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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AsylG 2005 §18Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision des M A, in I, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2020, Zl. L512 2174933-1/17E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in der Sache - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - ein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei, eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt und ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Oktober 2020, Ra 2020/01/0397-4, wurde der Antrag des Revisionswerbers, für die außerordentliche Revision gegen das angefochtene Erkenntnis die Verfahrenshilfe zu bewilligen, abgewiesen.
3 In der Folge erhob der Revisionswerber die vorliegende Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. für viele VwGH 20.12.2019, Ra 2019/01/0431-0433, mwN).
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 11.12.2019, Ra 2019/01/0465, mwN).
9 Soweit der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision behauptet, bisher fehle es an „einer klärenden Rechtsprechung des VwGH“ zum Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 5. September 2012, Bundesrepublik Deutschland gegen Y und Z, Rsen. C-71/11 und C-99/11, genügt es auf die bereits ergangene Rechtsprechung zu diesem Urteil hinzuweisen.
10 So hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf dieses Urteil des EuGH bereits erkannt, dass eine begründete Furcht des Antragstellers vor asylrelevanter Verfolgung vorliegt, sobald nach Auffassung der zuständigen Behörden im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Antragstellers vernünftigerweise anzunehmen ist, dass er nach Rückkehr in sein Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen (vgl. für viele VwGH 6.8.2020, Ra 2020/18/0017, mwN).
11 Fallbezogen hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit den herangezogenen Berichten zur Lage der Ahmadis auseinandergesetzt und darauf basierend das Vorliegen einer Gruppenverfolgung verneint. Dieser Annahme ist vor dem Hintergrund der eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegenzutreten (vgl. VwGH 5.4.2019, Ra 2019/01/0106, mwN; zur Verneinung einer Gruppenverfolgung der Ahmadis vgl. im Übrigen z.B. VwGH 11.2.2020, Ra 2020/20/0032; 7.5.2020, Ra 2020/19/0081, jeweils mwN).
12 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass die Prognoseentscheidung gemäß § 3 AsylG 2005, ob eine wohl begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht wird, ein als glaubwürdig erachtetes Fluchtvorbringen voraussetzt sowie die Frage der Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens einer einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegt (vgl. VwGH 12.3.2020, Ra 2019/01/0472, und 2.9.2019, Ro 2019/01/0009, jeweils mwN) und sohin im Allgemeinen nicht revisibel ist.
13 Wenn die Revision im Zulässigkeitsvorbringen moniert, das BVwG habe es unterlassen, eine derartige Prüfung vorzunehmen, ist dem zu entgegnen, dass das BVwG im vorliegenden Revisionsfall - in nicht unvertretbare Weise - eine asylrelevante Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verneinte.
14 Sofern die Revision zuletzt die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung rügt, ist sie darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. für viele VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068, mwN).
15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Jänner 2021
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020010397.L00Im RIS seit
16.03.2021Zuletzt aktualisiert am
16.03.2021