Entscheidungsdatum
29.12.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I419 2237972-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. ALGERIEN, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 21.11.2020, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III des bekämpften Bescheids zu lauten hat: „Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste illegal ein und stellte am 09.10.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das BFA mit dem bekämpften Bescheid betreffend die Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Algerien (Spruchpunkt II) als unbegründet abwies, wobei es dem Beschwerdeführer zugleich keine Aufenthaltsberechtigung „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“ erteilte (Spruchpunkt III), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erließ (Spruchpunkt IV) und feststellte, dass dessen Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkt V).
Ferner stellte das BFA fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI), und aberkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt VII).
2. Beschwerdehalber wird vorgebracht, der Beschwerdeführer sei am Tag der Antragstellung eingereist und hätte beim BFA auch detaillierter Auskunft gegeben, mangels asylrechtlichen Wissens hingegen von seinen Fluchtgründen berichtet, soweit es ihm wichtig erschien. Für den Herkunftsstaat existiere eine Reisewarnung des BMEIA, und auch im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Pandemie bestehe ein hohes Sicherheitsrisiko.
Unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse sowie der Versorgungs- und Lebensbedingungen im Herkunftsstaat könne davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer dort der realen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt wäre. Ferner sei sein in Österreich bestehendes Privatleben zu berücksichtigen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer, dessen Identität nicht feststeht, ist gesund und arbeitsfähig. Er nimmt keine Medikamente, ist Anfang 20, kinderlos, ledig, Sunnit und Angehöriger der arabischen Volksgruppe. Außer seiner Muttersprache Arabisch spricht er etwas Französisch.
Er ist im Herkunftsstaat in der Siedlung XXXX der Gemeinde XXXX in der Provinz Jijel (Wilaya de Jijel) geboren und hat dort bis zur Ausreise gelebt.
Mit ihm zusammen wohnte seine Familie, die Eltern, Mitte und Ende 50, vier Brüder, einer davon Teenager, die anderen von Mitte 20 bis Anfang 30, sowie fünf Schwestern, davon zwei Teenager und drei volljährig. Seinen Angehörigen geht es gut, der Beschwerdeführer steht mit ihnen in Kontakt. Seine Brüder sind berufstätig, die Familie ist arm und lebt unter anderem von der Arbeit der Brüder. Der Beschwerdeführer hat 11 Jahre die Schule besucht und war mit seinem Vater in dessen Landwirtschaft tätig.
Nach eigenen Angaben reiste er Ende Dezember 2019 zunächst in die Türkei, von dort nach 4 oder 5 Monaten weiter nach Griechenland und 1,5 Monate später Richtung Österreich, wo er am Tag vor der Antragstellung eingetroffen sei. Er hatte zur Zeit der Einreise € 0,80 in bar bei sich.
Mehrere Cousins des Beschwerdeführers leben in der EU, z. B. in Frankreich, niemand davon in Österreich. Abhängigkeiten im Verhältnis zum Beschwerdeführer bestehen in keiner Richtung.
Im Inland hat er außer den Behörden- und Verfahrenskontakten sowie den täglichen Verrichtungen keinerlei privaten sowie keine familiären Anknüpfungspunkte. Er lebt von der Grundversorgung, auf die er mangels eigener Mittel angewiesen war, und geht keinem legalen Erwerb nach. Strafrechtlich ist er unbescholten.
1.2 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Algerien ist nach § 1 Z. 10 HStV ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG. Im angefochtenen Bescheid wurde darauf und auf das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Algerien verwiesen, aus dem unten unter 1.3 zitiert wird. Im Lauf des Beschwerdeverfahrens ist keine Änderung eingetreten, sodass das Gericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und sie zu den seinen erhebt.
Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen über eine ihm drohende Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr. Auch sonst ergaben sich im Verfahren keine diesbezüglichen Hinweise.
Er hat den Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, da er Arbeit und ein besseres Leben sucht, was er im Herkunftsland nicht zu finden meint. Im Fall der Rückkehr fürchtet er finanzielle Probleme. Andere Gründe für die Ausreise hatte er nicht.
Es liegt kein Hinweis vor, dass er im Herkunftsstaat aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer auch nur unterstellten politischen Gesinnung verfolgt wurde oder verfolgt werden würde.
Er hat angegeben, im Herkunftsstaat sei es überall gleich, was Arbeit und Geld anbelange. Es ist kein Grund ersichtlich, warum ihn niemand aus seinem familiären Netzwerk, das jedenfalls 8 Erwachsene umfasst, zumindest für kurze Zeit (wieder) bei sich aufnehmen sollte.
Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
Dem Beschwerdeführer drohen nach seiner Rückkehr keine Verletzung der EMRK, keine ausweglose Lage und keine willkürliche oder strukturelle Gewalt. Entgegen seinem Fluchtvorbringen droht ihm auch keine solche ausweglose Situation, die Asylrelevanz erreicht.
1.3 Zur Lage im Herkunftsstaat:
Im angefochtenen Bescheid wurden die aktuellen Länderinformationen zu Algerien mit Stand 26.06.2020 zitiert.
Betreffend die aktuelle Lage sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.
Aus Berichten des Auswärtigen Amts (Deutschland) ergibt sich betreffend die Pandemie in Algerien:
Algerien ist weiterhin von COVID-19 betroffen. Regionale Schwerpunkte sind der Großraum Algier sowie die Provinzen Blida und Oran. […] Der internationale Personenflugverkehr aus und nach Algerien und der Fährverkehr sind seit Mitte März 2020 eingestellt. […] Der nationale Flugverkehr wurde seit dem 6. Dezember 2020 wiederaufgenommen. Der Zug- und Bahnverkehr ist seit März 2020 eingestellt. Öffentliche Verkehrsmittel und Taxis für den individuellen Transport dürfen nur innerhalb der Provinzen verkehren, Taxis und Busse zwischen den Provinzen sind verboten. […] In 34 Provinzen, darunter Algier und Oran, besteht eine Ausgangssperre von 20 Uhr bis 5 Uhr. Aufgrund von örtlichen Infektionsherden können lokale Behörden jederzeit auch kurzfristig weitere einschränkende Anordnungen verfügen. […] (www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/algeriensicherheit/219044)
Andererseits zeigt das Verhältnis der Zahl Infizierter (ohne Verstorbene und Geheilte), 29.659 per 28.12.2020 (Johns-Hopkins-Universität, coronavirus.jhu.edu/map.html), zur Bevölkerungszahl (ca. 42 Mio.), einen Anteil von ca. 706 pro Million, was verglichen mit Österreich und dem Anteil hier von ca. 2.326 pro Million (20.785 von ca. 8,9 Mio.) lediglich rund ein Drittel der hier festgestellten Quote ist.
Daraus folgt nicht, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr zwangsläufig in eine ausweglose Situation geriete.
Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.3.1 Grundversorgung
Nahezu die gesamten Staatseinkünfte des Landes stammen aus dem Export von Erdöl und Erdgas. Rund 90 Prozent der Grundnahrungsmittel und fast die Gesamtheit der Pharmazeutika und Gebrauchsgüter werden importiert. Eine an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientierte oder auf Autarkie zielende Industrialisierung hat nicht stattgefunden. Die Staatseinnahmen – und damit die Fähigkeit zur Subventionierung von Grundbedürfnissen (Grundnahrungsmittel, Wohnungsbau, Infrastruktur) – sind seit 2014 aufgrund des sinkenden Öl- und Gaspreises drastisch zurückgegangen (RLS 17.12.2019; vgl. BS 29.4.2020).
Algerien leistet sich aus Gründen der sozialen und politischen Stabilität ein für die Möglichkeiten des Landes aufwendiges Sozialsystem, das aus den Öl- und Gasexporten finanziert wird. Algerien ist eines der wenigen Länder, die in den letzten 20 Jahren eine Reduktion der Armutsquote von 25% auf 5% erreicht hat. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert. Ein Menschenrecht auf Wohnraum wird anerkannt. Für Bedürftige wird Wohnraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Missbräuchliche Verwendung ist häufig (ÖB 11.2019).
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist bislang durch umfassende Importe gewährleistet. Insbesondere im Vorfeld religiöser Feste, wie auch im gesamten Monat Ramadan, kommt es allerdings immer wieder zu substanziellen Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln. Für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Zucker und Speiseöl gelten Preisdeckelungen und Steuersenkungen. Im Bereich der Sozialfürsorge kommt, neben geringfügigen staatlichen Transferleistungen, vornehmlich der Familien-, im Süden des Landes auch der Stammesverband, für die Versorgung alter Menschen, Behinderter oder chronisch Kranker auf. In den Großstädten des Nordens existieren „Selbsthilfegruppen“ in Form von Vereinen, die sich um spezielle Einzelfälle (etwa die Einschulung behinderter Kinder) kümmern. Teilweise fördert das Solidaritätsministerium solche Initiativen mit Grundbeträgen (AA 25.6.2019).
Die Arbeitslosigkeit liegt bei 12 bis 17%, die Jugendarbeitslosigkeit (15-24-jährige) bei 30 bis 50% (WKO 10.2019 [jeweils niedrigerer Wert], RLS 17.12.2019 [jeweils höherer Wert]). Das staatliche Arbeitsamt Agence national d’emploi / ANEM (http://www.anem.dz/) bietet Dienste an, es existieren auch private Jobvermittlungsagenturen (z. B. http://www.tancib.com/index.php?page=apropos). Seit Februar 2011 stehen jungen Menschen Starthilfekredite offen, wobei keine Daten darüber vorliegen, ob diese Mittel ausgeschöpft wurden. Die Regierung anerkennt die Problematik der hohen Akademikerarbeitslosigkeit. Grundsätzlich ist anzumerken, dass allen staatlichen Genehmigungen/Unterstützungen eine (nicht immer deklarierte) sicherheitspolitische Überprüfung vorausgeht, und dass Arbeitsplätze oft aufgrund von Interventionen besetzt werden. Der offiziell erfasste Wirtschaftssektor ist von staatlichen Betrieben dominiert (ÖB 11.2019).
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie werden an vulnerable Familien in isolierten und vom Lockdown besonders betroffenen Gebieten Lebensmittel und Hygieneprodukte verteilt (Gentilini et al 12.6.2020: 29f).
1.3.2 Rückkehr
Die illegale Ausreise, d.h. die Ausreise ohne gültige Papiere bzw. ohne eine Registrierung der Ausreise per Stempel und Ausreisekarte am Grenzposten, ist gesetzlich verboten (Art. 175 bis 1. algerisches Strafgesetzbuch, Gesetz 09-01 vom 25.2.2009, kundgemacht am 8.3.2009) (ÖB 11.2019; vgl. AA 25.6.2019). Das Gesetz sieht ein Strafmaß von zwei bis sechs Monaten und / oder eine Strafe zwischen 20.000 DA bis 60.000 DA vor (ÖB 11.2019)
Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, werden mitunter zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Für illegale Bootsflüchtlinge („harraga“) sieht das Gesetz Haftstrafen von drei bis zu fünf Jahren und zusätzliche Geldstrafen vor. In der Praxis werden zumeist Bewährungsstrafen verhängt (AA 25.6.2019).
Eine behördliche Rückkehrhilfe ist ho. nicht bekannt. Ebenso sind der Botschaft keine NGOs bekannt, die Unterstützung leisten. Bekannt ist, dass Familien zurückkehrende Familienmitglieder wiederaufnehmen und unterstützen. Viel bekannter hingegen sind Fälle, in denen Familien Mitglieder mit beträchtlichen Geldmitteln bei der illegalen Ausreise unterstützen. Sollten Rückkehrer auf familiäre Netze zurückgreifen können, würde man annehmen, dass sie diese insbesondere für eine Unterkunft nützen. Die Botschaft kennt auch Fälle von finanzieller Rückkehrhilfe (EUR 1.000-2.000) durch Frankreich, für Personen, die freiwillig aus Frankreich ausgereist sind. Algerien erklärt sich bei Treffen mit div. EU-Staatenvertretern immer wieder dazu bereit, Rückkehrer aufzunehmen, sofern zweifelsfrei feststehe, dass es sich um algerische Staatsangehörige handle. Nachfragen bei EU-Botschaften und Pressemeldungen bestätigen, dass Algerien bei Rückübernahmen kooperiert. Zwischen Algerien und einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bestehen bilaterale Rückübernahmeabkommen (ÖB 11.2019).
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurden am 17.3.2020 alle Luft-, See- und Landgrenzübergänge geschlossen. […] (National 14.6.2020; vgl. USEMB 16.6.2020, IATA 17.4.2020/17.6.2020, Garda 13.6.2020).
2. Beweiswürdigung:
2.1 Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.
2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich, soweit unstrittig, auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.
Aus seiner Gesundheit, dem Alter und der Angabe, Arbeit zu suchen, ergab sich seine Arbeitsfähigkeit.
Da er zunächst angab, seine Brüder würden arbeiten und den Lebensunterhalt der Familienangehörigen finanzieren, er selbst habe ein Grundstück seines Vaters gehabt, wo er landwirtschaftlich gearbeitet habe (AS 45), dann aber, dass er (von der Arbeit der Brüder abgesehen, AS 157) „in der Landwirtschaft mit dem Vater gearbeitet“ habe (AS 159), war eine genauere Feststellung zum Familieneinkommen und zu dessen Herkunft nicht möglich.
2.3 Zum Fluchtvorbringen:
Der Beschwerdeführer gab zunächst zur Rückkehrentscheidung befragt an, im Herkunftsstaat gebe es „kein Leben“. Er wolle ein besseres Leben haben und einen Asylantrag stellen. (AS 47) Im Asylverfahren gab er an, er habe „ein Problem mit der Behörde“. (AS 45) Er suche Arbeit, ein besseres Leben und eine Zukunft. Im Herkunftsstaat habe er das nicht. (AS 33) Er würde im Herkunftsstaat im Rückkehrfall finanzielle Probleme erwarten. Befragt, was ihm vorgeworfen werde, gab er dazu nichts an, sondern erklärte: „Kurz gesagt, weil ich ein besseres Leben haben wollte, in Algerien gibt es das nicht.“ (AS 160) Die Nachfragen, ob es also einzig wirtschaftliche Gründe seien, derentwegen er den Herkunftsstaat verlassen habe, bejahte er und verneinte ausdrücklich weitere Gründe.
In der Beschwerde wird darüber hinaus lediglich vorgebracht, der Beschwerdeführer habe wegen der Versorgungs- und Lebensbedingungenmit hoher Wahrscheinlichkeit unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten, ohne weiter zu erklären, warum das so sein sollte („unter Berücksichtigung meiner persönlichen Verhältnisse“, AS 249).
Angesichts dieses gesteigerten Vorbringens bleibt als nachvollziehbarer und kontinuierlich präsentierter Kern, dass der Beschwerdeführer sich eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse erwartete, wenn er den Herkunftsstaat verließe. Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen, dass kein Asylwerber eine Gelegenheit ungenützt ließe, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten. Überdies hat er in der Einvernahme Probleme mit den Behörden verneint. (AS 159)
Demnach ist dem BFA zuzustimmen, das beweiswürdigend ausführt, das eben wiedergegebene Vorbringen dokumentiere keine individuelle aktuelle asylrelevante Verfolgung (AS 199).
Aus der angegebenen Armut der Familie („Schlechter als schlecht“, AS 157) folgt angesichts der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht, dass er existenziell gefährdet wäre, zumal auch seine Brüder Arbeit haben und die Familie davon zum Leben hat („gottseidank gut“, AS 158).
Ob der Beschwerdeführer nun in seinem bisherigen Beruf Arbeit findet (was nicht ausgeschlossen erscheint, hat er doch angegeben, mit dem Vater landwirtschaftlich tätig gewesen zu sein), oder mit Hilfstätigkeiten sein Auskommen finden muss, hat keinen entscheidenden Einfluss.
Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegentrat und als Neuerung eine existenzielle Notlage geltend macht, ohne nachvollziehbare Gründe dafür darzulegen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der entscheidungsrelevanten Feststellungen des BFA.
Damit sind die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Gericht der Beweiswürdigung anschließt. Der Beschwerde ist nichts zu entnehmen, was diese infrage stellen würde.
2.4 Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien (in der vom BFA verwendeten Version Stand 26.06.2020) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Die Länderfeststellungen wurden dem Beschwerdeführer am 30.10.2020 übergeben. (AS 149) Zu ihnen gab er am 13.11.2020 an (AS 161), er wolle sich nicht zur Lage im Herkunftsstaat äußern, diese sei „eh bekannt“.
Damit ist er den Länderfeststellungen nicht qualifiziert entgegengetreten.
Die weiteren Feststellungen entstammen den auch vom BFA verwendeten Angaben des CoV-Dashboards der Johns Hopkins Universität (coronavirus.jhu.edu/map.html), die inländischen Zahlen sind die des BMSGPK (www.derstandard.at/story/2000120049733/aktuelle-zahlen-coronavirus-oesterreich-corona-ampel-in-ihrem-bezirk) vom 28.12.2020.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):
3.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass dem Wunsch nach besseren wirtschaftlichen Verhältnissen in Europa fallbezogen keine Asylrelevanz zukommt. Die wirtschaftliche Benachteiligung einer bestimmten, beispielsweise ethnischen Gruppe (fallbezogen z. B. Araber), die den Angehörigen dieser Gruppe jegliche Existenzgrundlage entzieht, kann zwar grundsätzlich als „reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse“ (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174) asylrelevant sein, wurde aber in dieser Intensität weder anhand der Länderfeststellungen noch betreffend den Beschwerdeführer als Person oder seine Familie festgestellt.
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):
Nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Um von der realen Gefahr einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nicht, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (26.04.2017, Ra 2017/19/0016 mwH).
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage wie allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse liegen nicht vor, wie auch die Feststellungen betreffend die Pandemie ergeben, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Verdacht auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Das gilt auch dann, wenn eine Unterstützung durch Angehörige des Beschwerdeführers auf die Ankunftszeit begrenzt bleibt, weil er arbeitsfähig ist, auch bereits im Herkunftsland berufstätig war, und seine Brüder auch erwerbstätig sind, ja sogar die Familie des Beschwerdeführers unterstützen können, weshalb der Beschwerdeführer diesen vorhandenen Arbeitsmarkt ebenso nutzen kann.
Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.
3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte III bis V):
3.3.1 Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz
Im Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“ nicht erteilt werde. Damit war das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemeint, wie die Bescheidbegründung erweist (S. 38, AS 206). Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.
Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
3.3.2 Rückkehrentscheidung
Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.
Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.
Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.
Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben und von seinem Asylverfahren samt der dafür nötigen Unterbringung etc. abgesehen kein Privatleben im Bundesgebiet. Er hält sich hier weniger als drei Monate auf und hat keinen gemeldeten Wohnsitz außer dem jeweils zugewiesenen Quartier.
Nach der genannten Anwesenheitsdauer kann nicht von einer Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden. Zudem beruhte der Aufenthalt auf einem Asylantrag, der unbegründet war, weshalb sich der Beschwerdeführer des unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.
Es liegen keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde.
Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat (über drei Jahrzehnte), familiäre, sprachliche und kulturelle Verbindungen, speziell seine Eltern und Geschwister.
Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.
Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.
3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.
Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Algerien einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.
Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde, in seinem Leben bedroht, in seiner Unversehrtheit beeinträchtigt oder gar getötet zu werden.
Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Selbst die Beschwerde belässt es beim Vorbringen, ohne dazu konkret auszuführen, warum das beim Beschwerdeführer im Gegensatz zu seinen Angehörigen zutreffen sollte.
Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Algerien zumindest notdürftig leben zu können. Er spricht Arabisch, hat mehr als 10 Jahre die Schule besucht und im Herkunftsstaat auch schon Arbeitserfahrung gesammelt. So kann er vorhandene Sozialkontakte nutzen und neue knüpfen, selbst wenn die familiäre Unterstützung durch Eltern und Geschwister wider Erwarten nicht hinreicht.
Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsstaat, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem besteht in Algerien keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.
Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dort das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht substantiiert behauptet.
Eine der Abschiebung nach Algerien entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.
Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.
Die Beschwerde war daher auch betreffend die Spruchpunkte III bis V abzuweisen.
3.4 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI):
Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit der soeben erörterten Voraussetzung des § 18 Abs. 1 BFA-VG begründet. Wie sogleich gezeigt wird (3.5), hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.
Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens nach § 18 BFA-VG durchführbar wird, was hier - nach dem Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides - zutrifft.
Für die freiwillige Ausreise steht daher – nach Wiederherstellung der Reisemöglichkeit in den Herkunftsstaat (vgl. zum Ausreisehindernis der Strafhaft VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237) – keine Frist offen.
Demnach war die Beschwerde auch zum Spruchpunkt VI abzuweisen.
3.5 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VII):
Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das BFA die aufschiebende Wirkung unter anderem dann aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (§ 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG). Das ist der Fall.
Die Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt schon wegen dessen kurzen, auf den unbegründeten Asylantrag zurückzuführenden Aufenthalts, aber auch wegen seiner fehlenden sonstigen Integrationsmerkmale einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheids, sodass das BFA der Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte, zumal auch kein Grund vorlag, im Rahmen der Ermessensübung davon abzusehen.
Die Beschwerde erweist sich daher auch insoweit als unbegründet, sodass sie auch zum Spruchpunkt VII abzuweisen war.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.
4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.
Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Beschwerde und der Entscheidung durch das Gericht rund zwei Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht angeschlossen.
Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).
Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.
Schlagworte
Abschiebung Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Fluchtgründe freiwillige Ausreise Frist Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I419.2237972.1.00Im RIS seit
16.02.2021Zuletzt aktualisiert am
16.02.2021