den Kontakt wieder aufleben lassen. Der BF ist bei Rückkehr nach Afghanistan als ein junger, gesunder und daher nicht lebensbedrohlich erkrankter, arbeitsfähiger Mann ohne Sorgepflichten und ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf anzusehen.

Daher kann er nach Auffassung von UNHCR auch ohne externe Unterstützung durch Familie und Gemeinschaft in Afghanistan in urbanen und semiurbanen Umgebungen, welche die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle stehen […], leben.

Daher wird er durch das Zurückgreifen auf seine im Iran erlangte Erfahrung als Hilfsarbeiter in Zusammenschau mit seiner in Österreich im Ehrenamt erlangten Erfahrung und dem in Workshops erlangten Wissen das wirtschaftliche Überleben unter würdigen Bedingungen sichern können.

[…]

Unter Hinweis auf den EASO Bericht 'Country Guidance Afghanistan' aus Juni 2018 ist zu sagen, dass in diesem EASO Bericht zur innerstaatlichen Fluchtalternative dargetane Befürchtungen auf den BF nicht zutreffen: er ist in Afghanistan zur Welt gekommen und hat dort gelebt. Aufgrund des zuvor zu seinen Fähigkeiten und zu seiner bisherigen Erfahrung im Arbeitsleben Dargetanem ist davon auszugehen, dass er nach Rückkehr in den Herkunftsstaat auch den Lebensunterhalt selbst wird bestreiten können."

5. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungs-gesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen habe, sich mit den in der Country Guidance von EASO aufgestellten Kriterien hinsichtlich jener Personengruppe, die außerhalb Afghanistans geboren wurde bzw sich über viele Jahre hinweg außerhalb Afghanistans aufgehalten hat, auseinanderzusetzen. Zudem handle es sich bei der dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht zugeschriebenen "Berufserfahrung" um Hilfstätigkeiten, die er als unmündiger Minderjähriger verrichtet habe und die somit als Kinderarbeit im Sinne des Art3 BVG Kinderrechte zu qualifizieren seien.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

II. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung, der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und der Festsetzung einer vierzehntägien Frist für die freiwillige Ausreise richtet, begründet.

2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3. Ein derartiger, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Bundes-verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen:

3.1. Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Herat und Mazar-e Sharif zur Verfügung stehe, und verweist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die "UNHCR-Richtlinien Afghanistan vom 30.08.2018", den "Auszug aus EASO Bericht Afghanistan Netzwerke vom Januar 2018, Seite 29-31" sowie auf die "Country Guidance Afghanistan" des EASO auf dem Stand Juni 2018.

3.2. Aus der EASO Country-Guidance vom Juni 2018, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht bezieht (die mittlerweile aktuellere Fassung aus Juni 2019 enthält keine hier relevanten Neuerungen), geht hervor, dass für jene Gruppe von Rückkehrern nach Afghanistan, die entweder außerhalb Afghanistans geboren wurden oder lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt haben, eine inner-staatliche Fluchtalternative dann nicht in Betracht komme, wenn am Zielort der aufenthaltsbeendenden Maßnahme kein Unterstützungsnetzwerk für die konkrete Person vorhanden sei, das sie bei der Befriedigung grundlegender existenzieller Bedürfnisse unterstützen könne, und dass es einer Beurteilung im Einzel-fall unter Heranziehung der folgenden Kriterien bedürfe: Unterstützungs-netzwerk, Ortskenntnis der betroffenen Person bzw Verbindungen zu Afghanistan sowie sozialer und wirtschaftlicher Hintergrund, insbesondere Bildungs- und Berufserfahrung einschließlich Selbsterhaltungsfähigkeit außerhalb Afghanistans (vgl VfGH 12.12.2019, E3369/2019).

Derartigen Länderberichten, wie insbesondere auch den Richtlinien des Hoch-kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (United Nations High Commissioner for Refugees – UNHCR), ist bei der Beurteilung der Situation im Rückkehrstaat bei der Prüfung, ob dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, besondere Beachtung zu schenken (vgl VfGH 12.12.2019, E3369/2019; 12.12.2019, E2692/2019; 4.3.2020, E4399/2019 jeweils mwN; vgl auch VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533; 17.12.2019, Ra 2019/18/0278 ua). Das bedeutet insbesondere, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit den aus diesen Länderberichten hervorgehenden Problemstellungen im Hinblick auf eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan, und zwar in Bezug auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers, auseinanderzusetzen hat.

3.3. Das Bundesverwaltungsgericht hält bei der rechtlichen Beurteilung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht, zunächst fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann ohne Sorgepflichten und ohne besondere Vulnerabilität handle. Die in der EASO Country-Guidance vom Juni 2018 zur innerstaatlichen Fluchtalternative enthaltenen "Befürchtungen" würden auf den Beschwerdeführer nicht zutreffen, weil er in Afghanistan zur Welt gekommen sei und dort gelebt habe. Zudem könne der Beschwerdeführer auf seine im Iran erlangte Erfahrung als Hilfsarbeiter sowie auf seine in Österreich im Ehrenamt erlangte Erfahrung zurückgreifen, weshalb davon auszugehen sei, dass er im Herkunftsstaat seinen Lebensunterhalt bestreiten könne.

Damit verkennt das Bundesverwaltungsgericht, dass der Beschwerdeführer, welcher Afghanistan als Kleinkind mit neun Monaten verlassen hat, zu der in der EASO Country-Guidance beschriebenen Personengruppe zählt, für die qualifizierte Umstände erforderlich sind, insbesondere im Hinblick auf Unterstützungsnetzwerk, Ortskenntnis der betroffenen Person sowie Bildungs- und Berufserfahrung einschließlich Selbsterhaltungsfähigkeit außerhalb Afghanistans, um von einer im Hinblick auf Art2 und 3 EMRK zumutbaren Rückkehrsituation ausgehen zu können. Soweit das Bundesverwaltungsgericht hilfsweise auf im Iran erlangte Erfahrungen als Hilfsarbeiter sowie auf in Österreich im Ehrenamt erlangte Erfahrungen verweist, vermag es keinen qualifizierten Umstand, der für eine zumutbare Rückkehrsituation spricht, darzulegen. Das Bundesverwaltungsgericht unterlässt es zu prüfen, inwiefern der Beschwerdeführer auf Grund seiner Erfahrung als Hilfsarbeiter im Iran – welche er im Kindesalter erworben haben muss – und seiner ehrenamtlichen Tätigkeit in Österreich – die sich laut Feststellungen im Aufbau einer Gartenhütte und dem Ausmalen eines Stiegenhauses erschöpft – über eine solche Berufserfahrung verfügen würde, die begründet vermuten lässt, dass er sich in seiner konkreten Rückkehrsituation selbst erhalten könne.

3.4. Angesichts des Personenprofils des Beschwerdeführers verkennt das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Beurteilung, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Herat und Mazar-e Sharif zur Verfügung stehe, die in der EASO Country-Guidance angeführten Kriterien in einer so qualifizierten Weise, dass es sein Erkenntnis mit Willkür belastet (vgl VfGH 8.10.2020, E2795/2019; 8.10.2020, E1887/2020). Soweit sich das Erkenntnis auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und – daran anknüpfend – auf die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie die Zulässigerklärung der Rückkehrentscheidung bzw der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise bezieht, ist es daher aufzuheben.

4. Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigte Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, abzusehen.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung sowie die Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E1900.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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