TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/3 I408 2236393-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.11.2020
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Entscheidungsdatum

03.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
AsylG 2005 §58 Abs3
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z3
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I408 2236393-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. ÄGYPTEN, vertreten durch: VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX vom 26.09.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Am 03.09.2020 wurde der Beschwerdeführer beim Versuch, mit drei anderen ägyptischen Staatsbürgern schlepperunterstützt nach Italien zu gelangen aufgegriffen (AS 23), polizeilich einvernommen (AS 3) und in weiterer Folge mit Bescheid vom 04.09.2020 in Schubhaft genommen (AS 65).

Der Beschwerdeführer wurde am 03.09.2020 zur möglichen Schubhaftverhängung von der belangten Behörde einvernommen und mit Übermittlung des o.a. Schubhaftbescheid und der Verfahrensanordnung zur Beistellung eines Rechtsberaters wurde ihm Parteiengehör zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot gewährt und er über einen Fragekatalog innerhalb von zwei Wochen aufgefordert, zu seinen persönlichen Verhältnissen Stellung zu nehmen, ansonsten werde nach der Aktenlage entschieden.

Seitens seiner zugewiesenen Rechtsberatung wurden am 17.09.2020 für den Beschwerdeführer sowie den drei anderen ägyptischen Staatsbürgern der belangten Behörde Unterlagen übermittelt, welche belegen sollten, dass alle vier in Italien einen Aufenthaltstitel beantragt hätten, wie sie dies schon in der Vergangenheit behauptet haben. Diese Unterlagen konnten bei einer Überprüfung über das Polizeikooperationszentrum XXXX nicht verifiziert werden und erwiesen sich als Fälschungen. Keiner der vier ägyptischen Staatsbürger sind in Italien in irgendeiner Form registriert.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 26.09.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III.), ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gegen ihn ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Mit Beschwerde seiner bevollmächtigten Rechtsberatung bekämpfte der Beschwerdeführer diesen Bescheid in vollem Umfang und beantragte in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und der Bescheid erlassenden Behörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen, in eventu, die ausgesprochene Rückkehrentscheidung zu beheben, das erlassene Einreiseverbot zur Gänze beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes auf ein verhältnismäßiges Ausmaß zu reduzieren, das Einreiseverbot auf das Gebiet der Republik Österreich zu beschränken, jedenfalls die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu beheben und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ägyptischer Staatsbürger und hält sich schon einige Zeit illegal in Europa auf. Er war bisher auch nicht in der Lage seine Identität durch Vorlage eines Reisepasses nachweisen.

In Österreich wurde er am 03.09.2020 beim Versuch schlepperunterstützt nach Italien zu gelangen mit drei anderen Ägyptern und einem syrischen Staatsangehörigen, welcher als Schlepper fungierte, aufgegriffen. Zuvor war er schon in Ungarn ausgewiesen worden als er auf Arbeitssuche war.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich unrechtmäßig, ohne gültiges Reisedokument eingereist und verfügt sowohl im Bundesgebiet als auch für Italien über keine Aufenthaltsberechtigung, in beiden Ländern über keine Unterkunft oder ein Beschäftigungsverhältnis und es bestehen damit auch keine privaten oder sozialen Verfestigungen.

An Bargeld hatte Beschwerdeführer 995 ägyptische Pfund (entspricht in etwa € 51) und € 5 bei sich (AS 91).

In Ägypten leben die Eltern und acht Geschwister des Beschwerdeführers. Er hat seinen Herkunftsstaat zur Arbeitsversuche verlassen. Weder aus dem im Bescheid wiedergegebenen Länderinformationsblatt zu Ägypten noch aus den Beschwerdeausführungen sind Gründe zu entnehmen, die eine Abschiebung unzulässig erscheinen lassen.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Behördenaktes.

Die Feststellungen basieren jeweils auf den in den Klammerzitaten angegebenen Beweismitteln, wobei sich die angegebenen Aktenseiten (AS) auf die Nummerierung des Behördenaktes beziehen.

Im Wesentlichen sind das die Angaben des Beschwerdeführers vor dem Landeskriminalamt am 03.09.2020 (AS 3) und vor der belangten Behörde im Zuge der Verhängung der Schubhaft am selben Tag. Hinzu kommt die Überprüfung der von ihm in Bezug auf Italien vorgelegten Unterlagen, die sich nach Überprüfung durch das Polizeikooperationszentrum XXXX als Fälschungen herausgestellt haben (Mail vom 17.09.2020).

Der Aufenthalt in Ungarn zur Arbeitsplatzsuche und seine Ausweisung aus Ungarn wurden vom Beschwerdeführer selbst angegeben (AS 6).

Ein rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich wurde weder vom Beschwerdeführer noch in der Beschwerde behauptet.

Über eine Abfrage durch das Koordinationsbüro beim PKZ XXXX konnte auch ein italienischer Aufenthaltstitel nicht verifiziert werden. Weder die Person noch das vorgelegte Dokument konnten in den Datensystemen aufgefunden werden (Mail vom 17.09.2020). Auch aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Landeskriminalamt ergeben sich keine Anzeichen für einen legalen Aufenthalt in Italien.

Daraus ergeben sich auch die Feststellung zu seinem letztendlich illegalen Aufenthalt in Europa bzw. in Österreich. Das bei seinem Aufgriff vorhandene Bargeld ist der Aufenthaltsinformation des AHZ XXXX vom 26.09.2020 entnommen.

Die familiären Verhältnisse in Ägypten und das Motiv für seine schlepperunterstützte Ausreise sind ebenfalls seinen Angaben entnommen und wurden auch in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.

Dass die allgemeine Lage in Ägypten eine Abschiebung zulässt, kann zweifelsfrei den dazu unbestritten gebliebenen Bescheidausführungen und dem Umstand, dass Ägypten als sicherer Herkunftsstaat gilt, entnommen werden.

Auch wenn dem Beschwerdeführer zugestanden wird, dass durch die parallele Führung eines Schubhaftverfahrens und eines Verfahrens zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot eine gewisse Unübersichtlichkeit verbunden war, hatten sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Rechtsberatung Gelegenheit, sich zu äußern und es wurde auf Ihr Vorbringen eingegangen. Eine zusätzliche Befragung des Beschwerdeführers in einer mündlichen Verhandlung - wie in der Beschwerde beantragt - würde am vorliegenden Sachverhalt nichts ändern.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Als Staatsangehöriger von Ägypten ist der Beschwerdeführer Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Da sich der Beschwerdeführer ohne Reisedokument und Aufenthaltsberechtigung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hatte die belangte Behörde zunächst gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung sind aber nicht erfüllt, weil der Aufenthalt des BF nie geduldet iSd §46a FPG war und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Eine Rückkehrentscheidung, die in das Privat-oder Familienleben des Fremden eingreift, ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele (nationale Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung, wirtschaftliches Wohl des Landes, Verteidigung der Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).

Die Rückkehrentscheidung greift weder in das Familienleben des Beschwerdeführers noch gravierend in sein Privatleben ein, zumal keine gesellschaftliche und soziale Integration in Österreich besteht. Bei der gemäß § 9 BFA-VG iVm Art 8 EMRK vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer ohne gültigem Reisedokument beim Versuch schlepperunterstützt und damit illegal nach Italien zu gelangen, aufgegriffen wurde und er weder für Österreich noch für Italien eine Aufenthaltsberechtigung hatte.

Auf Grund der nicht vorhandenen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich und seiner Hauptsozialisierung in Ägypten ist es nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde bei Abwägung der gegenläufigen Interessen zu dem Ergebnis kam, dass das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib überwiegt, zumal diese Maßnahme zur Verwirklichung der in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele, namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung und des wirtschaftlichen Wohls des Landes, geboten ist. Ein schützenswertes Privatleben in Italien, wie auch im Verfahren angegeben, ist ebenfalls nicht hervorgekommen. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK somit nicht verletzt; der damit verbundene Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ist verhältnismäßig.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zulässig, zumal von ihm weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde ein entsprechendes Vorbringen erfolgt ist. In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe der belangten Behörde bzw. des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044).

Unter Berücksichtigung der aktuellen Lage in Ägypten und der Lebensumstände des Beschwerdeführers, der ein gesunder und arbeitsfähiger Mann und der der Sprache seines Herkunftsstaates mächtig ist, liegen keine Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Daher ist auch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids nicht korrekturbedürftig.

Zu Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides:

Aufgrund der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung entspricht die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise § 55 Abs 4 FPG und war damit nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 und 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist oder Fluchtgefahr besteht.

Aufgrund des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Europe, seiner unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet und des Versuches unrechtmäßig nach Italien weiterzureisen, liegen die o.a. Voraussetzungen zweifelsfrei vor.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert und für die eine Höchstdauer von fünf Jahren vorgesehen ist. Dies ist demnach zB dann anzunehmen, wenn ein Drittstaatsangehöriger sich nicht an die Bestimmungen des Fremdenrechts hält (Z 3) und auch nicht in der Lage ist, den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen vermag (Z 6).

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des betroffenen Fremden potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessenabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff; vgl. auch VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Aus den Vorgehen des Beschwerdeführers, sich in Europa zur Arbeitsplatzsuche ohne Aufenthaltsberechtigung und ohne die Beachtung der einreiserechtlichen Bestimmungen, schlepperunterstützt fortzubewegen, ist klar ersichtlich, dass keine Bereitschaft zu einem gesetzeskonformen Verhalten besteht.

Eine Dauer von zwei Jahren ist damit angemessen und rechtmäßig.

Für die beantragte Einschränkung des räumlichen Geltungsbereiches des Einreiseverbots auf Österreich gibt es keine gesetzliche Grundlage (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037).

Die Gültigkeit des Einreiseverbots für den gesamten Schengenraum ist eine (mögliche) Rechtsfolge, die sich unmittelbar aus dem Schengen-Vertrag und dem Schengener Grenzkodex ergibt. Durch das Einreiseverbot wurde nicht abschließend über die Einreisemöglichkeit in einen anderen Staat als Österreich entschieden, über die letztlich die Behörden des Mitgliedstaates, in den der mit einem von einer österreichischen Behörde erlassenen Einreiseverbot belegte Drittstaatsangehörige einzureisen beabsichtigt, entscheiden müssen.

Zu Spruchteil B):

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284 und 10.07.2019, Ra 2019/19/0186). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG im vorliegenden Einzelfall an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose illegale Einreise illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Rückkehrentscheidung rechtmäßig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2236393.1.00

Im RIS seit

16.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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