TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/5 G310 2126792-5

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Veröffentlicht am 05.11.2020
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Entscheidungsdatum

05.11.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


G310 2126792-5/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER im Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG von XXXX , geb. XXXX , StA.: Algerien, zu BFA-Zl. XXXX zu Recht:

A)       Es wird gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 09.06.2020 wurde mit Mandatsbescheid des BFA, vom selben Tag über den betroffenen Fremden (BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Nach Durchführung einer Verhandlung wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 07.10.2020, GZ. 309 2126792-4/27Z, festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft rechtmäßig ist.

Am 28.10.2020 langten beim BVwG die vom BFA gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zum Zweck der periodischen amtswegigen Überprüfung der seit 09.06.2020 andauernden Anhaltung in Schubhaft des im gegenständlichen Verfahren BF vorgelegten Verwaltungsakten unter Anschluss einer diesbezüglichen Stellungnahme der belangten Behörde (datiert mit 28.10.2020) ein. Darin wurde nach Darlegung der Gründe für die Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft beantragt, das BVwG möge feststellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Am 03.11.2020 übermittelte das BFA das Einvernahmeprotokoll von der am 02.11.2020 durchgeführten Niederschrift des BF zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für Algerien, mit dem Vermerk, dass sich der BF unkooperativ und ziemlich genervt verhalten habe.

Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität, ist algerischer Staatsangehöriger und ist ledig. Er spricht Arabisch und Französisch. Der BF besitzt kein Reisedokument. Der BF ist gesund und haftfähig. Es gibt auch keine Anzeichen, dass der BF einer COVID-19-Risikogruppe angehören würde.

Der BF reiste nach eigenen Angaben illegal zu einem unbekannten Zeitpunkt 2014 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten erst im Zuge einer polizeilichen Personenkontrolle am 31.01.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Er unterließ es seinen Aufenthaltsort bekannt zu geben und entzog sich damit dem laufenden Verfahren.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch BFA oder Behörde genannt) vom 07.03.2016 wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien ausgewiesen. Die Rechtskraft trat am 30.03.2016 ein.

Mit Bescheid des BFA, vom BF persönlich übernommen am 17.05.2016, wurde über den BF gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Bemühungen betreffend die Erlangung eines Heimreisezertifikates wurden seitens des BFA eingeleitet. Am 19.05.2016 wurde der BF in Zusammenhang mit der Prüfung der Erlangbarkeit eines Heimreisezertifikates sowie der Ausfüllung der hierfür erforderlichen Formblätter niederschriftlich vor dem BFA einvernommen. Diese Einvernahme musste infolge unkooperativen Verhaltens des BF abgebrochen werden; eine Fortsetzung der Einvernahme fand noch am gleichen Tag statt.

Am 24.05.2016 wurde der BF zum Zwecke der Identitätsfeststellung einer Delegation der algerischen Vertretungsbehörde in Wien vorgeführt.

In Bezug auf den BF wurde im Rahmen eines Schreibens vom 25.05.2016 mitgeteilt, dass es noch einer näheren Überprüfung durch die Behörden in Algerien bedürfe, welche ein bis drei Monate in Anspruch nehmen könne.

Mit dem am 25.05.2016 beim BVwG eingelangten und mit 25.05.2016 datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Vertreter Beschwerde gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG. Der BF wurde am 27.05.2016 aus der Schubhaft entlassen, da eine weitere Anhaltung des BF als unverhältnismäßig erachtet wurde.

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des BVwG vom 11.05.2018 wurde die Beschwerde vom 25.05.2016 abgewiesen.

Am 03.01.2017 stellte der BF durch seine damalige rechtsfreundliche Vertretung einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gem. § 46a FPG, welcher durch das BFA mit Bescheid vom 21.09.2017 abgewiesen wurde.

Der BF war jedoch weiterhin unsteten Aufenthaltes im Bundesgebiet und wurde neuerlich wegen illegalen Aufenthaltes von der Polizei festgenommen und vom BFA einvernommen. Mit Bescheid des BFA vom 14.09.2018, persönlich gegen Unterschrift am selben Tag an ihn ausgefolgt, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, nicht erteilt, gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 FPG erlassen, gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig sei, gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG eine Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

Gegen den BF besteht seit 14.10.2018 eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf die Dauer von fünf Jahren befristeten Einreiseverbot.

Der BF wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom XXXX .2018, r.k. XXXX .2018, wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtmitteln gem § 27 (2a) 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate bedingt, Probezeit 3 Jahre, verurteilt, da er an einem öffentlichen Ort an einen verdeckten Ermittler Suchtgift verkaufte.

Weiters wurde der BF mit Urteil eines Landesgerichts vom XXXX .2019, r.k. XXXX .2019, wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangen mit Suchtmitteln gem §§ 27 (1) Z 1 1.2. Fall, 27 (2) SMG, §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, da dieser abermals Suchtgift in mehreren Angriffen und zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes verkaufte. Er beging die Taten während seiner offenen Probezeit und aufgrund des raschen Rückfalls vertrat das Gericht die Ansicht, dass er nur durch eine unbedingte Freiheitsstrafe von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten werden könne. Im Rahmen dieses Strafverfahrens führte der BF aus, algerischer Staatsbürger zu sein.

Während laufender Strafhaft wurde der BF am 13.03.2020 zur Verhängung der Schubhaft einvernommen und gab dieser im Wesentlichen dem Behördenvertreter gegenüber an, er sei gesund, algerischer Staatsangehöriger und werde keinesfalls aus Österreich ausreisen. Er habe in Österreich keine Familienangehörigen und habe bisher unangemeldet bei unterschiedlichen, nicht namentlich genannten Freunden Unterkunft bezogen. Er werde auf keinen Fall nach Algerien zurückkehren und habe kein Problem damit, in Schubhaft zu gehen.

Der für die Einvernahme am 13.02.2020 herangezogene Dolmetscher teilte nach der EV dem BFA mit, dass es sich seiner Wahrnehmung nach bei der Person des BF mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Marokkaner handeln dürfte.

Am 26.02.2020 wurde vom BFA ein weiterer Schubhaftbescheid zu Sicherung der Abschiebung erlassen und ausgeführt, der BF habe durch sein Vorverhalten die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Zi. 1,3 u. 9 FPG erfüllt und sei daher von Fluchtgefahr auszugehen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit habe ergeben, dass die privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit des BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen habe. Ein gelinderes Mittel sei nach damaliger Sicht nicht als ausreichende Sicherung anzusehen gewesen, um von einer gesicherten Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat ausgehen zu können. Die gegenständliche Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig.

Am XXXX .2020 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen und direkt in Schubhaft überführt.

Am 02.03.2020 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Asylfolgeantrag. Mit selbem Tag wurde gem. § 76 Abs. 6 FPG behördlich die Fortsetzung der Schubhaft wegen offensichtlicher Verzögerungsabsicht beschlossen.

Die gegen den Schubhaftbescheid vom 26.02.2020 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 23.03.2020, GZ. W171 2126792-2/8E, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen. Am 17.04.2020 wurde der BF aufgrund von Haftunfähigkeit in Folge eines Hungerstreiks aus der Schubhaft entlassen.

Am 09.06.2020 wurde mit Mandatsbescheid des BFA über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Mit Bescheid des BFA vom 26.06.2020 wurde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Fremdenpolizeigesetz wurde gegen den BF ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Der gegen den Bescheid vom 26.06.2020 erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 21.10.2020, GZ. I403 2229517-2/19E teilweise Folge gegeben und das Einreiseverbot auf fünf Jahre reduziert. Weiters wurde Spruchpunkt V. dahingehend korrigiert, dass festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF nach Algerien zulässig ist. Aus Sicht des BVwG bestand kein Anlass, an der algerischen Staatsbürgerschaft zu zweifeln, hatte der Beschwerdeführer zwar während einer Befragung vor dem ersten Asylverfahren einmal angegeben, libyscher Staatsbürger zu sein, seither aber immer wieder von einer Herkunft aus Algerien gesprochen. In den letzten zwei rechtskräftig gewordenen Entscheidungen der belangten Behörde ging diese ebenfalls von einer algerischen Staatsbürgerschaft aus und haben sich die Umstände nicht geändert bzw. lagen dem BVwG diesbezüglich keine neuen Informationen vor.

Gegen den BF bestehen somit eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein fünfjähriges Einreiseverbot.

Den im zuletzt ergangenen Erkenntnissen des BVwG getroffenen Entscheidungsgründen betreffend Fortsetzung und Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft kommt zum Zeitpunkt dieser Entscheidung weiterhin unverändert Geltung zu. Auf diese wird daher vollinhaltlich verwiesen.

Konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass die Durchführung einer Rückführung nicht hinreichend wahrscheinlich oder gänzlich ausgeschlossen wäre, liegen jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt – auch unter besonderer Berücksichtigung der derzeit bestehenden (Flug-) Reisebeschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie – nicht vor.

Das Heimreisezertifikatsverfahren zu Marokko wurde bereits ad acta gelegt. Im Rahmen der Einvernahme des BF am 02.11.2020 erfolgt eine nochmalige Befüllung der für die Erlangung eines Heimreisezertifikats betreffend Algerien notwendigen Formblätter. Die weitere Anhaltung erscheint dem BFA im Lichte der Straffälligkeit des BF verhältnismäßig und ist von einer Abschiebung innerhalb der maximal möglichen Anhaltedauer auszugehen.

Es liegt weiterhin Fluchtgefahr vor und hat sich der BF bislang als nicht vertrauenswürdig und kooperationsbereit erwiesen. Der BF ist nach Stellung seines ersten Antrags auf internationalen Schutz untergetaucht und war während des gesamten Verfahrens für die Behörde nicht greifbar. Er hat dadurch bisher auch seine Abschiebung gehindert. Abgesehen von seinen Aufenthalten in Österreichs Justizanstalten weist der BF keine Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf. Vielmehr tauchte er stets bei div. Bekannten, die nicht namentlich bekannt gab, unter.

Auch zeigte der BF bislang keine Rückkehrwilligkeit. So gab er zuletzt vor dem BVwG am 07.10.2020 an, nicht zurückkehren zu können. Auch im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am 13.02.2020 führte er aus, dass er nicht freiwillig zurückkehren würde.

In Österreich bestehen keine familiären und sonstigen nennenswerten sozialen Beziehungen. Der BF ging im Inland bislang keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und weist keine besonderen Integrationsmerkmale auf. Der BF verfügt weder über ausreichende finanzielle Mittel zur Existenzsicherung noch über einen gesicherten Wohnsitz.

Zudem erweist sich der BF, wie schon im Rahmen des Schubhaftverfahrens im Jahr 2016, auch aktuell nicht kooperationsbereit. Im Frühjahr 2020 erzwang er seine Freilassung aus der Schubhaft durch einen Hungerstreik. Am 05.10.2020 musste er laut der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung im Rahmen der Schubhaft wegen seines aufgebrachten Verhaltens abgemahnt werden, da sich die Sporteinheit verzögerte. Weiters verweigerte er anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 07.10.2020 die Annahme der schriftlichen Ausfertigung des Verhandlungsprotokolls.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und der Gerichtsakten des BVwG zu den Verfahren mit der GZ. W171 2126792-2, I403 2229517-2 und G309 2126792-4.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt, wobei der Sachverhalt ausreichend und unumstritten feststeht.

Die Feststellungen zu den bisherigen, den BF betreffenden Verfahren beim BFA und beim BVwG werden anhand der angegebenen Gerichtsakten und Erkenntnisse getroffen, wie auch anhand der Abfragen der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung, der Strafregisterauskunft, des Zentralem Melderegisters, des Sozialversicherungsauszugs und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.

Es sind keine Hinweise auf signifikante Erkrankungen oder Einschränkungen der Haftfähigkeit des BF aktenkundig. Weder seinen Angaben noch den Ausführungen in der Aktenvorlage ist zu entnehmen, dass der BF einer COVID-19-Risikogruppe angehört.

Aufgrund des Akteninhalts steht fest, dass er schon einmal trotz rechtkräftiger Rückkehrentscheidung ohne Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet verblieb und straffällig wurde. Es ist daher zu Recht davon auszugehen, dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, sich durch Untertauchen seiner Abschiebung zu entziehen.

Rechtliche Beurteilung

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom BVwG zu überprüfen. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das BVwG hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

An den Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft hat sich nichts Entscheidungswesentliches geändert. Der ersten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung kam der BF nicht nach und verblieb ohne Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet. Es liegen aktuell, nach erneuter negativ entschiedener Asylantragsstellung, eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein fünfjähriges Einreiseverbot vor. Der BF beging wiederholt Suchgiftdelikte, um sich seinen Lebensunterhalt zu finanzieren.

In Zusammenschau mit dem bisherigen Verhalten des BF liegt nach wie vor Fluchtgefahr iSd § 76 Abs 3 Z 3 FPG vor. Die Annahme, wonach es sehr wahrscheinlich ist, dass im Fall der Beendigung der Schubhaft und Freilassung letztlich eine Rückführung des weiterhin rückkehrunwilligen BF durch Untertauchen vereitelt oder erschwert werden könnte, erweist sich unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF nach wie vor als begründet.

Die massive Delinquenz des BF vergrößert das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich (§ 76 Abs. 2a FPG). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgestellt, dass die Nichtbeachtung von Rechtsnormen, insbesondere, jener dem Schutze der Gesellschaft und den Interessen einzelner, dienlicher Strafrechtsnormen im Bereich der Suchtgiftdelikte (vgl. VwGH 12.09.2012, 2011/23/0311; 18.10.2012, 2011/23/0318), einem gedeihlichem gesellschaftlichem Zusammenleben massiv zuwiderläuft.

Aufgrund seines bisherigen Verhaltens ist daher davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten.

Den persönlichen Interessen des BF kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Das BFA kommt seiner Verpflichtung, die Schubhaft so kurz als möglich zu halten nach. Das Verfahren hat keine maßgebliche Änderung der Umstände seit der Verhängung der Schubhaft ergeben.

Die belangte Behörde hat im Zuge der Aktenvorlage glaubhaft dargelegt, dass eine Abschiebung des BF zeitnah durchgeführt werden könnte, sofern bis dahin auch die im Hinblick auf die zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie getroffenen, derzeit noch geltenden Reisebeschränkungen einer tatsächlichen Abschiebung auf dem Luftweg nicht mehr entgegenstehen.

Der VwGH hat sich im Beschluss vom 01.04.2020, Ra 2020/21/0116, unter anderem mit den Auswirkungen der aktuellen weltweiten Flugreisebeschränkungen auf die Verhältnismäßigkeit einer weiteren Aufrechterhaltung der Schubhaft auseinandergesetzt und festgehalten, dass die Annahme, es wäre mit einer Aufhebung dieser Maßnahmen binnen weniger Wochen zu rechnen, nicht unvertretbar sei.

Im vorliegenden Fall hat sich jedenfalls nicht ergeben, dass – zumindest in diesem Stadium – die Identifizierung und Ausstellung eines Heimreisezertifikats sowie die Durchführung einer Abschiebung in den Herkunftsstaat tatsächlich unmöglich wäre, etwa weil die derzeitigen Reisebeschränkungen nicht bloß vorübergehender Natur wären, sondern längerfristig in Geltung stehen würden. Aufgrund mittlerweile bereits in zahlreichen Staaten getroffener Erleichterungen im Reiseverkehr und angekündigter weiterer Schritte zur Abschwächung oder Beseitigung der derzeit geltenden Reisebeschränkungen erscheint die Annahme der belangten Behörde durchaus begründet, dass auch zeitnah erfolgende Abschiebungen auf dem Luftweg weiterhin als nicht völlig ausgeschlossen gelten.

Die Annahme, wonach es sehr wahrscheinlich ist, dass im Fall der Beendigung der Schubhaft und Freilassung letztlich eine Rückführung des BF durch Untertauchen vereitelt oder erschwert werden könnte, erweist sich unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF, insbesondere seines strafrechtlichen Fehlverhaltens, der mangelnden Vertrauenswürdigkeit, des bereits einmal erfolgten Untertauchens im ersten Asylverfahren, seinem Hungerstreik im Frühjahr 2020, um die Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen, sowie seiner fehlenden sozialen und beruflichen Verankerung in Österreich nach wie vor als begründet.

Ein Sicherungsbedarf zur Durchführung einer Rückführung in den Herkunftsstaat ist somit weiterhin gegeben. Ein gelinderes Mittel ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Vorliegens von Fluchtgefahr, zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.

Die Fortsetzung der Schubhaft ist auch unter Berücksichtigung der in § 80 FPG vorgesehenen Regelungen über die Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft zulässig und zur Erreichung des Sicherungszwecks verhältnismäßig.

Die Schubhaftdauer überschreitet derzeit keine sechs Monate und da davon auszugehen ist, dass die Rückführung des BF nach Algerien innerhalb der nächsten Monate durchgeführt werden kann, ist die Schubhaft trotz der aktuellen Einschränkungen des internationalen Reiseverkehrs und der Aussetzung von Einzelrückführungen derzeit noch verhältnismäßig.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden. Die Schubhaft kann daher fortgesetzt werden.

Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage eindeutig geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war und sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte. So hat sich der VwGH im Beschluss vom 01.04.2020, Ra 2020/21/0116, unter anderem mit den Auswirkungen der aktuellen weltweiten Flugreisebeschränkungen auf die Verhältnismäßigkeit einer weiteren Aufrechterhaltung der Schubhaft auseinandergesetzt und festgehalten, dass die Annahme, es wäre mit einer Aufhebung dieser Maßnahmen binnen weniger Wochen zu rechnen, nicht unvertretbar sei.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Kooperation öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2126792.5.00

Im RIS seit

16.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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