Entscheidungsdatum
10.12.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W240 2237564-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2020, Zl. 1269864808/201004210, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge auch BF), eine somalische Staatsangehörige, stellte am 13.10.2020 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.10.2020 gab die BF insbesondere an, sie habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die sie an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten. Sie würde bis auf ihre Schwester nicht wissen, wo sich ihre Familienangehörigen aufhalten würden. Ihre namentlich bezeichnete Schwester sei XXXX geboren und würde sich in Österreich aufhalten. Wo genau Ihre Schwester wäre, würde sie nicht wissen. Sie habe keine weiteren Bezugspersonen in Österreich. Den Entschluss zu ihrer Ausreise aus Somalia hätte sie im Jahr 2015 gefasst. Ein bestimmtes Reiseziel hätte sie nicht gehabt. Am 15.05.2015 wäre sie aus Somalia ausgereist und in weiterer Folge über Jemen, den Sudan, Libyen und Italien nach Österreich gelangt. In Italien habe sie einen Asylantrag gestellt und habe sich dort rund ein Jahr und sechs Monate (Anmerkung BVwG: an anderer Stelle ein Jahr lang) aufgehalten. Sie habe im Freien schlafen müssen und habe kein Leben dort gehabt. Es wäre ein sehr schwieriges Leben in Italien gewesen, sie habe betteln müssen, um zu überleben, da sie kein Geld gehabt hätte. Sie würde nicht mehr nach Italien zurückwollen, da sie dort schon viel erlebt habe. Sie würde sich wünschen in Österreich leben zu können und nicht mehr betteln zu müssen. Ihren Heimatstaat hätten sie verlassen, weil ihr in Somalia Zwangsheirat gedroht hätte.
Hinsichtlich Italien scheint ein Eurodactreffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vom 25.07.2017 auf.
Seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde am 06.11.2020 ein Konsultationsverfahren gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO mit Italien eingeleitet.
Mit Schreiben vom 12.11.2020 gaben die italienischen Behörden bekannt, dass der Beschwerdeführerin am 14.06.2019 der Status des anerkannten Flüchtlings in Italien zuerkannt worden ist.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 18.11.2020 tätigte die BF insbesondere folgende Angaben:
„(…)
LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?
VP: Nein, alles gut.
LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?
VP: Ja, mir geht es gut.
LA: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?
VP: Ich bin etwas krank, aber ich nehme keine Medikamente.
LA: Was haben Sie für eine Krankheit?
VP: Manchmal habe ich Herzprobleme.
LA: Seit wann leiden Sie an diesen Herzproblemen?
VP: Seit meiner Kindheit. Auch hatte ich als ich ein Kind eine Verletzung, ich habe einen kleinen Holzsplitter im Handgelenk.
LA: Haben Sie Probleme durch die Verletzung am Handgelenk?
VP: Manchmal schmerzt es aber ich keine Probleme dadurch.
LA: Waren Sie bezüglich der Herzprobleme in Behandlung?
VP: Nein, ich war diesbezüglich nicht beim Arzt.
LA: Wie äußern sich diese Herzprobleme? Welche Beschwerden haben Sie?
VP: Mein Herz schlägt sehr hart. Wenn ich etwas Warmes trinke und mich schlafen lege wird es besser.
Aufforderung:
Sie werden aufgefordert, sämtliche in Ihrem Besitz befindlichen und auch während der Dauer dieses Verfahrens zukünftig in Ihrem Besitz befindlichen medizinischen Unterlagen umgehend und unaufgefordert dieser Behörde zu übermitteln.
LA: Haben Sie dies verstanden?
VP: Ja, ich habe verstanden.“
...
„LA: Sind Sie in diesem Verfahren vertreten?
VP: Nein.
LA: Sie wurden zu diesem Antrag auf internationalen Schutz bereits am 14.10.2020 durch die PI Salzburg Fremdenpolizei erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?
VP: Ich habe die Wahrheit gesagt und nichts zu ergänzen.
LA: Haben Sie in Österreich, im Bereich der Europäischen Union, in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz, Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?
VP: In Österreich lebt meine Schwester, aber sonst habe ich niemanden.
LA: Wie heißt Ihre Schwester?
VP: XXXX sie ist XXXX geboren.
Anm.: Die Rechtsberatung legt die IFA-Zahl der Schwester (IFA: 649943701) vor.
LA: Wissen Sie, wo Ihre Schwester wohnt?
VP: Nein, wir haben nur telefoniert. Ich weiß nicht, wo sie wohnt.
LA: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit ihr?
VP: Gestern haben wir telefoniert.
LA: Haben Sie Ihre Schwester seit Ihrem Aufenthalt in Österreich getroffen?
VP: Nein, noch nicht.
LA: Seit wann ist Ihre Schwester in Österreich?
VP: Ich weiß es nicht.
LA: Wissen Sie den Aufenthaltsstatus Ihrer Schwester?
VP: Sie kann hier leben, aber ich weiß ihren Aufenthaltsstatus nicht.
LA: Sind Sie in irgendeiner Weise von Ihrer Schwester abhängig?
VP: Ja. Sie unterstützt mich psychisch und ich will mit meiner Schwester leben.
LA: Wie finanziert Ihre Schwester ihren Lebensunterhalt? Arbeitet Sie?
VP: Sie hat Kinder. Sie arbeitet nicht.
LA: Gibt es noch andere Personen hier in Österreich, von denen Sie abhängig wären oder zu denen ein besonders enges Verhältnis besteht?
VP: Nein.
LA: Verfügen Sie über Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?
VP: Nein.
LA: Haben Sie sich jemals um ein Visum für einen EU-Staat bemüht?
VP: Nein.
LA: Sie wurden bereits im Zuge der Erstbefragung zu Ihrem Reiseweg befragt. Stimmen Ihre diesbezüglichen Angaben?
VP: Ja.
LA: Sie wurden bereits im Zuge der Erstbefragung zu Ihren Antragsgründen befragt. Stimmen Ihre diesbezüglichen Angaben?
VP: Ja.
LA: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, diesen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, vollständig geschildert?
VP: Ja.
LA: Der Staat Italien teilte in Ihrem Fall mit Anschreiben vom 12.11.2020 mit, dass Ihnen der Status des anerkannten Flüchtlings zuerkannt wurde. Seitens des BFA ist nunmehr geplant, gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gem. § 4a AsylG 2005 idgF zurückzuweisen und eine Anordnung zur Außerlandesbringung gem. § 61 FPG 2005 idgF nach Italien zu treffen.
LA: Wollen Sie nun konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?
VP: In Italien hatte ich kaum ein Leben, ich musste auf der Straße leben, ich hatte keine Wohnung in Italien. Obdachlose Männer, die auf der Straße leben haben mich oft versucht zu vergewaltigen, aber ich bin weggelaufen.
LA: Wie lange waren Sie in Italien aufhältig?
VP: Eineinhalb bis zwei Jahre.
LA: Gab es während Ihres Aufenthalts in Italien außer den oben geschilderten Vergewaltigungsversuchen konkret Sie betreffende Vorfälle?
VP: Ich war auch krank und bekam keine medizinische Versorgung in Italien.
LA: Haben Sie sich bezüglich der Vergewaltigungsversuche an die Polizei gewandt?
VP: Nein.
LA: Ihnen wurden am 16.11.2020 die aktuellen Länderfeststellungen zur Lage in Italien ausgefolgt. Möchten Sie nunmehr eine Stellungnahme zu dieser Länderfeststellung abgeben?
VP: Ich habe sie nicht gelesen.
Anmerkung:
Dem ASt. wird die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 25.11.2020 (ha. einlangend) eine schriftliche Stellungnahme zu den ihm bereits ausgefolgten Länderinformationsblättern, dem bisher feststehenden Sachverhalt, sowie zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes abzugeben.
LA: Haben Sie dies verstanden?
VP: Ja.
Die Rechtsberaterin hat keine Fragen.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:
LA: Stimmt diese Niederschrift mir Ihren Angaben überein?
VP: Ja.
LA: Mit wem lebt Ihre Schwester in Österreich?
VP: Mit Ihren Kindern und Ihrem Mann.
LA: Wie viele Kinder hat Ihre Schwester?
VP: Vier.
LA: Sie führten aus, dass obdachlose Männer in Italien auf der Straße öfters versucht hätten Sie zu vergewaltigen. Weiters gaben Sie an sich hinsichtlich dieser Versuche sich nicht an die Polizei gewandt zu haben. Wie oft kam es zu diesen Versuchen?
VP: Ca. vier Mal.
LA: Warum waren Sie nicht bei der Polizei?
VP: Ich beherrsche die Sprache nicht gut und wusste nicht wo ich hingehen sollte und eine Polizeistation finden könne.
LA: Haben Sie sich an eine Menschenrechtsorganisation oder Sozialarbeiter gewandt?
VP: Ich konnte keinen finden.
LA: Was haben Sie diese eineinhalb bis zwei Jahre in Italien gemacht?
VP: Ich war am Anfang in einem Flüchtlingscamp und dann wurde mir gesagt ich soll auf die Straße gehen und mein Leben selbst finanzieren.
LA: Wie haben Sie also Ihr Leben finanziert?
VP: Ich war auf der Straße und habe dort geschlafen, Essen haben wir von der Kirche bekommen.
LA: Wie lange waren Sie im Camp und wie lange waren Sie auf der Straße?
VP: Ich war ca. ein Jahr im Camp und fast ein Jahr auf der Straße.
LA: Sie führten aus, Sie hätten Essen von der Kirche erhalten. Haben Sie sich dort bezüglich den von Ihnen genannten Vorfällen auf der Straße, an die Personen gewandt?
VP: Ich habe versucht mit jemanden zu sprechen die waren sehr beschäftigt das Essen zu verteilen und es hat sich keiner Zeit für mich genommen.
LA: Sie haben also gar nicht versucht mit den Leuten Kontakt aufzunehmen?
VP: Ich habe es versucht, aber keiner hat mir geholfen.
LA: Woher wussten Sie von dieser Ausspeisung in der Kirche?
VP: Alle Leute, die auf der Straße leben gehen immer zu Kirche um Essen zu bekommen, ich habe das gesehen und bin auch hingegangen.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?
VP: Ja.
LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Ich habe meine Schwester seit langem nicht mehr gesehen und ich will mit meiner Schwester zusammenleben.
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
VP: Ja.
LA: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Ja.
LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?
VP: Ja.
(…)“
In der von der BF am 25.11.2020 eingebrachten Stellungnahme wurde zusammengefasst ausführt, dass die Unterbringungssituation und die daran geknüpfte medizinische Versorgung in Italien ein großes Problem wären. Mangelnde Versorgung und die Verweigerung von Unterkunftsmöglichkeiten wären die Realität. Die BF als Rückkehrerin mit Schutzstatus würde ohne Anspruch auf Unterkunft, Verpflegung und medizinischer Versorgung auf der Straße landen. Der Zugang zum Gesundheitssystem und zu einer elementaren Versorgung wären nicht gewährleistet. Überstellte Personen wären massiv dem Risiko von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, da die italienischen Behörden nicht in der Lage wären, menschenrechtswürdige Anforderungen zu gewährleisten. In Italien würde es zu einer systematischen, notorischen Verletzung fundamentaler Menschenrechte kommen und es würde ein aggressives und feindliches Klima gegenüber Fremden bestehen. Die Rechte der BF gemäß Art. 3 und Art. 8 EMRK würden durch eine Außerlandesbringung nach Italien massiv verletzt werden. Die BF hätte in Italien auf der Straße schlafen und betteln müssen. In Italien sei mehrmals versucht worden, die BF zu vergewaltigen.
2. Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2020 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 13.10.2020 gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sie sich nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und gegen sie gemäß § 61 Abs 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge ihre Abschiebung nach Italien gemäß
§ 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).
Zur Lage in Italien traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):
Zur Lage im EWR-Staat/in der Schweiz:
Schutzberechtigte
Letzte Änderung: 03.11.2020
Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung für fünf Jahre. Nach frühestens fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts besteht für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, einen langfristigen Aufenthalt zu erhalten. Anträge auf Familienzusammenführung sind für Schutzberechtigte ohne Zeitlimit möglich. Schutzberechtigte dürfen sich frei im Land niederlassen, wenn sie sich selbst erhalten können. Um die Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, brauchen die Schutzberechtigten eine Meldeadresse, was manchmal ein Problem sein kann. Manche, aber nicht alle Quästuren akzeptieren bei wohnungslosen Schutzberechtigten die Adresse einer Hilfsorganisation als Meldeadresse. Verlängerungen des Aufenthalts müssen postalisch beantragt werden. Dies kann mehrere Monate in Anspruch nehmen (AIDA 5.2020).
Wenn eine Person in Italien einen internationalen Schutzstatus erhält, hat sie theoretisch Zugang zu einem Zweitaufnahmezentrum (SIPROIMI) (SFH 1.2020). Der Übergang von der Erstaufnahme zum SIPROIMI ist aber nicht näher geregelt. Ein Verbleib in einer Erstaufnahmeeinrichtung oder CAS ist für Schutzberechtigte nicht vorgesehenen, kann aber je nach Zentrum für einen Tag bis hin zu mehreren Monaten gewährt werden. Die meisten Präfekturen erlauben Schutzberechtigten den Verbleib nur bis zur Ausstellung der elektronischen Aufenthaltsberechtigung. Aufgrund des Mangels an Plätzen im SIPROIMI, kann dies Schutzberechtigte einem Obdachlosigkeitsrisiko aussetzen (AIDA 5.2020).
Unterbringung
SIPROIMI (Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e minori stranieri non accompagnati)
Diese Einrichtungen zur Unterbringung von Schutzberechtigten (und unbegleiteten Minderjährigen) sind der Nachfolger des vormaligen SPRAR-Systems. SIPROIMI-Projekte werden von lokalen Behörden zusammen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren betrieben. Die Unterkunftszentren sollen Dolmetsch- und sprachlich-kulturelle Vermittlungsdienste, Rechtsberatung, Unterricht in italienischer Sprache und Zugang zu Schulen für Minderjährige, medizinische Versorgung, sozialpsychologische Unterstützung insbesondere für Vulnerable, Aus- und Weiterbildung, Unterstützung bei der Suche nach Arbeitsplätzen, Beratung bei den Dienstleistungen auf lokaler Ebene um die Integration vor Ort zu ermöglichen, Informationen zu freiwilligen Rückkehrprogrammen, sowie Informationen zu Freizeit-, Sport- und Kulturaktivitäten bieten (AIDA 5.2020).
Es gibt mit Stand Jänner 2020 809 Einzelprojekte mit insgesamt 31.284 Plätzen (davon 4.003 Plätze in 155 Projekten für unbegleitete Minderjährige und 663 Plätze in 45 Projekten für psychisch beeinträchtigte Personen). Im Gegensatz zu den großen Zentren der 1. Linie (Erstaufnahme), sind die SIPROIMI kleinteilig und dezentralisiert organisiert. Die Unterbringung in SIPROIMI dauert sechs Monate, in Ausnahmefällen verlängerbar um weitere sechs Monate (AIDA 5.2020). In diesen Einrichtungen werden zusätzlich zu den Leistungen der Erstaufnahme auch Maßnahmen mit dem Ziel einer umfassenden Integration (Gesellschaft, Arbeitsmarkt, Sprache, etc.) geboten (VB 19.2.2019). Nach dieser Periode werden die Schutzberechtigten gleich behandelt wie italienische Staatsangehörige. In den meisten Fällen genügt dieser Zeitraum nicht zum Erwerb ausreichender Fähigkeiten, um finanziell und sozial unabhängig von staatlicher Unterstützung zu werden (SFH 1.2020).
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben grundsätzlich Zugang zu Sozialwohnungen (edilizia residenziale bzw. case popolari). In manchen Regionen ist dieser Zugang an eine bestimmte ununterbrochene Mindestmeldezeit in der Region gebunden (z.B. fünf Jahre in Friaul) (AIDA 5.2020). Wartezeiten von mehreren Jahren auf eine Wohnung sind die Regel. Die Mieten in den Städten sind im Allgemeinen sehr hoch. Vermieter verlangen meist einen Arbeitsvertrag und eine gültige Aufenthaltsgenehmigung. Schutzberechtigte haben nach Ablauf der sechs Monate Unterbringung im SIPROIMI oft große Probleme eine Wohnung zu finden (RW 6.2020).
In ganz Italien gibt es informelle Siedlungen oder besetzte Häuser, in denen Fremde leben, unter ihnen Asylwerber und Schutzberechtigte (AIDA 5.2020). In einigen Städten bieten NGOs oder Wohltätigkeitsorganisationen ein paar Schlafplätze an, doch deren Kapazitäten sind sehr beschränkt. Viele Menschen mit internationalem Schutzstatus leben in Notunterkünften, die lediglich einen Platz zum Schlafen anbieten und nicht speziell für Flüchtlinge gewidmet sind, sondern auch italienischen Staatsbürgern in Notsituationen offenstehen (SFH 1.2020). Die Regierung unternimmt begrenzte Versuche, Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren (USDOS 11.3.2020).
Rückkehrer mit Schutzstatus
Rückkehrer mit Schutzstatus sind aus italienischer Sicht reguläre Einwohner mit Aufenthaltsrecht. Sie können nach Italien einreisen und sich frei im Land bewegen, erhalten aber keine Unterstützung am Flughafen, z.B. bei der Suche nach Unterkunft, bei der Beschaffung neuer Papiere oder bei der Erneuerung ihrer Registrierung im nationalen Gesundheitssystem (SFH 1.2020).
Rückkehrer mit Schutzstatus, die ihre Aufenthaltspapiere verloren haben, sollten diese neu ausstellen lassen. Dazu gibt es für anerkannte Flüchtlinge Antragsformulare in den Filialen der italienischen Post, wo diese auch eingereicht werden können. Bei dem Antrag muss zwingend eine Adresse in Italien angegeben werden, denn sobald das neue Dokument fertig ist, ergeht eine schriftliche Einladung zur zuständigen Polizeidienststelle (Questura). Subsidiär Schutzberechtigte beantragen die Kopie oder Neuausstellung der Aufenthaltspapiere direkt bei der zuständigen Quästur. Die Bearbeitung kann einige Monate in Anspruch nehmen. Das Aufenthaltsrecht gilt währenddessen weiter, das Fehlen der Papiere kann aber zu Problemen beim Zugang zu sozialen oder medizinischen Leistungen führen (RW 6.2020).
Plätze im SIPROIMI sind knapp. Wenn ein zugewiesener Platz vorzeitig verlassen wurde (SFH 1.2020) oder die sechs Monate, die Schutzberechtigte nach Statuszuerkennung zu Unterbringung im SIPROIMI berechtigt sind, bei Rückkehr schon verstrichen sind, haben Rückkehrer mit Schutzstatus üblicherweise keinen Anspruch auf Unterbringung mehr. Der Anspruch auf Unterbringung kann auch verloren gehen, wenn bei Ausreise die Unterkunft lediglich zugewiesen, aber noch nicht in Anspruch genommen war. Da sie formell Italienern gleichgestellt sind, erhalten Rückkehrer mit Schutzstatus keine besondere Unterstützung. Wenn sie keine andere Unterkunft haben, sind sie auf die Hilfe verschiedener NGOs angewiesen (RW 6.2020). Als einzige Ausnahme kann man beim Innenministerium einen Antrag aufgrund von Vulnerabilität stellen (SFH 1.2020).
Nach Angaben der NGO „A Buon Diritto“, die am Bahnhof Tiburtina in Rom einen mobilen Helpdesk betreibt, kommen Dublin-Rückkehrer mit internationalem Schutz kaum in Siproimi unter, sondern haben ein hohes Obdachlosigkeitsrisiko (AIDA 5.2020).
Arbeitsmarkt und Sozialleistungen
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen im selben Ausmaß wie italienische Staatsbürger (AIDA 5.2020). In der Praxis gibt es jedoch Hindernisse. Aufgrund der hohen Arbeitslosenzahlen ist es generell schwer in Italien Arbeit zu finden. Schwarzarbeit ist verbreitet. Viele Zuwanderer arbeiten in der Landwirtschaft, oft unter prekären Bedingungen und sind vulnerabel für Ausbeutung. Für Personen mit geringem Einkommen gibt es seit März 2019 das sogenannte Bürgergeld (reddito di cittadinanza; ersetzt das Arbeitslosengeld), das Italienern, EU-Bürgern, Drittstaatsangehörigen mit Daueraufenthaltserlaubnis und Personen mit internationalem Schutz offen steht (jedoch keine Inhaber eines anderweitigen Schutzstatus). Man erhält es, wenn man zumindest die letzten zehn Jahre in Italien wohnhaft war. Diese Voraussetzung erfüllen Schutzberechtigte in der Regel nicht. Weitere Sozialleistungen obliegen den Regionen und Kommunen, welche eigene Regeln bezüglich Höhe der Leistungen und Empfängerkreis festlegen (RW 6.2020; vgl. SFH 1.2020). Das italienische Sozialsystem ist sehr schwach und stützt sich auf traditionelle Familienstrukturen. Flüchtlinge können meist nicht auf solche Strukturen in Italien zurückgreifen. Das italienische Sozialsystem garantiert keinerlei Nothilfe (SFH 1.2020).
Medizinische Versorgung
Wie Asylwerber, müssen sich Personen mit einem Schutzstatus in Italien beim Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung und Beitragszahlung wie italienische Staatsbürger. Die Registrierung gilt für die Dauer der Aufenthaltsberechtigung und erlischt auch nicht in der Verlängerungsphase. Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung für Schutzberechtigte können durch das Fehlen einer Meldeadresse entstehen. In einigen Regionen Italiens sind Schutzberechtigte nicht mehr von der Praxisgebühr („Ticket“) ausgenommen, während in anderen Regionen die Befreiung weiter gilt, bis die Schutzberechtigten einen Arbeitsplatz finden (AIDA 5.2020; vgl. SFH 1.2020).
Für Personen mit internationalem Schutzstatus mit (psychischen oder physischen) Gesundheitsproblemen ist es schwierig, in Zweitaufnahmezentren untergebracht zu werden, da nur 2% der SIPROIMI auf deren Betreuung ausgerichtet sind. Außerdem werden Personen, die als besonders schwerwiegend vulnerabel eingestuft werden (etwa Patienten aus psychiatrischen Abteilungen), nicht in SIPROIMI aufgenommen, da selbst die SIPROIMI-Unterkünfte, die für Personen mit (psychischen oder physischen) Gesundheitsproblemen eingerichtet sind, ihnen keine Unterstützung anbieten können, die vergleichbar ist mit jener in psychiatrischen Einrichtungen oder Spitälern. Die Nachfrage nach psychischer Gesundheitsversorgung außerhalb der regulären Gesundheitsdienste, kann auch von NGOs und kirchlichen Organisationen nicht vollständig abgedeckt werden (SFH 1.2020).
Quellen:
-AIDA - Asylum Information Database (5.2020): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Italy, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2019update.pdf, Zugriff 28.10.2020
-RW – Raphaelswerk (6.2020): Italien: Informationen für Geflüchtete, die nach Italien rücküberstellt werden, https://www.raphaelswerk.de/cms/contents/raphaelswerk.de/medien/dokumente/information-italien/i_rueckueberstellung_info_raphaelswerk_ev_ii_neuaufl_v11.pdf?d=a&f=pdf, Zugriff 7.10.2020
-SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe (1.2020): Aufnahmebedingungen in Italien. Aktualisierter Bericht zur Lage von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, in Italien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2034578/200121-italien-aufnahmebedingungen-de.pdf.pdf, Zugriff 8.10.2020
-USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027526.html, Zugriff 28.10.2020
COVID-19
Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Italien wurden bisher 1.585.178 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 54.904 Personen verstorben sind.
Quellen:
- https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 30.11.2020
Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind.
Quellen:
- https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 30.11.2020
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass die BF an keiner lebensbedrohenden Erkrankung leiden würde oder immungeschwächt wäre bzw. habe die BF dies auch nicht einmal ansatzweise behauptet. Aufgrund des Schreibens der italienischen Behörden vom 12.11.2020 stehe fest, dass der BF in Italien internationaler Schutz zuerkannt worden sei. Es stehe somit fest, dass in Italien für die Verfolgungssicherheit und Drittstaatssicherheit vorliege. Die namentlich bezeichnete volljährige Schwester der BF befinde sich seit 2013 in Österreich und sei asylberechtigt. Bei der Einvernahme vor dem BFA habe die BF angegeben, sie würde nicht wissen, wo ihre Schwester wohnen würde. Sie hätten nur telefonischen Kontakt und hätten sich seit ihrem Aufenthalt in Österreich noch nicht getroffen. Seit wann ihre Schwester in Österreich sei, würde die BF nicht wissen. Auch den Aufenthaltsstatus der Schwester kenne sie nicht, sie würde nur wissen, dass die Schwester in Österreich mit deren Mann und vier Kindern zusammenlebe. Die Schwester der BF unterstütze sie psychisch und die BF würde gerne mit dieser zusammenleben, sie hätten einander seit langem nicht gesehen. Aufgrund der Tatsache, dass die BF weder wissen, wo ihre Schwester wohne, noch ihren Aufenthaltsstatus kenne, könne eine besonders enge Beziehung zu dieser nicht festgestellt werden. Nachdem sich die Schwester der BF bereits seit 2013 in Österreich aufhalte, könne davon ausgegangen werden, dass die BF seit Mai 2013, seit die Schwester Somalia verlassen habe, in keinem gemeinsamen Haushalt mehr mit dieser gelebt habe. Ebenso habe die BF ausgeführt, dass die BF selbst zwei Jahre lang in Italien gewesen wäre. Ein Jahr davon in einem Camp und ein weiteres Jahr alleine auf der Straße. Wäre das Ziel der BF tatsächlich Österreich gewesen, um zur in Österreich aufhältigen Schwester zu gelangen, so hätte die BF Italien sicherlich früher verlassen und hätte dort nicht, nachdem ihr der Asylstatus zuerkannt worden wäre, noch ein weiteres Jahr auf der Straße verbracht. Festgehalten werde auch, dass die BF seit ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet – laut ihren eigenen Angaben – ihre Schwester bisher noch nicht einmal persönlich getroffen hätte. Dass sie von ihrer in Österreich lebenden Schwester abhängig wäre oder dass eine besonders enge Beziehung zu ihr bestehen würde, könne keinesfalls erkannt werden. Zudem stehe im Falle ihrer Rückkehr nach Italien, einem Nachbarstaat Österreichs, dem auch nichts entgegen, den Kontakt zur Schwester – wie bisher – via Telefon zu halten. Auch wäre die Distanz zwischen Österreich und dem Nachbarland Italien nicht derart groß, dass ein persönlicher Kontakt zwischen der BF und ihrer Schwester - insbesondere nach den fremdenpolizeilichen und unionsrechtlichen Vorschriften - nicht aufrechterhalten werden könnte.
3. Gegen vorzitierten Bescheid richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, worin im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass sie keinesfalls nach Italien zurück könne, weil sie in Italien die erforderliche Unterstützung nicht erhalte. Sie habe Angst, in Italien wieder in der Obdachlosigkeit, ohne jegliche Unterstützung auf der Straße leben zu müssen. Die BF gab an, bei Rücküberstellung nach Italien nicht mit der notwendigen Unterstützung und einer menschenwürdigen Versorgung rechnen zu können. Die BF wolle in Österreich bleiben, nicht zuletzt auch deswegen, weil sie in Österreich auch ihre Schwester habe, die sie auch unterstützen werde. Wiederholt wolle die BF in diesem Zusammenhang auf ihre bisherigen Ausführungen verweisen. Bekanntlich komme es in Italien zu einer systematischen, notorischen Verletzung fundamentaler Menschenrechte. Es bestehe ein aggressives, feindliches Klima gegenüber Fremden. Die zuletzt verschärften Gesetzesänderungen, die aktuellen politischen Geschehnisse und massive Kapazitätsprobleme hätten die Situation in Italien noch einmal verschärft. Mangelnde Versorgung und die Verweigerung von Unterkunftsmöglichkeiten seien Realität. Asylwerber, die nach Italien rücküberstellt werden, würden ohne Anspruch auf Unterkunft, Verpflegung und medizinischer Versorgung auf der Straße landen. Der unmittelbare Zugang zum Gesundheitssystem und zu einer elementaren Versorgung sei nicht gewährleistet. Flüchtlinge, insbesondere auch alleinstehende Frauen, würden in Italien auf der Straße ohne jegliche Unterstützung leben. Die Versorgung von Flüchtlingen sei in Italien nicht gewährleistet. Durch die Vornahme der Außerlandesbringung würde die BF in ihrem Recht gemäß Art. 3 und Art. 8 EMRK massiv verletzt werden. Anzumerken sei, dass die BF als alleinstehende Frau zur Gruppe der vulnerablen Personen zu zählen sei und es sollte ihr demnach ein vorrangiger Status bezüglich Versorgung und Zuteilung einer adäquaten Unterkunft zuteil werden. Aufgrund der bereits angesprochenen Kapazitätsprobleme könne Italien diesen Anforderungen nicht nachkommen. Angesichts der prekären Flüchtlingssituation, der kritischen Wirtschaftslage und der dramatischen politischen Entwicklungen sei nicht auszuschließen, dass die BF bei Rücküberstellung nach Italien ohne jegliche Unterstützung auf der Straße leben müsste und dadurch unter Umständen gezwungen sein könnte, ihren Lebensunterhalt in Italien durch Bettelei verdienen zu müssen oder dass sie sich in sonstige Ausbeutungsverhältnisse bzw Gefahrenlagen begeben müsste. Die Behörde beabsichtige, eine Abschiebung zuzulassen, obwohl es durch die Anordnung der Außerlandesbringung nach Italien zu einer massiven Verletzung der Bestimmungen der EMRK kommen würde. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Erstbehörde angesichts der bekannten prekären Lage in Italien davon ausgehen könne, dass in Italien entsprechende Unterstützung und medizinische Versorgung gewährleistet sei. Der lapidare Verweis der Behörde auf einen Teil der Länderfeststellungen sei nicht geeignet, um sicher zu gehen, dass die BF im Falle einer Rücküberstellung nach Italien eine geeignete Unterkunft und Unterstützung bekommen würde. Die belangte Behörde hätte sich in Erfüllung ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht jedenfalls näher mit den Ausführungen der BF bezüglich ihrer Schilderungen auseinandersetzen müssen. Die belangte Behörde, die sich mit der geschilderten Problematik nicht ausreichend auseinandergesetzt habe, beabsichtige, eine Abschiebung zuzulassen, obwohl die BF ernstlich Gefahr laufen würde, dadurch einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden. Die BF wolle in Österreich bleiben, weil die BF sich im Bundesgebiet sicher fühle und auch ihre Schwester in Österreich habe, die die BF auch unterstützen könne.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 14.10.2020 stellte die BF, eine somalische Staatsangehörige, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Hinsichtlich Italien scheint ein Eurodactreffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vom 25.07.2017 auf.
Mit Schreiben vom 12.11.2020 gaben die italienischen Behörden bekannt, dass der Beschwerdeführerin am 14.06.2019 der Status des anerkannten Flüchtlings in Italien zuerkannt worden ist.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien an. Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass die Beschwerdeführerin bei einer Überstellung nach Italien als Asylberechtigte in Italien in eine existenzielle Notlage geraten könnte und/oder ihr der Zugang zu medizinischer Versorgung und/oder zum Arbeitsmarkt und/oder zu einer Sozialwohnung verwehrt werden würde. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin betreffend die Lage von Schutzberechtigten den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.
Konkrete, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Fall einer Überstellung nach Italien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Im Falle von Bedrohungen der BF – sie behauptete vor der Ausreise Versuche, sie zu vergewaltigen - kann sie sich an die schutzfähigen und schutzwilligen Behörden Italiens wenden.
Festgestellt wird, dass der italienische Staat für die Beschwerdeführerin als in Italien Asylberechtigte hinreichende Versorgungsleistungen bietet.
Auch ist die medizinische Versorgung für Asylberechtigte in Italien gewährleistet. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin grundsätzlich gesund ist und an keinen körperlichen noch an psychischen Erkrankungen leidet, die einer Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegenstünden.
Die namentlich bezeichnete volljährige Schwester der BF befindet sich seit 2013 in Österreich und ist asylberechtigt.
Die BF lebte seit mindestens 2013 – seit die volljährige Schwester nach Österreich gelangte - getrennt von dieser, es besteht kein gemeinsamer Haushalt. Eine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer volljährigen in Österreich lebenden Schwester kann nicht erkannt werden.
Die Beschwerdeführerin verfügt im österreichischen Bundesgebiet über keine sonstigen Familienangehörigen oder Verwandten und es bestehen keine Anhaltspunkte für besonders ausgeprägte private oder berufliche Bindungen respektive eine fortgeschrittene Integration.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch:
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 10.12.2020, 311.002 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 4.056 Todesfälle; in Italien wurden zu diesem Zeitpunkt 1.770.149 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen und wurden bisher 61.739 Todesfälle bestätigt (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, Abfrage vom 10.12.2020).
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Es liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die grundsätzlich gesunde 22jährige Beschwerdeführerin einer Risikogruppe angehört.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen betreffend die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und die Antragstellungen auf internationalen Schutz beruhen auf den Angaben der Beschwerdeführerin, den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen und den Antwortschreiben der italienischen Behörden. Die Feststellungen zum gegenständlichen Antrag ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.
Dass der Beschwerdeführerin in Italien der Asylstatus zuerkannt wurde, ergibt sich insbesondere aus dem italienischen Antwortschreiben vom 12.11.2020. Auch in der Beschwerde wurde nicht bestritten, dass der Beschwerdeführerin in Italien der Asylstatus zuerkannt wurde.
Die Gesamtsituation von anerkannten Flüchtlingen in Italien resultiert aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Unterbringung von Schutzberechtigten auch Feststellungen betreffend den Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Sozialleistungen und zur medizinischen Versorgung getroffen. Zudem trat die BF den Feststellungen zur Lage in Italien weder vor der Verwaltungsbehörde noch im Beschwerdeverfahren in substantiierter Weise entgegen.
Dass die Beschwerdeführerin grundsätzlich gesund ist, ergibt sich aus ihren Angaben vor der Verwaltungsbehörde. Sie behauptete vor dem BFA, sie habe seit ihrer Kindheit Herzprobleme und eine Verletzung am Handgelenk, sie sei jedoch deshalb nie behandelt worden und es wurden bis dato diese sehr vage beschriebenen gesundheitlichen Probleme oder Beeinträchtigungen nicht durch ärztliche Unterlagen dargelegt.
Zu den von der BF behaupteten familiären Anknüpfungspunkten in Form ihrer volljährigen Schwester und deren Familie im österreichischen Bundesgebiet ist anzumerken, dass kein gemeinsamer Haushalt besteht und eine besondere Abhängigkeit nicht festgestellt werden kann.
Dass die Beschwerdeführerin mit ihrer in Österreich seit 2013 lebenden volljährigen Schwester nicht im gemeinsamen Haushalt lebt und die BF davor seit mindestens sieben Jahren getrennt von dieser lebte, lässt sich aus aktuellen Auszügen aus dem Zentralen Melderegister und aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung entnehmen sowie aus den Angaben der Beschwerdeführerin.
Die namentlich bezeichnete volljährige Schwester der BF befindet sich seit 2013 in Österreich und ist asylberechtigt. Bei der Einvernahme vor dem BFA gab die BF an, sie würde nicht wissen, wo ihre Schwester wohnen würde. Sie hätten nur telefonischen Kontakt und hätten sich seit ihrem Aufenthalt in Österreich noch nicht getroffen. Seit wann ihre Schwester in Österreich sei, würde die BF nicht wissen. Auch den Aufenthaltsstatus der Schwester kenne sie nicht, sie würde nur wissen, dass die Schwester in Österreich mit deren Mann und vier Kindern zusammenlebe. Die Schwester der BF unterstütze die BF laut deren Angaben psychisch und die BF würde gerne mit dieser zusammenleben, sie hätten einander seit langem nicht gesehen. Aufgrund der Tatsache, dass die BF weder weiß, wo ihre Schwester wohnt, noch ihren Aufenthaltsstatus kennt, kann eine besonders enge Beziehung zu dieser nicht festgestellt werden. Nachdem sich die Schwester der BF bereits seit 2013 in Österreich aufhält, ist davon auszugehen, dass die BF seit Mai 2013, seit die Schwester Somalia verlassen hat, in keinem gemeinsamen Haushalt mehr mit dieser gelebt hat. Ebenso hat die BF ausgeführt, dass die BF selbst zwei Jahre lang in Italien gewesen wäre (Anmerkung BVwG: an anderer Stelle ein Jahr, an wieder anderer Stelle ein Jahr und sechs Monate). Ein Jahr davon in einem Camp und ein weiteres Jahr alleine auf der Straße. Wäre das Ziel der BF tatsächlich Österreich gewesen, um zur in Österreich aufhältigen Schwester zu gelangen, so wäre anzunehmen, dass die BF Italien früher verlassen hätte und dort nicht, nachdem ihr der Asylstatus zuerkannt worden wäre, noch ein weiteres Jahr auf der Straße verbracht hätte, wie die BF schildert. Festgehalten wurde vom BFA zu Recht, dass die BF seit ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet – laut ihrer eigenen Angaben – ihre Schwester bisher noch nicht einmal persönlich getroffen hätte laut ihren Angaben. Dass sie von ihrer in Österreich lebenden Schwester abhängig wäre oder dass eine besonders enge Beziehung zu ihr bestehen würde, kann keinesfalls erkannt werden. Zudem steht im Falle der Rückkehr der BF nach Italien, einem Nachbarstaat Österreichs, dem auch nichts entgegen, den Kontakt zur Schwester – wie bisher – via Telefon zu halten. Auch wäre die Distanz zwischen Österreich und dem Nachbarland Italien nicht derart groß, dass ein persönlicher Kontakt zwischen der BF und ihrer Schwester - insbesondere nach den fremdenpolizeilichen und unionsrechtlichen Vorschriften - nicht aufrechterhalten werden könnte.
Dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer in Österreich lebenden Schwester keine finanziellen oder sonstigen Abhängigkeiten festgestellt werden konnte, ergibt sich aus dem Umstand, dass kein gemeinsamer Haushalt besteht und insbesondere daraus, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung hat, diese Leistungen bezieht sie auch. Es kann keine existenzielle Abhängigkeit zwischen der BF und ihrer in Österreich lebenden Schwester erblickt werden, die einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien entgegenstehen würde, zumal zu berücksichtigen ist, dass die BF und ihre volljährige Schwester zuvor sieben Jahre getrennt waren.
Im gegenständlichen Verfahren kann jedoch eine nähere Prüfung der familiären Verhältnisse der Beschwerdeführerin dahingestellt bleiben, zumal sich auch unter Zugrundelegung der von der BF behaupteten familiären Anknüpfungspunkte in Österreich keine entscheidungsrelevante Änderung in casu ergibt, insbesondere erfolgt kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens gemäß Art 8 EMRK.
Dass keine Anhaltspunkte für besonders ausgeprägte private oder berufliche Bindungen respektive eine fortgeschrittene Integration bestehen, ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin. Im Übrigen ist auf die kurze Aufenthaltsdauer in Österreich seit Oktober 2020 zu verweisen. Die BF trat auch nicht im Rahmen der Beschwerde den Feststellungen der Verwaltungsbehörde entgegen, wonach keine weiteren wesentlichen sozialen Kontakte bestehen würden und keine besondere Integrationsverfestigung ihrer Person vorliegt.
Die Gesamtsituation von Schutzberechtigten in Italien resultiert aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgung von Schutzberechtigungen auch Feststellungen betreffend den Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Sozialleistungen und zur medizinischen Versorgung getroffen, die letztlich auch durch das im Verfahren erstattete Vorbringen hinsichtlich etwaiger negativ empfundener Vorerfahrungen in Italien nicht entkräftet werden konnten.
Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell, sie zeichnen allerdings - angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 - naturgemäß ein Bild der (medizinischen) Versorgung von Asylwerbern und Schutzberechtigten in Italien, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den hier gegenständlichen Fall bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben bzw. keine sog. Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist festzustellen, dass Überstellungen dann durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen und insofern insgesamt eine Situation eintritt, die mit jener vor Ausbruch der Pandemie vergleichbar ist.
Die skizzierten teilweise bestehenden Überstellungshindernisse sind aus jetziger Sicht - aller Wahrscheinlichkeit nach - zeitlich begrenzt. Die Feststellungen zu den derzeitigen Informationen betreffend COVID-19 sind amtsbekannt und der weltweiten Gesamtberichterstattung zu entnehmen. Die Feststellungen hinsichtlich der Anzahl der erkrankten und verstorbenen Personen in Italien bzw. in Österreich stammen von der John Hopkins University & Medicine (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 10.12.2020).
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu Italien nicht zu beanstanden; aufgrund der Annahme, dass dann - und nur dann - Überstellungen durchgeführt werden, wenn Italien für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben.
Dass der italienische Staat für die Beschwerdeführerin nicht ausreichend gesorgt hat, lässt sich den Aussagen der Beschwerdeführerin nicht in substantiierter Weise unter Berücksichtigung der Länderberichte zu Italien entnehmen. Es besteht auch kein Grund an der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des italienischen Staates zu zweifeln.
Wenn in der Beschwerde auf die Auswirkungen der Corona-Krise in Italien verwiesen wird, ist klar festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin laut den Länderfeststellungen in Italien, nach Registrierung beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst, dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger hat. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen im selben Ausmaß wie italienische Staatsbürger. In den aktuellen Länderfeststellungen wir auch ausführt, dass die BF sich hilfesuchend an verschiedene NGOs wenden kann und auch beim Innenministerium einen Antrag aufgrund von Vulnerabilität stellen kann.
Auch sonst wurde nicht in substantiierter Weise behauptet, dass die Beschwerdeführerin in Italien jemals medizinische Versorgung versagt worden wäre und ergeben sich dafür auch in den herangezogenen Länderberichten keinerlei Anhaltspunkte.
Auch sonst wurde von ihr kein Vorbringen erstattet, das geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Der Umstand, dass die BF in Italien über einen Asylstatus verfügt und damit in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden hat, wird im Übrigen nicht in substantiierter Weise bestritten und ergibt sich aus der ausdrücklichen Zustimmung zur Rückübernahme der Beschwerdeführerin, übermittelt von den italienischen Behörden und datiert mit 12.11.2020.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lauten:
„§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1.wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2.zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3.wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
…
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
…“
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:
„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
…“
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 24/2016)“
Der Beschwerdeführerin wurde in Italien der Asylstatus am 14.06.2019 zuerkannt. In diesem Zusammenhang ist Folgendes festzuhalten: Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 03.05.2016, Ra 2016/18/0049) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und dieser dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener in § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann, stellt § 4a AsylG 2005 darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei der Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen könnte oder diesem etwa die Aberkennung seines i