RS Vfgh 2020/11/24 E2408/2020

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3, §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung untereinander durch Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz betreffend einen Staatsangehörigen des Iraks; mangelhafte Auseinandersetzung mit dem als unglaubwürdig eingestuften Fluchtvorbringen; keine Durchführung einer mündlichen Verhandlung; Ausführungen ohne Begründungswert und weitgehende Übernahme des angefochtenen behördlichen Bescheids

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) stützt sich in seinem Erkenntnis zur Gänze auf die Ergebnisse des behördlichen Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen und die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides. Es trifft weder eigene (aktuelle) Länderfeststellungen im Hinblick auf die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers noch führt es eine mündliche Verhandlung durch, auf Basis derer es eigene Feststellungen bzw eine entsprechende Beweiswürdigung vornehmen hätte können.

Den in Erwiderung auf die Beschwerde ergänzend aufgenommenen Ausführungen zur Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers kommt angesichts der mangelhaften Argumentation kein Begründungswert zu. Die Ausführungen zur Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, denen sich das BVwG ausdrücklich anschließt und die es im angefochtenen Erkenntnis wörtlich wiedergibt, stellen ebenfalls keine substantiierte Begründung dar. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stützte sich im Wesentlichen darauf, dass die Angaben in der Einvernahme von der Aussage in der Erstbefragung abweichen würden. Allerdings gab der Beschwerdeführer sowohl bei der Erstbefragung als auch in der späteren Einvernahme gleichbleibend an, im Irak an Demonstrationen teilgenommen zu haben und zudem von den Milizen bedroht worden zu sein. Im Übrigen bestimmt §19 Abs1 AsylG 2005 ausdrücklich, dass die Erstbefragung insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden dient und sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat.

Die Begründung der angefochtenen Entscheidung erweist sich - insbesondere vor dem Hintergrund, dass das BVwG keine mündliche Verhandlung durchgeführt hat - als unzureichend und nicht nachvollziehbar. Letztlich läuft die vom BVwG gewählte Begründungstechnik, einerseits ausschließlich auf die verwaltungsbehördliche Begründung zu verweisen und andererseits der Beschwerde fehlende Substanz zu unterstellen, auf eine bloße Plausibilitätskontrolle hinaus. Dies entspricht nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen eines Gerichtes.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E2408.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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