Entscheidungsdatum
21.12.2020Norm
BVergG 2018 §12 Abs1Spruch
W139 2237705-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über den Antrag der XXXX , vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH, ARES Tower, Donau-City-Straße 11, 1220 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „A02 Süd Autobahn, GESB Maria Gail, Sanierung Freiland/Brücke“, Verfahren-ID 54397, der Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft, Rotenturmstraße 5-9, 1011 Wien, vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH, Modecenterstraße 16, 1030 Wien:
A)
Der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge eine EV erlassen, mit welcher der Antragsgegnerin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens mittels einstweiliger Verfügung untersagt wird
a. die weitere Prüfung der (verbliebenen) Angebote und jegliche sonstigen Schritte zur Fortführung des Vergabeverfahrens, und bzw in eventu
b. die Erlassung einer Zuschlagsentscheidung, und bzw in eventu
c. den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen;“
wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:
1. Am 14.12.2020 stellte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, verbunden mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 04.12.2020, einem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, auf Akteneinsicht sowie einem Antrag auf Gebührenersatz.
Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Auftraggeberin führe ein offenes Verfahren nach vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Bauauftrages betreffend „A02 Süd Autobahn, GESB Maria Gail“ durch. Die Antragstellerin habe binnen offener Angebotsfrist ein Angebot und ein Alternativangebot gelegt. Die Antragstellerin habe fristgerecht ein Aufklärungsersuchen beantwortet. Am 04.12.2020 sei ihr das Ausscheiden ihres Alternativangebotes mitgeteilt worden, wobei die Ausscheidensentscheidung nicht ganz eindeutig sei.
Die Antragstellerin habe ein evidentes Interesse am Abschluss des ausgeschriebenen Bauauftrags, da die Ausführung der hier ausgeschriebenen Leistungen in ihre zentrale Geschäftstätigkeit falle, was auch durch die Angebotslegung und Beantwortung der Aufklärungsfragen evident sei. Durch den Entgang des Auftrages wären die bisherigen Kosten der Beteiligung am Vergabeverfahren frustriert. Weiters erleide die Antragstellerin einen Schaden durch den Verlust der Erzielung einer entsprechenden Deckung ihrer kalkulierten Geschäftsgemeinkosten und des kalkulierten Gewinns und es entgehe ihr zudem durch einen rechtswidrigen Abschluss des Bauauftrages mit einem anderen Bieter die Chance auf die Erlangung eines Referenzprojekts für künftige Vergabeverfahren. Die Antragstellerin bezeichnete die Rechte, in denen sie sich verletzt erachte.
Die Ausscheidensentscheidung sei in mehrfacher Hinsicht verfehlt: Es stimme schlicht nicht, dass eine „ursprünglich angebotene Alternative nicht der RVS“ entspräche. Mit der Alternative 01 habe die Antragstellerin einen alternativen Oberbau mit Asphaltbefestigung der Bautype XXXX gemäß RVS 03.08.63 angeboten und sich damit verpflichtet, einen RVS konformen und gleichwertigen Oberbau herzustellen. Im Zuge der Herstellung des angebotenen (alternativen) Oberbaus müsse natürlich eine (hydraulisch) stabilisierte Tragschicht (nämlich letztlich in der Stärke XXXX cm laut RVS) geschaffen werden. Naturgemäß hänge – nachdem es sich um Bauen am Bestand handelt – die erforderliche Tiefe des Homogenisierungsfräsens davon ab, welcher Bestand und welche Bestandstärken vorgefunden werden. Dementsprechend finde sich im detaillierten LV zur Alternative 01 auch nicht etwa (einschränkend) eine bestimmte Tiefe. Weiters sehe die (einzig) angebotene Alternative 01 entgegen der Ansicht der Auftraggeberin keinen Asphaltgranularanteil über XXXX % vor.
Die Antragstellerin habe dann auf Nachfrage der Auftraggeberin auch, wie in der Ausscheidensentscheidung sogar ausschnittsweise wiedergegeben, entsprechend erläutert, dass das Homogenisierungsfräsen „natürlich entsprechend der unterschiedlichen Stärken der bestehenden Beton- bzw Asphaltkontruktion […] ausgeführt“ werde, „sich in der herzustellenden ST-Z kein Asphaltanteil > XXXX % ergibt“ sowie „ XXXX “ und XXXX “ werde. Was in der Aufklärung nicht nachvollziehbar iSd § 141 Abs 2 BVergG 2018 wäre, werde in der Ausscheidensentscheidung nicht erklärt, sondern auf die Ausführungen zur unterstellten Angebotsänderung verwiesen. Tatsächlich liege keine Angebotsänderung vor, sondern habe die Antragstellerin in der von ihr angebotenen Alternative 01 von Anfang an die RVS konforme Herstellung einer gleichwertigen Oberbaualternative angeboten. Auch kann der Antragstellerin kein Fehlen einer nachvollziehbaren Aufklärung vorgeworfen werden.
Es sei auch schlicht unzutreffend, dass eine „ordnungsgemäß Abnahmeprüfung“ nicht durchgeführt werden könnte. Es sei auch ein ordnungsgemäßer Bauzeitplan abgegeben worden.
Sofern die Auftraggeberin bei ihren Unterstellungen auf den technischen Bericht zur Alternative 01 (und dabei wohl nur den zweiten Aufzählungspunkt auf dessen nicht-nummerierter Seite 2) abziele, sei ergänzt, dass technische Berichte generell lediglich zusammenfassender Natur seien und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können. Die dort genannten XXXX cm seien ein zusammenfassender Ansatz; die Erwähnung von „Zusatzmaterial“ im selben Aufzählungspunkt führe auch keine bestimmte Chronologie ein. Dementsprechend könne die erfolgte Aufklärung höchstens im Sinne einer Klarstellung verstanden werden; jedenfalls aber nicht, wie die Antragsgegnerin nunmehr offenbar möchte, als Angebotsänderung. So sehe die Ausschreibung auch bestandskräftig vor, dass das detaillierte LV (B.5) sowie der Bauzeitplan jedem technischen Bericht (B.2) (deutlich) vorgehen würden. Technische Berichte seien gerade im Licht der bestandkräftigen Ausschreibung zusammenfassende Beschreibungen, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie können nicht isoliert als „das Maß der Dinge“ angesehen werden; vielmehr seien dazu insbesondere das detaillierte LV und der Bauzeitplan heranzuziehen.
Die Alternative 01 sei schlicht nicht auszuscheiden, sondern ein ausschreibungskonformes, gleichwertiges Alternativangebot. Die Ausscheidensentscheidung sei für nichtig zu erklären.
Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung führte die Antragstellerin im Wesentlichen folgendes aus:
Einem Nachprüfungsantrag allein komme keine aufschiebende Wirkung zu. Die Auftraggeberin könnte ohne EV mit der Prüfung der (verbliebenen) Angebote fortfahren, nach den Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen eine Zuschlagsentscheidung treffen und schließlich den Zuschlag erteilen; somit letztlich unumkehrbare Tatsachen schaffen. Daraus ergebe sich für die Antragstellerin eine unmittelbar drohende Schädigung ihrer Interessen. Eine Interessenabwägung habe jedenfalls zugunsten der Antragstellerin auszufallen. Die Möglichkeit, an einem vergaberechtskonformen Verfahren weiter teilzunehmen und letztlich den Zuschlag zu erhalten, könne nur wirksam gesichert werden, wenn das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten werde, der eine solche Teilnahme ermögliche. Das sei aus Sicht der Antragstellerin nur möglich, wenn der Auftraggeberin sämtliche Schritte zur Fortführung des Vergabeverfahrens untersagt werden und (bzw in eventu) ihr jedenfalls die Erlassung einer Zuschlagsentscheidung untersagt werde.
2. Am 17.12.2020 erteilte die Auftraggeberin, allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Die Auftraggeberin sprach sich nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus soweit dieser Antrag sich auf die Untersagung der Erlassung einer Zuschlagsentscheidung bzw der Zuschlagserteilung richtet. Im Übrigen seien die begehrten Maßnahmen aber überschießend.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt:
Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen sowie der Bezug nehmenden Beilagen und Unterlagen des Vergabeverfahrens wird im Rahmen des Provisorialverfahrens folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Auftraggeberin ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG (ASFINAG), vergebende Stelle die ASFINAG Baumanagement GmbH.
Im Oktober 2020 schrieb sie den verfahrensgegenständlichen Auftrag „A02 Süd Autobahn, GESB Maria Gail, Sanierung Freiland/Brücke“ betreffend die Instandsetzung der A02 Süd Autobahn von Km 358,6 bis Km 362,1 der Richtungsfahrbahn Wien und Arnoldstein in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip aus.
Die Ausschreibung blieb unangefochten. Die Antragstellerin beteiligte sich durch die Abgabe von Angeboten (Hauptangebot sowie Alternativangebot) am Vergabeverfahren.
Mit Schreiben vom 04.12.2020 wurde der Antragstellerin das Ausscheiden ihres Alternativangebotes mit der Begründung des Vorliegens eines den Angebotsunterlagen widersprechenden bzw nicht gleichwertigen Alternativangebotes (§ 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018) bzw des Fehlens einer nachvollziehbaren Aufklärung (§ 141 Abs 2 BVergG 2018) mitgeteilt.
Am 14.12.2020 brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden mit einem Nachprüfungsantrag (gegen das Ausscheiden ihres Angebotes) beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Antragstellerin entrichtete für ihren Antrag (auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) eine Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 3.241,00.
Es wurde weder eine Zuschlagsentscheidung bekanntgegeben, der Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und zur Zulässigkeit des Antrages
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG). Sie ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 5 BVergG 2018 um einen Bauauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 BVergG 2018, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und damit zur Erlassung einstweiliger Verfügungen und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.
Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 350 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen.
Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.
Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018 vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe bezahlt (§ 318 Abs 1 Z 1 und 4 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe). Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen das Ausscheiden ihres Angebotes. Dabei handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit a sublit aa BVergG 2018.
2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages
Gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Das Begehren der Antragstellerin ist darauf gerichtet, der Auftraggeberin die weitere Prüfung der (verbliebenen) Angebote und jegliche sonstigen Schritte zur Fortführung des Vergabeverfahrens zu untersagen, (in eventu) eine Zuschlagsentscheidung zu treffen und weiters (in eventu) den Zuschlag zu erteilen.
Soweit sich das (Erst)Begehren der Antragstellerin auf das Untersagen weiterer Angebotsprüfungsschritte und jeglicher Fortführung des Vergabeverfahrens richtet, ist dieses als überschießend abzuweisen. Dem Bundesverwaltungsgericht ist kein Grund bekannt und ist das Vorliegen eines solchen seitens der Antragstellerin auch nicht entsprechend vorgebracht worden, welcher es erfordern würde, der Auftraggeberin jedes weitere Tätigwerden im Vergabeverfahren zu untersagen. Die beantragte Maßnahme stellt im Hinblick auf die mit dieser einstweiligen Verfügung zu verfolgenden Ziele nach der ständigen Rechtsprechung der Vergabekontrolle nicht das nötige und gelindeste Mittel gemäß §§ 350 Abs 1 und 351 Abs 3 BVergG 2018 dar. Die Handlungsfreiheit der Auftraggeberin wäre über Gebühr eingeschränkt. Denn dies würde im Ergebnis bedeuten, dass der Auftraggeberin jede Disposition im vorliegenden Vergabeverfahren, und damit auch eine Rücknahme der angefochtenen Ausscheidensentscheidung, unmöglich wäre (ua BVwG 21.02.2019, W139 2214380-1/2E mwN).
Gegenständlich kommen aber auch die eventualiter beantragte Untersagung des Treffens einer Zuschlagsentscheidung sowie die Untersagung der Zuschlagserteilung nicht in Betracht. Hierzu ist festzuhalten, dass sich das Vergabeverfahren im Stadium vor Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung befindet. Da somit die Erteilung des Zuschlages nicht unmittelbar bevorsteht, droht der Antragstellerin beim derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens jedenfalls kein unmittelbarer Schaden durch die Erteilung des Zuschlages (ua BVwG 03.10.2018, W139 2206369-1/2E; 19.02.2015, W139 2100854-1/2E; 23.04.2014, W123 2007137-1/7E; ebenso LWwG Wien 26.02.2015, VGW-123/V/072/627/2015-2; 04.06.2014, VGW-123/V/077/26443/2014; sowie bereits ua BVA 26.07.2011, N/0071-BVA/12/2011-EV8; 27.07.2012, N/0072-BVA/08/2012-EV20; siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung RV 1171 BlgNR XXII. GP, 141).
Es ist aber auch kein Grund ersichtlich, der Auftraggeberin das Treffen einer Zuschlagsentscheidung zu untersagen, da auch insofern die im Verlust des Auftrages liegende Schädigung der Interessen der Antragstellerin nicht unmittelbar droht. Die Antragstellerin müsste gegen eine allfällige, ihr – wie nachfolgend gezeigt wird – als iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH und der Vergabekontrolle verbliebener Bieterin bekanntzugebende Zuschlagsentscheidung ohnehin mit einem weiteren Nachprüfungsantrag vorgehen, um deren Bestandskraft zu verhindern und um die Chance auf Zuschlagserteilung zu wahren (VwGH 08.08.2019, Ro 2018/04/0020 mwN; ua BVwG 03.10.2018, W139 2206369-1/2E; 19.12.2017, W131 2179704-1/3E; 04.12.2015, W123 2117867-1/2E).
Der Auftraggeber ist gemäß § 143 Abs 1 BVergG 2018 verpflichtet, den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Die Erläuterungen zum Bundesvergabegesetz 2018, wie auch bereits zur BVergG-Novelle 2009, weisen darauf hin, dass „,verbliebene‘ Bieter […] die Bieter [sind], die nicht ausgeschlossen wurden, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw. deren Angebote zwar ausgeschieden wurden, jedoch die Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig geworden ist (Art. 2a Abs. 2 zweiter UAbs. der RMRL spricht von einem „endgültig[en]“ Ausschluss). Dies ist der Fall, wenn das Ausscheiden des Angebotes von der zuständigen Vergabekontrollbehörde für rechtmäßig erkannt wurde oder wenn es keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann.“ (RV 69 BlgNR XXVI. GP, 156; siehe in diesem Sinne auch RV 327 BlgNR XXIV. GP, 24 unter Bezugnahme auf RV 1171 BlgNR XXII. GP, 85). Gemäß Art 2a Abs 2 der RMRL ist die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter abzusenden. Bieter gelten danach als betroffen, wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Ein Ausschluss ist danach dann endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt wurde und entweder von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann. Verbliebene Bieter gemäß § 143 Abs 1 BVergG 2018 sind (neben jenen Bietern, die nicht ausgeschlossen wurden bzw deren Angebot nicht ausgeschieden wurde) daher auch jene Bieter, deren Angebot zwar ausgeschieden wurde, deren Ausscheidensentscheidung aber noch nicht bestandsfest geworden ist (siehe wiederum VwGH 08.08.2019, Ro 2018/04/0020 mwN; weiters 23.11.2016, Ra 2015/04/0029); dies ist dann der Fall, wenn die Bieter die sie betreffende Ausscheidenentscheidung noch fristgerecht bekämpfen können oder die Bieter die Ausscheidensentscheidung rechtzeitig angefochten haben und das betreffende Nachprüfungsverfahren noch nicht beendet ist (siehe auch J. Aicher in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel³, § 131 Rz 16). Die Rechtslage ist insofern eindeutig.
Selbst unter der Annahme, dass die Auftraggeberin eine Zuschlagsentscheidung treffen würde, wäre diese somit verpflichtet, diese Entscheidung der Antragstellerin als im Vergabeverfahren verbliebener Bieterin – bei sonstiger Bekämpfbarkeit der nachfolgenden Zuschlagserteilung – mitzuteilen, zumal das Ausscheiden bislang nicht seitens eines zur Vergabekontrolle zuständigen Verwaltungsgerichtes als rechtmäßig erkannt wurde und das Angebot der antragstellenden Bieterin daher noch nicht endgültig ausgeschieden wurde. Diese Entscheidung kann sodann von der Antragstellerin angefochten werden. Eine Erteilung des Zuschlags steht somit nicht unmittelbar bevor.
Daher ist im konkreten Fall eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung entstandene oder sonstige unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin, die im Sinne des § 350 Abs 1 BVergG 2018 zu beseitigen oder zu verhindern wären, nicht ersichtlich. Die begehrten Maßnahmen sind zur Absicherung des auf die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung gerichteten Begehrens und des potentiell bestehenden Anspruches auf Zuschlagserteilung nicht notwendig bzw stellen diese nicht das gelindeste Mittel dar (in diesem Sinne auch R. Madl in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 2208).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu vorliegend insbesondere VwGH 08.08.2019, Ro 2018/04/0020 mwN; 23.11.2016, Ra 2015/04/0029; weiters 06.11.2002, 2002/04/0138; 30.06.2004, 2004/04/0028; 01.02.2005, 2005/04/0004; 29.06.2005, 2005/04/0024; 24.02.2006, 2004/04/0127; 01.03.2007, 2005/04/0239; 27.06.2007, 2005/04/0254; 29.02.2008, 2008/04/0019; 14.01.2009, 2008/04/0143; 14.04.2011, 2008/04/0065; 22.06.2011, 2009/04/0128; 29.09.2011, 2011/04/0153; 10.12.2007, AW 2007/04/0054) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Alternativangebot Ausscheidensentscheidung Ausschreibung Bauauftrag drohende Schädigung einstweilige Verfügung-finanzielle Interessen gelindeste Maßnahme gelindestes Mittel Idealkonkurrenz Informationspflicht Interessenabwägung Mitteilung Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren öffentliche Interessen öffentlicher Auftraggeber Provisorialverfahren Sanierungsmaßnahme Schaden unmittelbar drohende Schädigung Untersagung der Zuschlagserteilung Vergabeverfahren wirtschaftliche Interessen Zuschlagsverbot für die Dauer des NachprüfungsverfahrensEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W139.2237705.1.00Im RIS seit
17.02.2021Zuletzt aktualisiert am
17.02.2021