TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/28 93/12/0316

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Veröffentlicht am 28.05.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §38 Abs2;
BDG 1979 §40 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §53 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 93/12/0315 E 28. Mai 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des R in Z, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 8. Oktober 1993, Zl. 11 3410/7-III/8/93, betreffend Versetzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle vor Erlassung des angefochtenen Bescheides war die Zollwachabteilung (ZWA) Z. Mit Schreiben vom 19. Februar 1993 (gerichtet an die Dienstbehörde I. Instanz) erhoben einige Beamte, darunter auch der Beschwerdeführer, Vorwürfe gegen ihren Vorgesetzten. Sie führten aus, der Abteilungsleiter meide den Kontakt zu seinen Bediensteten; er versuche, wie sich aus mehreren Begebenheiten gezeigt habe, psychischen Druck auf die Beamten auszuüben. Ferner warfen sie ihm schlechte Behandlung seiner Untergebenen sowie Dienstpflichtverletzungen vor. Diese "Verfehlungen" wurden (teilweise) unter genauer Angabe des Datums der behaupteten Vorfälle aufgelistet.

Am 16. Juli 1993 wurde der Beschwerdeführer unter anderem wegen der mit Schreiben vom 19. Februar 1993 gegen den Dienststellenleiter erhobenen Anschuldigungen, die zum Großteil völlig haltlos und zum Teil durch geeignete Beweismittel nicht zu belegen seien, gemäß § 109 Abs. 2 BDG 1979 ermahnt. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, daß er sich bei Meinungsverschiedenheiten an ein Organ der Dienstaufsicht oder die Personalvertretung wenden könne. Das jahrelange Aufzeichnen von vermeintlichen Fehlern des Vorgesetzten weise nicht nur auf eine "seltsame Gesinnung" hin, sondern führe zwangsläufig zu einer schweren Belastung der Beziehung zu einem Vorgesetzten, in der Offenheit und Aufrichtigkeit vorherrschen sollten.

Mit Schreiben vom 16. August 1993 wurde der Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt, daß beabsichtigt sei, ihn mit Wirkung 1. Dezember 1993 zur ZWA R zu versetzen.

Gegen diese beabsichtigte Maßnahme erhob der Beschwerdeführer Einwendungen. Für ihn sei dies eine "Strafversetzung", die nahtlos an seine Meldung über Unregelmäßigkeiten bei Dienstverrichtungen des Abteilungsleiters bzw. dessen Verhalten den eingeteilten Beamten gegenüber und die daraus resultierende - seiner Meinung nach - unberechtigte schriftliche Ermahnung anschließe. Außerdem habe er durch diese Versetzung einen wirtschaftlichen Nachteil, es gebe andere Beamte, die für den Dienst bei der ZWA R mindestens genauso geeignet seien und bereits um Versetzung zu dieser Dienststelle angesucht hätten.

Der Beschwerdeführer wurde sodann mit Bescheid vom 2. September 1993 zur Zollwachabteilung R versetzt. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß die gegen den Abteilungsleiter vorgebrachten Anschuldigungen zum Großteil haltlos und zum Teil nicht zu belegen seien. Deswegen sei der Beschwerdeführer auch ermahnt worden. In seiner Stellungnahme habe er auch nicht darlegen können, warum die Ermahnung zu Unrecht erfolgt sei. Durch die Anschwärzungen seines Vorgesetzten sei ein untragbares Spannungsverhältnis zu diesem geschaffen und eine schwere Störung des Arbeitsklimas herbeigeführt worden, wodurch ein wichtiges dienstliches Interesse bestehe, ihn von seiner bisherigen Dienststelle abzuziehen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte aus, die belangte Behörde habe gerade dadurch, daß sie in der Begründung ausgeführt habe, die Ermittlungen hätten ergeben, daß die von ihm erhobenen Anschuldigungen "zum Großteil haltlos und zum Teil durch geeignete Beweismittel nicht zu belegen waren", schlüssig zugegeben, daß ein Teil der Anschuldigungen gerechtfertigt gewesen sei. Gemäß § 53 BDG sei er aber verpflichtet, den Verdacht von Fehlverhalten anzuzeigen. Über seine Einwendungen sei nicht abgesprochen worden. Weiters gehe der Vorwurf, er hätte nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Ermahnung zu Unrecht erfolgt sei, ins Leere: Gegen diese Ermahnung sei kein Rechtsmittel möglich, eine Erörterung ihrer Rechtmäßigkeit könne nicht Gegenstand des Versetzungsverfahrens sein.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nicht statt und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges sowie der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, am 19. Februar 1993 habe der Beschwerdeführer gemeinsam mit vier weiteren Angehörigen der Zollwachabteilung Z ein an die Finanzlandesdirektion für Kärnten gerichtetes Schreiben verfaßt, in dem sie dem Leiter der Zollwachabteilung Z in 52 Fällen Dienstpflichtverletzungen bzw. Fehlverhalten vorgeworfen hätten. Mit einem am 9. Juni 1993 wieder gemeinsam mit vier weiteren Angehörigen der genannten Dienststelle verfaßten Schreiben seien die gegen den Dienststellenleiter erhobenen Vorwürfe aufrecht erhalten und angeboten worden, Beweise hiefür vorzulegen. Diese Beweise seien jedoch nicht erbracht worden. Die erhobenen Anschuldigungen erstreckten sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Unter anderem sei dem Dienststellenleiter zum Vorwurf gemacht worden, daß er auf die Einhaltung des Rauchverbotes in den Kanzleiräumen der Dienststelle bestehe, die Tierhaltung auf dem Dienststellengelände verboten habe, die Organisation von Betriebsausflügen den Beamten überlasse, den Schuhputz beanstande, exzessiv auf die Meldepflicht achte, Vorhaltungen betreffend übermäßigen Alkoholkonsums mache usw. In drei von insgesamt 52 gegen den Dienststellenleiter vorgebrachten Anschuldigungen habe die Finanzlandesdirektion für Kärnten ein ungeschicktes und wenig beispielgebendes Verhalten für einen Vorgesetzten erblickt, dieses Fehlverhalten jedoch nicht für so schwerwiegend erachtet, daß eine Abberufung erforderlich sei. Der Dienststellenleiter sei daher im Sinne des § 109 Abs. 2 BDG 1979 belehrt worden, erhöhtes Augenmerk auf sein Verhalten als Vorgesetzter zu legen. Die restlichen Anschuldigungspunkte seien als unhaltbar, unrichtig oder nicht beweisbar qualifiziert worden, da auch die involvierten Beamten trotz entsprechender Versicherung keine Beweise dargelegt hätten. Mit Verfügung vom 16. Juli 1993 habe die Finanzlandesdirektion für Kärnten den Beschwerdeführer wegen seines Fehlverhaltens gegenüber seinem Dienststellenleiter gemäß § 109 Abs. 2 BDG 1979 ermahnt. Er habe dagegen nicht remonstriert. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt sei durch einen Artikel in der Kärntner Ausgabe der Kronenzeitung auch der Bevölkerung bekannt gemacht worden. Unter der Schlagzeile "Z: Rebellion bei der Zollwache" sei unter anderem gemeldet worden: "..seit Jahren haben die Beamten ihren Chef "überwacht" und über dessen "Verfehlungen" penibel Buch geführt ....". In der Folge sei Kontakt mit dem Dienststellenleiter in so relevanten Angelegenheiten, wie der Meldung von krankheitsbedingten Abwesenheiten oder der Beanspruchung von Erholungsurlaub durch auf dessen Schreibtisch abgelegte formlose Mitteilungen - unter Außerachtlassung jedweder Umgangsform - gehalten worden. Zur Aufrechterhaltung eines effizienten Dienstbetriebes sei es erforderlich, daß jeder Beamte seinen Kollegen und Vorgesetzten mit der Achtung und Unterstützung begegne, die er selbst von ihm erwarte. Das offenbar jahrelange Aufzeichnen vermeintlicher Fehler eines Vorgesetzten sei jedoch keineswegs geeignet, die für das Funktionieren eines jeden Dienstbetriebes erforderliche Vertrauensbasis zu bilden. Vielmehr wäre es im Rahmen der Unterstützungspflicht unumgänglich gewesen, vermeintliche Mißstände sofort nach Bekanntwerden den jeweiligen Dienstaufsichtsorganen zu melden. Der Hinweis auf § 53 BDG 1979 sei in diesem Zusammenhang verfehlt. Auch deswegen, da Abs. 1 des § 53 BDG 1979 normiere, daß der begründete Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen sei, dem Dienststellenleiter zu melden sei. Aufgrund der nahezu konspirativen Vorgangsweise gegen den Dienststellenleiter und der vorbeschriebenen Kontaktaufnahmen mit diesem in dienstlich relevanten Angelegenheiten müsse angenommen werden, daß diese Vorgangsweisen zu einem für die Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes untragbaren Spannungsverhältnis zwischen Dienststellenleiter und involvierten Beamten geführt hätten. Es bestehe daher ein wichtiges dienstliches Interesse, den Beschwerdeführer von der Zollwachabteilung Z abzuziehen, weshalb die Vorschrift des § 38 Abs. 3 BDG 1979 unbeachtlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 38 des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor dem Besoldungsreformgesetz, BGBl. Nr. 550/1994, lautet:

"Versetzung

§ 38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte innerhalb des Ressorts einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Eine Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung an einen anderen Dienstort auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.

(4) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(5) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; eine Berufung gegen diesen Bescheid hat aufschiebende Wirkung.

(6) ..."

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, nicht gegen die Vorschriften des BDG versetzt zu werden, und führt aus, die Behörde I. Instanz erblicke das Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses im angeblichen "Anschwärzen" des Vorgesetzten und in der Nichtbeeinspruchung einer Ermahnung nach § 109 Abs. 2 BDG, die nunmehr belangte Behörde sehe das wichtige dienstliche Interesse in den angeblichen Aufzeichnungen, die er über den Vorgesetzten geführt haben solle, wobei dies - wie auch im angefochtenen Bescheid ausgeführt werde - einer Zeitungsmeldung zu entnehmen sei. Die belangte Behörde habe sich im angefochtenen Bescheid nicht mit seinen Berufungsausführungen, hinsichtlich des Vorwurfes der I. Instanz bezüglich des "Anschwärzens" seines Vorgesetzten, auseinandergesetzt. Weiters habe es die belangte Behörde im Berufungsbescheid unterlassen, sich mit seiner Rechtfertigung hinsichtlich § 109 Abs. 2 BDG 1979 auseinanderzusetzen. Andererseits begründe nunmehr die belangte Behörde das Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses mit einer Neuerung, zu der ihm kein Parteiengehör gewährt worden sei. Wäre ihm Parteiengehör gewährt worden, so hätte er beweisen können, daß er die jahrelange Aufzeichnung von Fehlern des Vorgesetzten nicht vorgenommen habe.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 38 Abs. 2 erster Satz BDG 1979 ist eine Versetzung von Amts wegen nur zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Dieses wichtige dienstliche Interesse, das eine Versetzung zulässig macht, ist ausschließlich nach objektiven Merkmalen und nicht danach zu beurteilen, inwieweit der betroffene Beamte diese Momente schuldhaft herbeigeführt hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. März 1981, 3011/80, Slg. N.F. Nr. 10.386/A).

Ausgehend davon, daß eine Versetzung sowohl das Abziehen eines Beamten von seiner bisherigen Verwendung als auch die Zuweisung zu einer neuen Verwendung beinhaltet, ist es für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung ausreichend, wenn das wichtige dienstliche Interesse an einem der beiden Akte besteht (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1987, Zl. 86/12/0146, Slg. N.F. Nr. 12.383/A). Liegt daher ein wichtiges dienstliches Interesse an einem der beiden Akte vor, so wird damit dem Schutzzweck der Versetzungsregelung, nämlich ein unsachliches Vorgehen der Behörde zu verhindern, Genüge getan (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 18. März 1985, Zl. 83/12/0178).

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. September 1995, Zl. 95/12/0122, oder vom 24. November 1995, Zl. 92/12/0130) Konflikte und Spannungen zwischen Beamten einer Dienststelle als wichtiges dienstliches Interesse, das eine Versetzung rechtfertigt, gewertet, sind doch derartige Verhältnisse in der Regel dem Dienstbetrieb, der auf Kooperation aufgebaut ist, und der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben abträglich. Häufig wird durch derartige Konflikte und die damit verbundenen Auseinandersetzungen auch ein beträchtlicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand herbeigeführt, der bei einem anderen Personaleinsatz meist vermeidbar wäre. Ein wichtiges dienstliches Interesse an der raschen Bereinigung einer solchen konfliktbeladenen Situation wird dann vorliegen, wenn diese Spannungen und Konflikte schon außerhalb des Amtsbereiches, insbesondere unter Einschaltung von Medien, behandelt werden. Bei einer solchen Vorgangsweise tritt nämlich zu den bereits vorher dargestellten wesentlichen Nachteilen für den Dienst noch die konkrete Gefahr des Verlustes des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Führung der Amtsgeschäfte der Beamten dazu. Da solchen Konflikten und Spannungsverhältnissen in einer Dienststelle in der Regel gegensätzliche Auffassungen und Haltungen von Bediensteten zugrunde liegen und die Lösung dieser Verhältnisse meist durch Versetzung einer der beiden Konfliktparteien zu erreichen ist, war schon in der bisherigen Rechtsprechung insbesondere die Frage zu lösen, auf welcher Seite sozusagen der "Hebel der Versetzung" anzusetzen ist. Schon aus rechtlichen Gründen und wegen der gebotenen Sachlichkeit ist dabei weder dem hierarchischen Gesichtspunkt noch - sofern eine Mehrzahl von Bediensteten beteiligt war - dem Mehrheitsgesichtspunkt eine allein entscheidende Bedeutung beizumessen.

Die Regelungen der Allgemeinen Dienstpflichten des Beamten und seiner Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten zeigen, daß der Beamte sowohl zur Rechtmäßigkeit (§ 43 Abs. 1 BDG 1979) als auch zum Gehorsam (§ 44 Abs. 1 BDG 1979) verhalten ist. Das den §§ 38 und 40 BDG 1979 zugrundegelegte "wichtige dienstliche Interesse" besteht einerseits an der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung, andererseits an deren Rechtmäßigkeit. An diesen beiden Kriterien ist das wichtige dienstliche Interesse zu messen. Der Beamte hat zwar - genauso wie jeder andere Staatsbürger - kein (von der Verletzung seiner subjektiven Rechte losgelöstes) Recht auf eine objektive Rechtmäßigkeit der Verwaltung, wohl aber die Verpflichtung, im Rahmen seiner Kompetenzen darum bemüht zu sein. Sofern einem Beamten im Rahmen seiner Kompetenzen eine Rechtswidrigkeit zur Kenntnis gelangt, ist er im Sinne des § 53 Abs. 1 BDG 1979 berechtigt und verpflichtet, den Dienststellenleiter über seine diesbezüglichen Bedenken zu informieren. Diese Bedenken müssen nicht unbedingt richtig sein; sie müssen aber nach der jeweiligen Lage des Falles vertretbar sein und jedenfalls nicht wider besseres Wissen des Meldungslegers erfolgen. Sie dürfen auch weder in Form und Inhalt noch durch mehrfaches Insistieren die Grenzen des normalen Umgangstones und einer sachlichen Kritik überschreiten (vgl. auch dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/12/0122).

Daß das jahrelange Sammeln von Angriffspunkten gegen einen Vorgesetzten durch die Mitarbeiter keine in Form und Inhalt adäquat vorgebrachte Kritik darstellt, kann ebensowenig bezweifelt werden, wie der Umstand, daß durch eine solche Vorgangsweise das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern schwer in Mitleidenschaft gezogen und ein weiteres Zusammenarbeiten - wenn schon nicht verunmöglicht - so doch erheblich erschwert wird.

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1988, Zl. 88/12/0073, mit weiteren Judikaturhinweisen), ist eine Ermahnung im Sinne des § 109 Abs. 2 BDG 1979 nicht als Bescheid zu erlassen, weil ihr ein normativer Inhalt fehlt. Es ist jedoch nicht zutreffend, daß die Behörde deswegen nicht auf jene Tatsachen verweisen könnte, die der Ermahnung zugrundegelegt wurden. Da bereits die Dienstbehörde I. Instanz in der Begründung ihres (Versetzungs)Bescheides auf die Ermahnung Bezug genommen hat, in der ausgeführt wurde, daß das jahrelange Aufzeichnen von vermeintlichen Fehlern des Vorgesetzten nicht nur auf eine "seltsame Gesinnung" hinweise, sondern zwangsläufig zu einer schweren Belastung der Beziehung zu einem Vorgesetzten führe, in der Offenheit und Aufrichtigkeit vorherrschen sollten, wäre es dem Beschwerdeführer unbenommen geblieben, in seiner Berufung Behauptungen aufzustellen, die geeignet gewesen wären, den Vorwurf, er habe jahrelang Material gegen seinen Vorgesetzten gesammelt, zu widerlegen. Da im erstinstanzlichen Bescheid auch auf die Gründe Bezug genommen wurde, die zur Ermahnung geführt haben, hätte der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt, in der Berufung zu diesen Anschuldigungen Stellung zu nehmen. Ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs im Verfahren I. Instanz wird nämlich durch die im Berufungsverfahren mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 334 zitierte hg. Rechtsprechung).

Da die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1993120316.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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