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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BDG 1979 §75 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des P in H/Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 1. August 1994, Zl. 118542/III-32/94, betreffend Karenzurlaub nach § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Offizial in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Postamt XY Wien, wo er (bis zu seiner Karenzierung im Jahr 1984) als Postzusteller tätig war.
Für seine Tätigkeit als Berufsfußballer bei verschiedenen in- und ausländischen Vereinen wurden dem Beschwerdeführer vom 19. Juli 1984 bis 10. Juli 1986 und vom 18. Juli 1986 (jeweils für zwei Jahre) bis einschließlich 30. Juni 1994 Karenzurlaube gemäß § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) von seiner zuständigen obersten Dienstbehörde (mit Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen) gewährt.
Mit seinem an die Post- und Telegraphendirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland (damalige Dienstbehörde erster Instanz) gerichteten Schreiben vom 30. Juni 1994 ersuchte der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verlängerung seines Vertrages bei einem ausländischen Fußballklub seinen Karenzurlaub um ein Jahr bis 30. Juni 1995 zu verlängern.
Die Dienstbehörde erster Instanz legte das Schreiben der belangten Behörde mit dem Bemerken vor, die Ersatzfrage sei nach wie vor als gelöst anzusehen. Es stünden daher dem Ersuchen keine zwingenden dienstlichen Gründe entgegen. Im Einvernehmen mit dem Personalausschuß Post werde daher beantragt, der Bitte zu entsprechen und den Karenzurlaub gemäß § 75 Abs. 1 BDG 1979 zu verlängern.
Im gemäß § 75 Abs. 4 BDG 1979 erforderlichen Zustimmungsverfahren erteilten der Bundeskanzler und der Bundesminister für Finanzen diesem Verlängerungsantrag (mit näherer Begründung, die wörtlich im angefochtenen Bescheid übernommen wurde - siehe unten) nicht ihre Zustimmung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. August 1994 gab die belangte Behörde dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Gewährung eines Karenzurlaubes für die Zeit vom 1. Juli 1994 bis einschließlich 30. Juni 1995 gemäß § 75 Abs. 1 BDG 1979 nicht statt. In der Begründung wies sie darauf hin, daß dem Beschwerdeführer für seine Fußballertätigkeit insgesamt etwa zehn Jahre Karenzurlaub gewährt worden sei. Nach Wiedergabe des § 75 Abs. 4 BDG 1979 führte die belangte Behörde aus, nach Ansicht des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen sei bei der Gewährung eines Karenzurlaubes nach § 75 Abs. 1 BDG 1979 seitens der mit der Vollziehung betrauten obersten Organe zu prüfen, ob zwingende dienstliche Gründe der Gewährung entgegenstünden. Hiebei müßten sowohl jene Gründe, die dafür als auch jene, die dagegen sprächen, Berücksichtigung finden. Der Bund sei als Dienstgeber der Öffentlichkeit gegenüber verpflichtet, seine Personalgestion so zu führen, daß sie keinen Anlaß für negative Kritik gebe. Die Öffentlichkeit werde es jedoch nicht verstehen, wenn der Bund als Dienstgeber Personen zur Vollziehung der ihm übertragenen Aufgaben aufnehme, und diesen sodann unter Wahrung des Rechts auf Rückkehr in den Dienst einen immer wieder verlängerten Urlaub, wenn auch unter Entfall der Bezüge, gewähre. Dazu komme noch, daß aufgrund der Beurlaubung nur ein zeitlich befristetes Dienstverhältnis mit einem Vertragsbediensteten eingegangen werden dürfe, um die Agenden des Beurlaubten weiterhin ordnungsgemäß durchführen zu können. Es überwögen daher sehr wohl jene Gründe, die gegen eine positive Erledigung des Antrages sprächen, zumal dem Beschwerdeführer in ausreichendem Ausmaß Karenzurlaub zur Wahrnehmung des hiefür geltend gemachten Zwecks entsprechend der sozialen Verpflichtung des Dienstgebers Bund gewährt worden sei. Auf Grund dieser Ausführungen seien der Bundeskanzler und der Bundesminister für Finanzen nicht in der Lage, dem Antrag auf Gewährung eines Karenzurlaubes näher zu treten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 75 Abs. 1 BDG 1979 kann dem Beamten auf sein Ansuchen ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.
Gemäß § 75 Abs. 4 BDG 1979 (in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 24/1991) bedarf die Gewährung eines Karenzurlaubes, der länger als fünf Jahre dauern soll oder der gemeinsam mit früheren in einem Bundesdienstverhältnis zurückgelegten Karenzurlauben eine Gesamtdauer von fünf Jahren übersteigt, der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen. Auf die Gesamtdauer sind bestimmte Karenzurlaube (die im Beschwerdefall jedoch nicht in Betracht kommen) nicht anzurechnen.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf, daß der beantragte Karenzurlaub nicht ohne die gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere des § 75 BDG 1979, abgelehnt werden dürfe, durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§ 75 BDG 1979 in Verbindung mit §§ 37, 39, 45 und 60 AVG) verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, die Auffassung der belangten Behörde, der Gewährung des beantragten Karenzurlaubes stünden zwingende dienstliche Gründe entgegen, sei verfehlt, wenn man davon ausgehe, daß sie bei der positiven Erledigung seiner früheren Ansuchen ihr Ermessen sachlich ausgeübt habe und die Sachlage unverändert geblieben sei. Die durch seine Karenzierung bedingten Kosten (Entgelt für Vertragsbedienstete oder Überstunden) seien wesentlich geringer als sein Monatsbezug. Eine angespannte Personal- oder Budgetsituation bestehe nicht und sei von der belangten Behörde auch gar nicht als Argument für die Untersagung herangezogen worden. Den bisher gewährten Karenzurlauben seien ebenfalls keine zwingenden dienstlichen Gründe entgegengestanden. Unbeschadet der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Beurteilung des Vorliegens zwingender dienstlicher Gründe hätten andere Stellen (wie z.B. der Leiter der Dienststelle, andere Vorgesetzte oder die Gewerkschaft) auf Grund ihrer Nahebeziehung konkrete Kenntnisse, ob, in welcher Form, mit welcher Mehrbelastung und Kosten die Agenden eines karenzierten Beamten wahrgenommen werden könnten. Da die belangte Behörde zwingende dienstliche Gründe annehme, obwohl solche konkret nicht vorhanden seien, belaste sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt aus §§ 75 Abs. 1 BDG 1979, daß das Gesetz die Gewährung eines Karenzurlaubes für den Fall ausdrücklich untersagt, daß ihr zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen, sie in allen anderen Fällen jedoch dem freien Ermessen der für die Entscheidung zuständigen Dienstbehörde anheimstellt.. Ob der Karenzurlaubsgewährung zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen, ist von der Behörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 19. Februar 1992, 90/12/0156, vom 26. Mai 1993, 92/12/0170, oder vom 18. September 1996, 96/12/0226).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß die belangte Behörde trotz mißverständlicher Textierung der von ihr übernommenen Stellungnahme des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen, die sie damit zu ihrer Auffassung erhoben hat, ihre Entscheidung in Wahrheit im Ermessensbereich getroffen hat, geht sie doch ausdrücklich von einer Interessensabwägung aller Gründe die für oder gegen die Gewährung des Karenzurlaubes sprächen, aus. Eine derartige Interessensabwägung hat jedoch nur im Ermessensbereich, nicht aber im Bereich der rechtlichen Gebundenheit stattzufinden.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann bei Anträgen auf Verlängerung eines Karenzurlaubes auch dann, wenn der für die Karenzierung maßgebende Grund (hier: Ausübung der Tätigkeit als Berufsfußballer), der in der Vergangenheit zur Bewilligung eines solchen Urlaubes geführt hat, fortdauert, die Interessensabwägung zu Lasten des Beschwerdeführers ausgehen. Zu berücksichtigen ist dabei nämlich die Dauer des bereits erteilten Karenzurlaubes in Beziehung zu dem für die Karenzierung vom Beamten geltend gemachten Grund. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Möglichkeit der Gewährung des Karenzurlaubes nach § 75 BDG 1979 für eine Tätigkeit, die mit dem Arbeitsplatz des Beamten in keinerlei Zusammenhang steht, einer zeitlichen Schranke unterliegt, wenn auch dafür keine generelle zeitliche Begrenzung angegeben werden kann. Die Einrichtung des Karenzurlaubes nach § 75 BDG 1979 dient nämlich grundsätzlich nicht dazu, die langfristige Ausübung eines Berufes außerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu ermöglichen, der mit diesem in keinem Zusammenhang steht; dies gebietet auch nicht die Fürsorgepflicht des (öffentlich-rechtlichen) Dienstgebers. Bei dieser - im Beschwerdefall gegebenen - Fallkonstellation wird sich der Beamte vielmehr nach einer angemessenen Zeit zu entscheiden haben, ob er nach Beendigung des ihm bisher gewährten Karenzurlaubes seine Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis unter Aufgabe seines Privatberufes wieder aufnimmt oder das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis durch Austritt auflöst und seinem privaten Beruf weiter nachgeht.
Von diesem im Sinne des Gesetzes gelegenen Gesichtspunkt ist die belangte Behörde auch bei ihrer Ermessensentscheidung im Beschwerdefall erkennbar ausgegangen und ist zum Ergebnis gelangt, daß die dem Beschwerdeführer gewährten ca. zehn Jahre Karenzurlaub zur Wahrnehmung des mit dem Karenzurlaub verbundenen Zweckes, nämlich der (weiteren) Ausübung der Tätigkeit als Berufsfußballspieler, ausreichend gewesen sei. Die belangte Behörde ist nach der Begründung des angefochtenen Bescheides auch erkennbar davon ausgegangen, daß dieses Argument für sich allein die (aus der Sicht des Beschwerdeführers) negative Ermessensübung trägt. Diese Vorgangsweise stellt keinen Ermessensmißbrauch dar.
Was den unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Verletzung des Parteiengehörs) in diesem Zusammenhang geltend gemachten Einwand des Beschwerdeführers betrifft, er hätte bei Bekanntgabe dieses Grundes eingewendet, daß sich nichts geändert habe, da er nach wie vor Berufsfußballer sei und es der Zweck seines Ansuchens gewesen sei, die Tätigkeit als Profispieler unter Aufrechterhaltung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund ausüben zu können, zeigt dieses Vorbringen nicht die Rechtserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers auf, zumal der entscheidungswesentliche Sachverhalt (Dauer des dem Beschwerdeführer bisher gewährten Karenzurlaubes und Zweck desselben) unbestritten geblieben ist.
Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe mit ihrer Auffassung, es sei ihm für den von ihm geltend gemachten Zweck ein ausreichendes Ausmaß an Karenzurlaub gewährt worden, ihre Kompetenz überschritten, weil es - unabhängig allfälliger dienstrechtlicher Maßnahmen - in seiner Disposition liege, wie lange er als Profispieler tätig sein wolle, ist vor dem Hintergrund der oben dargelegten Rechtslage verfehlt.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1994120240.X00Im RIS seit
20.11.2000