TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/11 L519 2148049-3

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Veröffentlicht am 11.09.2020
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Entscheidungsdatum

11.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §57 Abs1

Spruch


L519 2148049-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX geb., StA. Irak, vertreten durch RA Mag. FUCHS, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 5.8.2020, Zl. 1071297705-200427104, wegen Anordnung der Unterkunftnahme zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste am XXXX .2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte in der Folge einen Asylantrag, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, am XXXX geboren zu sein und aus dem Irak zu stammen.

2. Der Asylantrag des BF wurde mit Bescheid des BFA vom 31.01.2017, Zl.

1071297705-150583815 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des

Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär

Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und dem BF eine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt.

3. Die gegen die Entscheidung des BFA eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 04.02.2020, L524 2148049-1/11E, als unbegründet abgewiesen.

Die Entscheidung erwuchs am 05.02.2020 in Rechtskraft. Die Frist zur freiwilligen

Ausreise endete mit 19.02.2020.

Der BF ist seiner Ausreiseverpflichtung nie nachgekommen.

4. Mit Bescheid des BFA vom 30.6.2020, Zl. 1071297705-200421122, wurde dem BF vom BFA ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG idgF nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 FPG idgF, erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Irak gem. § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 FPG wurde ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

4.1. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 31.8.2020, L504 2148049-2, als unbegründet abgewiesen.

5. Am 02.06.2020 (nachweislich zugestellt am 03.06.2020) wurde dem BF mittels

Mandatsbescheid und Verfahrensanordnung gem. § 57 FPG aufgetragen, sich in

der Rückkehrberatungseinrichtung Tirol, XXXX einzufinden.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF in Österreich weder beruflich noch sozial verankert sei und seit der rk. Entscheidung vom 5.2.2020 auch keinerlei Änderungen seiner privaten und familiären Verhältnisse hervorgekommen seien. Der BF sei seit der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung vom 5.2.2020 zur Ausreise verpflichtet. Alle danach eventuell entstandenen Anbindungen seien in Kenntnis des unsicheren Aufenthaltes und der durchsetzbaren Ausreiseverpflichtung erfolgt. Der BF beabsichtige daher weiterhin, seinen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich wissentlich zu verlängern. Eine aufrechte Duldung des BF gem. § 46a FPG liege ebenfalls nicht vor. Im Rahmen des Rückkehrberatungsgespräches am 3.2.2017 habe der BF ausdrücklich angegeben, nicht rückkehrwillig zu sein. Hinsichtlich der seit 2.1.2020 bestehenden Erwerbstätigkeit des BF sei auf die Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, der mehrfach darauf hingewiesen hat, dass es im Sinne des § 9 Abs. 2 Z.8 BFA-VG relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte zu einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste.

Diesem Auftrag zur Unterkunftnahme kam der BF ebenfalls nicht nach.

6. Am 03.06.2020 wurde über die irakische Botschaft in Wien ein Heimreisezertifikat beantragt.

7. Am 15.06.2020 brachte der BF fristgerecht Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 2.6.2020 ein.

Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass in den nächsten Tagen hinsichtlich der Entscheidung des BVwG vom 4.2.2020 Erkenntnisbeschwerde beim VfGH eingebracht würde. Durch die Unterkunftnahme würde dem BF ein großer Nachteil erwachsen, da er ein Gewerbe als Paketlieferant innehat und betreibt. Er sei seit über 5 Jahren durchgängig in Österreich aufhältig und unbescholten. Außerdem habe der BF ein A2 Diplom und eine feste Unterkunft in Form einer Mietwohnung. Er sei auch bereit, sich täglich bei der zuständigen PI zu melden. Der Reisepass sei beim BFA. Somit bestehe keine Gefahr, dass sich der BF einer Festnahme oder Abschiebung entziehen würde.

Durch den Mandatsbescheid werde unrechtmäßig in das Grundrecht auf Privat- und Familienleben eingegriffen.

8. Mit e-mail vom 30.7.2020 regte das BFA bei der zuständigen Gewerbebehörde an, dem BF die Gewerbeberechtigung gem. § 88 Abs. 1 GewO zu entziehen, da kein rechtmäßiger Aufenthalt des BF im Bundesgebiet gegeben ist.

9. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5.8.2020 wurde dem BF gem. § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig in der Betreuungsstelle Tirol, XXXX , Unterkunft zu nehmen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

9.1. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Asylverfahren des BF mit 5.2.2020 rechtkräftig negativ beendet worden sei. Mit Beschluss vom 26.6.2020 habe der VfGH die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese an den VwGH zur Entscheidung abgetreten. Eine anschließende Revision sei dem BFA bis dato nicht bekannt, ebenso wenig die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung. Der BF halte sich seit 5.2.2020 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die 2-wöchige Frist zur freiwilligen Ausreise sei vom BF nicht genutzt worden. Im Zuge des verpflichtenden Rückkehrberatungsgespräches am 3.2.2017 habe der BF angegeben, nicht rückkehrwillig zu sein. Am 3.6.2020 sei ein HRZ-Verfahren bei der irakischen Botschaft eingeleitet worden. Es liege auch keine Duldung des BF im Bundesgebiet vor. Die nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit vermag keine tiefgreifende Integration in den österr. Arbeitsmarkt zu begründen. Überdies sei der Entzug der Gewerbeberechtigung bereits angeregt worden, da sich der BF unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

10. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde führte der BF im Wesentlichen aus wie bereits in der Vorstellung. Er habe in Österreich ein schützenswertes Privatleben. Er übe ein Gewerbe als Paketlieferant aus und sei selbsterhaltungsfähig. Außerdem habe er einen großen Freundeskreis und halte sich seit Mai 2015 durchgehend im Bundesgebiet auf. Er sei unbescholten und habe ein A2 Diplom. In Zusammenhang mit des Asylverfahren des BF sei beim VwGH immer noch ein Verfahren anhängig. Es sei nachvollziehbar, dass der BF vor dessen Entscheidung das Bundesgebiet nicht verlassen will. Der BF verfügt über einen festen Wohnsitz und würde sich täglich bei der Polizei melden, sodass keine Fluchtgefahr besteht. Die Beurteilung im angefochtenen Bescheid sei daher unverhältnismäßig und rechtswidrig.

11. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Der BF ist Staatsangehöriger des Irak, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Er lebte vor der Ausreise aus dem Irak mit seinen Eltern, drei Brüdern und zwei Schwestern in einem zweistöckigen Haus in XXXX (Ost). Die Familie lebt weiterhin in diesem Haus.

Der BF besuchte ca. elf Jahre bis zum Jahr 2011 die Schule. Er war danach berufstätig.

Der BF verließ am XXXX .2014 legal über den Flughafen XXXX den Irak. Danach lebte er in der Türkei und reiste im Mai 2015 illegal in Österreich ein, wo er am XXXX .2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Mit Bescheid des BFA vom 31.01.2017, Zl. 1071297705-150583815/BMI-BFA_SZB_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das BVwG hat die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 04.02.2020 rechtskräftig abgewiesen.

Seit der rk. Entscheidung des BVwG wurde bis dato weder vom VfGH noch vom VwGH aufschiebende Wirkung zuerkannt. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 26.06.2020 entschieden, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen. Derzeit ist weder beim VfGH noch beim VwGH ein Verfahren den BF betreffend anhängig.

Der BF ist seiner Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen und hat beim verpflichtenden Rückkehrberatungsgespräch am 3.2.2017 zu Protokoll gegeben, nicht rückkehrwillig zu sein. Eine Duldung des BF im Bundesgebiet gem. § 46a FPG liegt nicht vor.

Der BF ist gesund und gehört keiner Covid-19 – Risikogruppe an.

Der BF hat die ÖSD-Zertifikate A1 und A2. Er hat an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen. Er hat von 18.04.2017 bis 11.08.2017 die Qualifizierung zur Gastronomiehilfskraft absolviert. Er hat an einem Projekt im Ausbildungsbereich „Holz“ teilgenommen. In diesem Rahmen hat er von 28. bis 30.05.2018 ein Praktikum bei einem Tischler absolviert.

Der BF bezog bis 20.01.2020 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er ist seit 02.01.2020 in der Güterbeförderung selbständig erwerbstätig. Der BF engagiert sich beim Österreichischen Roten Kreuz und hat am Erste-Hilfe-Grundkurs erfolgreich teilgenommen. Der BF hat Freunde, mit denen er sich trifft.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Das BVwG hat bis zu den Entscheidungen vom 04.02.2020 bzw. vom 31.8.2020 alle dargelegten bzw. ermittelten privaten und familiären Anknüpfungspunkte sowie die Integration des BF in Österreich berücksichtigt und wurde rechtskräftig festgestellt, dass die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen und die Aufenthaltsbeendigung notwendig ist.

Der BF hat die auferlegte und im öffentlichen Interesse erforderliche Ausreiseverpflichtung bislang missachtet. Eine Änderung der privaten Anknüpfungspunkte seit dem 31.8.2020 ist nicht eingetreten.

Zum Aufenthalt in Österreich:

Der BF ist nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und stellt dies, da der Antrag auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen wurde, gem. § 120 Abs. 1 iVm Abs .7 FPG ein verwaltungsstrafrechtlich pönalisiertes Verhalten dar.

Nach Stellung des Antrages auf internationalen Schutz und nach Erhebung der Beschwerde verfügte der BF bis zur rechtskräftigen Entscheidung vom 05.02.2020 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. AsylG.

Der BF hat aus von ihm zu vertretenden Gründen die 14-tägige Frist zur freiwilligen Ausreise nicht genützt und verweilt aktuell noch immer (illegal) im Bundesgebiet. Dies stellt gem. § 120 Abs. 1b FPG ein verwaltungsstrafrechtlich pönalisiertes Verhalten dar.

Der BF ist nicht rückkehrwillig und hat dies auch im Rückkehrberatungsgespräch vom 3.2.2017 selbst bestätigt.

Am 02.06.2020 (nachweislich zugestellt am 03.06.2020) wurde dem BF mittels Mandatsbescheid und Verfahrensanordnung gem. § 57 FPG aufgetragen, sich in der Rückkehrberatungseinrichtung Tirol, XXXX einzufinden. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde diese Aufforderung wiederholt. Dieser bescheidmäßig auferlegten Wohnsitzauflage hat der BF bis dato ungerechtfertigt ebenfalls keine Folge geleistet. Ein solches Verhalten stellt gem. § 121 Abs. 1a FPG eine Verwaltungsübertretung dar.

Der BF betreibt trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung des BVwG im Bundesgebiet noch immer ein Gewerbe, ohne im Besitz eines dafür erforderlichen Aufenthaltstitels zu sein, was insbes. gegen § 14 Abs. 1 GewO verstößt.

Strafrechtliche Verurteilungen liegen nicht vor. Rechtskräftige verwaltungrechtliche Bestrafungen sind nicht aktenkundig und wurden dem BVwG weder von der Polizei noch den Verwaltungsstrafbehörden mitgeteilt.

Seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung des BVwG vom 31.8.2020 hat sich in Österreich an der privaten, gesundheitlichen oder sozialen Situation sowie am Familienstand des BF nichts geändert und wurde Derartiges auch nicht behauptet. Es befinden sich nach wie vor keine Familienangehörigen des BF in Österreich.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

Das BFA traf Feststellungen auf Basis des aktuellen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation. Daraus ergibt sich – wie auch schon aus den Feststellungen des BVwG vom Februar 2020 – keine Situation, wonach für Personen mit dem Profil des BF auf Grund der Lage im Herkunftsstaat eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende asylrelevante Verfolgungsgefahr oder sonstige reale Gefahr für Leib und/oder Leben bestünde.

2. Beweiswürdigung

Das BVwG hat durch den Verwaltungsakt des Bundesamtes einschließlich der im Bescheid zitierten rk. Entscheidungen des BVwG vom 04.02.2020, L524 2148049-1/11E und vom 31.8.2020, L504 2148049-2, Beweis erhoben.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem angefochtenen Bescheid und den zugrundeliegenden Verwaltungsakten der belangten Behörde und des BVwG.

Die Feststellungen, dass es seit der rk. Rückkehrentscheidung des BVwG vom 31.8.2020 im Wesentlichen keine relevanten Änderungen hinsichtlich der in der persönlichen Sphäre des BF liegenden privaten und familiären Anknüpfungspunkte in Österreich gibt, wird vom BF in seiner Beschwerde auch nicht bestritten. Daraus ergibt sich klar, dass sich der BF seiner Ausreiseverpflichtung bewusst war, sie diese jedoch erneut missachtete.

Aus den angeführten Verfahren des BVwG ergibt sich auch zweifelsfrei, dass der BF sowohl nach der Entscheidung des BVwG vom 4.2.2020 als auch nach jener vom 31.8.2020 die ihn treffende Ausreiseverpflichtung missachtet hat, nachdem er bereits beim verpflichtenden Rückkehrberatungsgespräch am 3.2.2017 erklärt hatte, nicht rückkehrwillig zu sein. Letztlich zeigt sich die fehlende Rückkehrwilligkeit des BF auch klar im Umstand, dass er trotz aufrechter Rückkehrentscheidung und somit in Kenntnis seiner Ausreiseverpflichtung noch ein Gewerbe angemeldet hat.

Soweit der BF in seiner Beschwerde ausführt, den Ausgang eines höchstgerichtlichen Verfahrens in Österreich abwarten zu wollen, steht dem die formelle Rechtskraft der Entscheidungen des BVwG sowie der Umstand entgegen, dass bislang weder VfGH noch VwGH aufschiebende Wirkung erteilt haben.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 57 Abs. 1 FPG kann einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde, sofern dieser im österr. Bundesgebiet gem. § 46a FPF nicht geduldet ist, aufgetragen werden, bis zur Ausreise Unterkunft in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes zu nehmen, sofern diesem keine Frist zur freiwilligen Ausreise gem. § 55 FPG gewährt wurde (§ 57 Abs. 1 Z.1 FPG) oder nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gem. § 55 FPG bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

Nach § 57 Abs. 2 FPG ist bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gem. Abs. 1 Z.2 vorliegen, insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1.       entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2.       nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3.       an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4.       im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgespräches erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5.       im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

Im ggst. Fall ist davon auszugehen, dass der BF im verpflichtenden Rückkehrberatungsgespräch am 3.2.2017 erklärt hat, nicht rückkehrwillig zu sein. Das Asylverfahren des BF wurde am 4.2.2020 rechtskräftig negativ beendet. Die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom VfGH mit Beschluss vom 14.5.2020 abgelehnt. Laut telefonischer Auskunft des VwGH bzw. VfGH vom 10.9.2020 ist derzeit weder beim VfGH noch beim VwGH ein Verfahren den BF betreffend anhängig und wurde auch nie aufschiebende Wirkung erteilt, sodass die gegenteiligen Beschwerdeausführungen schon aus diesem Grund ins Leere gehen. Die im Rahmen des Asylverfahrens gewährte 14-tägige Frist zur freiwilligen Ausreise wurde vom BF ebenfalls nicht wahrgenommen. In weiterer Folge wurde mit Bescheid des BFA vom 30.6.2020 erneut eine Rückkehrentscheidung, dieses Mal verbunden mit einem Einreiseverbot in der Dauer von 2 Jahren, erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 31.8.2020 ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt. Dennoch hält sich der BF nach wie vor illegal im Bundesgebiet auf.

Soweit sich der BF auf ein schützenswertes Privatleben im Bundesgebiet stützt, ist ihm zunächst entgegen zu halten, dass die Frage, ob ein schützenswertes Privatleben vorliegt, bereits in den erwähnten Entscheidungen des BFA bzw. BVwG umfassend geprüft und das Vorliegen eines solchen jeweils verneint wurde (s. zuletzt Erkenntnis des BVwG vom 31.8.2020). Wesentliche Änderungen im Privatleben des BF wurden im ggst. Verfahren nicht vorgebracht. Soweit er sich immer wieder darauf beruft, am 1.2.2019 ein Gewerbe angemeldet zu haben und dieses auch auszuüben, hat das BFA zutreffend festgestellt, dass diese Gewerbeanmeldung in Kenntnis des negativ ausgegangenen Asylverfahrens und der Ausreiseverpflichtung erfolgt ist und dadurch maßgeblich relativiert wird. Zudem verstoßt diese Gewerbeausübung gegen die Gewerbeordnung, da der BF nicht im Besitz eines dafür erforderlichen Aufenthaltstitels ist, weshalb das BFA am 30.7.2020 bei der Gewerbebehörde folgerichtig auch bereits den Entzug der Gewerbeberechtigung angeregt hat. Die Umstände, dass der BF unbescholten, seit über 5 Jahren in Österreich aufhältig ist, Deutschkenntnisse auf A2 Niveau hat, an verschiedenen Kursen teilgenommen hat, etc. wurden in den Vorverfahren bereits entsprechend berücksichtigt. Dennoch konnte kein schützenswertes Privatleben festgestellt werden. In der Beschwerde wurde auch nicht dargelegt, was sich nunmehr an dieser Beurteilung geändert haben sollte. Aus der Sicht des Gerichtes wird die Rückkehrunwilligkeit des BF vielmehr gerade durch die Gewerbeanmeldung vielmehr noch untermauert, wodurch der BF offensichtlich versucht, seinen rechtswidrigen Aufenthalt im Bundesgebiet noch weiter in die Länge zu ziehen.

Die Anordnung der Unterkunftnahme des BF durch das BFA ist daher aus Sicht des Gerichtes zu Recht erfolgt, zumal auch nicht festgestellt werden konnte, dass der BF im Bundesgebiet gem. § 46a FPG geduldet wäre.
Resümierend gelangte das Bundesamt folgerichtig auch zum Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen, insbesondere das hohe Interesse des Staates an einer geordneten Zuwanderung von Fremden, die privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nach wie vor überwiegen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Gewerbeberechtigung öffentliche Interessen Rückkehrabsicht Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L519.2148049.3.00

Im RIS seit

16.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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