Entscheidungsdatum
20.01.2021Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinText
IM NAMEN DER REPUBLIK
gekürzte Ausfertigung
gemäß § 29 Abs. 5 iVm § 50 Abs. 2 VwGVG
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Dr. Holzer über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 04.09.2020, Zl. …, betreffend COVID-19-Maßnahmengesetz iVm der VO betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18.12.2020,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der auf die Bekämpfung des Strafmaßes eingeschränkten Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von 450 Euro auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Stunden auf 1 Stunde herabgesetzt wird. Der Spruch des Straferkenntnisses wird dabei insofern berichtigt als dieser zu lauten hat: „gemäß § 3 Abs. 2 1. Satz COVID-19-Maßnahmengesetz, in der Fassung BGBl. I Nr. 12/2020“.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde auf 15 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe reduziert.
II. Der Beschwerdeführer hat daher gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Als erwiesen angenommene Tatsachen:
Am 20.03.2020 hatte der Beschwerdeführer um 20:03 sein Lokal in der C.-gasse, Wien geöffnet und es befanden sich neben diesem noch die Herrn D. E., F. G. und H. K. in diesem Lokal, wobei die anwesenden Herren Getränke konsumierten, welche sie zuvor selbst in das Lokal mitgebracht hatten.
Die Feststellungen zur Tatzeit und zum Tatort sowie auch zur Offenhaltung der Betriebsstätte und zur Konsumation in dieser gründen sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes und die Aussage des Beschwerdeführers selbst, der seine Verwaltungsübertretung nicht bestritten hat.
Strafbemessungsgründe:
Die maßgebliche Strafnorm ist im gegenständlichen Fall § 3 Abs. 2 1. Satz des COVID-19-Maßnahmengesetzes, in der maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 12/2020.
Eine Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG entfällt im gegenständlichen Fall, da die gegenwärtige Rechtslage in Hinblick auf die Strafdrohung des § 8 Abs. 4 COVID-19-Maßnahmengesetz, in der derzeit geltenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2020, zwar eine reduzierte Geldstrafe von bis zu maximal EUR 3.600 vorsieht, jedoch anders als die Strafdrohung zum Zeitpunkt der Tatbegehung (§ 3 Abs. 2 1. Satz des COVID-19-Maßnahmengesetzes, in der Fassung BGBl. I Nr. 12/2020) nun auch die alternative Möglichkeit einer Ersatzfreiheitsstrafe, was keinesfalls als günstiger zu werten ist (Vgl. VwGH 27.04.2000, 2000/10/0009; N. Raschauer/Wessely, VStG2 [2016] § 1 Rz 17).
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an. Die Strafbemessung setzt entsprechende Erhebungen dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht voraus, wobei allerdings in der Regel mit den Angaben des Beschuldigen das Auslangen zu finden sein wird (vgl. zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029 mwN).
Im Beschwerdefall ist gemäß § 3 Abs. 2 1. Satz des COVID-19-Maßnahmengesetzes, in der maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 12/2020 ein Strafrahmen von bis zu EUR 30.000,- heranzuziehen. Beim Beschwerdeführer sind angesichts eines monatlichen Einkommens von EUR 1.400 netto unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse anzunehmen. Weiters treffen diesen zwei Sorgepflichten für minderjährige Kinder. Der Beschwerdeführer weist verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen auf und das Verschulden ist im Beschwerdefall als durchschnittlich anzusehen, da es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar gewesen wäre sich in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 1 in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung, BGBl. II Nr.96/2020, der Verordnung betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 zu verhalten. Mildern war außerdem nach § 19 Abs. 2 iVm. § 34 Abs. 1 Z 17 StGB das reumütige Geständnis des Beschwerdeführers zu werten. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers wurde in durchschnittlichem Maße das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Verbreitung der Infektionskrankheit Sars COVID-19 und damit des Gesundheitsschutzes beeinträchtigt, da es sich bei den in der Lokalität des Beschwerdeführers anwesenden Personen um einen begrenzten und überschaubaren Personenkreis gehandelt hat.
Vor dem Hintergrund dieser Strafzumessungsgründe und des anzuwendenden Strafrahmens erweist sich die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe als überhöht und ist auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabzusetzen.
H i n w e i s
Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gem. § 29 Abs. 2a VwGVG eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG nicht beantragt wurde, zu enthalten.
Gemäß § 50 Abs. 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, hat die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses im Fall der Verhängung einer Strafe überdies die als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten (Z 1), im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe (Z 2) zu enthalten.
Das Verwaltungsgericht Wien hat am 18.12.2020 in der gegenständlichen Beschwerdesache eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und sodann das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet.
Die in der mündlichen Verhandlung angefertigte Niederschrift, welcher eine Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG angeschlossen war, wurde dem Beschwerdeführer unmittelbar ausgefolgt bzw. der belangten Behörde am 23.12.2020 zugestellt. Somit wurde die Niederschrift sämtlichen zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen ausgefolgt oder zugestellt.
In derselben mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer seinen ausdrücklichen Verzicht auf die Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof und Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu Protokoll.
Der Verzicht wurde ohne Beisein einer/eines berufsmäßigen Parteienvertreterin/Parteienvertreters abgegeben.
Der Beschwerdeführer wurde zuvor über die Folgen des Verzichts belehrt.
Alle übrigen zur Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organe haben innerhalb der gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG normierten Frist von zwei Wochen nach Ausfolgung oder Zustellung der Niederschrift keinen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG gestellt.
Deshalb konnte das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG gekürzt ausgefertigt werden. Gegen diese gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs. 4a VwGG und/oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gemäß § 82 Abs. 3b VfGG nicht mehr zulässig.
Schlagworte
Betriebsstätten; Betreten; GünstigkeitsvergleichEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.049.13876.2020Zuletzt aktualisiert am
16.02.2021