TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/21 G301 2233595-1

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Veröffentlicht am 21.10.2020
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Entscheidungsdatum

21.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


G301 2233595-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Vereinigte Staaten von Amerika, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ladislav MARGULA in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 05.06.2020, Zl. XXXX , betreffend Rückkehrentscheidung, zu Recht:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Wien, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 25.06.2020, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Vereinigten Staaten von Amerika zulässig ist (Spruchpunkt III.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Mit dem am 21.07.2020 beim BFA, RD Wien, eingebrachten und mit 20.07.2020 datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid in vollem Umfang.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 31.07.2020 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und ist Inhaber eines am 01.02.2017 ausgestellten und bis 31.01.2027 gültigen biometrischen US-amerikanischen Reisepasses.

Der genaue Zeitpunkt der letztmaligen Einreise des BF in Österreich konnte nicht festgestellt werden. Der BF hält sich jedenfalls seit XXXX .12.2016 in Österreich auf und weist hier durchgehend ab diesem Zeitpunkt eine amtliche Hauptwohnsitzmeldung auf.

Der BF stellte am 09.03.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte selbständige Schlüsselkraft“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Mit Bescheid des Landeshauptmannes von XXXX (als Aufenthaltsbehörde) vom 22.06.2017 wurde dieser Antrag abgewiesen. Eine dagegen vom BF erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht (VwG) XXXX mit Erkenntnis vom 06.10.2017 abgewiesen, wodurch der Bescheid in Rechtskraft erwuchs. Der BF hat gegen die abweisende Entscheidung des VwG XXXX eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Diesem Antrag wurde vom VwGH mit Beschluss nicht Folge gegeben.

Der BF beantragte am 06.02.2020 beim Amt der XXXX Landesregierung, XXXX , die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung“ nach dem NAG. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von XXXX vom 11.05.2020 abgewiesen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF wie behauptet an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leiden würde.

Der BF verfügt über keine familiären oder nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass eine umfassende oder nachhaltige Integration des BF in Österreich, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, anzunehmen gewesen wäre, liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet.

Die auf Grund der vorliegenden Akten in Zusammenschau mit dem Vorbringen der gegenständlichen Beschwerde getroffenen Feststellungen werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die Feststellung zur US-amerikanischen Staatsangehörigkeit des BF beruht auf der diesbezüglich unbestrittenen Feststellung im angefochtenen Bescheid und ist durch die Vorlage des US-amerikanischen Reisepasses belegt.

Zu dem in der Beschwerde erstatteten Vorbringen, wonach der Bescheid insofern unvollständig sei, da die Doppelstaatsbürgerschaft des BF – dieser sei auch kubanischer Staatsangehöriger – keine Berücksichtigung gefunden hätte, ist festzuhalten, dass dies im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde, aber auch in der Beschwerde nicht durch entsprechende Beweismittel zum Nachweis der kubanischen Staatsangehörigkeit belegt wurde. Es ist auch aus der Beschwerde nicht ersichtlich, weshalb dem BF die Vorlage von entsprechenden Nachweisen nicht möglich oder zumutbar sein sollte. Die bloße Behauptung der kubanischen Staatsangehörigkeit reicht jedenfalls nicht aus. Aber selbst unter der Annahme, dass neben der US-amerikanischen Staatsangehörigkeit auch eine kubanische vorliegen würde, so ist dies für das gegenständliche Verfahren betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht weiter von Relevanz.

In dem hier zugrundeliegenden verwaltungsbehördlichen Verfahren vor dem BFA wurde dem BF mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme mehrmals (zuletzt am 09.03.2020) zur Kenntnis gebracht, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung beabsichtigt sei; gleichzeitig wurde der BF zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Vonseiten des BF wurde dazu – bis auf das Vorbringen vom 07.03.2019, indem jedoch die gestellten Fragen im Wesentlichen unbeantwortet blieben – keine Stellungnahme eingebracht. Dem BF ist somit eine Verletzung seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht im Verfahren vor dem BFA nach § 13 Abs. 1 BFA-VG vorzuwerfen.

Der Umstand, dass das Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) entgegen der Behauptung des BF nicht festgestellt werden konnte, beruht darauf, dass der BF der ihm im Verfahren vor der belangten Behörde mehrmals eingeräumten Möglichkeit, im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme eine Stellungnahme innerhalb der dafür bestimmten Frist zu erstatten, nicht nachgekommen war und die eingeräumte Stellungnahmefrist ungenutzt verstreichen ließ. Der BF hat aber auch in der Beschwerde bis auf die bloße Behauptung, dass eine Posttraumatische Belastungsstörung vorliegen würde, keinerlei Beweismittel oder sonstige Nachweise vorgelegt (z.B fachärztliche Befunde oder Bestätigungen), die diese Behauptung stützen oder sogar belegen würden. Gründe, warum die Vorlage von Unterlagen oder anderen geeigneten Beweismitteln allenfalls nicht möglich gewesen sein sollte, wurden nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zu den in Österreich durchwegs erfolglos gestellten Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG beruhen auf den in der Beschwerde nicht bestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid und auf den Eintragungen im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).

Die Feststellung zum Fehlen familiärer und nennenswerter privater Bindungen und zum Nichtvorliegen von Anhaltspunkten für die Annahme einer Integration in Österreich beruht auf den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid sowie auf dem Umstand, dass in der Beschwerde keinerlei Umstände vorgebracht wurden, die allenfalls eine andere Beurteilung zugelassen hätten.

In der Beschwerde wurde den im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat nicht substanziiert entgegengetreten. Es wurde vorgebracht, dass dem BF im Falle der Abschiebung in die Vereinigten Staaten von Amerika die Aberkennung der Staatsbürgerschaft und die weitere Abschiebung nach Kuba drohe, wo er wegen des Verdachts auf Landesverrat der sicheren Verfolgung und einem langjährigen Freiheitsentzug ausgesetzt sei. Dieses Vorbringen ist gänzlich unsubstanziiert und völlig hypothetisch gehalten sowie in keiner Hinsicht durch Nachweise belegt, weshalb diesem Vorbringen auch keine Glaubhaftigkeit zukam. Konkrete Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung des BF bzw. einer individuellen Gefährdung des BF bei einer Rückkehr in die Vereinigten Staaten von Amerika waren somit nicht ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat und Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung, gestützt, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat Vereinigte Staaten von Amerika festgestellt.

Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde unter anderem rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen. Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung, VO (EU) 2018/1806, vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Schengener Grenzkodex werden die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen bei der Einreise und bei der Ausreise systematisch abgestempelt. Ist das Reisedokument eines Drittstaatsangehörigen nicht mit dem Einreisestempel versehen, so können gemäß Art. 12 Abs. 1 Schengener Grenzkodex die zuständigen nationalen Behörden annehmen, dass der Inhaber des Reisedokuments die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer nicht oder nicht mehr erfüllt. Gemäß Art. 12 Abs. 2 Schengener Grenzkodex kann diese Annahme vom Drittstaatsangehörigen durch jedweden glaubhaften Nachweis widerlegt werden, insbesondere durch Belege wie Beförderungsnachweise oder Nachweise über seine Anwesenheit außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts eingehalten hat.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der BF ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika und als solcher Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist als Inhaber eines biometrischen Reisepasses nach Maßgabe des Anhanges II zu Art. 4 Abs. 1 Visumpflicht-Verordnung für einen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Schengener Vertragsstaaten, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Visumpflicht befreit.

Die Einreise kann aus beruflichen Gründen, zu Studien- oder sonstigen Ausbildungszwecken, für touristische oder private Reisen, aufgrund von Reisen zu politischen, wissenschaftlichen, kulturellen, sportlichen oder religiösen Veranstaltungen oder aus anderen Gründen erfolgen.

Der genaue Zeitpunkt der (letztmaligen) Einreise des BF in Österreich bzw. in das Gebiet der Schengener Vertragsstaaten konnte nicht festgestellt werden. Es war jedoch davon auszugehen, dass sich der BF jedenfalls seit XXXX .12.2016 durchgehend und daher auch nach Überschreitung der Dauer des zulässigen visumfreien Aufenthalts weiterhin und somit unrechtmäßig in Österreich aufhält. Der BF ist trotz der abweisenden Entscheidungen im NAG-Verfahren und auch ohne die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den VwGH im Rahmen des Revisionsverfahren in Österreich verblieben.

Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass sich der BF zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung mangels Erfüllung der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat. Sie hat im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung daher zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.

In der Beschwerde wurde die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, dass der BF in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kuba, aufgrund seiner geäußerten Kritik an den jeweiligen politischen Systemen „persona non grata“ sei und befürchte, dass ihm die US-amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt und er in die Republik Kuba zurückgeführt werde, wo ihn Gefängnis und Folter erwarten würden. Der im gegenständlichen Verfahren entscheidungswesentliche Umstand, dass sich der BF unrechtmäßig in Österreich aufhält, wurde nicht bestritten.

Trotz Fehlens einer Berechtigung zum weiteren Aufenthalt ist der BF jedoch nicht ausgereist, sondern weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben. Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens aber ein hoher Stellenwert zu. Das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet nach rechtskräftiger Abweisung eines Asylantrages bzw. ein länger dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt stellt jedoch eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar, was wiederum eine Aufenthaltsbeendigung als dringend geboten erscheinen lässt (vgl. VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist weiters eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Der BF verfügt in Österreich über keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte. Was die privaten Lebensumstände des BF anbelangt, ist festzuhalten, dass keine Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht hervorgekommen sind.

Letztlich konnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass der BF, etwa auf Grund eines längeren Aufenthalts außerhalb seines Herkunftsstaates, überhaupt nicht mehr in der Lage sein könnte, sich in den Vereinigten Staaten von Amerika wieder zurechtzufinden. So spricht der BF Englisch und hat dort – wie im Bescheid des BFA festgestellt und in der Beschwerde auch nicht bestritten wurde – nach wie vor seinen Lebensmittelpunkt. Es kann somit auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem BF die dortigen örtlichen Gegebenheiten überhaupt nicht bekannt wären und er sich dort nicht zurechtfinden würde. Der BF ist auch als arbeitsfähig anzusehen. Er wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, sich mit bereits ausgeübten Tätigkeiten oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten, wenn auch nur durch Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.

Im Lichte dieser nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen des BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat Vereinigte Staaten von Amerika unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

Auch Umstände, dass vom BFA allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Zulässigkeit einer Abschiebung in den Herkunftsstaat und die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 vorliegen, war die Beschwerde insoweit (gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides) als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise:

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid (Spruchpunkt IV.) gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise aus dem Bundesgebiet 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt diese Frist 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen solcher besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 3 FPG einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für die Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

Zu der vom BF in der Beschwerde beantragten Verlängerung der Frist zur freiwilligen Ausreise nach Rechtskraft des Bescheides auf sechs Monate aufgrund einer dringend notwendigen Behandlung der psychischen Krankheiten des BF ist festzuhalten, dass diesbezüglich keine näheren Angaben getätigt oder Nachweise vorgebracht wurden, die die Art oder Dauer der Behandlung, noch die zu behandelnde Krankheit darlegen, weshalb dieses unsubstanziierte Vorbringen keine Berücksichtigung finden kann.

Was die festgelegte Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen anbelangt, so entspricht diese § 55 Abs. 1 und 2 FPG. Besondere Umstände, welche einen längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage zur Ausreise erforderlich gemacht hätten, wurden vom BF im Verlauf des gesamten Verfahrens daher weder nachgewiesen und sind auch sonst nicht hervorgekommen. Überdies wird auf § 55 Abs. 2 und 3 FPG verwiesen, wonach vom Bundesamt (nicht das BVwG, Anm.) bei Überwiegen besonderer Umstände die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden kann.

Da keine besonderen Umstände für die Gewährung einer längeren Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. gemäß § 55 FPG als unbegründet abzuweisen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint bzw. abschließend feststeht. Außerdem wurde in der Beschwerde auch kein diesbezüglicher Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

3.4. Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

freiwillige Ausreise Frist illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Privat- und Familienleben psychische Erkrankung Rückkehrentscheidung visumfreie Einreise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G301.2233595.1.00

Im RIS seit

16.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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