Entscheidungsdatum
30.11.2020Norm
BVergG 2018 §327Spruch
W131 2237113-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter iZm dem Nachprüfungsverfahren zur Anfechtung der Zuschlagsentscheidung vom 12.11.2020 im Vergabeverfahren der anwaltlich vertretenen Auftraggeberinnen (= AG) ÖBB-Infrastruktur Aktiengesellschaft und Republik Slowenien mit der Bezeichnung “Errichtung der bahntechnischen Ausrüstung für den Karawankentunnel KRT2A (ID40286)“ aufgrund des Antrags der anwaltlich vertretenen Antragstellerin (=ASt), der Bietergemeinschaft bestehend aus XXXX auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (eV), mit der im Vergabeverfahren „Errichtung der bahntechnischen Ausrüstung für den Karawankentunnel KRT2A (ID40286) für die ÖBB-Infrastruktur AG und die Republik Slowenien, Ministerium für Infrastruktur, Direktion der Republik Slowenien für Infrastruktur (DRSI) / Vorhaben Bahntechnische SFE-Ausrüstung, Karawanken Eisenbahntunnel (AT+SI) die Zuschlagserteilung [für die Dauer des Vergabekontrollverfahrens] untersagt wird, und weiters iZm dem Abweisungsantrag der anwaltlich vertretenen derzeit in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin XXXX (= MB) folgenden Beschluss:
A)
I. Der ÖBB-Infrastruktur Aktiengesellschaft und der Republik Slowenien ist es hiermit für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, wie derzeit beim Bundesverwaltungsricht zur Verfahrenszahl W131 2237113-2 betreffend die Anfechtung einer Zuschlagsentscheidung protokolliert, untersagt, den Zuschlag im Vergabeverfahren “Errichtung der bahntechnischen Ausrüstung für den Karawankentunnel KRT2A (ID40286)“ zu erteilen.
II. Der Abweisungsantrag der XXXX wird zurückgewiesen.
B)
Die Revision gegen die Spruchpunkte A) I. und II. ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG jeweils nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. In dem im Entscheidungskopf ersichtlichen Vergabeverfahren, einem Verhandlungsverfahren über einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich nach vorheriger Bekanntmachung, wurde eine Zuschlagsentscheidung versandt, die von der ASt mit Nachprüfungsantrag bekämpft wird. Das Verhabeverfahren wurde im Februar 2020 eingeleitet ( - unionsweite Vergabebekanntmachung vom 26.02.2020).
Das gegenständliche Vergabeverfahren war dabei ausweislich der elektronisch vorgelegten Vergabeunterlagen bereits zumindest im Jahr 2016 absehbar, wenn man - ohne hier erfolgende Zitierung von diesbezüglichen Vereinbarungen - zB auf folgenden Passus aus der unionsweiten Vergabebvekanntmachung Bedacht nimmt, der lautet:
Angaben zu Mitteln der Europäischen Union
Der Auftrag steht in Verbindung mit einem Vorhaben und/oder Programm, das aus Mitteln der EU finanziert wird: ja
Projektnummer oder -referenz:
XXXX 2. Zur Absicherung des Nachprüfungsantrags beantragte die ASt mit den entsprechenden Form- und Inhaltserfordernissen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung (= eV), nachdem eine Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nach Zuschlagserteilung nicht mehr in Betracht kommt - § 334 Abs 2 BVergG 2018; und insoweit neben den seitens der ASt auch geltend gemachten drohenden finanziellen Nachteilen die Referenzauftragschance der ASt vor der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag zunichte gemacht wäre.
2.1. Die ASt brachte insoweit im Sicherungspunkt va vor wie folgt:
[...]
Das Interesse der Antragstellerin an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung gründet sich insbesondere darauf, dass dieser der Entgang des Auftrages, sohin entgangener Gewinn und Frustration der Kosten für die Verfahrensbeteiligung und der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes drohen. Es sind beim gegenständlichen Vergabeverfahren keine besonderen Interessen der Auftraggeberin bzw. Auftraggeber-Gemeinschaft ersichtlich, die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechen.
Im Hinblick auf eine allfällige relevierte Verzögerung bei der Leistungsbeschaffung ist darauf hinzuweisen, dass jeder umsichtige Auftraggeber bei der Gestaltung des Zeitplanes Zeitpolster für Nachprüfungs- und Provisorialverfahren einplanen muss (vgl VfGH 1.8.2002, B1194/02). Besondere öffentliche Interessen, die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Festzuhalten ist hingegen, dass ein besonderes öffentliches Interesse vielmehr dafürspricht, die einstweilige Verfügung zu erlassen (vgl. VfGH 15.10.2001, B 1369/01).
[...]
3. Die Auftraggaberseite argumentierte gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung wie folgt:
[...]
Der Karawankentunnel ist rund 110 Jahre alt und liegt ca. zur Hälfte auf Österreichischem Staatsgebiet und zur Hälfte auf Slowenischem Staatsgebiet. Der Anlagenzustand erfordert umfangreiche Sanierungsarbeiten, um die Streckenverfügbarkeit weiterhin zu gewährleisten und die Güterverkehre von den Adriahäfen zu den Wirtschaftsräumen in Österreich (Schwerpunkt [...]) und Süddeutschland (Schwerpunkt [...]) effizient abwickeln zu können.
13 Wesentlicher Bestandteil der umfangreichen Sanierungsarbeiten ist die Erneuerung der gesamten Energietechnik im Tunnel und somit das ggst. Baulos „KRT2A“ (Karavanks Rail Tunnel, lot 2A). Dieses umfasst sicherheitstechnische Einrichtungen und Stromversorgungseinrichtungen für Telekom, Signaltechnik und Tunnelsicherheit.
14 Die Rohbauarbeiten werden aktuell bereits seit August 2020 durchgeführt und es ist geplant mit den Arbeiten für Baulos KRT2A mit 01.01.2021 zu beginnen.
15 Sämtliche Arbeiten haben in einem äußerst engen zeitlichen Korsett zu erfolgen, da aktuell der gesamte Güterverkehr sowie der Personen-Fernverkehr XXXX umgeleitet werden muss.
16 Verzögerung beim Ausrüstungsbeginn KRT2A würden zu unvermeidbaren Verlängerungen der Streckensperre führen und die Mehraufwendungen bei den Eisenbahn-Verkehrsunternehmen, welche die Strecke befahren, zufolge Umleitungsverkehr drastisch erhöhen. Diese Eisenbahn- Verkehrsunternehmen sind in der aktuellen Covid-19 Phase ohnehin mit deutlichen Erschwernissen und Umsatzeinbußen konfrontiert.
17 Internationale Streckensperren bzw. Einschränkungen der Streckenverfügbarkeit sind zudem mind. XXXX Monate im Vorfeld mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen abzustimmen und zu verhandeln. Diesbezügliche Änderungen könnten somit nicht mehr EU-richtlinienkonform kundgemacht werden. Gemäß den öffentlich zugänglichen „Schienennetz-Nutzungsbedingungen (SNNB)“ endet die Streckensperre mit 10.07.2021. Bei verspätetem Ausrüstungsbeginn der Leistungen KRT2A kann dieser Termin nicht gehalten werden, verlängern sich die aufwendigen Umleitungsverkehre und können wesentliche Bauvorhaben an den Umleitungsstrecken, die eben aufgrund des Umleitungsverkehrs zurückgestellt wurden, nicht zeitgerecht begonnen werden.
Dabei handelt es sich um umfangreiche Bauvorhaben wie zB. XXXX , etc, die massive bahnbetriebliche Auswirkungen verursachen.
18 Vor diesem Hintergrund besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens, weil eine Verzögerung des Projektes insbesondere unmittelbare Auswirkungen auf den internationalen Güterverkehr hat und deshalb volkswirtschaftliche Auswirkungen haben kann. Darüber hinaus betrifft das Projekt eine kritische (Verkehrs)Infrastruktur, weshalb auch aus diesem Grund die Interessensabwägung zugunsten der Auftraggeberinnen ausfallen muss.
[...]
4. Die in der Zuschlagsentscheidung für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieterin (= MB) stellte einen Antrag auf Abweisung des eV - Antrags und argumentierte gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung insb auch mit der Dringlichkeit der gegenständlichen Vergabe.
5. Die Auftraggeberseite legte am 27.11.2020 nach Fristerstrteckung insb elektronische Vergabeunterlagen auf einem USB - STick vor, die wohl mehrere tausend Seiten umfassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (samt Besweiswürdigung)
1.1. Der Verfahrensgang wird mit den darin festgehaltenen Vergabeverfahrenstatsachen als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt; und ergibt sich dieser aus dem Inhalt der Verfahrensakten W131 2237113-1, -2 und -3.
1.2. Dz ist gerichtnotorisch nicht ersichtlich, dass das gegenständliche Nachprüfungsverfahren erheblich länger als bis zum Ablauf der sechswöchigen Entscheidungsfrist gemäß § 348 BVergG 2018 dauern sollte.
1.3. Allgemein bekannt und damit notorisch entgeht der ASt mangels Zuschlagserteilung an sie ein Referenzauftrag mit einem Auftragswert im knapp zweistelligen Millionenbereich, was mangels Zuschlagserhalts auch bei der ASt daher mit dz drohenden finanziellen Nachteilen und sonstigen unternehmerischen Nachteilen der ASt mangels Erhalts dieses großen Auftrags einhergeht. Insb droht ein Referenzauftragsentgang.
Ident haben auch andere Bieter wie insb die MB gleichartige Interessen wie die ASt am Auftragserhalt.
Ob eine gemäß Zuschlagsentscheidung derzeit beabsichtigte Zuschlagserteilung an die MB rechtswidrig wäre, ist eine gegenständlich im Nachprüfungsverfahren zu beurteilende Frage.
1.4. In den Ausschreibungsunterlagen war in den Teilnahmeunterlagen im dortigen Punkt 2.2. festgeschrieben, dass voraussichtlicher Schwerpunkt der "Tunnelausrüstung" zwischen März 2021 bis Juni 2021 wäre.
1.5. In den Erstangebotsunterlagen, die mit 25.06.2020 datieren, wird in Punkt 00D151 des Leistungsverzeichnisses (= LV) von einem voraussichtlichen Baubeginn Anfang Jänner 2021 gesprochen und enthält Punkt 00D154 des LV danach folgende Textpassagen:
Zwischentermine pönalisiert
Für die Ausführung der vertragsgemäßen Leistungen sind folgende pönalisierten
Zwischentermine einzuhalten:
- Aufnahme der Arbeiten in Technikräumen im Tunnel ab 11.1.2021 (Bauliche
Fertigstellungstermin seitens KRT1 ist 10.1.2021)
- Aufnahme der SFE-Verkabelungsarbeiten im Tunnel ab 12.4.2021 (Bauliche
Fertigstellungstermin seitens KRT1 ist 11.4.2021)
- Fertigstellung aller für den E-Betrieb notwendigen Anlagen (MSP/NSP-Anlagen,
TK/LS/FW/HKLS-Anlagen, OL-Kabelverbindungen, OLSIG und damit verbundene Anlagen, etc.
) und Freigabe des Tunnelbereiches bis 10.07.2021, sodass die Aufnahme des E-Bahnbetriebes ab 11.07.2021 erfolgen kann.
1.6. In Punkt 00D156 ist folgende Passage enthalten:
Leistungsfrist Endtermin
Für die Ausführung der vertragsgemäßen Leistungen ist folgender Endtermin einzuhalten:
05.11.2021.
1.7. Nach den Vergabeunterlagen war der Termin für die Letztangebote am 30.09.2020, die Öffnung der Letztangebote am 01.10.2020 und war für diese Vergabe ausweilich der Vergabeunterlagen und insb zB unionsweiten Vergabebekanntmachung eine Zuschlagsfrist im Ausmaß von fünf Monaten ab Ende der Angebotsfrist vorgesehen, womit die Angebotsbindung (auch ohne zusätzliche Berücksichtigung der Fortlaufshemmung des § 297 Abs 4 BVergG) nicht vor Ende Februar 2021 enden würde.
2. Zulässigkeit des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:
2.1. Ausweislich des § 180 BVergG kann das BVwG auch zur Vergabekontrolle ausländischer Sektorenauftraggber, die gemeinsam mit österreichischen Sektorenauftraggebern tätig werden, zur Vergabekontrolle zuständig sein. Der § 180 BVergG geht dabei unionsrechtskonform auf Art 57 Abs 4 RL 2014/25/EU zurück, der gemäß Art 106 dieser Richtlinie bis 18.04.2018 umzusetzen war.
Die in der unionsweite Vergabebekanntmachung angeführte und von der ASt in Anspruch genommene Zuständigkeit des BVwG ist auf Tatsachenbene unbestritten geblieben und damit mangels gegenteilig bekannt gewordener Tatsachen unstrittig, zumal Streitigkeiten aus dem materiellen Vergaberecht als Sonderzivilrecht (zB iSv VfGH B 420/97 ua) für den vorvertraglichen Bereich ausweislich des Art 25 EuGVVO 2012 (= VERORDNUNG (EU) Nr. 1215/2012) prorogabel bzw gemäß Art 26 dieser EU - Verordnung streiteinlassungsfähig erscheinen.
Das BVwG hatte gegenständlich gemäß § 328 BVergG 2018, BGBl I 2018/65 = BVergG in Einzelrichterbesetzung zu entscheiden und dabei abseits von Sonderverfahrensvorschriften im BVergG gemöß § 333 BVergG die dort verwiesenen Bestimmungen des VwGVG und AVG anzuwenden.
2.2. Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 350 Abs 1 BVergG zu prüfen, ob der ASt die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Abschluss des Vertrags befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung – nämlich der Zuschlagsentscheidung – behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrags nicht evident unschlüssig behauptet hat, sowie dass der ASt durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG ist somit nicht gegeben, nacdem die ASt eine Ausscheidensnotwendigkeit von vor ihr gereihten Bieterinnen behauptet hat.
2.3. Die Rechtsschutzanträge der ASt erfüllen – soweit im Provisorialverfahren ersichtlich – auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen, zumal effektiver Rechtsschutz gemäß der RL 89/665/EWG idgF zu gewährleisten ist.
3. Inhaltlich zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
3.1. Gemäß § 350 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 351 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 351 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
3.2. Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und der Auftraggeberin, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint daher ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer derzeit nicht gegeben, da mit der Untersagung der Zuschlagserteilung ein Voranschreiten im Vergabeverfahren durch Zuschlagserteilung im Rahmen des gelindesten zum Ziel führendsten Sicherungsmittels verhindert wird, zumal durch die aktuell im Vergabeverfahren anstehende Zuschlagserteilung der Rechtsgestaltungsantrag auf Nichtigerklärung vor der Sachentscheidung über den diesen Rechtsgestaltungsantrag unzulässig würde.
3.2.1. Dies deshalb, weil zum einen die unternehmerischen Interessen der ASt an der eV einerseits und der Interessen der Konkurrenzunternhmen andererseits bereits grundsätzlich gleich zu behandeln und damit gleich zu bewerten sind; daher werden die Interessen der ASt insoweit nicht überwogen.
3.2.2. Wenn zum anderen auftraggeberseitig auf die Dringlichkeit der Vergabe hingewiesen wird, ist die Auftrtaggeberseite auf ihre bestandsfesten Vergabeunterlagen hinzuweisen, wonach im Juni 2020 in den Erstangebotsunterlagen ein Baubeginn Anfang Jänner 2021 vorgesehen war.
Nachdem die Auftraggeberseite seit 30.09.2020 ihre Letztangebote hatte, und ihre Zuschlagsentscheidung fast eineinhalb Monate danach versandte, hat die Auftraggeberseite damit knapp die Hälfte der Zeit bis zu dem im Juni 2020 geplanten Baubeginn selbst konsumiert und ca sechs Wochen Zeit für einen vergabespezifischen Rechtsschutz vor Zuschlagserteilung belassen, wenn nach den Vergabeunterlagen Anfang jänner 2021 mit dem Auftrag begonnen werden soll.
Da dieses Vergabeverfahren bereits seit mindestens 2016 absehbarer Teil einer grenzüberschreitenden Eisenbahninfrastrukturvorhabens ist und dieses konkrete Vergabeverfahren mit Elektrotechnikschwerpunkt bereits seit etlichen Monaten dauert, ist die Interessensabwägung insoweit nunmehr dahin durchzuführen, dass die Tatsache der bloßen Verzögerung des schon länger dauernden Vergabeverfahrens aus einem noch wesentlich länger betriebenen Gesamtvorhaben für derzeit erkennbar in etwa sechs Wochen - als der gesetzlichen Entscheidungsdauer gemäß § 348 BVergG - iSv VwGH AW 2007/04/0054 kein Interesse darstellt, das die Sicherungsinteressen der Antragstellerin überwiegen könnte.
Dementsprehend war die beantragte eV zu erlassen, da auch sonst substantiiert keine rechtsheblichen Interessen wider die eV vorgebracht wurden bzw bekannt geworden sind und insb der VfGH das öffentliche Interesse an der Zuschlagserteilung an den tatsächlichen Bestbieter stets betont hat, siehe dazu zB VfGH B 1369/01. Letzterem dient aber gerade die Durchführung eines Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung.
Bei diesem Ergebnis war auch nicht mehr zu ermitteln bzw zu erörtern, inwieweit zB die jedenfalls einmal bis zumindest Ende Februar 2021 offene Zuschlagsfrist, mit welcher die Auftraggeber zB auch erst im Februar 2021 den Auftrag erteilen könnten, dazu führen könnte, dass keine das Interesse an der eV überwiegenden Interessen erkannt werden konnten.
4. Der Abweisungsantrag der MB gegen den eV - Antrag der ASt war zurückzuweisen, da die MB im eV - Verfahren zwar zwecks Sachverhaltsermittlung angehört werden kann, jedoch gemäß § 352 Abs 1 BVerG keine Parteistellung und damit kein Recht auf Sachanträge im eV - Verfahren hat.
B) Gänzliche Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision war gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zu einen nicht zuzulassen, weil die gegenständliche Entscheidung über die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Einzelfallentscheidung vor dem Hintergrund einer tatasachenmäßigen Interessensabwägung in diesem speziellen Einzelfall darstellt, ohne dass insoweit grundsätzliche Rechtsfragen aufgeworfen wurden.
Die Revision gegen die Zurückweisung des Abweisungsantrags der MB war zum anderen gemäß Art 133 Abs 4 B-VG deshalb nicht zuzulassen, weil die MB nach dem eindeutigen Wortlaut des § 352 Abs 1 BVergG keine Parteistellung im eV - Verfahren hat und insoweit zwar an der Wahrheitsfindung mitwirken durfte, jedoch nicht sachlegitimiert im Sicherungspunkt war, womit nach der eindeutigen Rechtslage der Sachantrag der MB irrevisibel zurückzuweisen war; zur fehlenden Revisibilität bei eindeutiger Rechtslage siehe zB VwGH Zl Ra 2014/03/0028 mit Verweis auf Zl Ro 2014/07/0053.
Schlagworte
Dauer der Maßnahme einstweilige Verfügung Entscheidungsfrist Interessenabwägung Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren öffentliche Interessen Provisorialverfahren Schaden Untersagung der Zuschlagserteilung Vergabeverfahren wirtschaftliche Interessen Zurückweisung Zuschlagsverbot für die Dauer des NachprüfungsverfahrensEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W131.2237113.1.00Im RIS seit
15.02.2021Zuletzt aktualisiert am
15.02.2021