TE Vwgh Beschluss 2020/12/17 Ra 2018/06/0108

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Veröffentlicht am 17.12.2020
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Burgenland
L82001 Bauordnung Burgenland
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

BauG Bgld 1997 §16
BauG Bgld 1997 §17
BauG Bgld 1997 §18
BauG Bgld 1997 §2 Abs1
BauG Bgld 1997 §2 Abs4
BauG Bgld 1997 §34 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des F T in A, vertreten durch Mag. Michael Schuszter, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Esterházyplatz 6a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 11. April 2018, E 029/09/2018.002/011, betreffend Übertretung des Burgenländischen Baugesetzes 1997 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 10. Oktober 2017 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, dass er als Bauwerber auf näher bezeichneten Grundstücken der KG A. Umbauten am Gebäude der bestehenden Gastwirtschaft (Umbau des Speisesaals, Errichtung einer neuen Sanitärgruppe und neuer Abstell-, Kühl-, Einstell-, Tiefkühl- und Kühlräume) durchgeführt und diesen rechtswidrigen Zustand zumindest von 1. März 2015 bis 30. September 2015 aufrecht erhalten habe, obwohl dieses Bauvorhaben nicht geringfügig sei und er keine Bauanzeige gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 Burgenländisches Baugesetz 1997 - Bgld. BauG erstattet oder um Baubewilligung gemäß § 18 Abs. 1 Bgld. BauG angesucht habe und keine entsprechende Baufreigabe oder Baubewilligung erteilt worden sei. Er habe dadurch § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 und 11 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Bgld. BauG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 34 Abs. 2 Bgld. BauG eine Geldstrafe von € 350,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden) verhängt und ihm ein Kostenbeitrag von € 35,00 auferlegt werde.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landungsverwaltungsgerichtes Burgenland (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Strafe auf € 330,00 herabgesetzt werde und der Spruch zu lauten habe:

„Sie haben als Bauwerber ein Bauvorhaben, das nicht geringfügig ist (§ 16 Abs. 1) und für das keine Bauanzeige gemäß § 17 erfolgte, nach der Errichtung ohne Baubewilligung gemäß § 18 Abs. 1 Bgld. Baugesetz im Tatzeitraum aufrecht erhalten, wie bei einer Bauüberprüfung am 30.09.2015 festgestellt wurde.

Beschreibung des Bauvorhabens:

Folgende Räume sind durch Errichtung von Wänden innerhalb der bestehenden Außenwände des Gebäudes entstanden:

Im Bereich der vorher bestehenden WC-Anlage: Vorraum Damen-WC (6,87 m2), 3 Sitzzellen Damen-WC (jeweils 1,42 m2), Vorraum Herren-WC (3,85 m2), 2 Sitzzellen Herren-WC (jeweils 1,42 m2), Behinderten-WC (3,85 m2)

(Die Gipskartonwände sind 10 cm bzw. zwischen den Sitzzellen 5 cm stark, die Wände sind 2,5 m bzw. zwischen den Sitzzellen 2,0 m hoch);

Ein Abstellraum durch Abtrennung vom bestehenden Speisesaal (5,11 m2)

(Die Gipskartonwände sind 10 cm stark und 3,5 m hoch);

Drei Kühlräume (5,52 m2, 3,68 m2 bzw. 3,68 m2) mit einer Raumhöhe von 3,44 m. Die Wände bestehen innen und außen aus Aluminium und sind mit 10 cm Hartschaum gefüllt, die Paneldecke mit 8 cm Hartschaum.

Tatzeitraum: 1. April 2015 bis 30. September 2015

Tatort: näher bezeichnete Grundstücke der KG A.“

6        Weiters wurde ausgesprochen, dass sich der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Verwaltungsbehörde auf € 33,00 und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden verringere sowie dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

7        Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, tatbestandsrelevant sei, ob ein nach dem Bgld. BauG bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Vorliegen einer Bewilligung errichtet und dieser Zustand aufrechterhalten worden sei. Dies sei hier der Fall, da im Tatzeitraum keine baurechtliche Bewilligung vorgelegen sei. Für die Errichtung von Wänden innerhalb eines Gebäudes seien bautechnische Kenntnisse erforderlich (§ 2 Abs. 2 Bgld. BauG) und hinsichtlich der mechanischen Festigkeit und Standsicherheit der zu errichtenden Wände bestünden baupolizeiliche Interessen. Ebenso werde durch die Errichtung neuer Räume die Fluchtwegsituation verändert, was eine Neubeurteilung der Sicherstellung des Brandschutzes durch einen Sachverständigen erforderlich mache. Darüber hinaus liege eine bewilligungspflichtige Widmungsänderung schon vor, wenn ein Aufenthaltsraum in einen Kühlraum umgewandelt werde und nicht erst, wenn aus einem Gastgewerbebetrieb ein Handelsgewerbebetrieb werde. Auch bei den Wänden der Kühleinheiten handle es sich um fest mit dem Boden verschraubte Bauteile, deren Statik zu beurteilen sei und aus denen Räume entstünden, bei denen sicherzustellen sei, dass sie sicher verlassen werden können. Die Strafe sei auf Grund der Einschränkung des Tatzeitraumes von sieben auf sechs Monate herabzusetzen gewesen.

8        In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision führt der Revisionswerber zunächst aus, der geänderte Spruch formuliere zwar die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sei, nicht aber die Strafnorm und die Strafsanktionsnorm und entspreche somit nicht den Erfordernissen des § 44a Z 3 VStG. Das angefochtene Erkenntnis widerspreche somit der ständigen hg. Judikatur.

9        Weiters bringt der Revisionswerber zu § 16 Bgld. BauG im Wesentlichen vor, die verfahrensgegenständlichen Wände seien nichttragende Zwischenwände (Gipskartonwände - Bereich WC und Abstellraum beim Speisesaal), nach unten und oben offene „Trennwände“ (zwischen den WCs) und (von der Lieferfirma) verschraubte „Wände“ von Kühlzellen. Diese stellten keine baulichen Maßnahmen dar, die einem Verfahren gemäß §§ 17 oder 18 Bgld. BauG zu unterwerfen seien. Es handle sich - sofern es sich überhaupt um Baumaßnahmen handle - lediglich um geringfügige Bauvorhaben gemäß § 16 Bgld. BauG, da der Revisionswerber lediglich Maßnahmen zur Verbesserung von Bauten und Bauteilen vorgenommen habe bzw. es sich um bauliche Maßnahmen lediglich im Inneren des Gebäudes handle, an denen keine baupolizeilichen Interessen gemäß § 3 Bgld. BauG bestünden.

10       Die Abtrennwände zwischen den Sitzzellen (WC-Anlage) stellten kein Bauwerk dar, weil für deren Herstellung keine bautechnischen Kenntnisse erforderlich seien. Es handle sich um die Montage bloßer Anlagenteile und sei hinsichtlich der technischen Fachkenntnisse nicht anders zu beurteilen, als wenn Kästen an eine Wand montiert oder mit dem Boden verschraubt würden. Das Herstellen der „Wände“ der Kühlräume sei ein bestehender Anlagenteil der Kühlzellen, die von der Kühlraumfirma geliefert und vor Ort montiert worden seien. Hier seien fachtechnische Kenntnisse betreffend Betriebsanlagen erforderlich, nicht jedoch bautechnische Kenntnisse, weshalb hier ebenfalls kein „Bauwerk“ im Sinn des § 2 Bgld. BauG vorliege. Betreffend das Herstellen der Gipskartonwände (WC, Abstellraum) liege auch nach Ansicht des Revisionswerbers ein Bauvorhaben vor. Jedoch handle es sich nur um ein geringfügiges Bauvorhaben, da alle davon möglicherweise betroffenen baupolizeilichen Interessen im geringstmöglichen Grade betroffen seien. Bei solchen nichttragenden Zwischenwänden in Leichtbauweise, die keine statischen Berechnungen und Kenntnisse erforderten, handle es sich gerade um den Paradefall eines geringfügigen Bauvorhabens. Da zu § 16 Abs. 1 Bgld. BauG keine einschlägige höchstgerichtliche Judikatur bestehe, liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

11       Zunächst ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht erkennbar nur den Schuldausspruch neu gefasst hat, nicht aber den Strafausspruch, den es lediglich in Bezug auf die Höhe der verhängten Strafe und infolgedessen auch in Bezug auf die Ersatzfreiheitsstrafe und den Kostenbeitrag abgeändert hat. Im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und somit auch - infolge insoweiter Bestätigung desselben - des angefochtenen Erkenntnisses wurde als Strafsanktionsnorm § 34 Abs. 2 Bgld. BauG angeführt, wodurch den Anforderungen des § 44a Z 3 VStG Genüge getan wurde. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher in diesem Zusammenhang nicht vor.

12       Zum weiteren Zulässigkeitsvorbringen ist auszuführen, dass die Frage, ob die konkreten baulichen Maßnahmen ein Bauwerk bzw. ein Bauvorhaben darstellen und gegebenenfalls ob es sich dabei um ein geringfügiges Bauvorhaben handelt oder nicht, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unterliegt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/06/0175, mwN).

13       Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargestellt: Der Revisionswerber selbst räumt ein, dass für die Herstellung der Gipskartonwände bautechnische Kenntnisse erforderlich seien und insofern daher ein Bauvorhaben im Sinn des § 2 Abs. 4 Bgld. BauG vorliege. Damit handelt es sich bei der im angefochtenen Straferkenntnis enthaltenen Tatanlastung der Schaffung von Räumen durch Errichtung von Wänden im Bereich der vorher bestehenden WC-Anlage aber jedenfalls um ein Bauvorhaben, auch wenn für die Herstellung einzelner Trennwände zwischen den Sitzzellen bautechnische Kenntnisse nicht erforderlich sein sollten. Soweit der Revisionswerber vorbringt, das Herstellen der Wände der Kühlräume sei ein bestehender Anlagenteil der Kühlzellen, die von der Kühlraumfirma geliefert und vor Ort montiert worden seien, ist ihm entgegenzuhalten, dass es nach der hg. Judikatur einerseits nicht darauf ankommt, ob bautechnische Kenntnisse am Ort der Aufstellung oder am Ort der Herstellung vorgefertigter Teile aufzuwenden sind und andererseits für bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, stets gewisse bautechnische Kenntnisse erforderlich sind (W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, Burgenländisches Baurecht3 [2017] § 2 Rz 3, S. 70 mit Hinweisen auf die hg. Judikatur).

14       Dass an diesen Bauvorhaben keine baupolizeilichen Interessen bestünden, ergibt sich aus dem Zulässigkeitsvorbringen des Revisionswerbers, welcher sich mit den dazu ergangenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes nicht auseinandersetzt, nicht. Zudem hat der Revisionswerber hinsichtlich der Herstellung der Gipskartonwände selbst eingeräumt, dass dadurch baupolizeiliche Interessen - wenn auch „im geringstmöglichen Grade“ - betroffen seien.

15       Im Übrigen trifft die Behauptung, es fehle an hg. Judikatur zur Frage des Vorliegens eines geringfügigen Bauvorhabens im Sinn des § 16 Bgld. BauG, in der im Revisionsfall noch maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 29/2019, nicht zu (vgl. etwa VwGH 27.9.2018, Ra 2016/06/0030, VwGH 30.9.2015, 2013/06/0251, VwGH 18.3.2004, 2003/05/0106, VwGH 16.9.2003, 2002/05/0728, und VwGH 19.3.2002, 2001/05/0031; vgl. auch VwGH 30.4.2019, Ra 2017/06/0142, mwN, wonach eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird).

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

16       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 17. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018060108.L00

Im RIS seit

15.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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