TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/7 W240 2232232-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.12.2020
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Entscheidungsdatum

07.12.2020

Norm

AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §60
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W240 2232232-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER, über die Beschwerde von XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 25.02.2020, Zl. Nairobi-ÖB/KONS/0140/2020, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 15.01.2019 bei der Österreichischen Botschaft Nairobi (kurz: „ÖB Nairobi“) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005. Begründend führte er aus, dass er minderjährig sei und seinem Vater XXXX , StA. Somalia, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.04.2015, Zl. W205 1438026-1/18E, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

Dem Antrag beigelegt waren folgende Dokumente:

Den Beschwerdeführer betreffend:

-        Reisepasskopie

-        Dokument mit der Bezeichnung „Birth Certificate“

Die Bezugsperson betreffend:

-        Dokument mit der Bezeichnung „Certificate of Identity confirmation“

-        Reisepasskopie

-        Erkenntnis des BVwG betreffend die Bezugsperson vom 10.04.2015

-        Niederschrift der mündlichen Verhandlung betreffend die Bezugsperson vom 10.04.2015

-        Österreichische Meldebestätigung

-        Abrechnungsbeleg August - Oktober 2018

-        Schreiben einer österreichischen Gebietskrankenkasse vom 05.09.2018

-        Bevollmächtigung der Stieftante des Beschwerdeführers

-        Reisepasskopie der Stieftante

Mit Verbesserungsauftrag vom 16.01.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert einen Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts in Österreich / Finanzielle Mittel (letzten drei Monate), einen Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft /Meldezettel und einen Mietvertrag sowie einen Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz für über drei Monate ab Einreise zu erbringen.

2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 12.02.2020 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) aus, dass betreffend den Beschwerdeführer die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da der Beschwerdeführer die Erfüllung einer adäquaten Unterkunft, Krankenversicherung und eigene und feste Einkünfte nicht nachweisen habe können und die Einreise zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine.

In der beiliegenden Stellungnahme des BFA wurde näher ausgeführt, die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Familieneigenschaft müsse eindeutig und unzweifelhaft feststehen, damit eine Zuerkennung eines Status im Familienverfahren als wahrscheinlich angesehen werden könne. Schon die allgemeine Voraussetzung für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würde allerdings nicht vorliegen, da die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1 - 3 AsylG nicht vorliegen würden. Der Beschwerdeführer habe zwar eine Unterkunft von ca. 49,2 m2 angemietet, jedoch handle es sich nicht um eine ortsübliche Unterkunft für insgesamt sechs Personen (Vater, Lebensgefährtin, gemeinsames dreijähriges Kind, drei minderjährige Töchter der Mutter). Für die drei minderjährigen Töchter sei eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose erstellt worden und die Kinder könnten legal im Rahmen der Familienzusammenführung in Österreich einreisen und in der angegebenen Wohnung leben. Die Wohnung bestehe aus einem Wohnraum, Küche, WC-Bad, Zimmer, Flur von ca. 49,2 m2 und einem Garten mit 4 m2. Diese Wohnung solle insgesamt sieben Personen (inkl. Beschwerdeführer) als Wohnsitz dienen. Damit entspreche die gegenständliche Wohnung jedoch zweifelsohne nicht den Anforderungen des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG. Die Behörde dürfe weiters nur einen Aufenthaltstitel erteilen, wenn der Fremde während des Aufenthaltes über regelmäßige Einkünfte verfüge, sodass keine finanzielle Belastung von Gebietskörperschaften entstehe. Die Lebensgefährtin der Bezugsperson beabsichtige zum gemeinsamen Kind ihre drei minderjährigen Kinder nach Österreich zu holen. Demnach wäre zur Sicherung des Lebensunterhaltes von der Bezugsperson und der Lebensgefährtin ein Betrag von insgesamt 1.551,15,- EURO zusätzlich für jedes Kind ca. 141,50 EURO (insgesamt somit ca. 624,90 EURO) zu veranschlagen. Zusätzlich würden für die Wohnung Mietkosten in der Höhe von 850,- EURO anfallen. Somit wäre ein monatliches Nettohaushaltseinkommen von insgesamt 2.176,05 EURO zur Sicherung der Finanzierung des Aufenthaltes nachzuweisen. Die Bezugsperson sei als Arbeiter unselbstständig erwerbstätig und lukriere aus dieser Erwerbstätigkeit laut vorliegenden Gehaltszettel ein Bruttogehalt in der Höhe von 2.093,80°EURO, dies entspreche einem monatlichen Einkommen in der Höhe von
1.551,15 EURO unter Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsgehaltes einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von aufgerundet
1.810,- EURO, womit sich das Einkommen der Bezugsperson deutlich nicht ausreichend erweise, den Lebensunterhalt seiner Lebensgefährtin und der Kinder in Österreich zu finanzieren.

Zu einem bestehenden Familienleben werde weiters ausgeführt, dass die Bezugsperson bereits im August 2012 nach Österreich gereist sei und seit dieser Zeit kein aufrechtes Familienleben zu seinem Sohn mehr bestehe.

3. Mit Schreiben vom 13.02.2020 wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihm wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, dies unter Hinweis auf die Stellungnahme und Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2020.

4. In der Stellungnahme vom 21.02.2020 brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Bezugsperson mit dem Beschwerdeführer und dessen Tante sowie Großmutter nach dem Tod der Kindesmutter 2002 im gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Im Jahr 2006 sei die Bezugsperson gemeinsam mit dem Beschwerdeführer, dessen Bruder und dessen Tante nach Addis Abeba übersiedelt. Während die Bezugsperson gearbeitet habe, habe der Beschwerdeführer und sein Bruder die Koranschule besucht. Aus dieser Zeit würden die der Stellungnahme angeschlossenen Familienfotos stammen. Im Jahr 2011 sei die Bezugsperson mit dem Beschwerdeführer aus Addis Abeba nach Somalia zur dortigen Großfamilie zurückgekehrt. Die Bezugsperson sei jedoch im Jahr 2012 gezwungen gewesen, Somalia zu verlassen und sei schließlich nach Österreich geflohen. Zu der Ausführung des BFA bezüglich dem vorgelegten Mietvertrag sei auszuführen, dass es sich bei dem im Verfahren vorgelegten Nachweis eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Wohnung um einen gültig abgeschlossenen Mietvertrag handle und somit jedenfalls ein Rechtsanspruch auf die nachgewiesene Unterkunft bestehe. Die Unterkunft sei weiters angesichts der im Entscheidungszeitpunkt bestehenden familiären Verhältnisse als ortsüblich anzusehen. Der Begriff der „ortsüblichen Unterkunft“ iSd § 11 Abs. 2 NAG sei ein rechtlich unbestimmter Begriff und ziele nach der Judikatur und den parlamentarischen Materialien insbesondere auf die Größe und die sanitäre Ausstattung ab. Im konkreten Fall gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass die Wohnung per se aufgrund der Ausstattung nicht ortsüblich wäre, da die Wohneinheit Zugang zu Ver- und Entsorgung, Sanitätseinrichtungen und elektrischen Strom beinhalte. Aus den Ausführungen des BFA gehe nicht hervor, inwieweit in diese Beurteilung über das Fehlen einer ortsüblichen Unterkunft eine Prüfung eingeflossen wäre, ob ein damit verbundener, intensiver Eingriff in Art. 8 EMRK überhaupt zulässig wäre. Wie aus dem Sachverhalt erkennbar, sei das Familienleben unentwegt bestanden, vor als auch nach der Flucht der Bezugsperson. Das Haushaltseinkommen der Bezugsperson betrage inkl. dem Einkommen der Lebensgefährtin derzeit 2.240, -- EURO und erhöhe sich nochmals um die Familienbeihilfe für den gemeinsamen Sohn und müsse um die Familienbeihilfe der vom BFA wiederholt angeführten Kinder der Lebensgefährtin ergänzt werden.

Der Stellungnahme beigelegt waren folgende Dokumente:

-        Familienfotos

-        Lohnzettel November 2019 – Januar 2020 der Lebensgefährtin

-        Dienstvertrag (07.01.2020) und Kontoauszug (16.02.2020) der Lebensgefährtin

-        Bewilligung Mietzinsbeihilfe vom 10.09.2019

5. Mit Schreiben vom 25.02.2020 teilte das BFA mit, dass es an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festhalte, neue Beweise seien nicht vorgelegt worden.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.02.2020, verweigerte die ÖB Nairobi die Erteilung des Einreisetitels gem. § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 abs. 2 Z 1-3 AsylG nicht nachgewiesen hätten werden können. Adäquate Unterkunft, Krankenversicherung, eigene und feste Einkünfte seien vom Beschwerdeführer nicht nachgewiesen worden. Es bestehe zudem kein aufrechtes Familienleben mehr mit der Bezugsperson.

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher im Wesentlichen das Vorbringen in der Stellungnahme wiederholt und zudem behauptet wurde, dass es der Bezugsperson mit 17.03.2020 gelungen sei, einen Mietvertrag über eine weitere Wohnung in seinem Wohnhaus zu unterzeichnen. Dieses Mietverhältnis habe am 01.04.2020 begonnen. Die neu angemieteten Räumlichkeiten würden über eine Gesamtfläche von 30,8 m2 verfügen bei einer laut Parifizierung anrechenbaren Wohnfläche von 24,13 m2. Diese Wohnung beabsichtige die Bezugsperson mit dem Beschwerdeführer zu beziehen. Die Möglichkeit einer Neuanmietung habe sich für die Bezugsperson erst nach dem Ergehen des noch nicht in Rechtskraft erwachsenen, verfahrensabschließenden Bescheides ergeben. Die Lebensgefährtin verfüge über ein eigenes, in der Stellungnahme des BFA jedoch unberücksichtigt gebliebenes Einkommen.

Der Beschwerde beigefügt waren neben den bisher bereits vorgelegten Dokumenten:

-        Mietvertrag vom 25.07.2019 und vom 17.03.2020

-        Identifikationsnachweis und Geburtsurkunde des Beschwerdeführers

-        Abrechnungsbeleg der Bezugsperson, November 2019 – Jänner 2020,

-        Überweisungsbeleg vom 29.04.2020

8. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 17.06.2020, eingelangt am 23.06.2020, wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellt am 15.01.2019 bei der Österreichischen Botschaft Nairobi einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß §°35 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der angebliche Vater XXXX , StA. Somalia, angeführt, dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.04.2015, Zl. W205 1438026-1/18E, der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Die Bezugsperson hat ein monatliches Nettoeinkommen von 1.520,66 EURO (14 mal jährlich) und wohnt mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn im gemeinsamen Haushalt. Die Lebensgefährtin der Bezugsperson beabsichtigte zum Zeitpunkt der Antragstellung des Beschwerdeführers ihre drei minderjährigen Kinder nach Österreich zu holen. Zwischenzeitlich befinden sich diese in Österreich.

Es wurde keine Bestätigung über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungs-schutz, welcher in Österreich leistungspflichtig ist, im Sinne des § 60 Abs. 2 Z 2 AsylG vorgelegt.

Der mit der Beschwerde vom 30.04.2020 vorgelegte Mietvertrag vom 17.03.2020 unterliegt dem Neuerungsverbot des § 11a Abs. 2 FPG und ist daher unbeachtlich.

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG sind in einer Gesamtbetrachtung nicht erfüllt, der Beschwerdeführer konnten weder einen aktuellen Nachweis über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz noch über ausreichende Unterkunft vorlegen.

Festgestellt wird, dass zwischen dem Beschwerdeführer und der Bezugsperson schon vor Ausreise der Bezugsperson kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK bestand.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen, insbesondere das Datum des Bescheides der Asylzuerkennung hinsichtlich der Bezugsperson und der Zeitpunkt der Antragstellung des Beschwerdeführers ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der ÖB Nairobi.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde – insbesondere in den angefochtenen Bescheid und die dagegen erhobene Beschwerde, die Stellungnahmen des BFA und der Beschwerdeführer.

Die Feststellungen zur Wohnsituation sowie zur Einkommenssituation der Bezugsperson ergeben sich aus den vorgelegten Urkunden und den Stellungnahmen.

Die Bezugsperson lebte von 06.04.2017 bis 12.05.2020 mit der Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einer Wohnung. Mit der Beschwerde wurde ein neuer Mietvertrag vorgelegt und angegeben, dass die Bezugsperson eine eigene Wohnung bezogen habe und diese gemeinsam mit dem Beschwerdeführer nutzen wolle. Dieses neue Mietverhältnis wurde erst am 17.03.2020 und somit nach Bescheiderlassung (25.02.2020) eingegangen und unterliegt daher dem Neuerungsverbot des § 11a Abs. 2 FPG.

Dass die minderjährigen Kinder der Lebensgefährtin zwischenzeitlich (seit 24.08.2020) nach Österreich geholt wurden, ergibt sich aus dem österreichischen Melderegister und aus dem Auszug zum Informationsverbundsystem zentrales Fremdenregister.

Die Feststellung zum Nichtbestehen eines alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes, welcher in Österreich leistungspflichtig ist, ergibt sich aus den Angaben der Bezugsperson sowie dem Akteninhalt. Ein bereits bei Antragstellung bestehender Versicherungsnachweis wurde nicht vorgelegt.

Die Feststellung, dass zwischen dem Beschwerdeführer und der Bezugsperson schon vor Ausreise der Bezugsperson kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK bestand, ergibt sich insbesondere aus den Angaben der Bezugsperson in seinem Asylverfahren. Das Geburtsdatum des Beschwerdeführers ist der XXXX und führte die Bezugsperson in der mündlichen Verhandlung am 10.04.2015 aus, dass sie im Jahr 2006 - also als der nunmehr 18jährige Beschwerdeführer höchstens 4 Jahre alt war - nach Äthiopien ausgereist und erst im Jahr 2011 zurück zu seiner Familie gereist ist. Seine Mutter wohnte mit seinen Kindern zusammen (vgl. Prot. d. mündl. Verh. S. 3). Die Bezugsperson gab weiters an, dass sie sich nach der Rückkehr lediglich zwei Monate in der Stadt aufgehalten und bereits im Feber 2012 das Land verlassen hat (vgl. Prot. d. mündl. Verh. S. 4).

Auch dem Erkenntnis zur Asylgewährung der Bezugsperson ist zu entnehmen, dass die Bezugsperson im Jahr 2006 alleine nach Addis Abeba in Äthiopien fuhr und erst im Jahr 2011 wieder zu seiner Familie und somit auch zum Beschwerdeführer, reiste. Die Bezugsperson lebte laut diesen Ausführungen lediglich zwei Monate dort, bevor sie im Februar 2012 endgültig ausreiste.

Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 2002 geboren, bereits im Jahr 2006 verließ die Bezugsperson seinen höchstens vierjährigen Sohn und kam erst im Jahr 2011 für zwei Monate zurück, bevor sie endgültig ausreiste. Seit 2006 lebte der Beschwerdeführer und die Bezugsperson somit lediglich für zwei Monate im gemeinsamen Haushalt. Den Angaben der Bezugsperson ist auch zu entnehmen, dass er lediglich nach Äthiopien reiste um mit seiner damaligen Frau, die in Schweden wohnte und ihn dort öfters besuchte, zusammen zu sein. Da die Bezugsperson keine positive Antwort der schwedischen Behörden erhielt, ist sie im Jahr 2011 wieder nach Somalia zurückgereist. Festzuhalten ist, dass die Bezugsperson ihre Kinder, darunter den Beschwerdeführer, bewusst zurückließ und auch etwa im gesamten Asylverfahren der Bezugsperson keine Angaben darüber tätigte, seine Kinder zu besuchen oder unter der Trennung zu leiden. So führte die Bezugsperson beispielsweise aus: „Da ich länger in Äthiopien gelebt, dort aber nichts erreicht hatte, bin ich im Jahr 2011 wieder nach Somalia zurückgekehrt…“ (vgl. Erkenntnis des BVwG vom 10.04.2015 Seite 3). Auch aus dieser Aussage ist eine fehlende familiäre Bindung erkennbar und wird in einer Gesamtbetrachtung keine familiäre Bindung zwischen der Bezugsperson und dem Beschwerdeführer festgestellt.

Im vorliegenden Fall ist der Beurteilung des BFA auch dahingehend zu folgen, als von einer qualifizierten Minderung des Familienlebens ausgegangen werden muss und daher die Voraussetzung, dass zur Aufrechterhaltung des Familienlebens eine Familienzusammenführung dringend geboten wäre, gegenständlich nicht vorliegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:

§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:

„(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018:

„(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“

§ 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

„Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§ 60. (1) …

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

(3) …“

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016:

„(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.“

§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018, § 11a FPG idF BGBl. I Nr. 68/2013 und § 26 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:

„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.“

„Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.“

„Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach §°35°AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG,
BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis zutreffend ist:

Der Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.04.2015, der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Der Einreiseantrag des Beschwerdeführers wurde am 15.01.2019, somit jedenfalls außerhalb der in § 35 Abs. 1 AsylG vorgesehenen dreimonatigen Frist und auch außerhalb der in § 75 Abs. 24 AsylG vorgesehenen dreimonatigen Übergangsfrist nach Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, innerhalb derer die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht erfüllt werden müssten, gestellt.

Im gegenständlichen Fall sind die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht erfüllt worden. Der Beschwerdeführer konnte (mit Hilfe der Bezugsperson) den Nachweis eines alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes sowie den Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft nicht erbringen. Sohin liegen die Voraussetzungen nach § 60 AsylG 2005 nicht vor.

Daran vermag auch die Ermessensregel nichts ändern, dass von den Voraussetzungen
gem. §°35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 abgesehen werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dringend geboten ist.

Im Zuge dieser Beurteilung ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. sinngemäß VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Es ist zu beachten, dass der EuGH in seinem Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache
C-558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, „dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrages weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.“. Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Wenn im vorliegenden Fall diese Gesamtbetrachtung für den Beschwerdeführer im Rahmen der Ermessensentscheidung negativ ausfällt, so fällt insbesondere auch ins Gewicht, dass die Regelung des Art. 8 EMRK keineswegs vorschreibt, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigen oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgeschriebenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß
§ 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen). Wenn sich – wie hier wegen Fehlens der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 – eine Familienzusammenführung durch Inanspruchnahme des § 35 AsylG 2005 als nicht möglich erweist und von einem Antragsteller ein anderer Weg und zwar insbesondere nach § 46 NAG zu beschreiten ist, um eine Familienzusammenführung zu erreichen (zur Betonung dieses anderen Weges vgl. VwGH 03.05.2018, Ra 2017/19/0609), so steht dieser andere Weg auch nicht im Widerspruch zu Art. 8 EMRK. Der VwGH hat nämlich auch im Erkenntnis
Ra 2017/19/0609 zum Ausdruck gebracht, dass – im Einzelfall – zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Ergebnisses (etwa im Blick auf Art. 8 EMRK; Hinweis auf VwGH 17.11.2011, 2010/21/0494; sowie dem folgend etwa VwGH 13.11.2012, 2011/22/0074; 26.06.2013, 2011/22/0278; 27.01.2015, Ra 2014/22/023; 11.02.2016, Ra 2015/22/0145) oder auch zur Erzielung einer unionsrechtskonformen Interpretation der nationalen Rechtslage (Hinweis VwGH 20.07.2016, Ra 2016/22/0025, Rn. 23) eine Abkoppelung des im NAG verwendeten Begriffes des „Familienangehörigen“ von seiner in § 2 Abs. 1 Z 9 NAG enthaltenen Legaldefinition geboten sein kann.

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, kann im vorliegenden Fall der Beurteilung des BFA insoweit gefolgt werden, als in casu von einer qualifizierten Minderung des Familienlebens ausgegangen werden muss und daher die Voraussetzung, dass zur Aufrechterhaltung des Familienlebens eine Familienzusammenführung dringend geboten wäre, nicht vorliegt.

Zusammenfassend ist daher nicht zu sehen, dass es nach § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens – zu betonen – „dringend“ geboten wäre, eine Familienzusammenführung durch Inanspruchnahme des § 35 AsylG 2005 zu ermöglichen, ein an sich auch unter Beachtung des Art. 8 EMRK zulässiger Weg (insbesondere nach § 46 NAG) wegen des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände (arg.: dringend) hier nicht möglich wäre.

Sofern in der Beschwerde weiters vorgebracht wird, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sei auf die eingebrachte Stellungnahme vom 21.02.2020 inhaltlich nicht eingegangen und sei der Bescheid daher mit Begründungsmängeln belastet, ist darauf hinzuweisen, dass es dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht anzulasten ist, wenn es trotz eingebrachter Stellungnahme an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festhielt und keine so entscheidungserheblichen Gründe gesehen hat, davon abzugehen.

Eine mündliche Verhandlung hatte gemäß § 11a Abs. 2 FPG zu unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Einreisetitel finanzielle Mittel Krankenversicherung Nachweismangel Unterkunft Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W240.2232232.1.00

Im RIS seit

16.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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