TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/30 96/19/1093

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Veröffentlicht am 30.05.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §4 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs2;
MRK Art8 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. H in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. November 1995, Zl. 116.244/2-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. November 1995 wurde der vom Inland aus gestellte Antrag der Beschwerdeführerin vom 18. April 1995 (Datum des Einlangens) auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei während der Dauer ihres Asylverfahrens bis 16. November 1993 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen. Die Übergangsvorschrift des § 13 Abs. 1 AufG sei aus dem Grunde des § 13 Abs. 2 AufG für die in § 1 Abs. 3 AufG genannten Fremden nicht anzuwenden. Darunter fielen gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG auch Fremde, die aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt seien. Die Beschwerdeführerin habe daher den Antrag gemäß § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen gehabt. Dieser Vorschrift habe sie nicht Genüge getan. Die Erteilung einer Bewilligung sei daher ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (15. November 1995) hatte die belangte Behörde die Rechtslage nach Inkrafttreten der AufG-Novelle, BGBl. Nr. 351/1995, anzuwenden.

§ 1, § 6 Abs. 2 und § 13 AufG in dieser Fassung lauten auszugsweise:

"§ 1. ...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

...

6. auf Grund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.

§ 6. ...

    (2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der

Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine

Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: Im Fall

des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des

Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; ... Der

Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.

§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.

(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 und 4 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, sie sei aus dem Grunde des § 13 Abs. 1 AufG zur Antragstellung im Inland berechtigt. Daraus, daß § 13 Abs. 1 AufG lediglich auf § 4 Abs. 2 leg. cit. verweise, sei abzuleiten, daß § 13 Abs. 2 AufG lediglich anordne, die Bestimmung des § 4 Abs. 2 AufG finde auf die in § 1 Abs. 3 AufG genannten Fremden keine Anwendung. Demgegenüber sei § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG auch für Fremde, die gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufenthaltsberechtigt sind, anwendbar. Im übrigen habe die Beschwerdeführerin bereits im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden vorgebracht, sie habe im Juni 1994 bei der erstinstanzlichen Behörde "zwecks Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz" vorgesprochen, sei jedoch "in Rechtsunkenntnis" wieder weggeschickt worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe erst mit Erkenntnis vom 16. Juni 1994 die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den im Asylverfahren in letzter Instanz ergangenen Bescheid abgewiesen. Bis zur Zustellung dieses Erkenntnisses habe sich die Beschwerdeführerin rechtmäßig gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG im Bundesgebiet aufgehalten.

Dieser Argumentation ist zunächst entgegenzuhalten, daß die vorläufige Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführerin schon mit Zustellung des letztinstanzlichen Asylbescheides am 16. November 1993 endete. Ein Wiederaufleben dieser vorläufigen Aufenthaltsberechtigung im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wäre nur dann erfolgt, wenn der Verwaltungsgerichtshof dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt hätte. Daß dies der Fall gewesen wäre, wird in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet. Die Vorsprache zwecks Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz hätte auch eine Antragstellung nicht ersetzt. Im Zeitpunkt der gegenständlichen Antragstellung (18. April 1995) war die Beschwerdeführerin daher nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Schon aus diesem Grund findet § 13 Abs. 1 AufG auf sie keine Anwendung.

Im übrigen kommt dem Verweis in § 13 Abs. 1 AufG auf § 4 Abs. 2 leg. cit. lediglich demonstrativer Charakter zu. Selbstverständlich zählt auch § 6 Abs. 2 letzter Satz zu den nach § 13 Abs. 1 AufG sinngemäß anzuwendenden, für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften. Ginge man mit der Beschwerdeführerin davon aus, daß § 13 Abs. 1 AufG ausschließlich auf § 4 Abs. 2 AufG verweise, bedeutete dies lediglich, daß auch die in § 13 Abs. 1 AufG genannten Personen, auf die die Bestimmung des Abs. 2 leg. cit. keine Anwendung findet, bis zum Ablauf ihrer Berechtigung nicht zur Inlandsantragstellung gemäß § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG berechtigt wären. Selbst diese Interpretation wäre also nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Es gilt daher der Grundsatz, daß der abgewiesene Asylwerber gemäß § 6 Abs. 2 AufG den Antrag vor einer weiteren Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0666).

Insoweit die Beschwerdeführerin auf die durch die rechtmäßige Anwesenheit ihrer Mutter im Bundesgebiet begründeten familiären Interessen in Österreich verweist und sich darauf beruft, bereits seit 1990 mit ihr, die auf ihre Hilfe angewiesen sei, zusammenzuleben, ist ihr folgendes zu entgegnen:

Die aus den Erläuternden Bemerkungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 BlgNR 18. GP) abzuleitende Zielvorstellung dieses Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, einen abgewiesenen Asylwerber in Ansehung seiner privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als einen Fremden, der erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371). Eine Einschränkung des - allenfalls - durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes auf Familiennachzug zur Mutter der Beschwerdeführerin durch die in Rede stehende Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG wäre hier - aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 95/19/0578).

Die von der Beschwerdeführerin gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, weil fehlendes Parteiengehör im Verfahren erster Instanz durch Berufung saniert werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, Zl. 93/07/0112). Schon der erstinstanzliche Bescheid gebrauchte den Abweisungsgrund des § 6 Abs. 2 AufG, sodaß die Beschwerdeführerin Gelegenheit hatte, zu diesem Versagungsgrund Stellung zu nehmen, von der sie auch in ihrer Berufung Gebrauch machte.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191093.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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