Entscheidungsdatum
19.10.2020Norm
AVG §18 Abs3Spruch
L524 2232071-2/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch RA Dr. Tassilo WALLENTIN, Gonzagagasse 14/10, 1010 Wien, gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.05.2020, Zl. 201961004/190927904, den Beschluss:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1VwGVG iVm § 18 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Feststellungen:
Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 04.05.2020, Zl. 201961004/190927904, wurde gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass eine „Abschiebung gemäß § 46 FPG nach“ zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG werde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG werde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung werde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
Gegen diese Erledigung erhob der Beschwerdeführer über seinen gewillkürten Vertreter fristgerecht Beschwerde.
Die als Bescheid bezeichnete Erledigung des BFA vom 04.05.2020, Zl. 1220949008/190893015, trägt keine Unterschrift jenes Organwalters, der die Erledigung genehmigt hat. Die Erledigung enthält an Stelle der Unterschrift auch kein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität des Inhalts der Erledigung. Im Verwaltungsakt befindet sich auch keine Durchschrift oder Kopie der an den Beschwerdeführer zugestellten Ausfertigung der Erledigung.
Die Fertigungsklausel sieht folgendermaßen aus:
II. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus der Erledigung des BFA vom 04.05.2020 und dem Verwaltungsakt. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
III. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
Gemäß § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
Im Anwendungsbereich des § 18 AVG idF BGBl. I Nr. 5/2008 muss jede Urschrift einer Erledigung einem bestimmten Menschen (Organwalter) zurechenbar bleiben (vgl. VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043; 15.10.2014, Ra 2014/08/0009, jeweils unter Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG I², § 18 Rz 8).
Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat, muss die Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion inne hat oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein (VwGH 28.06.2011, 2010/17/0176, 29.11.2011, 2010/10/0252). Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (vgl. VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018; 31.10.2014, Ra 2014/08/0015; 15.10.2014, Ra 2014/08/0009).
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG muss also jede schriftliche Erledigung durch die Unterschrift – bzw. bei elektronisch erstellten Erledigungen durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung – genehmigt und einem bestimmten Organwalter zurechenbar sein. Andernfalls kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn ihre Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG genügt (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0070 unter Hinweis auf VwGH 29.11.2011, 2010/10/0252).
Eine Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG ist ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. VwGH 04.09.2000, 98/10/0013 und 0014; VwGH 27.09.2005, 2004/06/0217). Eine Paraphe ist keine Unterschrift (vgl. VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389).
Im vorliegenden Fall erfolgte keine iSd § 18 Abs. 3 AVG dokumentierte Genehmigung der Erledigung vom 04.05.2020. Die Erledigung enthält vielmehr bloß ein handschriftliches Kürzel, nicht jedoch eine Unterschrift. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Paraphe it keine Unterschrift.
Da die Urschrift nicht mit der Unterschrift des Genehmigenden versehen ist und diese auch nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters genehmigt wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde somit gegen einen Nichtbescheid, weshalb diese zurückzuweisen war.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 AVG übereinstimmt.
Schlagworte
fehlende Bescheidgenehmigung Nichtbescheid Unterschrift ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2232071.2.00Im RIS seit
16.02.2021Zuletzt aktualisiert am
16.02.2021