TE Vwgh Beschluss 2021/2/3 Ra 2021/02/0001

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Veröffentlicht am 03.02.2021
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Index

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
WettenG Wr 2016 §2 Z3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 15. September 2020, VGW-002/092/8117/2020-11, betreffend Übertretung des Wiener Wettengesetzes (mitbeteiligte Partei: A K in W, vertreten durch die HSP Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis des revisionswerbenden Magistrats der Stadt Wien vom 15. April 2020 wurde der mitbeteiligten Partei Folgendes angelastet:

„Sie, Herr A, haben zu verantworten, dass Sie am 16.10.2019 um 20:15 Uhr in Wien, G-Gasse, Lokal O, die Tätigkeit als Wettunternehmer, nämlich als Vermittler von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Fußballspiele, insofern ausgeübt haben, als Sie eine Einrichtung zur Erleichterung und Ermöglichung des Vertragsabschlusses zur Verfügung gestellt haben, indem Sie am 16.10.2019 in Wien, G-Gasse, das Geschäftslokal O mit dem Erscheinungsbild eines Wettlokals betrieben haben, und das Geschäftslokal O in seiner gesamten Ausstattung, sowohl von seinem äußeren Erscheinungsbild als auch der Innenausstattung (Bildschirme, Hinweise auf diverse Sportereignisse) dem Gesamterscheinungsbild eines Wettlokales entsprach, indem das Lokal mit der äußeren Geschäftsbezeichnung O (früher: AutomatenO) beschriftet war, sich an der Außenwand Schriftzüge wie ‚Komm zu uns‘ sowie ‚Komm zum Spiel‘ befanden, an 11 großen Flachbildschirmen verschiedenste Sportveranstaltungen übertragen wurden, und dass durch diese Möglichkeit, dass Kunden Sportereignisse, die auf den Bildschirmen übertragen werden, im Lokal verfolgen, und durch die angebrachten Hinweise auf stattfindende Sportereignisse (Spielpläne), sowie durch das Gesamterscheinungsbild des Lokales, das dem Erscheinungsbild eines Wettlokales entspricht, in diesem Lokal Wettabschlüsse dahingehend erleichtert werden, dass Kunden animiert werden, auf ihren privaten mobilen Geräten Wettabschlüsse zu tätigen [...].“

2        Der Mitbeteiligte habe dadurch § 3 in Verbindung mit § 2 Z 3 zweiter Fall Wiener Wettengesetz verletzt, weswegen über ihn gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 erster Fall Wiener Wettengesetz eine Geldstrafe von € 6.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage und 14 Stunden) verhängt und er zur Zahlung von € 660,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens sowie von € 546,-- als Ersatz der Barauslagen für Schlosserarbeiten verpflichtet wurde. Begründend führte der Magistrat aus, der Mitbeteiligte habe ohne landesrechtliche Bewilligung die Tätigkeit der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden ausgeübt, indem er Einrichtungen zur Erleichterung und Ermöglichung des Vertragsabschlusses zur Verfügung gestellt habe.

3        Der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten gab das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge, es behob das bekämpfte Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein. Es sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 144 Abs. 3 B-VG unzulässig sei.

4        Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Mitbeteiligte führe das Lokal O als Selbstbedienungslokal, das ohne Personal auskomme und in dem Automaten mit Speisen und Getränken aufgestellt seien. An den insgesamt 11 aufgehängten Flachbildschirmen seien über Kabelanschluss empfangene Programme mit Serien, Nachrichten, Spielfilmen und freilich auch Sportereignissen zu sehen. Einige Stammgäste kämen regelmäßig, um Wiederholungen von spät nachts ausgestrahlten Sendungen anschauen zu können. Als weiterer Service würden Ladekabel für drei verschiedene Handytypen zur Verfügung gestellt. Im Lokal würden keine Wettquoten angezeigt, keine Wettkarten ausgestellt und es gebe keinen Hinweis auf einen Wettanbieter. Auf der Straßenseite werde das Lokal mit den Hinweisen auf Kabel-TV, live-TV und Klimatisierung beworben, ein Hinweis auf Sportwetten sei auch dort nicht zu finden. Rechtlich ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass das Erscheinungsbild des Lokals O nicht jenem eines Wettlokals entspreche, weil nirgendwo ein Hinweis auf eine Möglichkeit zum Abschluss von Wetten zu finden sei, auf den Monitoren im Lokal ganz allgemein verfügbare Fernsehsender dargeboten würden und nicht zuletzt um 6:00 Uhr ein Wettlokal noch nicht geöffnet werde. Darüber hinaus würde der Abschluss eines dem Wiener Wettengesetz unterliegenden Vertrages weder erleichtert noch ermöglicht, weil die Gäste im Lokal weder Wettkarten ausgestellt noch Gewinne ausbezahlt bekämen und ihnen keine Wettquoten bekannt gegeben würden. Letztere müssten sie sich bei - im Lokal gar nicht angegebenen - Wettanbietern organisieren und auch dann wäre für sie der Abschluss einer Wette im Lokal gleich aufwändig wie zu Hause vor dem Fernseher. Der Mitbeteiligte sei somit nicht als Vermittler im Sinn des § 2 Z 3 Wiener Wettengesetz tätig gewesen und habe damit § 3 leg. cit. nicht verletzt.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der belangten Behörde.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst Aktenwidrigkeit geltend, weil die Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, das Geschäftslokal verfüge nicht über das Angebot eines näher genannten Medienkonzerns, den während der Überprüfung durch den Magistrat angefertigten Fotos von Bildschirmen mit eingeblendetem Logo des in Rede stehenden Senders widerspreche.

10       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Aktenwidrigkeit nur dann vor, wenn die Entscheidung in ihrer Begründung von Sachverhalten ausgeht, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind. Für die Geltendmachung einer Aktenwidrigkeit als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist weiters darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von dieser Frage abhängen sollte (vgl. VwGH 11.10.2019, Ra 2019/02/0158, mwN).

11       Bereits in seiner Rechtfertigung vom 11. Dezember 2019 brachte der Mitbeteiligte vor, den Geschäftsaccount beim näher genannten Medienanbieter im März 2019 gekündigt zu haben und Fußballspiele nur noch gelegentlich zu zeigen, wenn sie per Kabelfernsehen verfügbar seien. Er legte mit seiner Beschwerde eine Kündigungsbestätigung vor und sagte in diesem Sinn vor dem Verwaltungsgericht aus. Damit ist es nicht ausgeschlossen, dass das Verwaltungsgericht dem Standpunkt des Mitbeteiligten folgend von der Beendigung der Geschäftsbeziehung des Mitbeteiligten zu einem bestimmten Programmanbieter ausging und die auf den Fotos ersichtlichen Übertragungen mit dem angesprochenen Logo auf eine gelegentliche Übertragung von solchen Fußballspielen per Kabelfernsehen zurückführte. Schließlich kann auch die in der Revision für die Darstellung der Relevanz der behaupteten Aktenwidrigkeit genannte Begründung, das Verwaltungsgericht sei aufgrund der fehlenden Darbietung des in Rede stehenden Senders nicht vom Vorliegen einer Betriebsstätte mit dem äußeren Erscheinungsbild eines Wettlokals ausgegangen, dem angefochtenen Erkenntnis nicht entnommen werden. Die in der Revision geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt somit nicht vor.

12       Weiters wird zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Vermittlungstätigkeit durch Betrieb eines Geschäftslokals mit dem äußeren Erscheinungsbild eines Wettlokals im Sinne des § 2 Z 3 Wiener Wettengesetz. Das Verwaltungsgericht habe ohne Begründung aus dem fehlenden Hinweis auf die Möglichkeit zur Abgabe von Wetten und aus dem Beginn der Öffnungszeit um 6:00 Uhr geschlossen, dass das vom Mitbeteiligten geführte Lokal das genannte Erscheinungsbild nicht aufweise.

13       Bei der Frage, ob die in § 2 Z 3 Wiener Wettengesetz normierten Voraussetzungen für die Annahme von Einrichtungen zur Erleichterung oder Ermöglichung des Vertragsabschlusses, vor allem des Betriebs eines Geschäftslokals mit dem Erscheinungsbild eines Wettlokals vorliegen, handelt es sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung (vgl. VwGH 22.1.2021, Ra 2020/02/0290). Dass das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall eine unvertretbare Einzelfallbeurteilung vorgenommen hätte, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden. Vielmehr stellte das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise auf das tatsächliche Erscheinungsbild des vom Mitbeteiligten betriebenen Lokals und auf dessen äußere Gestaltung sowie auf die Einrichtungen im Inneren ab. Die vom Verwaltungsgericht dafür gelieferte Begründung ist ausreichend und nachvollziehbar. In der Revision wird nicht aufgezeigt, inwiefern der im angefochtenen Erkenntnis festgestellte Sachverhalt zur Annahme eines Erscheinungsbildes eines Wettlokals führen müsste.

14       Damit fehlt es schon an der Zurverfügungstellung einer in § 2 Z 3 zweiter Satz Wiener Wettengesetz genannten Einrichtung, sodass es auf eine dadurch bewirkte Erleichterung oder Ermöglichung des Vertragsabschlusses und den dazu für die Zulässigkeit der Revision geltend gemachten Rechtsfragen nicht mehr ankommt.

15       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Februar 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020001.L00

Im RIS seit

23.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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