RS Vfgh 2020/11/24 E3285/2020

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; keine widerspruchsfreie Auseinandersetzung mit der Situation eines an Lungenkrankheiten leidenden Beschwerdeführers im Hinblick auf COVID-19-Situation im Heimatstaat

Rechtssatz

Im Widerspruch zu den Feststellungen, dass der Beschwerdeführer an Asthma und einer abgeheilten Tuberkulose leide sowie Feststellungen zu den Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat, geht das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Folge jedoch davon aus, dass einer Rückkehr des Beschwerdeführers nichts entgegenstünde, ohne dies näher zu begründen. Insbesondere finden sich im Erkenntnis keine Erwägungen, weshalb es dem Beschwerdeführer - trotz seiner Zugehörigkeit zur COVID-19 Risikogruppe auf Grund seiner chronischen Asthma-Erkrankung und angesichts des Mangels an Versorgungseinrichtungen, Medikamenten und Personal - im konkreten Fall dennoch möglich sein soll, in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren. Vielmehr geht das BVwG pauschal davon aus, dass eine "grundsätzliche Behandelbarkeit von Krankheiten in Afghanistan gegeben" sei. Aus den Länderberichten ergebe sich, dass "alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten haben [...]."

Da es das BVwG sohin unterlassen hat, sich widerspruchsfrei mit der aktuellen Lage im Herkunftsstaat in Bezug auf die Asthma-Erkrankung sowie mit der vom Gericht selbst festgestellten Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Risikogruppe und der damit einhergehenden erhöhten Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufes im Falle einer Infektion mit dem Coronavirus und der mangelnden Behandlungsmöglichkeit im Herkunftsstaat auseinanderzusetzen, hat es Willkür geübt. Dies trifft ungeachtet dessen zu, dass die Vollzugsbehörde ohnehin verpflichtet ist, bei einer allfälligen Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme Art3 EMRK auch gerade im Hinblick auf die COVID-19-Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zu beachten.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht / Vulnerabilität, COVID (Corona), Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E3285.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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