TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/16 LVwG 47.35-537/2020

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Veröffentlicht am 16.04.2020
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Entscheidungsdatum

16.04.2020

Index

L92056 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Steiermark
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

SHG Stmk 1998 §13
SHG Stmk 1998 §28
SHG Stmk 1998 §28a
ASVG §330a
ASVG §707a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Schönegger über die Beschwerde des A B, geb. am xx, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 17.12.2019, GZ: A5-43001/2019-1, Ref.1B,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde

stattgegeben,

der bekämpfte Bescheid, mit welchem ein Aufwandersatz in Höhe € 7.274,58 vorgeschrieben wird, ersatzlos behoben und das Aufwandersatzverfahren eingestellt.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid vom 17.12.2019 hat der Bürgermeister der Stadt Graz Herrn A B, geb. am xx, verpflichtet, für den Vorschreibungszeitraum 03.05.2019 bis 29.06.2019 einen Aufwandersatz in Höhe von € 7.274,58 zu leisten. Begründend wurde auf die Rechtsvorschrift des § 28 Abs 1 Z 3 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 29/1998 idF LGBl. Nr. 47/2018 verwiesen und dazu Folgendes ausgeführt:

Für die pflegebedürftige C B, geb. xx, seien für Unterbringung und Betreuung in der D vom 03.05.2019 bis 02.06.2019 sowie in der Seniorenresidenz E vom 03.06.2019 bis 29.06.2019 die durch Ersatz- oder Beitragsleistungen nicht gedeckten Kosten in Höhe von insgesamt € 7.274,58 übernommen worden. Mit Schenkungsvertrag vom 10.05.2017 sei von Frau C B die Hälfte der Liegenschaft in G, Egasse, KG X, EZ xx, Bezirksgericht Graz-West, an Herrn A B übergeben worden. Der Geschenknehmer A B habe sich verpflichtet, diese Liegenschaft zu verkaufen und den Verkaufserlös zur angemessenen Pflege und Versorgung der Geschenkgeberin zu verwenden. Dies stehe unter der Bedingung, dass der zur angemessenen Pflege und Versorgung der Geschenkgeberin notwendige Finanzbedarf von ihr selbst nicht aus eigenen Mitteln aufgebracht werden kann. Herr A B könne sich von dieser Verpflichtung insoweit befreien, als er die Kosten zur angemessenen Pflege und Versorgung der Geschenkgeberin, begrenzt mit dem Verkehrswert der gegenständlichen Liegenschaftsanteile, aus eigenem trägt. „Zwischen der Geschenkgeberin“ (sic!) werde vereinbart, dass sie zu gleichen Teilen für die angemessene Pflege und Versorgung der Geschenknehmerin aufkommen, insofern bestehe eine Verpflichtung zum Verkauf für A B auch nur dann, wenn er sonst den ihn treffenden Teil der Kosten für deren angemessene Pflege und Versorgung nicht bezahlen kann. Es sei daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid wurde von A B fristgerecht und in formal zulässiger Weise Beschwerde erhoben. In dieser wurden zum einen einige Formulierungen des bekämpften Bescheides als unrichtig kritisiert, so sei ihm die betreffende Liegenschaft, die im Alleineigentum seiner nunmehr verstorbenen Mutter gestanden sei, nicht zur Hälfte übergeben worden; weiters wurde die Formulierung, es sei zu gleichen Teilen für die angemessene Pflege und Versorgung aufzukommen kritisiert. Überdies erachte er auch den ihm vorgeschriebenen Betrag von € 7.274,58 als der Höhe nach ungerechtfertigt, habe doch die Zeit des Aufenthalts seiner Mutter in der D eine Rehabilitationsmaßnahme, also eine Gesundheitsversorgungsmaßnahme im Rahmen der ordentlichen Krankenversicherung, dargestellt und hätte dafür die GKK die Kosten zu tragen. Aus diesen Gründen stellte er den Antrag, den gegen ihn erlassenen Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu den ihm vorgeschriebenen Aufwandersatz entsprechend zu reduzieren.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 und Abs 4 VwGVG konnte das Landesverwaltungsgericht von einer mündlichen Verhandlung absehen, da die Akten erkennen lassen, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Die mündliche Erörterung lässt zudem eine weitere Klärung des Sachverhalts nicht erwarten und einem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen. Der Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den bisherigen Aktenunterlagen und bedarf keiner weiteren Erörterung; zudem wurde eine Verhandlung auch nicht beantragt.

Der gegenständlichen Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Mit Notariatsakt vom 10.05.2017 bekräftigte der öffentliche Notar Dr. F H nach persönlichem Erscheinen des Herrn I B, geb. am xx, der Frau C B, geb. am xx, des Herrn A B, geb. am xx, der Frau J K, geb. am xx, und der Frau Ing. L M, geb. am xx, eine ihm an diesem Tag übergebene, dem Notariatsakt beigeheftete Urkunde vom selben Tag mit der Bezeichnung „Schenkungsvertrag“ nach der Erklärung der genannten Personen, dass diese Urkunde von ihnen selbst eigenhändig unterfertigt worden ist. Diese angeheftete Urkunde ist mit „Schenkungsvertrag“ überschrieben und wurde zwischen I B und C B einerseits – als Geschenkgeber bezeichnet – und ihren leiblichen Kindern A B, J K und Ing. L M andererseits – als Geschenknehmer – bezeichnet, abgeschlossen. Dieser Schenkungsvertrag umfasst insgesamt 12 Seiten und hat im Wesentlichen die Übergabe mehrerer Liegenschaften zum Inhalt: Während die beiden Töchter Miteigentumsanteile an einer Liegenschaft in G-N geschenkt erhielten, welche im Eigentum beider Elternteile gestanden sind, erhielt A B die im Alleineigentum seiner Mutter C B stehenden Miteigentumsanteile, mit welchen untrennbar Wohnungseigentum an der im Haus Egasse, G, gelegenen Wohnung Wxx verbunden ist, sowie weitere Miteigentumsanteile, jeweils an der Liegenschaft EZ xx, KG X, samt allem rechtlichen und natürlichen Zubehör geschenkt.

Nach Einräumung diverser Wohnungsgebrauchsrechte und weiterer Gebrauchsrechte sowie von Belastungs- und Veräußerungsverboten mit grundbücherlicher Sicherstellung enthält der genannte Schenkungsvertrag unter VIII. folgende Ausführungen:

Der Geschenknehmer A B verpflichtet sich, die schenkungsgegenständlichen 47/1.930-tel Miteigentumsanteile, mit welchen untrennbar Wohnungseigentum an der im Haus Egasse, G, gelegenen Wohnung Wxx verbunden ist, sowie die 799/3.692.090-tel Miteigentumsanteile, jeweils der Liegenschaft EZ xx KG X, zu verkaufen und den Veräußerungserlös zur angemessenen Pflege und Versorgung der Geschenkgeber zweckmäßig zu verwenden.

Diese Verpflichtung zur Veräußerung steht unter der Bedingung, dass der zur angemessenen Pflege und Versorgung der Geschenkgeber notwendige Finanzbedarf von den Geschenkgebern selbst nicht mehr aus eigenen Mitteln aufgebracht werden kann.

Von dieser Verpflichtung kann sich A B insoweit befreien, als er die Kosten zur angemessenen Pflege und Versorge der Geschenkgeber, begrenzt mit dem Verkehrswert der gegenständlichen Liegenschaftsanteile, aus Eigenem trägt.

Zwischen den Geschenknehmern wird vereinbart, dass sie zu gleichen Teilen für die angemessene Pflege und Versorgung der Geschenkgeber aufkommen; insofern besteht eine Verpflichtung zum Verkauf für A B auch nur dann, wenn er sonst den ihn treffenden Teil der Kosten für die angemessene Pflege und Versorgung der Geschenkgeber nicht bezahlen kann.“

Mit Bescheid vom 24.07.2019 hat die belangte Behörde C B, geb. am xx, Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form der durch Ersatz- oder Beitragsleistungen nicht gedeckten Kosten für die Unterbringung in der D in G für den Zeitraum vom 03.05.2019 bis 02.06.2019 gemäß den Bestimmungen des SHG gewährt. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag erfolgte eine weitere Hilfegewährung in diesem Sinne für die Unterbringung in der SeniorInnenresidenz E in G für den Zeitraum vom 03.06.2019 bis 29.06.2019. Beide Bescheide erwuchsen in Rechtskraft und entstanden durch diese gewährten Hilfeleistungen Kosten in Höhe von insgesamt € 7.274,58.

Am 25.10.2019 ist die belangte Behörde erstmals an A B mit einer Aufforderung zur Tragung der Heimrestkosten herangetreten. Am 17.12.2019 wurde der nunmehr bekämpfte Bescheid erlassen.

Am 10.01.2020 ist C B verstorben.

Beweiswürdigend wird festgehalten, dass sich der zugrunde gelegte Sachverhalt aus dem vorgelegten Akteninhalt ergibt, wobei hier zum einen der bisherige Verfahrenslauf mit den genannten Bescheiden der Behörde sowie zum anderen der aufliegende Notariatsakt einschließlich Schenkungsvertrag vom 10.05.2017 zu nennen sind. Der Sachverhalt steht unbestrittenermaßen zweifelsfrei fest, sodass von einer weitergehenden Beweiswürdigung Abstand genommen werden konnte.

Rechtliche Beurteilung:

Wie aus den bisherigen Ausführungen hervorgeht, hat die belangte Behörde der mittlerweile verstorbenen C B Hilfeleistungen nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz gewährt, nämlich die nicht gedeckten Restkosten ihrer Unterbringung in zwei stationären Einrichtungen im Sinne von § 13 SHG übernommen. Dieser Aufwand soll nunmehr von A B, einem von mehreren Kindern der C B, unter Verweis auf § 28 Abs 1 Z 3 SHG ersetzt werden.

Die im 5. Abschnitt des SHG mit dem Titel „Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe“ enthaltene Bestimmung des § 28 („Ersatzpflichtige“), die verschiedene Ersatzpflichten unterschiedlicher Ersatzpflichtiger für einen beim Sozialhilfeträger entstandenen Aufwand vorsieht, lautet wörtlich wie folgt:

„28

(1) Zum Ersatz des Aufwandes gegenüber dem Sozialhilfeträger sind, soweit in Abs. 2 nicht anderes bestimmt ist, verpflichtet:

      1. die Hilfeempfängerin/der Hilfeempfänger aus ihrem/seinem Vermögen, soweit hierdurch das Ausmaß des Lebensbedarfes (§ 7) nicht unterschritten wird;

      2. die Erbinnen/Erben der Hilfeempfängerin/des Hilfeempfängers bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses;

      3. Dritte, soweit die Hilfeempfängerin/der Hilfeempfänger ihnen gegenüber Rechtsansprüche oder Forderungen hat, ausgenommen Rechtsansprüche nach § 947 ABGB, Schmerzengeldansprüche sowie Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht, und der Sozialhilfeträger die Abtretung in Anspruch nimmt. Damit gehen Ansprüche der Hilfeempfängerin/des Hilfeempfängers gegenüber Dritten im Ausmaß der Hilfeleistung auf den Sozialhilfeträger über. Der Übergang erfolgt mit Verständigung der/des verpflichteten Dritten;

      4. Personen im Sinne des § 28a.

(2) Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erbinnen/Erben und Geschenknehmer/inne/n zur Abdeckung der Pflegekosten gemäß § 13 Abs. 1 ist unzulässig.“

Zur Regelung der Ersatzpflicht ist ganz allgemein zu bemerken, dass diese – wie überhaupt zahlreiche Vorschriften des Sozialhilfegesetzes - in den letzten Jahren mehrfache, durchaus gravierende Änderungen erfahren hat. So ist insbesondere zu erwähnen, dass der Nationalrat der Republik Österreich am 29.Juni 2017 beschlossen hat, den Vermögens- oder Pflegeregress, also den Zugriff auf das Vermögen im Rahmen der Pflegefinanzierung, der bis dato in den österreichischen Bundesländern in unterschiedlichsten Formen in Geltung gestanden war, per Verfassungsbestimmung, die in das ASVG aufgenommen wurde, abzuschaffen. Eine Woche später folgte der zustimmende Beschluss des Bundesrats : Durch diese im Verfassungsrang beschlossenen Bestimmungen des § 330a ASVG sowie des § 707a Abs 2 ASVG wurde mit 01.01.2018 – für alle Bundesländer verbindlich – ausdrücklich normiert, dass ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen (und anderen Personen) im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig ist (Art 1 BGBl I 125/2017; vgl dazu auch: J. Müllner, Von der Abschaffung des Pflegeregresses und was daraus folgt, Journal für Rechtspolitik 25,182-194 (2017).

Diese bundesgesetzliche Regelung, die im Verfassungsrang steht, hat in weiterer Folge zu einer Novellierung des Stmk. Sozialhilfegesetzes geführt: Mit der Novelle LGBl. Nr. 47/2018 wurde zum einen § 5 Abs 1 SHG, der die eigentliche Hilfe-gewährung zum Inhalt hat, diesbezüglich angepasst und lautet nunmehr wie folgt:

„§ 5

Einsatz der eigenen Mittel

„(1) Hilfeleistungen gemäß § 13 sind nur soweit zu gewähren, als das Einkommen der Hilfeempfängerin/des Hilfeempfängers nicht ausreicht, um den Lebensbedarf zu sichern. Alle übrigen Hilfeleistungen sind nur soweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen der Hilfeempfängerin/des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.

(1a) Nähere Bestimmungen zum Einkommensbegriff und zum Nachweis des Einkommens hat die Landesregierung durch Verordnung zu erlassen.

(2) Hilfeempfänger haben Ansprüche gegenüber Dritten zu verfolgen, soweit dies nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar oder mit einem unverhältnismäßigen Kostenrisiko verbunden ist. Keine Rechtsverfolgungspflicht besteht bei Ansprüchen gemäß § 947 ABGB, bei Schmerzengeldansprüchen sowie bei nichttitulierten Unterhaltsansprüchen des Hilfeempfängers.

(3) Zum verwertbaren Vermögen gehören nicht jene Sachen, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung allgemein anerkannter kultureller Bedürfnisse dienen.

(4) Hat der Hilfeempfänger Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder zumutbar ist, kann im Zuerkennungsbescheid oder in einem getrennten Verfahren die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügt werden.“

Andererseits fand mit dieser Novelle LGBl. Nr. 47/2018 dieses Vermögenszugriffsverbot auch im hier zu beachtenden § 28 SHG, der die Ersatzpflicht regelt, seinen Niederschlag, wurde doch in § 28 ein Absatz 2 eingefügt, der im Zusammenhang mit der stationären Unterbringung und der dafür gewährten Restkostenübernahme nach § 13 Abs 1 SHG einen Zugriff auf das Vermögen der Hilfeempfänger selbst, deren Angehörigen, Erbinnen und Erben sowie Geschenknehmerinnen und Geschenknehmer zur Abdeckung der Pflegekosten unterbindet.

Aus dieser aktuell in Geltung befindlichen Fassung des Stmk. Sozialhilfegesetzes geht nunmehr zum einen zweifelsfrei hervor, dass ein Vermögenszugriff für sämtliche anderen nach dem SHG gewährten Hilfeleistungen weiterhin möglich ist, und zum anderen ein Vermögenszugriff zur Abdeckung der übernommenen Pflegeheimrestkosten nach § 13 SHG nicht nur gegenüber dem Pflegebedürftigen selbst, sondern auch gegenüber den Angehörigen, Erbinnen und Erben und Geschenknehmerinnen und Geschenknehmern untersagt ist.

Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren bedeutet dies ganz grundsätzlich, dass sämtliche Kinder der mittlerweile verstorbenen C B, die durch den Schenkungsvertrag zu Geschenknehmern diverser Liegenschaften wurden, nicht auf Basis und unter Bezugnahme auf dieses geschenkte Vermögen zur Abdeckung der entstandenen Pflegeheimrestkosten herangezogen werden können.

Wohl als Ergebnis dieser Schlussfolgerung hat die belangte Behörde die Ersatzpflicht nicht – wie offenbar nach einem im Akteninhalt aufliegenden Vorentwurf eines Bescheides ursprünglich beabsichtigt - auf § 28a SHG (Ersatz durch den Geschenknehmer) gestützt, sondern auf Z 3 des § 28 Abs 1 SHG und A B als „Dritten, demgegenüber die Hilfeempfängerin C B einen Rechtsanspruch bzw. eine Forderung hatte“, angesehen. Dieser Versuch ist aus Sicht der Behörde, deren Möglichkeiten zur Vorschreibung von Aufwandersätzen durch das Vermögenszugriffsverbot stark eingeschränkt worden sind, auf den ersten Blick zwar durchaus nachvollziehbar, allerdings musste er vom Landesverwaltungsgericht nach eingehender Prüfung aus folgenden Erwägungen als rechtlich unzulässig qualifiziert und daher der entsprechende Bescheid ersatzlos behoben werden:

Zur Bestimmung des § 28 Abs 1 Z 3 SHG und den Ersatzpflichten von Dritten existieren kaum verwertbare Materialien oder Entscheidungen, weshalb im Einzelfall der zugrundeliegende Rechtsanspruch bzw. die Forderung nach Wortlaut und auch Sinn und Zweck zu prüfen und auszulegen ist.

Bei genauer Prüfung und Beurteilung der Forderung, die die verstorbene C B gegenüber ihrem Sohn hatte, ist nun festzustellen, dass diese Forderung ihre Begründung einzig und allein im Schenkungsvertrag vom 10.05.2017 hat und dort zweifelsfrei als Nebenabrede zu den in diesem Vertrag in der Hauptsache vereinbarten Rechtsgeschäften, nämlich diversen Schenkungen, formuliert worden ist: Sämtliche Kinder erhielten mit diesem Schenkungsvertrag Anteile an Liegenschaften und räumten dafür den Geschenkgebern, ihren Eltern, unterschiedliche Gebrauchsrechte ein. Überdies verpflichtete sich der Geschenknehmer A B unter VIII. ausdrücklich, die Miteigentumsanteile betreffend die Wohnung xx im Haus Egasse, G, zu verkaufen und den Veräußerungserlös zur angemessenen Pflege und Versorgung der Geschenkgeber zweckmäßig zu verwenden. Weiters wurde festgehalten, dass diese Verpflichtung zur Veräußerung unter Bedingung steht, dass der zur angemessenen Pflege und Versorgung der Geschenkgeber notwendige Finanzbedarf von den Geschenkgebern selbst nicht mehr aus eigenen Mitteln aufgebracht werden kann und sich A B von dieser Verpflichtung insoweit befreien kann, als er die Kosten zur angemessenen Pflege und Versorgung der Geschenkgeber, begrenzt mit dem Verkehrswert der gegenständlichen Liegenschaftsanteile, aus eigenem trägt.

Schon allein aus der Formulierung geht eindeutig hervor, dass die Forderung der C B gegenüber ihrem Sohn keine selbstständige, unabhängige Forderung, dass dieser für ihre Pflege und Betreuung aufzukommen hätte, ist. Die Verpflichtung des regelmäßig als „Geschenknehmers“ bezeichneten A B besteht nämlich darin, die geschenkten Miteigentumsanteile zu verkaufen und diesen Erlös zur Pflege zu verwenden, sofern die Geschenkgeberin selbst nicht aus eigenem ihre Pflegekosten zu tragen im Stande ist. Subsidiär besteht für ihn nach seiner Wahl von dieser Verpflichtung eine Befreiungsmöglichkeit, als er die Kosten der angemessenen Pflege aus eigenem trägt, wobei dies jedenfalls mit dem Verkehrswert der Liegenschaftsanteile begrenzt ist.

Der gegenständliche Schenkungsvertrag enthält also eine im Schenkungsrecht durchaus geläufige Auflage, das heißt eine Verpflichtung des Beschenkten zu einem bestimmten Verhalten, die mit dem Geschenk zu finanzieren ist und eine Verminderung seiner Bereicherung darstellt (vgl. ua Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB Kurzkommentar5 § 938 Rz 7 mwN). Festzuhalten ist dabei auch, dass es im gegenständlichen Fall nicht um Einkünfte oder Früchte aus einem Vermögen wie Zinsen, Dividenden oder sonstige Genussrechte, geht, aus dem etwas zu bestreiten wäre (in diesem Fall könnte eine Heranziehung wohl durchaus zurecht bestehen; vgl. dazu detailliert Pfeil/Wetsch, Kein „Pflegeregress“ mehr – Was heißt das?, Jahrbuch Öffentliches Recht 2018, 119ff) , sondern es sich hier um die tatsächliche Substanz des Vermögens handelt.

Ausgangspunkt und zentrales Fundament der der C B zustehenden Forderung und vice versa der dem A B zukommenden Verpflichtung ist also jedenfalls das geschenkte Wohnungseigentum, also das Vermögen an Liegenschaftsanteilen. Genau dieses Vermögen ist jedoch seit dem 01.01.2018 aufgrund des im Verfassungsrang normierten Verbots des Pflegeregresses (und der damit korrespondierenden landesgesetzlichen Novellierung des SHG) jeglichem Zugriff der öffentlichen Hand zur Abdeckung von stationären Pflegeaufwendungen entzogen.

Im Innenverhältnis zwischen C B und A B mag diese Verpflichtung zum Verkauf und zum Einsatz des Erlöses zur angemessenen Pflege der Geschenkgeberin C B auch nach diesen weitreichenden Novellierungen weiterhin bestanden haben, der Sozialhilfeträger, also die öffentliche Hand, kann sich jedoch seit 01.01.2018 gerade nicht mehr auf diese Verpflichtung bzw. Forderung, die ausschließlich auf den Umstand des geschenkten Vermögens zurückzuführen ist, berufen. Auch eine Heranziehung der subsidiären Verpflichtung des A B, wie sie im dritten Absatz des Abschnittes VIII. des Schenkungsvertrages festgeschrieben ist, kann nicht zum von der Behörde beabsichtigten Ergebnis führen, ist doch damit nur eine Wahlmöglichkeit des A B eingeräumt, mit welcher er vom Verkauf des Vermögens absehen kann, sofern er aus eigenem die Kosten der Pflege trägt. Besteht aber für die öffentliche Hand keine Zugriffsmöglichkeit mehr auf das Vermögen, erlischt also die ursprüngliche Hauptverpflichtung des A B, kann auch die subsidiäre Verpflichtung – aus Sicht des Sozialhilfeträgers - nicht mehr herangezogen werden.

Aufgrund des seit nun mehr als 2 Jahren bestehenden Vermögenszugriffsverbots ist es dem Sozialhilfeträger bzw. der Behörde nicht nur untersagt, auf diverse Vermögensbestandteile der C B, die bis zuletzt tatsächlich in ihrem Eigentum gestanden sind, zurückzugreifen – hätte sie also die gegenständliche Wohnung in der Egasse tatsächlich gar nicht verschenkt, wäre ebenfalls jeglicher Zugriff darauf zur Abdeckung ihrer Pflegekosten verunmöglicht. Nichts Anderes gilt im gegenständlich zu beurteilenden, durchaus speziell gelagerten Fall, in dem diese Wohnung verschenkt wurde und sich die Geschenkgeberin für den Fall einer künftigen Pflegebedürftigkeit dahingehend absichern wollte, dass ihr Sohn, der Geschenknehmer, verpflichtet wurde bzw. sich selbst verpflichtet hat, diese geschenkte Wohnung zu verkaufen und den Erlös zu ihrer Pflege und Versorgung zweckmäßig zu verwenden.

Zusammenfassend war für das gegenständliche Beschwerdeverfahren festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht als Dritter im Sinne von § 28 Abs 1 Z 3 SHG anzusehen ist, dem gegenüber die (frühere) Hilfeempfängerin C B einen dafür geforderten Rechtsanspruch hat. Seine tatsächliche Verpflichtung ist vielmehr untrennbar mit den geschenkten Liegenschaftsanteilen verbunden und darauf begründet und bezogen. In konsequenter Auslegung und Interpretation des Vermögenszugriffsverbots kann daher die Verpflichtung des A B und die korrespondierende Forderung der C B keine rechtswirksame Aufwandersatzpflicht des A B begründen, weshalb der gegenständliche Bescheid ersatzlos zu beheben und das Aufwandersatzverfahren einzustellen war.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Pflegeregress, Vermögenszugriff zur Abdeckung der Pflegeheimrestkosten unzulässig, gegenüber Hilfeempfänger, Angehörige, Erben, Geschenknehmer, geschenktes Vermögen, Hilfebedürftigkeit StSHG, Hilfsbedürftigkeit, stationäre Unterbringung, Restkostenübernahme, Pflegeheimrestkosten, Zugriff auf Vermögen des Hilfeempfängers, vertragliche Verpflichtung des Geschenknehmers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.47.35.537.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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