TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/27 G310 2225497-1

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Veröffentlicht am 27.10.2020
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Entscheidungsdatum

27.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §51 Abs1
NAG §55

Spruch


G310 2225497-1/6E

IM NAMEN DER rEPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde des deutschen Staatsangehörigen XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2019, Zl. XXXX , wegen einer Ausweisung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) beantragte am 26.02.2018 die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung. Mit Schreiben des Amts der XXXX Landesregierung vom 28.05.2019 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) darüber informiert, dass der BF weder Nachweise für ausreichende Existenzmittel noch aktuelle Inskriptionsbestätigungen vorgelegt habe, weswegen die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 51 NAG nicht vorliegen würden.

Mit Schreiben vom 26.06.2019 wurde der BF vom BFA von der Einleitung eines Aufenthaltsbeendigungsverfahrens in Kenntnis gesetzt, und dieser zugleich zur dahingehenden Stellungnahme aufgefordert. Der BF gab keine Stellungnahme ab.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde der BF gemäß § 66 Abs 1 FPG iVm § 55 Abs 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.). Die Ausweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF nicht über ausreichende Existenzmittel verfüge und auch keine aktuellen Inskriptionsbestätigungen vorgelegt habe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid zu beheben. Begründet wird zusammengefasst ausgeführt, dass sich der BF als Student in Österreich aufhalte, geringfügig beschäftigt sowie krankenversichert sei und Unterhaltszahlungen von seinen Eltern erhalte.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vom BFA vorgelegt.

Feststellungen:

Der BF ist deutscher Staatsbürger und ledig. Seit 31.03.2016 ist er mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Am 26.02.2018 stellte er einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung.

Seit 27.01.2020 ist er bei der XXXX Universität angestellt und verdient monatlich EUR 1.196,80 brutto.

Der BF bezog zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthalts in Österreich Sozialleistungen und weist keine strafrechtliche Verurteilung auf.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsaktes des BVwG.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie auf den Angaben des BF in der Beschwerde.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität (Name, Geburtsdatum) und Familienstand des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Feststellungen zu den Wohnsitzmeldungen des BF basieren auf dem Zentralen Melderegister (ZMR). Aus dem Fremdenregister ergibt sich der Antrag auf Erteilung einer Anmeldebescheinigung. Seine Unbescholtenheit geht aus dem Strafregister hervor.

Die Erwerbstätigkeit des BF im Bundesgebiet wird anhand des Versicherungsdatenauszugs festgestellt. Daraus ergibt sich auch der Nichtbezug von Sozialleistungen.

Rechtliche Beurteilung:

Der BF ist aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit EWR-Bürger iSd. § 2 Abs 4 Z 8 FPG.

§ 66 FPG („Ausweisung“) lautet:

„(1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

Gemäß § 51 Abs 1 NAG sind EWR-Bürger auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind (Z 1); für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen (Z 2), oder als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen (Z 3).

§ 55 NAG („Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate“) lautet:

„(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs 3 und 54 Abs 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs 2 oder § 54 Abs 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."

Der BF ist freizügigkeitsberechtigter EWR-Bürger. Er ist seit 27.01.2020 als Angestellter (mit einem entsprechenden Krankenversicherungsschutz) beschäftigt.

Die Voraussetzungen des § 51 Abs 1 Z 1 NAG liegen somit vor, weshalb dem BF im Bundesgebiet ein drei Monate übersteigendes unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukommt. Die Ausweisung erfolgte daher nicht zu Recht. Dies bedingt auch die Gegenstandslosigkeit des dem BF gewährten Durchsetzungsaufschubs. In Stattgebung der Beschwerde ist der angefochtene Bescheid daher ersatzlos zu beheben.

Da im vorliegenden Fall bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG.

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zuzulassen, weil das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.

Schlagworte

Arbeitnehmerfreizügigkeit Aufenthaltsrecht Ausweisung Ausweisung aufgehoben ersatzlose Behebung Erwerbstätigkeit Unionsbürger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2225497.1.00

Im RIS seit

16.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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