TE Vwgh Erkenntnis 2021/1/11 Ra 2020/16/0143

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.01.2021
beobachten
merken

Index

E3R E02202000
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/04 Steuern vom Umsatz

Norm

UStG 1994 §26 Abs3 Z2
VwGG §42 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
31992R2913 ZK 1992 Art201 Abs3
31992R2913 ZK 1992 Art221 Abs1
31992R2913 ZK 1992 Art222 Abs1 lita
31992R2913 ZK 1992 Art236

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der R GmbH & Co. KG in W, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 10. Februar 2020, Zl. RV/7200007/2017, betreffend Erlass/Erstattung von Eingangsabgaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: nunmehr Zollamt Österreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird in seinen Spruchpunkten 1. bis 3. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen, somit soweit sich die Revision gegen den Spruchpunkt 4. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1        Das damalige Zollamt Wien erließ gegenüber der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Kommanditgesellschaft (Revisionswerberin) drei Bescheide vom 19. November 2015, vom 13. Jänner 2016 und vom 8. März 2016 jeweils betreffend „I. Zurücknahme einer begünstigenden Entscheidung“ und „II. Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer beim Zollamt Wien“. Mit Spruchpunkt I. des jeweiligen Bescheides würden die bei jeweils näher angeführten Zollanmeldungen ergangenen Entscheidungen über die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer durch das für einen jeweils näher bezeichneten Unternehmer zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld zuständige Finanzamt (§ 26 Abs. 3 Z 2 UStG - ‚EV‘) zurückgenommen. Mit Spruchpunkt II. des jeweiligen Bescheides wurde angeordnet, dass die zu diesen Zollanmeldungen buchmäßig erfassten und gemäß Art. 221 ZK bereits mitgeteilten Beträge an Einfuhrumsatzsteuer „(5EV)“ in jeweils näher angeführter Höhe beim Zollamt Wien innerhalb einer Frist von 10 Tagen nach Zustellung dieser Entscheidung zu entrichten seien.

2        Eine nachträgliche Überprüfung der gegenständlichen Abfertigungen habe ergeben, dass die in den Zollanmeldungen erklärten Waren nicht für das Unternehmen des jeweils näher bezeichneten indirekt Vertretenen eingeführt worden seien. Daher seien die begünstigenden Entscheidungen mit Wirkung ex tunc zurückzunehmen. Durch die Zurücknahme der (begünstigenden) Entscheidung habe die Einhebung der Einfuhrumsatzsteuer zuständigkeitshalber durch das Zollamt Wien zu erfolgen. Die Anmelderin, die [Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin], habe jeweils erklärt, als indirekter Vertreter des jeweils angeführten Unternehmers aufzutreten, sie sei neben diesem gemäß Art. 201 Abs. 3 ZK Zollschuldner.

3        Mit Schriftsätzen vom 30. November 2015, vom 22. Jänner 2016 und vom 21. März 2016 erhob die Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin jeweils Beschwerde.

4        In denselben Schriftsätzen beantragte die Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin, „die mit Bescheid des Zollamtes xxx vorgeschriebenen Eingangsabgaben zu erstatten bzw. zu erlassen“.

5        Mit Bescheiden vom 16. Juni 2016, vom 17. Juni 2016 und vom 20. Juni 2016 wies das Zollamt Wien die Anträge vom 30. November 2015, vom 22. Jänner 2016 und vom 21. März 2016 auf Erlass der mit näher genannten (mit den erwähnten Beschwerden bekämpften) Bescheiden „zur Entrichtung vorgeschriebenen Abgaben“ ab.

6        Gegen diese drei Bescheide brachte die Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 19. Juli 2016 und mit zwei Schriftsätzen vom 21. Juli 2016 Beschwerden ein, welche das Zollamt mit drei Beschwerdevorentscheidungen vom 10. November 2016 abwies.

7        Die Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin reichte mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2016, und mit zwei Schriftsätzen vom 14. Dezember 2016 dagegen Vorlageanträge ein.

8        Mit Bescheid vom 19. November 2015 teilte das damalige Zollamt Wien der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin die nachträgliche buchmäßige Erfassung von für B.F. und sie entstandenen Eingangsabgaben in näher angeführter Höhe mit. Bei einer Betriebsprüfung des B.F. hätten die der Abgabenberechnung (mit Präferenzzollbegünstigung) zu vier näher angeführten Anmeldungen zu Grunde gelegten Warenverkehrsbescheinigungen nicht vorgelegt werden können.

9        Die Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin erhob dagegen mit Schriftsatz vom 30. November 2015 Beschwerde. Im selben Schriftsatz beantragte sie u.a., bei den in Rede stehenden Anmeldungen die Vertretung auf „direkte Vertretung“ zu berichtigen und diese Eingangsabgaben gemäß Art § 236 ZK „zu erstatten bzw. zu erlassen.“

10       Mit Bescheid vom 7. Juli 2016 wies das Zollamt Wien diesen Antrag ab.

11       Dagegen brachte die Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 19. Juli 2016 Beschwerde ein, welche das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 10. November 2016 abwies, wogegen die Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2016 einen Vorlageantrag stellte.

12       Das Bundesfinanzgericht hob mit Spruchpunkten 1., 2. und 3. des angefochtenen Erkenntnisses die Bescheide des Zollamtes vom 16. Juni 2016 (Spruchpunkt 1.), vom 17. Juni 2016 (Spruchpunkt 2.) und vom 20. Juni 2016 (Spruchpunkt 3.) auf.

13       Mit Spruchpunkt 4. des angefochtenen Erkenntnisses wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes vom 7. Juli 2016 als unbegründet ab.

14       Schließlich sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass eine Revision gegen das angefochtene Erkenntnis nach Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig sei.

15       Die Spruchpunkte 1., 2. und 3. begründete das Bundesfinanzgericht damit, dass sich der jeweilige Spruch der bekämpften Bescheide des Zollamtes auf die jeweils mit „Bescheiden“ vom 16., 17. und 20. Juni 2016 beziehe. Da es sich bei diesen als Bescheid bezeichneten Erledigungen des Zollamtes um keine buchmäßige Erfassung und Mitteilung von Eingangsabgaben, sondern lediglich um Zahlungsaufforderungen handle, lägen den bekämpften Bescheiden keine einem Erlass oder einer Erstattung zugänglichen Eingangsabgaben zu Grunde. Die von der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin gestellten Anträge seien wohl so auszulegen, dass sie die buchmäßig erfassten und mitgeteilten Eingangsabgaben in Fällen zwischen dem 21. November 2012 und dem 23. September 2013 beträfen, über welche vom Zollamt erstmalig abzusprechen sein werde.

16       Den Spruchpunkt 4. des angefochtenen Erkenntnisses begründete das Bundesfinanzgericht damit, dass keine Warenverkehrsbescheinigungen für die betreffenden Anmeldungen hätten vorgelegt werden können und die begehrte Änderung der Zollanmeldungen nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nicht mehr möglich sei.

17       Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 8. Juni 2020, E 1038/2020-9, die Behandlung der vor ihm gegen das angefochtene Erkenntnis erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

18       Die sodann erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

19       Die Revisionswerberin erachtet sich u.a. im Recht auf Erstattung der Eingangsabgaben verletzt.

20       Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG), das damalige Zollamt Wien reichte mit Schriftsatz vom 3. November 2020 eine Revisionsbeantwortung ein.

21       Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

22       Der Revisionsfall gleicht, soweit er die Spruchpunkte 1. bis 3. des angefochtenen Erkenntnisses betrifft, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht jenem dieselbe Revisionswerberin betreffenden, den der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2020/16/0142, entschieden hat, insoweit, als er damit Spruchteile des dort angefochtenen Erkenntnisses aufgehoben hat.

23       Aus den Gründen jenes Erkenntnisses, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, war das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes in seinen Spruchpunkten 1. bis 3. gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

24       Soweit sich die Revision gegen den Spruchpunkt 4. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, gleicht der vorliegende Revisionsfall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2020/16/0144, entschieden hat, insoweit, als er die Revision, soweit sie sich gegen einen Spruchteil des dort angefochtenen Erkenntnisses gerichtet hat, abgewiesen hat.

25       Aus den Gründen jenes Erkenntnisses, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, war auch die vorliegende Revision, soweit sie sich gegen den Spruchpunkt 4. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

26       Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV. Das abgewiesene Mehrbegehren findet in diesen Bestimmungen keine Deckung.

Wien, am 11. Jänner 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020160143.L00

Im RIS seit

16.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten