TE Vwgh Beschluss 2021/1/26 Ra 2020/02/0253

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.01.2021
beobachten
merken

Index

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
WettenG Wr 2016 §18 Abs1
WettenG Wr 2016 §2 Z1
WettenG Wr 2016 §2 Z6

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/02/0254

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision von 1. M P und 2. A GmbH, beide in G und beide vertreten durch die SHMP Schwartz Huber-Medek Pallitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7, gegen Spruchpunkt II. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien vom 23. Juni 2020, 1. VGW-002/085/6647/2019 und 2. VGW-002/V/085/6648/2019, betreffend Übertretung des Wiener Wettengesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit dem hier angefochtenen Spruchpunkt II. des Erkenntnisses vom 23. Juni 2020 (Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 29. März 2019) hat das Verwaltungsgericht unter Herabsetzung der Geldstrafe von € 500,-- auf € 200,-- und der Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden auf 9 Stunden die Erstrevisionswerberin gemäß § 24 Abs. 1 Z 11 Wiener Wettengesetz schuldig erachtet, sie habe als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 VStG der Zweitrevisionswerberin zu verantworten, dass diese in der Betriebsstätte in N., in der diese Gesellschaft die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich als Buchmacherin, durch Wettterminals im Sinne des § 2 Z 8 Wiener Wettengesetz ausübe, am 1. März 2018 insofern gegen die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Wiener Wettengesetz, wonach jede Wettunternehmerin und jeder Wettunternehmer in Betriebsstätten in der Zeit von 6.00 Uhr bis 24.00 Uhr gewerbsmäßig tätig sein dürfe, verstoßen habe, als in der gegenständlichen Betriebsstätte um 00:00:54 Uhr, um 00:01:02 Uhr und um 00:01:25 Uhr, somit außerhalb der gesetzlich vorgegebenen Betriebszeiten, am Terminal X durch die Erstellung von Auszahlungsbelegen Wettgewinne überprüft worden seien. Zum Tatzeitpunkt sei für diese Betriebsstätte keine behördliche Verlängerung der Öffnungszeiten vorgelegen.

2        Zu diesem Spruchpunkt stellte das Verwaltungsgericht fest, dass am 1. März 2018 in der genannten Betriebsstätte um 00:00:54 Uhr, um 00:01:02 Uhr und um 00:01:25 Uhr am Terminal X durch Einscannen am Wettterminal drei Wetttickets durch einen Wettkunden dahingehend überprüft worden seien, ob er bei den vor 00.00 Uhr abgeschlossenen Wetten einen Gewinn erzielt habe. Da dies der Fall gewesen sei, seien Auszahlungsbelege erstellt worden, die er an der Wettkasse einlösen hätte können. Wann die Gewinne tatsächlich an der Wettkasse ausbezahlt worden seien, habe nicht festgestellt werden können.

3        Rechtlich wertete das Verwaltungsgericht diesen Sachverhalt dahin, dass § 18 Abs. 1 Wiener Wettengesetz zum Zweck des Jugendschutzes nicht nur die Abgabe einer Wette außerhalb der Betriebszeiten verbiete, sondern jegliche wettunternehmerische Tätigkeit und damit auch die Erstellung von Auszahlungsbelegen.

Nur gegen den zitierten Spruchpunkt II. des angeführten Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

4        Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Als zulässig erachten die revisionswerbenden Parteien die Revision, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob § 18 Abs. 1 Wiener Wettengesetz alleine die Wettteilnahme, also den Wettabschluss, oder auch den Ausdruck eines Beleges über einen allfälligen Wettgewinn bei einem Wettterminal erfasse.

9        Nach der Rechtsprechung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (VwGH 3.7.2015, Ra 2015/03/0041, mwN).

10       In Anbetracht dieser Rechtsprechung erweist sich die Revision als unzulässig:

11       Gemäß § 18 Abs. 1 Wiener Wettengesetz darf jede Wettunternehmerin und jeder Wettunternehmer in Betriebsstätten in der Zeit von 06.00 Uhr bis 24.00 Uhr gewerbsmäßig tätig sein.

12       Eine Tätigkeit wird gemäß § 1 Abs. 2 GewO gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

13       Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 GewO 1994 fällt die Vermittlung und der Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher) nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung.

14       Gemäß § 2 Z 1 Wiener Wettengesetz ist Buchmacherin oder Buchmacher, wer Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt.

15       Nach § 2 Z 6 Wiener Wettengesetz ist die Wette ein Glücksvertrag zwischen der Wettunternehmerin oder dem Wettunternehmer und jenen Personen, die gegen Entrichtung eines gewählten Einsatzbetrages eine Vorhersage über den Ausgang eines zum Zeitpunkt des Wettabschlusses oder der Wettvermittlung in der Zukunft liegenden sportlichen Ereignisses in der Hoffnung rechtsverbindlich bekannt gegeben haben, einen für den Fall des Zutreffens dieser Vorhersage in Aussicht gestellten Gewinn zu erlangen.

16       Dadurch dass § 18 Abs. 1 Wiener Wettengesetz auf die gewerbsmäßige Tätigkeit der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers abstellt, kommt es - anders als die revisionswerbenden Parteien meinen - auf die Frage, wann die Wette als abgeschlossen gilt, nicht an (vgl. zu den zivilrechtlichen Erfordernissen für den Abschluss einer Wette OGH 31.8.1995, 6 Ob 560/95; zur Qualifikation der Sportwette als Staatslotterie vgl. OGH [verstärkter Senat] 30.10.1998, 1 Ob 107/98m).

17       Teil der Wette ist auch die Feststellung, ob die Vorhersage über den Ausgang eines zum Zeitpunkt des Wettabschlusses oder der Wettvermittlung in der Zukunft liegenden sportlichen Ereignisses zugetroffen hat sowie für den Fall des Zutreffens dieser Vorhersage das Erlangen des in Aussicht gestellten Gewinns (§ 2 Z 6 Wiener Wettengesetz).

18       Voraussetzung zur Erlangung des Gewinns ist die Überprüfung der Wetttickets und die Erstellung der Auszahlungsbelege. Ungeachtet eines bereits vor Mitternacht abgeschlossenen Glücksvertrages der Wette ist die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer daher solange gewerbsmäßig tätig, solange der Wettkunde noch die Möglichkeit hat festzustellen, ob er gewonnen hat und sich den Gewinn allenfalls auszahlen lassen kann. Erst mit dieser Tätigkeit ist der Wettvorgang abgeschlossen.

19       Nach den Feststellungen wurden in der gegenständlichen Betriebsstätte an einem bestimmten Terminal durch einen Wettkunden drei Wetttickets zu drei Zeitpunkten nach Mitternacht dahingehend überprüft, ob er bei den vor Mitternacht abgeschlossenen Wetten einen Gewinn erzielt hat. Dies sei der Fall gewesen, weshalb auch Auszahlungsbelege erstellt worden seien.

20       Das Verwaltungsgericht ist daher nach dem insofern klaren Gesetzeswortlaut vorliegend zu Recht davon ausgegangen, dass eine Übertretung des § 18 Abs. 1 Wiener Wettengesetz dadurch verwirklicht wurde, dass die Erstrevisionswerberin außerhalb der in dieser Bestimmung genannten Zeiten gewerbsmäßig tätig gewesen ist.

21       Die Revision war daher zurückzuweisen.

22       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 26. Jänner 2021

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020253.L00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten