TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/28 95/12/0050

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Veröffentlicht am 28.05.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2 impl;
AVG §45 Abs3 impl;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des S in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 15. Dezember 1994, Zl. 144.702/12-I/C/10Cb/94, betreffend amtswegige Versetzung in den Ruhestand nach § 14 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.190,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1940 geborene Beschwerdeführer steht auf Grund des angefochtenen Bescheides ab 1. Jänner 1995 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Institut für Liturgiewissenschaft der Katholischen Fakultät der Universität Salzburg, an dem er nach vorangegangener Tätigkeit als Hochschul(Universitäts)Assistent ab 30. April 1980 als wissenschaftlicher Beamter, zuletzt als Oberrat, tätig war.

Auf Grund verschiedener Eingaben des Beschwerdeführers an den Bundespräsidenten (Schreiben vom 8. September 1993 und 7. Februar 1994) und den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (Schreiben vom 24. Jänner und 3. Februar 1994), in denen der Beschwerdeführer vor allem auf die seiner Meinung nach auf theologische Differenzen mit seinem Institutsvorstand Prof. N. zurückgehende ungerechte Behandlung seiner Person und auf seine Forderung, die Theologische Fakultät aus dem Verband der Universität herauszulösen, hinwies, und die ablehnende Behandlung seiner Reformvorschläge durch den Dekan der Theologischen Fakultät darlegte, ersuchte die belangte Behörde nach Rücksprache mit Organwaltern der betroffenen Universitätseinrichtungen die Universitätsdirektion der Universität Salzburg um Durchführung einer fachärztlichen Untersuchung, da Zweifel am Vorliegen der für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen (insbesondere geistigen) Eignung bestünden.

Zwei Einladungen des Rektors der Universität Salzburg zu einer Besprechung (die erste für 21. März 1994, die zweite alternativ für 23. oder 25. März 1994) lehnte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf einen Arztbesuch bzw. aus gesundheitlichen Gründen (Zustand nach einer vor Jahren durchgeführten Magenoperation) ab. Diesen Schriftverkehr übermittelte der Beschwerdeführer neuerlich dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit dem Ersuchen, für eine totale Trennung von Kirche und Staat zu sorgen. Die Differenzen zwischen Prof. N. und ihm sollten vor die Kirche kommen (Schreiben des Beschwerdeführers vom 17. März und 23. März 1994).

In der Folge ersuchte der Rektor den amtsärztlichen Dienst der Landeshauptstadt Salzburg um Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers.

Mit Schreiben vom 21. Juni 1994 teilte der Amtsarzt Dr. H mit, der Beschwerdeführer sei am 21. April 1994 nicht zur vorgesehenen Untersuchung erschienen. Er sei daher am 20. Mai 1994 mit Rsa-Brief für einen neuen Termin am 30. Mai 1994 geladen worden. Nach dem zweiten erfolglosen Zustellversuch sei die Ladung am 26. Mai 1994 hinterlegt worden.

Mit Schreiben vom 13. Juli 1994 ersuchte hierauf der Rektor der Universität Salzburg Dr. H um Erstellung eines amtsärztlichen (fachärztlichen) Gutachtens betreffend die Eignung des Beschwerdeführers zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben auf Grund des bereits vorgelegten Aktenmaterials.

Der Amtsarzt gab mit Schreiben vom 11. August 1994 bekannt, er gehe auf Grund des vorgelegten Aktenmaterials davon aus, daß mit größter Wahrscheinlichkeit eine schwere Geisteskrankheit vorliege. Er habe den Beschwerdeführer nicht untersuchen können, weil dieser alle Ladungen negiert habe. Der Beschwerdeführer müßte sich raschest einer Therapie unterziehen bzw. behandeln lassen. Es sei für den Amtssachverständigen nicht vorstellbar, daß sich der gesundheitliche Zustand des Beschwerdeführers in nächster Zeit soweit bessern könnte, daß er wieder als dienstfähig angesehen werden könne. Da der Amtssachverständige jedoch kein Facharzt für Psychiatrie und Neurologie sei, sollte man erforderlichenfalls ein Gutachten eines Facharztes dieser Richtung erstellen lassen. Er sei gerne bereit, eine entsprechende Verbindung mit einem Facharzt herzustellen.

In der Folge erstattete Universitätsprofessor Dr. D, Vorstand der I. Psychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Salzburg, ein Gutachten. Dieses psychiatrische Fachgutachten vom 12. September 1994 lautet (auszugsweise):

"1) Auftragserteilung und Datenquelle:

Am 19.08.1994 erfolgte eine schriftliche Beauftragung von Professor D durch den Amtsarzt des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg, Herrn Sanitätsrat Dr. H, aufgrund der vorliegenden Aktenunterlagen eine psychiatrische Begutachtung von Herrn S vorzunehmen. Letzerer hat mehrere Aufforderungen sich zu einer Aussprache beim Rektor der Universität einzufinden bzw. sich einer amtsärztlichen oder fachärztlichen Begutachtung zu unterziehen, nicht befolgt. Als Grund gab er zunächst "Dauerdurchfall in ganz wässriger Form" an, angeblich mitverursacht durch die Folgen einer Magenresektion vor 30 Jahren, später wandte er sich auch aggressiv gegen die Aufforderung und meinte zuletzt sogar, die Urheber dieser Einladungen seien von ihm aus der Kirche ausgeschlossen worden. Nun geht aus der Aktenlage hervor, daß das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung die Universitätsdirektion der Universität Salzburg beauftragt hat, ein ärztliches Gutachten zur Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit über Herrn S erstellen zu lassen, was wegen der mangelnden Kooperation und der fehlenden Krankheitseinsicht von Herrn S erschwert ist.

An sich ist naturgemäß die Erstellung eines Gutachtens ohne psychiatrische Untersuchung oder vielleicht sogar klinische Beobachtung des zu Beurteilenden recht problematisch. Der vorliegende Schriftverkehr des Herrn Oberrat S mit der Universität und seine Briefe an den Bundespräsidenten und an einen Minister der Republik Österreich, sowie einige programmatische "Projekte", welche in Kopie vorliegen, erlauben jedoch eine psychiatrische Beurteilung nur aufgrund der schriftlichen Unterlagen. Da es sich um eine in der Psychiatrie vergleichsweise charakteristische Krankheitsentwicklung handelt, kann auch mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit eine diagnostische und prognostische Aussage vorgenommen werden. Bezüglich der genauen Auflistung der Datenquellen siehe das Schreiben von Universitätsdirektor Professor Dr. M an Senatsrat Dr. J.H. vom 24.03.1994, Zl. 8526/5-94.

...

3) Zur Krankheitsentwicklung:

Aus den schriftlichen Unterlagen geht hervor, daß zumindest aus der Sicht von Herrn S ein Konflikt hinsichtlich der Einsetzung des katholischen Priesters durch Christus oder durch das Volk ein wichtiger Ausgangspunkt für die soziale und auch gedankliche Isolierung von Herrn S darstellt. Bei chronologischer Durchsicht der Beschwerdeschreiben des Herrn S sind die Auseinandersetzungen zunächst noch etwas rechthaberisch, er macht oft aus einer Mücke einen Elefanten und spannt den Bogen seiner Beschwerden von angeblichen Benachteiligungen am Institut bezüglich Bücherbestellungen über mystisch-naturwissenschaftliche Projekte hinsichtlich der Kugel-Allrotation etc. bis zu liturgischen Grundsatzfragen der Osternacht.

Aus dem Schreiben des Institutes für Liturgiewissenschaft sind natürlich kaum inhaltliche Kontroversen, sondern die disziplinären Probleme zu erkennen. Herr S hielt sich nicht an die Anordnungen des Institutsvorstandes, ignorierte auch Aufforderungen des Dekans und des Rektors und wandte sich mit Anliegen hinsichtlich seiner wohl eher vermeintlichen ungerechten Behandlung durch den Institutsvorstand mit "Hilfeschreiben" an den Bundespräsidenten und an den Vizekanzler, welche er auf das Konkordat und die apostolische Konstitution verwies. Als Beispiel für den doch etwas skurrilen Inhalt seiner Eingaben sei ein Abschnitt des Schreibens an Herrn Vizekanzler Busek zitiert:

"Als neuestes Ergebnis kann ich aufzeigen, daß die Atombewegung um den ATOMKERN ein "Spiral-Kreis" ist. Das Experiment ist mit der Physik schon besprochen. Ich hoffe, daß die Realisierung gelingt. Zudem brauche ich unbedingt bessere experimentelle Bedingungen. Ich brauche die Gentechnik"

Im weiteren Verlauf wurden die Schreiben des Herrn S zunehmend zerfahrener, schwerer einfühlbar und sehr stark persönlich gefärbt. Er beruft sich auf seine Todeserfahrung und Auferweckung vor 30 Jahren, unterstellt Professer N "Gotteslästerung" und präsentiert in einer Art von Erfinderwahn seine "Grundlagenforschungen". Er habe eine Pyramide entwickelt, die aus den vier Elementen Wasser, Feuer, Luft und Erde bestehe. Beweisen würde er dies durch Bewegung ohne Achse und durch "Allrotation". Herr S lädt schriftlich Rektor Dr. M ein, mit ihm den derzeitigen Stand der Forschung zu besichtigen, verweigert aber gleichzeitig bei Aussprachen zu erscheinen. Wie aus dem Briefwechsel wegen der Parkgenehmigung hervorgeht, erstreckt sich dieser Kommunikationsstil nicht nur auf den unmittelbar Vorgesetzten, sondern auch auf andere Personen. Da er nicht die gewünschte Parkgenehmigung erhalten habe, sei er erschüttert bis empört zugleich und meint, daß man ihm die Gesundheit zerstören, ja ihn vielleicht sogar umbringen wolle (Schreiben an Dr. S von der Universitätsdirektion vom 05.05.1992).

4) Psychopathologische Beurteilung:

Ausgehend von einem Konflikt mit Professor N hat sich Herr S, offensichtlich auch von einem gewissen Sendungsbewußtsein hinsichtlich seiner theologischen Ideen getragen, zunehmend mit der Institution Universität überworfen. In zahlreichen querulatorischen Schreiben versucht er ein wohl vermeintliches Recht zu erzwingen. Der Stil dieser Schreiben ist etwas sprunghaft, großspurig, umfaßt weite wohl nahezu vom Erfinderwahn geprägte Passagen über theologische, aber auch über physikalische, tiefe Einsichten des Schreibers. Er gibt Ratschläge zur Wirtschaftspolitik in der EU, zur Liturgie der Osternacht und zur Atomphysik. Versponnene und fanatische Persönlichkeitszüge sind deutlich zu erkennen. Auch fühlt sich der Betroffene oft benachteiligt, hegt lange einen Groll und reagiert mit einem übermäßig zornigen Gegenangriff auf echte oder vermeintliche Zurücksetzungen. All dies ist für eine paranoide Persönlichkeitsstörung (DSM III 301.00) recht charakteristisch. Im weiteren Verlauf ist die Neigung, die Handlungen anderer als erniedrigend oder bedrohlich zu interpretieren, wie beispielsweise die Vorladungen durch Rektor M, sowie die Streitsüchtigkeiten und Humorlosigkeit von Herrn S, sowie sein anscheinend sonderbares und exzentrisches Wesen ein Hinweis auf eine auf der Basis der Persönlichkeitsstörung gewachsene wahnhafte Störung (DSM III 297.10). Dabei dreht sich der Wahn vorwiegend um das Thema von seinem Vorgesetzten schlecht behandelt worden zu sein, aber auch um übersteigerte Gefühle vom eigenen Wert und Wissen und von der Überzeugung eine ganz besondere begnadete Persönlichkeit zu sein.

8) Zusammenfassende Bedeutung:

Bei Herrn Oberrat S handelt es sich, soweit dies aus den schriftlichen Unterlagen entnommen werden kann, am ehesten um eine wahnhafte Störung auf der Basis einer paranoiden Persönlichkeit. Eine unmittelbare akute Gefährdung des eigenen Lebens und der eigenen Gesundheit oder des Lebens und der Gesundheit anderer Personen scheint im Rahmen dieser psychischen Erkrankung gegenwärtig nicht vorzuliegen, so daß eine Untersuchung ohne Einwilligung des Kranken meines Erachtens nicht erzwungen werden kann.

6) Stellungnahme zur Diensttauglichkeit und Therapieempfehlung:

Da sich der Wahn von Herrn S vorwiegend auch um theologische Themen und um seine Kontroverse mit dem Institutsvorstand dreht, ist eine Diensttauglichkeit derzeit nicht gegeben. Eine amtswegige Versetzung in den Ruhestand wird unbedingt empfohlen. Voraussichtlich ist bei der zugrundeliegenden Persönlichkeitsstörung und bei der Langfristigkeit ähnlich gelagerter Entwicklungen auch eine Rückkehr in den Universitätsdienst unwahrscheinlich.

Um all dies definitiver zu beurteilen, wäre jedoch eine psychiatrische Untersuchung und ein Behandlungsversuch bei Herrn S unbedingt nötig.

Zur Behandlung würden wir psychiatrische Aussprachen, stützende Psychotherapie und eventuell sogar eine leichte neuroleptische Medikation empfehlen. Dies ist allerdings nur möglich, wenn Herr S kooperiert und dies wünschen würde, was offenbar derzeit nicht der Fall ist."

Mit Schreiben vom 13. September 1994 kam der Amtsarzt Dr. H unter Berufung auf das Gutachten Dris. D zum Ergebnis, der Beschwerdeführer sei auf Grund der festgestellten Diagnose "paranoide Persönlichkeit" als dienstuntauglich einzustufen. Es werde daher empfohlen, die vorzeitige Pensionierung einzuleiten, da es unwahrscheinlich sei, daß eine wesentliche Besserung seiner Erkrankung erzielt werden könne. Der Beschwerdeführer sei auch für jeden anderen zumutbaren Erwerb als unfähig einzustufen. Abschließend werde dringend empfohlen, eine Therapie einzuleiten, die jedoch insofern schwierig sein dürfte, weil der Beschwerdeführer dazu offensichtlich nicht gewillt sei.

Mit Schreiben vom 11. November 1994 gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer folgendes bekannt:

"Laut einer Mitteilung der Universitätsdirekton der Universität Salzburg vom 15. April 1994 wurde versucht, Sie zu einem Gespräch mit Herrn Rektor O. Univ.Prof. Dr. M einzuladen, da aufgrund verschiedener Vorkommnisse der dringende Verdacht besteht, daß Sie an einer schweren Erkrankung leiden und daher im Sinne des § 14 Abs. 3 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 dienstunfähig sind.

Alle Ihnen für dieses Gespräch angebotenen Termine haben Sie unter Hinweis auf Ihren Gesundheitszustand nicht wahrgenommen."

Nach Wiedergabe des § 14 Abs. 3 BDG 1979 und einer Erläuterung, was unter dem Begriff der Dienstunfähigkeit zu verstehen sei, führte die belangte Behörde in ihrem Vorhalt ferner aus:

"Zur endgültigen Abklärung der offensichtlich bei Ihnen vorliegenden Dienstunfähigkeit wurde der Amtsarzt der Landeshauptstadt Salzburg ersucht, ein amtsärztliches Gutachten über Ihren Gesundheitszustand zu erstellen.

Den durch den Amtsarzt der Landeshauptstadt Salzburg mehrfach, zuletzt am 22. Mai 1994, ergangenen Einladungen zur amtsärztlichen Untersuchung haben Sie immer wieder unter Hinweis auf Ihr Magen- und Darmleiden, nicht Folge geleistet.

Somit mußte aufgrund der vorliegenden Aktenunterlagen zur ergänzenden Abklärung der Frage Ihrer Dienstfähigkeit im Sinne des § 14 Abs. 3 BDG eine gutachtliche Stellungnahme der I. Psychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Salzburg eingeholt werden.

Diese Stellungnahme vom 12. September 1994 kommt ebenso wie der Amtsarzt der Landeshauptstadt Salzburg in seiner amtsärztlichen Stellungnahme vom 13. September 1994 zur Diagnose, daß Sie aufgrund von wahnhaften Störungen auf der Basis einer paranoiden Persönlichkeit nicht dienstfähig sind.

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung beabsichtigt daher, da Sie im Sinne des § 14 Abs. 3 BDG dienstunfähig sind, Sie mit Ablauf des 31. Dezember 1994 gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. von Amts wegen in den Ruhestand zu versetzen.

Dies wird Ihnen, da das Ermittlungsverfahren in Ihrer Ruhestandsversetzung abgeschlossen ist, zur Kenntnis gebracht.

Sie haben Gelegenheit, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Verständigung dazu Stellung zu nehmen."

Mit Schreiben vom 1. Dezember 1994 erhob der Beschwerdeführer "Einspruch" gegen die zu Unrecht getroffene Feststellung einer Geisteskrankheit. Insbesondere verweise er auf die fragwürdige gutachterliche Stellungnahme der I. Psychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Dris. D. Dieses Gutachten sei lediglich auf Grund dem Beschwerdeführer unbekannter Informationen erstellt worden. Er selbst sei nie zu einer solchen Untersuchung eingeladen worden. Da bei ihm keine Geisteskrankheit vorliege, bestehe die behauptete Dienstunfähigkeit nicht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Dezember 1994 versetzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 31. Dezember 1994 in den Ruhestand. Gleichzeitig rechnete sie gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1995 dem Beschwerdeführer zu seiner ruhegenußfähigen Bundesdienstzeit einen Zeitraum von einem Jahr und vier Monaten hinzu. Begründend führte die belangte Behörde aus, nach einer Mitteilung der Universitätsdirektion der Universität Salzburg sei versucht worden, den Beschwerdeführer zu einem Gespräch mit dem Rektor einzuladen, da auf Grund verschiedener Vorkommnisse der dringende Verdacht bestanden habe, daß der Beschwerdeführer an einer schweren Erkrankung leide und im Sinne des § 14 Abs. 3 BDG 1979 dienstunfähig sei. Der Beschwerdeführer habe alle angebotenen Gesprächstermine unter Hinweis auf seinen Gesundheitszustand nicht wahrgenommen. Zur endgültigen Abklärung der offensichtlich beim Beschwerdeführer vorliegenden Dienstunfähigkeit sei der Amtsarzt der Landeshauptstadt Salzburg ersucht worden, ein amtsärztliches Gutachten über dessen Gesundheitszustand zu erstellen. Den mehrfach durch den Amtsarzt der Landeshauptstadt Salzburg ergangenen Einladungen zur amtsärztlichen Untersuchung, zuletzt am 22. Mai 1994, habe der Beschwerdeführer immer wieder unter Hinweis auf sein Magen- und Darmleiden nicht Folge geleistet. Somit habe auf Grund der vorliegenden Aktenunterlagen zur ergänzenden Abklärung der Fragen seiner Dienstfähigkeit im Sinne des § 14 Abs. 3 BDG 1979 eine gutachterliche Stellungnahme der I. Psychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Salzburg eingeholt werden müssen. Diese gutachterliche Stellungnahme vom 12. September 1994 komme ebenso wie der Amtsarzt der Landeshauptstadt Salzburg in seiner amtsärztlichen Stellungnahme vom 13. September 1994 zur Diagnose, daß der Beschwerdeführer auf Grund von wahnhaften Störungen auf Basis einer paranoiden Persönlichkeit nicht dienstfähig sei. Unter Würdigung der gutachterlichen Stellungnahme der

I. Psychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Salzburg vom 12. September 1994 sowie der Stellungnahme des Amtsarztes der Landeshauptstadt Salzburg vom 13. September 1994 sei der Beschwerdeführer somit dauernd unfähig, seinen Dienst zu versehen. Dies sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. November 1994 mitgeteilt und ihm Gelegenheit gegeben worden, dazu Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1994 habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, daß er gegen die Feststellung der Dienstunfähigkeit Einspruch erhebe, da die getroffene Feststellung einer Geisteskrankheit zu Unrecht erfolgt sei. Insbesondere habe er auf die "fragwürdige gutachterliche Stellungnahme der I. Psychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Salzburg - Prof.Dr. D" verwiesen und festgestellt, daß diese auf Grund ihm unbekannter Informationen erstellt worden sei. Er selbst sei zu einer solchen Untersuchung nie eingeladen worden. Da somit bei ihm keine Geisteskrankheit vorläge, bestehe auch die behauptete Dienstunfähigkeit nicht, und er beanspruche daher die weitere dienstliche Verwendung. Dazu sei festzustellen, daß es zur Frage der Feststellung der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers durchaus nicht notwendig sei, daß er durch einen Gutachter persönlich untersucht werde, da er diesbezügliche Einladungen mehrfach abgelehnt habe. Ein Gutachten könne durchaus auf Grund aktenmäßig vorliegender Unterlagen abgegeben werden. Wesentlich sei, daß die Dienstbehörde auf Grund der von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen schlüssig die Rechtsfrage über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Dienstfähigkeit entscheiden könne. Dies treffe im Beschwerdefall zu, da auf Grund der "oa. Vorkommnisse" der Schluß der Dienstunfähigkeit nicht nur auf Grund ärztlicher Feststellungen, sondern auch aus der Art der Dienstleistungen des Beschwerdeführers selbst erfolgt sei, wobei insbesondere auch habituelle Charaktereigenschaften bzw. geistige Mängel die ordnungsgemäße Führung seiner Amtsgeschäfte ausschlössen. Bei der Beurteilung der Frage seiner Dienstunfähigkeit sei somit nicht nur das Gutachten der Ärzte maßgeblich, sondern es spielten auch die Wahrnehmungen seiner Dienststelle über seine dienstliche Betätigung eine entscheidende Rolle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflchtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter anderem geltend, er sei in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Mit dem Schreiben vom 11. November 1994 sei die belangte Behörde nur scheinbar ihrer Verpflichtung nach § 37 AVG nachgekommen, weil sie sich damit begnügt habe, bloß die Schlußfolgerungen der ärztlichen Sachverständigengutachten zur Kenntnis zu bringen. Lediglich am Rand sei darauf hingewiesen worden, daß verschiedene Vorkommnisse den Verdacht der Dienstunfähigkeit begründet hätten, ohne darzulegen, worin diese Vorkommnisse bestanden hätten. Mangels Kenntnis habe der Beschwerdeführer weder substantiell zu den ärztlichen Stellungnahmen noch zu den Vorwürfen "verschiedener Vorkommnisse" etwas erwidern können, da ihm diese nicht bekannt gegeben worden seien. In der Folge setzt sich der Beschwerdeführer mit den medizinischen Gutachten (von denen er sich offenbar nach Erlassung des angefochtenen Bescheides Kenntnis verschaffte) kritisch auseinander; unter anderem rügt er, die Gutachten seien mangelhaft geblieben; die Gutachter begnügten sich mit generellen Feststellungen, wobei diese relativiert werden würden, da z.B. im Gutachten Dris. D eingeräumt werde, daß eine psychiatrische Untersuchung oder ein Behandlungsversuch beim Beschwerdeführer unbedingt nötig sei, "um all dies definitiver zu beurteilen". Gerügt wird auch die mangelhafte Abklärung, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliege, zumal aus den ärztlichen Aussagen (z.B. Therapieempfehlung im Gutachten des Amtssachverständigen) der Schluß zu ziehen sei, daß eine Heilung oder zumindest Besserung des Gesundheitszustandes, soweit, daß die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers wieder hergestellt sei, erzielt werden könne. Außerdem sei im Befund das Sachverständigengutachten nicht hinreichend dargelegt worden, von welchen Tatsachen die Ärzte bei der Erstellung ihrer Gutachten (im engeren Sinn) ausgegangen seien. Insbesondere widerspreche das Gutachten Dris. D diesem Gebot der Offenlegung der (verwerteten) Unterlagen. Dr. D nehme zur Begründung seiner Aussagen immer wieder auf diverse Schreiben des Beschwerdeführers Bezug; dem Gutachten sei jedoch nicht zu entnehmen, welche Urkunden dem Sachverständigen insgesamt vorgelegen seien. Die Offenlegung wäre für eine schlüssige Begründung des Gutachtens erforderlich gewesen. Die belangte Behörde wäre auch auf Grund seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 1994 verpflichtet gewesen, sich mit seinen Einwendungen auseinanderzusetzen und ein Ergänzungsgutachten in Auftrag zu geben, dem eine persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers durch einen Sachverständigen vorauszugehen gehabt hätte. Zum zweiten Begründungselement im angefochtenen Bescheid (Schlußfolgerungen aus der Art der Dienstleistungen des Beschwerdeführers) brachte der Beschwerdeführer vor, es würden keine Feststellungen getroffen, um welche Wahrnehmungen es sich dabei gehandelt habe. Offen werde auch gelassen, auf Grund welcher Überlegungen die Behörde dazu komme, habituelle Charaktereigenschaften und Mängel beim Beschwerdeführer anzunehmen.

Diese Verfahrensrügen sind berechtigt.

Entgegen ihrem Vorbringen in der Gegenschrift kam die belangte Behörde mit ihrem Vorhalt vom 11. November 1994 nicht ihrer Verpflichtung zur Gewährung des Parteiengehörs nach § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 DVG nach. Danach ist nämlich der Partei des Dienstrechtsverfahrens insoweit Gelegenheit zu geben, von den Ergebnissen amtlicher Erhebungen und Beweisaufnahmen Kenntnis und zu ihnen Stellung zu nehmen, als diese Ergebnisse von dem bisherigen für den Bescheid maßgebenden Vorbringen der Partei abweichen. Dieses Recht hat nach Lehre und Rechtsprechung den Sinn, der Partei die Möglichkeit zu geben, im Zuge des Ermittlungsverfahrens alles vorzubringen, was ihren Rechtsstandpunkt stützt, mit der Konsequenz, daß sich die Behörde mit diesem Vorbringen, sofern es zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes wesentlich ist, auseinandersetzen muß. Das bedeutet, daß der Partei die Ergebnisse der Beweisaufnahme unter Einräumung der Möglichkeit dazu Stellung zu nehmen, ungeschmälert zur Kenntnis zu bringen sind; dem Parteiengehör unterliegt daher der gesamte Inhalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. April 1989, 88/08/0020 mit weiteren Judikaturhinweisen). Werden Sachverständige beigezogen, so hat die Partei zunächst einmal den Anspruch auf Bekanntgabe der Namen der Sachverständigen, da andernfalls die Partei nicht in die Lage versetzt wird, allfällige Einwendungen gegen die Person des Sachverständigen oder seine Eignung vorzubringen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. November 1982, 82/07/0162 = Slg. Nr. 10.895/A, und vom 18. Oktober 1988, 88/14/0092). Ferner gehören zu dem im Falle einer Beweisaufnahme durch den Sachverständigen im Rahmen des Parteiengehörs zu übermittelnden gesamten Inhalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme sowohl der Befund (einschließlich der Hilfsbefunde) als auch die darauf beruhenden sachverhaltsbezogenen Schlußfolgerungen, da nur so der Partei die Möglichkeit gegeben ist, sich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme, allenfalls durch Entgegensetzung des Gutachtens eines Privatsachverständigen, zu befassen (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 5. Mai 1981, 1754/79 = Slg. Nr. 10.441/A,

sowie vom 31. Jänner 1984, 83/07/0215 = Slg. Nr. 11.315/A,

sowie das schon genannte Erkenntnis vom 18. April 1989, 88/08/0020). Die bloße Wiedergabe des Ergebnisses der fachkundigen Stellungnahme (so, wie im schon mehrfach zitierten Behördenvorhalt vom 11. November 1994) genügt nicht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1991, 90/12/0265). Dem kann auch nicht, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, entgegengehalten werden, daß der Beschwerdeführer von seinem Recht auf Akteneinsicht keinen Gebrauch gemacht habe. Sollte die belangte Behörde damit meinen, es wäre dem Beschwerdeführer freigestanden Akteneinsicht zu nehmen, so ist ihr entgegenzuhalten, daß nicht durch die bloße Möglichkeit, sondern nur durch die Aufforderung zur Akteneinsicht, aber auch nur dann, wenn aus der Aufforderung erkennbar ist, daß damit Gelegenheit geboten werden solle, zur Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, und die Partei im Hinblick auf die gewährte Frist zur Stellungnahme auch die Möglichkeit hiezu hat, der Verpflichtung nach § 45 Abs. 3 AVG entsprochen wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1991, 90/12/0265 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Es trifft auch zu, daß sich die belangte Behörde mit dem Einwand des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 1994 hätte auseinandersetzen müssen, daß das Gutachten Dris. D lediglich auf Grundlage von dem Beschwerdeführer nicht bekannten Informationen erstellt worden sei, und sich nicht damit begnügen durfte, nur das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, das im Ergebnis auf die Bestreitung der Zulässigkeit der Stellung eines Aktengutachtens hinauslief, zu behandeln. Dieser Einwand war auch im Hinblick auf die bloße Mitteilung des Ergebnisses der Sachverständigengutachten im Behördenvorhalt vom 11. November 1994 hinreichend konkret und substantiiert.

Es trifft auch das Vorbringen des Beschwerdeführers gegen die zweite Begründungslinie des angefochtenen Bescheides (Schlußfolgerungen aus "oa. Vorkommnissen" auf die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers) schon deshalb zu, weil diese Vorkommnisse nicht näher dargelegt werden und damit die daraus gewonnene Schlußfolgerung, beim Beschwerdeführer lägen auch habituelle Charaktereigenschaften bzw. geistige Mängel vor, die eine ordnungsgemäße Führung seiner Amtsgeschäfte durch ihn ausschlössen, nicht überprüfbar ist.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Befangenheit von SachverständigenSachverständiger Bestellung Auswahl Enthebung (Befangenheit siehe AVG §7 bzw AVG §53)Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelParteiengehörParteiengehör SachverständigengutachtenSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995120050.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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