RS Vfgh 2020/10/7 E1234/2020

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Veröffentlicht am 07.10.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch eine Rückkehrentscheidung betreffend einen Staatsangehörigen von Bangladesch; mangelhafte Auseinandersetzung mit dessen Beziehung zur Lebensgefährtin sowie seiner Bindung zum Herkunftsstaat

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) führt zunächst aus, dass der Beschwerdeführer für seine Lebensgefährtin eine besondere Unterstützung in ihrer derzeitigen Lebenssituation als arbeitslose Alleinerziehende darstelle. Im Widerspruch dazu geht das BVwG aber in weiterer Folge davon aus, dass zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin keine intensive Beziehung vorliege. Auch die übrigen angeführten Argumente erweisen sich als spekulativ: Es gibt zahlreiche Gründe, seine Fluchtgeschichte - auch einer nahestehenden Person - nicht zu erzählen. Das BVwG hat dazu weder den Beschwerdeführer noch seine Lebensgefährtin befragt. Soweit das BVwG davon ausgeht, dass "die Versicherung der behaupteten starken Bindung in dieser Lebensgemeinschaft aufgesetzt und stark übertrieben" gewirkt hätte, hat es verabsäumt, dies anhand konkreter Beispiele zu begründen.

Außerdem stützt das BVwG seine Abwägung gemäß Art8 EMRK maßgeblich auf die deutlich stärkeren Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat, ohne diesbezügliche Tatsachen näher zu ermitteln, so zum Beispiel den Beschwerdeführer dazu ausreichend zu befragen. An anderer Stelle (im Rahmen der rechtlichen Beurteilung) führt das BVwG dazu aus, dass nicht glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführer seit dem Tod seiner Mutter keinen Kontakt mehr zu seinem Vater hätte, weil der Beschwerdeführer dies nicht habe erklären können. Diese Ausführung widerspricht der Aktenlage: Aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer nicht gefragt wurde, aus welchem Grund der Kontakt abgebrochen wurde. Aus Sicht des Beschwerdeführers bestand auch kein Anlass, dies von sich aus näher auszuführen. Das BVwG hat es sohin verabsäumt, ausreichend zu ermitteln, ob der Beschwerdeführer weiterhin enge Bindungen zu seinem Herkunftsstaat aufweist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Rückkehrentscheidung, Privat- und Familienleben, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E1234.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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