TE Lvwg Beschluss 2020/12/18 VGW-031/011/15912/2020

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Veröffentlicht am 18.12.2020
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Entscheidungsdatum

18.12.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG §33

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Leitner über die Antrag des Herrn A. B. auf Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand betreffend das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 19.12.2018, Zl. …, wegen Übertretungen des 1) Sicherheitspolizeigesetzes, 2) Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes und 3) Straßenverkehrsordnung, den

Beschluss

gefasst:

I. Gemäß § 31 VwGVG in Verbindung mit § 33 Abs. 1 und Abs. 3 VwGVG wird der Antrag als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gemäß § 25a VwGG ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

1] mit Erkenntnis vom 29 März 2019 wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung selben Tags das Beschwerdeverfahren des Antragstellers in Angelegenheit eines Verfahrens nach § 82 SPG und § 1 Abs. 1 2 WLSG gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen. Zu diesem Verfahren war der Beschwerdeführer ordnungsgemäß mit Ladungsbescheid vom 5. Februar 2019 zur genannten öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgeladen worden; Zustellnachweis mit Hinterlegung am Postamt D. vom 11.02.2019 ausgewiesen. Das mündlich verkündete Verhandlungsergebnis wurde dem Beschwerdeführer mit 01.04.2019 zugestellt, Zustellnachweis beim Postamt D. vom 04.04.2019 ausgewiesen. Mangels eines Antrages § 29 Abs. 4 VwGVG erging am 29.04.2019 eine gekürzte Ausfertigung nach § 29 Abs. 5 VwGVG, welche mit Zustellnachweis vom Postamt D. am 07.05.2019 ausgewiesen ist.

Danach wurde der Akt am Gericht in der Registratur abgelegt.

2.] Am 14.12.2020 langte beim Verwaltungsgericht Wien folgender Antrag ein:

E-Mail vom 11.12.2020, um 13:02 Uhr, betreffend Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wie soeben telefonisch besprochen ersuche ich hiermit um Wiedereinsetzung der Verfahren aus 2018/19 mit folgenden Geschäftszahlen in den vorigen Stand.

Danach werden zehn Geschäftszahlen des Magistrates der Stadt Wien, MA 67 aufgelistet, darunter auch die Geschäftszahl der Erstinstanz, das vor dem VGW am 29.03.2019 im Beschwerdeverfahren abgehandelt wurde.

Begründung: mit Berufung auf das Verwaltungsstrafgesetz 1991 § 3 möchte ich darauf hinweisen, dass ich laut zweier gerichtlicher Gutachten von Herrn Dr. E. zu dieser Zeit unter einer Bewusstseinsstörung litt und war nicht in der Lage das unerlaubte der Tat einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln. Ebenfalls war ich nicht in der Lage die notwendige Eigenverantwortung für die rechtzeitige Einbringung etwaiger Rechtsmittel zu erkennen. Laut ihrer Auskunft sind insgesamt 15 Verfahren aus 2018/19 anhängig. Bitte wenn möglich die vier weiteren auch miteinbeziehen. Danke für Ihr Verständnis mit freundlichen Grüßen A. B.

3.] Dazu hat das VGW erwogen:

§ 33 VwGVG lautet:

„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1.

nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2.

nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1.

nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2.

nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.“

Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer ausdrücklich einen Antrag für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für das Verfahren vor dem Magistrat der Stadt Wien begehrt. Da jedoch das Verfahren im Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgericht Wien mit verkündetem Erkenntnis vom 29.03.2019 beendet wurde, wird dieser Antrag zugunsten des Beschwerdeführers als Antrag nach § 33 VwGVG gedeutet.

Dieser Antrag erweist sich jedoch aus nachstehenden Erwägungen als unzulässig:

Der Beschwerdeführer hat nicht dargelegt, „zu welcher Zeit“ er durch das vermeintliche Gutachten des Herrn Dr. E. nicht in der Lage war die nötige Eigenverantwortung umzusetzen. Es fehlen Ausführungen ob damit die Tatzeit oder die Zeit des Rechtsmittelverfahrens, in concreto der mündlichen Verhandlung gemeint ist.

Weiters lässt der Beschwerdeführer offen, welche Ausführungen der Gutachter Dr. E. zu diesen vom BF behaupteten Defiziten vertritt. Inwieweit dadurch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis entstanden ist, lässt der Beschwerdeführer vollkommen offen.

Weiters fehlen jegliche Ausführungen zur Rechtzeitigkeit des gegenständlichen Antrages, als dieser nahezu 8 Monate nach rechtswirksamer Zustellung der gekürzten Ausfertigung an das VGW gerichtet wurde; Ausführungen zur Rechtzeitigkeit fehlen ebenso wie Ausführungen zur Beendigung allfälliger Hinderungsgründe an der rechtzeitigen Einbringung.

Letztlich hat der Beschwerdeführer es unterlassen, die allenfalls versäumte Prozesshandlung mit dem gegenständlichen Antrag gemeinsam nachzuholen; wobei er nicht einmal ausführt und es aus dem Vorbringen auch nicht erhellt, welche Prozesshandlung er als säumig betrachtet.

Rechtlich ist dazu auszuführen dass die Vorgängerinstitution des VGW zu GZ: UVS-07/AV/11/7808/2011 bereits am 10.10.2011 judizierte, dass jeder Antragsteller in Bezug auf einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der ihm angelegenen und zumutbaren und nach der Lage des Einzelfalles zu überprüfenden Sorgfaltspflicht nur dann nachgekommen ist, als er im Zuge des gegenständlichen Antrages hinreichend spezifizierte Angaben zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit und zur Beurteilung des unabwendbaren oder unvorhersehbaren Ereignisses und in Bezug auf die versäumte Prozesshandlung, vor der erkennenden Behörde zumindest glaubhaft zu machen versucht. (vgl. hiezu VwGH vom 29.1.2004, Zl. 2001/20/0425, sowie VwGH vom 7.8.2001, Zl. 2001/14/0140).

In diesem Zusammenhang verkennt das VGW nicht, dass bei rechtsunkundigen Personen ein unterschiedlicher Maßstab gegenüber etwa anwaltlichen Vertretungen anzulegen geboten ist, wobei es insbesondere auf deren Rechts(un)kenntnis und deren (fehlende) Erfahrung im Umgang mit Behörden für die Beurteilung ankommt, hiezu VwGH vom 18.4.2002, Zl. 2001/01/0559

Es ist jedoch festzustellen, dass hiezu nicht das mindeste Vorbringen erstattet worden war und der Beschwerdeführer wie oben ausgeführt sämtliche Nachweise und Ausführungen schuldig bleibt. Es wurde nicht behauptet und im Übrigen auch nicht dargetan, woraus die erkennende Behörde auf fehlenden Umgang mit Behörden schließen hätte sollen, vgl. hiezu auch VwGH vom 29.1.2004, Zl. 2001/20/0425 - laut eigenem Vorbringen sind an die 15 Verfahren seit 2018 anhängig, sodass es dem BF jedenfalls zuzusinnen war, die nach dem Gesetz gebotenen Angaben und Ausführungen zu tätigen.

Vor diesem Hintergrund erweist sich der gegenständliche Antrag als unzulässig.

3.1.] Kosten für den BF sind diesfalls nicht angefallen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; unvorhergesehenes Ereignis; unabwendbares Ereignis; Glaubhaftmachung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.011.15912.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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