Index
E3R E07201000Norm
ABGB §863Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revision der W GmbH in W, vertreten durch die B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, gegen das Erkenntnis (Zl. W187 2211696-2/33E) sowie den Beschluss (Zl. W187 2211696-1/2E) des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom 18. Februar 2019, betreffend vergaberechtliches Feststellungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. S Gesellschaft mbH in W, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1010 Wien, Singerstraße 17-19; 2. Ö AG in W, vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Bartensteingasse 2), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Die erstmitbeteiligte Partei (Auftraggeberin) veröffentlichte am 22. Juli 2016 im Amtsblatt der Europäischen Union eine Vorinformation gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007. Die Auftraggeberin beabsichtigte unter der Bezeichnung „Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr (SPNV) im Bundesland Vorarlberg“ eine Direktvergabe betreffend einen Dienstleistungsauftrag gemäß Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) 1370/2007 an die zweitmitbeteiligte Partei. Als Leistungsbeginn war der 9. Dezember 2018 vorgesehen.
2 Die gegen diese Vorinformation gerichteten Nichtigerklärungsanträge der Revisionswerberin wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ab. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Revisionswerberin wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. Jänner 2019, Ra 2016/04/0134 bis 0136, zurückgewiesen. Zur näheren Darstellung des Verfahrensablaufs wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf diesen hg. Beschluss verwiesen.
3 2. Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2018 beantragte die Revisionswerberin im Hinblick auf die am 26. November 2018 erfolgte und bekannt gemachte Zuschlagserteilung betreffend die in Rn. 1 angeführten Verkehrsdienstleistungen die Feststellung,
a) dass die Erteilung des Zuschlags durch die Auftraggeberin an die zweitmitbeteiligte Partei nach Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 BVergG 2018 rechtswidrig gewesen sei, sowie
b) dass die Erteilung des Zuschlags durch die Auftraggeberin an die zweitmitbeteiligte Partei nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden sei (§ 334 Abs. 3 Z 1 BVergG 2018).
4 Begründend wurde - auf das Wesentlichste zusammengefasst - vorgebracht, dass das nunmehr eingesetzte Rollmaterial wesentlich von dem in der Vorinformation beschriebenen Rollmaterial abweiche. Die Auftraggeberin habe vor Zuschlagserteilung die Musskriterien hinsichtlich der einzusetzenden Triebwagen geändert und es hätte daher eine neue Vorinformation veröffentlicht werden müssen.
5 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 18. Februar 2019 wies das BVwG den Antrag der Revisionswerberin auf Feststellung, dass die Erteilung des Zuschlags durch die Auftraggeberin an die zweitmitbeteiligte Partei nach Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung rechtswidrig gewesen sei, zurück (Spruchpunkt A)I.); der Antrag auf Feststellung, dass die Erteilung des Zuschlags durch die Auftraggeberin an die zweitmitbeteiligte Partei nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden sei, wurde abgewiesen (Spruchpunkt A)II.). Mit dem ebenfalls angefochtenen Beschluss vom 18. Februar 2019 wies das BVwG den Antrag der Revisionswerberin auf Ersatz der Pauschalgebühren ab. Die ordentliche Revision wurde in beiden Entscheidungen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig erklärt.
6 Das BVwG gab die wesentlichen Inhalte der Vorinformation vom 22. Juli 2016 wieder: Hinsichtlich des Rollmaterials sei festgelegt gewesen, dass „vorrangig (Ausnahmen bei einzelnen Kursen in der Hauptverkehrszeit sind möglich) elektrisch betriebene Nahverkehrszüge“ mit nachstehend angeführten Eigenschaften einzusetzen seien; die geplante Bestellung führe zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung, die auf „dem schrittweisen Einsatz qualitativ hochwertiger Neufahrzeuge während der Vertragslaufzeit“ beruhe. Festgestellt wurde weiters, dass die Auftraggeberin den Zuschlag an die zweitmitbeteiligte Partei am 26. November 2018 erteilt habe. Laut Auskunft des Vertreters der Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung sei vereinbart, dass bis zum 31. März 2020 Rollmaterial aus dem Bestand zum Einsatz kommen könne. Die zweitmitbeteiligte Partei erbringe seit dem 9. Dezember 2018 die gegenständlichen Verkehrsdienstleistungen. Die derzeit eingesetzten Triebwagen würden nicht der Beschreibung in der Vorinformation entsprechen. Voraussichtlich ab Sommer 2019 würden die neu bestellten Züge zum Einsatz kommen.
7 Im Hinblick auf die Bekanntmachung der Vorinformation am 22. Juli 2016 sowie die jeweiligen Übergangsbestimmungen sei - so das BVwG - das Vergabeverfahren (bzw. die Wahl des Vergabeverfahrens) nach der Stammfassung der Verordnung (EG) 1370/2007 - somit in der Fassung vor der Änderung durch die Verordnung (EU) 2016/2338 - bzw. nach dem BVergG 2006 zu beurteilen, während das Feststellungsverfahren vor dem BVwG nach den Regelungen des BVergG 2018 zu führen sei.
8 3.1. Zu der unter Spruchpunkt A)I. erfolgten Zurückweisung des dort wiedergegebenen Feststellungsantrages verwies das BVwG auf die abschließende Regelung der Feststellungskompetenzen in § 334 Abs. 3 bis 5 BVergG 2018. Die beantragte Feststellung, dass die Zuschlagserteilung nach Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung rechtswidrig gewesen sei, sehe das BVergG 2018 nicht vor. Der unter a) gestellte Feststellungsantrag sei daher unzulässig.
9 3.2. Zu dem unter b) gestellten Feststellungsantrag (Spruchpunkt A)II.) sei angesichts des dazu erstatteten Vorbringens der Revisionswerberin zu prüfen, ob die - als bestandfest anzusehende - Vorinformation das einzusetzende Rollmaterial verbindlich festlege, bzw. - bejahendenfalls - ob der Zuschlagsempfänger bereits zu Leistungsbeginn ausschließlich das in der Vorinformation beschriebene Rollmaterial einzusetzen habe.
10 Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 verlange als Inhalt der Vorinformation neben Namen und Anschrift der zuständigen Behörde sowie der Art des geplanten Vergabeverfahrens die von der Vergabe möglicherweise betroffenen Dienste und Gebiete. Diese Angaben seien in der Vorinformation vom 22. Juli 2016 enthalten. Die Vorinformation diene primär dazu, Verkehrsunternehmen die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Interesse am geplanten Auftrag bestehe; der Leistungsgegenstand werde mit der Vorinformation aber nicht abschließend festgelegt. Eine Vorinformation ohne Angaben über das Rollmaterial würde den Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 genügen. Es sei daher davon auszugehen, dass das Rollmaterial Gegenstand von Verhandlungen sein könne. Die Angaben in der Vorinformation, die über die in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 genannten Informationen hinausgingen, seien daher nicht im gleichen Maß verbindlich wie die Festlegungen in einer Ausschreibung.
11 Angesichts der wiedergegebenen Formulierungen in der Vorinformation („vorrangig“, „schrittweisen Einsatz“) sei der Auftraggeberin - so das BVwG weiter - bewusst gewesen, dass zu Leistungsbeginn noch nicht alle benötigten Neufahrzeuge zur Verfügung stünden. Die Vorinformation sei dahingehend zu verstehen, dass das neue Rollmaterial zwar generell eingesetzt werden solle, Ausnahmen aber möglich seien und der Einsatz des neuen Rollmaterials im Laufe der Leistungserbringung stattfinden solle. Da die Vorinformation keinen Einsatz des neuen Rollmaterials ab Beginn der Leistungserbringung verlange, habe die Auftraggeberin keinen von der Vorinformation abweichenden Auftrag erteilt.
12 4. Parallel zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG, deren Behandlung vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Juni 2019, E 1156/2019, abgelehnt wurde, erhob die Revisionswerberin gegen dieses Erkenntnis sowie den genannten Beschluss die vorliegende außerordentliche Revision.
13 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 6.1. Die Revisionswerberin sieht eine grundsätzliche Bedeutung in der Rechtsfrage, inwieweit ein Abgehen des Auftraggebers von den Festlegungen in der Vorinformation als rechtswidrige Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zu werten sei. Dies sei zu bejahen, weil die in der Vorinformation festgelegten Anforderungen an das Rollmaterial als wesentliche Vertragsbestimmungen anzusehen seien. Da für die Beurteilung eines Begehrens der gesamte Inhalt des Nachprüfungsantrags heranzuziehen sei, wäre über „diesen Antrag inhaltlich abzusprechen gewesen“.
17 Mit diesem Vorbringen wendet sich die Revisionswerberin - wenn auch nicht ausdrücklich, so doch erkennbar - gegen die Zurückweisung des unter a) gestellten Feststellungsantrags betreffend die Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung nach Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat - zu diversen Vergaberechtsschutzgesetzen - festgehalten, dass die Aufzählung der gesetzlich normierten Zuständigkeiten abschließend ist (vgl. die Nachweise in VwGH 13.11.2013, 2011/04/0034). Das BVwG ist somit nicht zuständig, andere als die gesetzlich vorgesehenen Feststellungen zu treffen (vgl. etwa auch VwGH 19.11.2014, 2013/04/0176, wonach die (allgemeine) Feststellung, dass die „Zuschlagsentscheidung ... rechtswidrig war“, nicht zu den aufgezählten Feststellungskompetenzen der belangten Behörde zähle). Ausgehend davon ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass das BVwG eine Zuständigkeit verneint hat, die unter a) begehrte Feststellung zu treffen.
19 6.2. Die Revisionswerberin bringt weiters vor, es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwiefern die in der Vorinformation enthaltenen Angaben - und zwar insbesondere die nicht verpflichtend bekanntzugebenden Informationen - verbindlich seien. Dies sei nach Ansicht der Revisionswerberin zu bejahen, zumal die primärrechtlichen Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung dem Auftraggeber Grenzen setzen würden und (näher zitierte) Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zur Unzulässigkeit der Änderung technischer Spezifikationen auf Vergaben gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) 1370/2007 zu übertragen sei. Die Vorinformation habe für Unternehmen den Zweck, beurteilen zu können, ob der Auftrag für sie von Interesse sei. Dieser Zweck könne nur erfüllt werden, wenn die wesentlichen Angaben unverändert blieben. Die zeitliche Verfügbarkeit des Rollmaterials sei als wesentliche Bestimmung bzw. als technische Spezifikation anzusehen.
20 Das BVwG hat sich mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Revisionswerberin in mehrfacher Weise befasst. Zum einen hat es die Angaben in der Vorinformation, jedenfalls soweit diese über die nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 geforderten Inhalte hinausgehen, als nicht in gleichem Maße verbindlich angesehen wie die Festlegungen in einer Ausschreibung. Zum anderen hat es die Vorinformation dahingehend ausgelegt, dass die Verfügbarkeit des darin beschriebenen Rollmaterials nicht schon zu Leistungsbeginn (vollständig) gegeben sein müsse.
21 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Auslegung von Willenserklärungen des Auftraggebers der objektive Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt maßgebend (vgl. VwGH 28.9.2020, Ra 2020/04/0044, Rn. 17, mwN). Dies trifft auch auf eine Vorinformation nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 zu.
22 Der Verwaltungsgerichtshof hat des Weiteren wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung von Parteierklärungen oder Ausschreibungsunterlagen nicht erfolgreich mit Revision bekämpft werden kann bzw. dass einer vertretbaren Auslegung keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung im Sinn einer unvertretbaren Rechtsansicht unterlaufen wäre (vgl. erneut VwGH Ra 2020/04/0044, Rn. 19, mwN).
23 Eine derartige Unvertretbarkeit der - auf die wiedergegebenen Formulierungen in der Vorinformation gestützten - fallbezogen vorgenommenen Auslegung der Vorinformation durch das BVwG zeigt die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen nicht auf, weshalb die Abweisung des unter b) gestellten Feststellungsantrags der Revisionswerberin schon aus diesem Grund keinen Bedenken begegnet.
24 Darüber hinaus wird zu den Ausführungen des BVwG betreffend die Verbindlichkeit der Vorinformation Folgendes angemerkt: Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass der Leistungsgegenstand mit der Veröffentlichung der Vorinformation noch nicht abschließend festgelegt wird (vgl. VwGH 1.10.2018, Ra 2015/04/0060, Rn. 27). Der EuGH hat in seinem Urteil vom 24. Oktober 2019 in der Rs. C-515/18, Autorita Garante, zur Frage der Detailliertheit der im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Direktvergabe zu veröffentlichenden Informationen festgehalten, dass sich anhand der in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 aufgezählten Informationen kein Angebot vorbereiten lasse, das Gegenstand einer vergleichenden Bewertung sein könne (Rn. 25). Da eine Direktvergabe jedes vorherige wettbewerbliche Verfahren ausschließe, würde das Erfordernis einer vergleichenden Bewertung die in der Verordnung (EG) 1370/2007 vorgesehenen erheblichen Unterschiede zwischen dem Direktvergabeverfahren und dem wettbewerblichen Verfahren missachten (Rn. 29 f). Ausgehend davon seien Auftraggeber, die beabsichtigten, einen Auftrag für öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene direkt zu vergeben, nicht verpflichtet, alle erforderlichen Informationen zu veröffentlichen, damitmöglicherweise interessierte Wirtschaftsteilnehmer ein hinreichend detailliertes Angebot erstellen könnten (Rn. 37).
25 Angesichts der vom EuGH anerkannten erheblichen Unterschiede zwischen einer Direktvergabe und einem wettbewerblichen Verfahren (bzw. einer Ablehnung der Gleichsetzung dieser beiden Verfahrensarten) bestehen auch keine Bedenken gegen die Ansicht des BVwG, den über den geforderten Mindestinhalt einer Vorinformation hinausgehenden Angaben keine mit einer Ausschreibung vergleichbare Verbindlichkeit beizumessen. Aus dem von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Urteil des EuGH vom 16. April 2015 in der Rs. C-278/14, SC Enterprise Focused Solutions SRL, ist für sie daher nichts zu gewinnen, weil die darin getroffenen Aussagen ein der Richtlinie 2004/18/EG unterliegendes wettbewerbliches Vergabeverfahren betrafen. Soweit die Revisionswerberin die Verbindlichkeit der Angaben betreffend das Rollmaterial mit dem Zweck der Vorinformation begründet, ist auf die Ausführungen des EuGH im zitierten Urteil in der Rs. C-515/18 zu verweisen, wonach die Vorinformation einem Wirtschaftsteilnehmer erlauben muss, prinzipielle Einwände gegen die beabsichtigte Direktvergabe zu erheben, ein solcher Einwand aber auch ohne Mitteilung aller für eine Angebotslegung erforderlichen Informationen sachgerecht erhoben werden könne (Rn. 33).
26 6.3. Die Revisionswerberin wirft noch allgemein die Frage auf, ob bei einer Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) 1370/2007 die primärrechtlichen Grundsätze anzuwenden sind, ohne allerdings darzulegen, inwieweit - abseits der in Pkt. 6.2. dargestellten Ausführungen - dieser Frage für die Entscheidung über die vorliegende Revision Bedeutung zukommt. Soweit die Revisionswerberin einen Verstoß gegen die genannten Grundsätze darin sieht, dass ihr keine Möglichkeit gegeben wurde, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen, kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Beschlusses vom heutigen Tag, Ra 2019/04/0082, Rn. 21 f, verwiesen werden.
27 6.4. Im Hinblick auf die dargelegten Erwägungen und insbesondere die Ausführungen des EuGH im zitierten Urteil in der Rs. C-515/18 sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, ein von der Revisionswerberin angeregtes Vorabentscheidungsersuchen betreffend zwei näher dargestellte Fragen an den EuGH zu richten.
28 7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
29 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
30 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 18. Jänner 2021
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019040047.L00Im RIS seit
31.03.2021Zuletzt aktualisiert am
31.03.2021