TE Vwgh Beschluss 2021/1/28 Ra 2020/02/0210

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Veröffentlicht am 28.01.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13a
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des Ing. P in G, vertreten durch die Niederbichler Griesbeck Schwarz Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Wastiangasse 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 28. Juli 2020, LVwG-603778/2/MS/BR, betreffend Übertretungen der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schärding), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20. Mai 2020 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe am 6. Jänner 2020 zu konkret genannten Zeitpunkten jeweils auf näher genannten Abschnitten der A 8 Innkreis Autobahn als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW 1. die verordnete Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 110 km/h überschritten, 2. die auf Autobahnen zulässige Geschwindigkeit von 130 km/h um 32 km/h überschritten, 3. einen auf dem linken Fahrstreifen fahrenden PKW auf dem rechten Fahrstreifen rechts überholt, 4. bei leichtem Nebel, Dunkelheit und einer Außentemperatur von -4 °C einen auf dem rechten Fahrstreifen fahrenden LKW auf dem rechts gelegenen und unter Vereisung stehenden Pannenstreifen rechts überholt und 5. den Pannenstreifen befahren.

2        Über den Revisionswerber wurde daher 1. wegen Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage und 18 Stunden), 2. wegen Übertretung des § 20 Abs. 2 zweiter Fall StVO gemäß § 99 Abs. 2d StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage), 3. wegen Übertretung des § 15 Abs. 1 StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 50,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag), 4. wegen Übertretung des § 15 Abs. 1 StVO gemäß § 99 Abs. 2 lit. c StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) und 5. wegen Übertretung des § 46 Abs. 4 lit. d StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 50,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5        Liegen - wie im gegenständlichen Fall - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. VwGH 9.9.2020, Ra 2020/02/0177, mwN).

6        Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache 1. eine Geldstrafe von bis zu € 750,-- und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und 2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu € 400,-- verhängt wurde.

7        Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Revisionsfall für den Abspruch des Verwaltungsgerichts zu den Spruchpunkten 3. und 5. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu: Über den Revisionswerber wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis wegen Übertretung des § 15 Abs. 1 StVO (Spruchpunkt 3.) und wegen Übertretung des § 46 Abs. 4 lit. d StVO (Spruchpunkt 5.) jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von € 50,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 1 Tag) verhängt, wobei die jeweils anzuwendende Strafnorm gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO einen Strafrahmen von bis zu € 726,-- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen vorsieht.

8        Die Revision war daher hinsichtlich der dritten und fünften Übertretung gemäß § 25a Abs. 4 VwGG als absolut unzulässig zurückzuweisen.

9        Soweit sich die Revision gegen die vom Verwaltungsgericht bestätigten Spruchpunkte 1., 2. und 4. des Straferkenntnisses wendet, ist Folgendes auszuführen:

10       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13       Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst vor, das Verwaltungsgericht habe gegen den Grundsatz der Offizialmaxime verstoßen, weil sich der Revisionswerber stets damit verantwortet habe, das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt nicht gelenkt zu haben, sondern er einen namentlich genannten Anhalter mazedonischer Herkunft das Fahrzeug habe lenken lassen, während der Revisionswerber am Beifahrersitz geschlafen habe. Das Verwaltungsgericht habe keinerlei Ermittlungen zu dieser Person durchgeführt und nicht versucht, diesen ausfindig zu machen. Da der Revisionswerber unvertreten gewesen sei, hätte ihn das Verwaltungsgericht anleiten müssen, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Die Frage der Beeinträchtigung des Revisionswerbers durch KO-Tropfen wäre amtswegig durch einen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Medizin zu klären gewesen.

14       Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Revisionswerber nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen.

15       Im gegenständlichen Fall hat das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach er das Fahrzeug nicht selbst gelenkt habe, sondern in Deutschland an einer Tankstelle einen unbekannten mazedonischen Staatsangehörigen mitgenommen und diesem das Steuer überlassen habe, während der Revisionswerber, welchem KO-Tropfen verabreicht worden seien, auf dem Beifahrersitz geschlafen habe, mit näherer Begründung als nicht glaubwürdig erachtet.

16       Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Beurteilung, ob eine Beweisaufnahme im Einzelfall notwendig ist, dem Verwaltungsgericht obliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge diesbezüglich nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 2.10.2020, Ra 2020/02/0208, mwN).

17       Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach der Sachverhalt im gegenständlichen Fall hinreichend geklärt sei, begegnet angesichts der getroffenen Feststellungen und der schlüssigen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts - welche vom Revisionswerber nicht konkret bestritten wird und zu dessen Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen auch nicht berufen ist (vgl. erneut VwGH 2.10.2020, Ra 2020/02/0208, mwN) - keinen Bedenken. Dem Revisionswerber gelingt es nicht aufzuzeigen, dass die unterbliebene Aufnahme weiterer amtswegiger, vom Revisionswerber im Verfahren nicht beantragter Beweise - wie die Ausforschung des namhaft gemachten Zeugen bzw. die Einholung eines Sachverständigengutachtens - im gegenständlichen Fall einen grob fehlerhaften, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden und daher eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfenden Verfahrensfehler darstellen würde.

18       Darüber hinaus muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn Verfahrensmängel - wie Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden, auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. etwa VwGH 9.12.2020, Ra 2020/19/0295, mwN). Dazu enthält die vorliegende Zulässigkeitsbegründung jedoch keine Ausführungen, sodass eine Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht aufgezeigt wird.

19       Soweit der Revisionswerber einen Verstoß gegen die Manuduktionspflicht moniert, ist zu erwidern, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der nach § 17 VwGVG auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anzuwendende § 13a AVG nicht dazu verpflichtet, die Partei zur Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten (vgl. VwGH 18.6.2020, Ra 2020/10/0066; VwGH 15.10.2015, 2013/02/0066, jeweils mwN).

20       In der Revision werden somit hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht bestätigten Spruchpunkte 1., 2. und 4. des Straferkenntnisses keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher insgesamt zurückzuweisen.

Wien, am 28. Jänner 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020210.L00

Im RIS seit

01.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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