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L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten WienNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 7. Februar 2020, 1. VGW-002/011/12142/2019-15 und 2. VGW-002/V/011/12143/2019, betreffend jeweils eine Übertretung des Wr. Wettengesetzes und Verfall (mitbeteiligte Parteien: 1. M P und 2. A GmbH, beide in G und beide vertreten durch die SHMP Schwartz Huber-Medek Pallitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Das Land Wien hat den Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis des revisionswerbenden Magistrats vom 1. August 2019 wurde - neben einer hier nicht relevanten Einstellung - die Zweitmitbeteiligte als verantwortliche Beauftragte der Erstmitbeteiligten schuldig erachtet, es zu verantworten, dass die Erstmitbeteiligte am 29. November 2018 zwischen 15:35 Uhr und 16:23 Uhr in einer näher genannten Betriebsstätte, in der diese Gesellschaft die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich als Buchmacherin, ausübe, in einem Automatenaufstellungsraum insofern einerseits gegen § 13 Abs. 3 lit. a Wr. Wettengesetz in der Fassung LGBl. 40/2018, wonach in Betriebsstätten ohne Wettannahmeschalter keine Wettterminals mit Einsätzen von mehr als € 50,-- pro Wette zugelassen werden dürften, verstoßen habe, als sie in dieser Betriebsstätte ohne Wettannahmeschalter an zumindest vier näher beschriebenen Wettterminals einen Einsatz von mehr als € 50,-- zugelassen habe und andererseits gegen § 13 Abs. 3 lit. c Wr. Wettengesetz in der Fassung LGBl. 40/2018, wonach in Betriebsstätten ohne Wettannahmeschalter Wettterminals nicht auf andere Weise als durch Eingabe von Bargeld benutzbar gemacht werden dürfen, verstoßen habe, als in dieser Betriebsstätte ohne Wettannahmeschalter vier näher beschriebene Wettterminals nicht ausschließlich mit Bargeld, sondern auch mit der Mitgliedskarte benutzt hätten werden können.
2 Die Zweitmitbeteiligte habe dadurch § 13 Abs. 3 lit. a sowie lit. c Wr. Wettengesetz in der Fassung LGBl. 40/2018 übertreten, weshalb über sie zwei Geldstrafen in der Höhe von € 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 13 Stunden) und € 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 3 Stunden) verhängt wurden. Weiters wurden vier näher beschriebene Wettannahmeautomaten für verfallen erklärt. Die Erstmitbeteiligte wurde zur Haftung für die Geldstrafen samt Kosten gemäß § 9 Abs. 7 VStG verpflichtet.
3 In der Begründung hielt die belangte Behörde fest, am Standort J Straße 29 handle es sich um eine genehmigte Betriebsstätte, dort befinde sich das Café „M“. In diesem Café befinde sich ein Wettannahmeschalter, der betriebsbereit sei und an welchem auch Wetten platziert hätten werden können. In diesem Café würden sich auch drei weitere Wettterminals befinden.
4 In der J Straße, ebenfalls an der gleichen Hausnummer, befinde sich ein nur von dieser Straße her separat begehbarer Raum, der vom Café „M“ baulich völlig getrennt sei. In diesem Raum hätten sich vier betriebsbereite Wettterminals befunden. Es gebe in diesem Raum lediglich eine weitere Türe mit der Beschriftung „Privat“, die in ein Lager führe. Zwischen dem Café „M“ und diesem Automatenaufstellungsraum befinde sich eine Trafik und es gebe keine innen begehbare Verbindung zwischen dem Café „M“ und dem Automatenaufstellungsraum. Der Raum verfüge auch über eine Zutrittskontrolle. Diese Wettterminals hätten mit mehr als € 50,-- und auch nicht ausschließlich mit Bargeld benutzt werden können. Im Automatenaufstellungsraum in der J Straße, welcher ausschließlich überprüft worden sei, habe sich kein Wettannahmeschalter, sondern nur die vier Wettterminals befunden. Es seien auch keine Aushänge oder Informationen über die Abschlussmöglichkeiten einer Wette an einem Wettannahmeschalter wahrgenommen worden. Zwar befinde sich im Café „M“ ein Wettannahmeschalter. Dieses Café sei aber baulich vom Automatenaufstellungsraum völlig getrennt und der Automatenaufstellungsraum sei nur separat von der J Straße begehbar. Somit handle es sich keinesfalls um eine einheitliche Betriebsstätte, auch wenn sich beide Objekte an einer Ordnungsnummer (J Straße) befänden. Eine gewerberechtliche Bewilligung für beide Teile sei wettenrechtlich unbeachtlich. Die bloße Existenz eines Wettannahmeschalters in einer anderen Betriebsstätte stelle keinen Wettannahmeschalter im Sinne des § 13 Wr. Wettengesetz dar. Der Wettannahmeschalter müsse sich im Automatenaufstellungsraum befinden und dort auch ständig in Betrieb und personell besetzt sein. In rechtlicher Hinsicht sah die Behörde somit die Tatbestände des § 13 Abs. 3 lit. a sowie lit. c Wr. Wettengesetz als erwiesen an.
5 Gegen dieses Straferkenntnis erhoben die Mitbeteiligten Beschwerde, welcher das Verwaltungsgericht stattgab, das angefochtene Straferkenntnis behob und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einstellte. Die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig.
6 In der Begründung ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Standort um eine genehmigte Betriebsstätte entsprechend dem Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 2012 für den Abschluss und die gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G) handle. An dieser Adresse liege ein Eckhaus, dessen genaue Lage auch als Ecke J Straße 29 und W Straße 1 bezeichnet werden könne. Die Betriebsräume der Betriebsstätte an diesem Standort könnten jeweils über den Haupteingang der Ecke, vom Seiteneingang in der W Straße und über einen weiteren Eingang zu einem baulich vollständig getrennten und im Inneren unverbundenen weiteren Betriebsraum von der J Straße aus betreten werden. Das Innere der Betriebsstätte sei zum Tatzeitpunkt somit in zwei Teile unterteilt gewesen. Der erste Teil des Innenbereichs sei als gastgewerblicher Hauptbereich in zwei Räume aufgeteilt gewesen, die durch eine Glaswand mit Pendeltür getrennt worden seien (diese beiden Räume würden als „gastgewerblicher Bereich“ bezeichnet). Im größeren Raum des gastgewerblichen Bereichs, der unmittelbar über den Haupteingang an der Ecke betreten werde, habe sich rechts eine Theke befunden. Auf der Seite der Eingangstüre sei die Kassa für die Gastronomie (samt Monitor für die Videoüberwachung des Lokals) und am (räumlich weiter innen liegenden) anderen Ende eine „Wettkassa“ mit einem zum Kunden gerichteten Kundenmonitor (zum Mitverfolgen entgegengenommener Angaben und eingegebener Daten des Personals bei der Bedienung von Lokalgästen bei Wettabschlüssen einschließlich Neuanlagen von noch nicht registrierten Erstkunden) und der weiteren zum Barpersonal gewandten technischen Ausstattung für das Sportwettgeschäft (bestehend aus einem PC-System) gewesen. Diese Seite der Theke sei unterhalb des Kundenmonitors mit einer deutlichen Aufschrift mit dem Wort „Wettannahme“ gekennzeichnet gewesen. Im kleineren, gegenüber der Theke durch eine Glaswand und Pendeltür zugänglichen Raum, der zusätzlich auch direkt durch einen mit Zutrittssystem gesicherten Eingang von der W Straße betreten werden könne, seien zwei Geräte mit Internetanbindung der Erstmitbeteiligten aufgestellt gewesen, an denen unmittelbar Sportwetten aus dem laufend aktualisierten Wettprogramm abgeschlossen hätten werden können.
7 Der zweite Teil des Innenbereichs der Betriebsstätte habe aus einem etwa 10 m2 großen Raum bestanden, in dem sich vier weitere Geräte der Erstmitbeteiligten für Wettabschlüsse mit gleichem Funktionsumfang befunden hätten und betrieben worden seien (dieser zweite Teil bzw. eigenständige Raum werde als „Automatenaufstellungsraum“ bezeichnet). Der Zutritt erfolge über die J Straße und sei ebenfalls im Eingangsbereich mit einem Fingerprintsensor vor unbefugtem Betreten gesichert gewesen. Außer den vier Geräten sei dort keine Kassa oder Theke „baulich oder technisch vorhanden“ gewesen. Eine Türe führe zu einem „Lagerraum“, der mit „Privat“ gekennzeichnet worden sei. Dort hätten sich Vorräte und Hilfsmittel für das Gastgewerbe sowie die Server- und IT-Infrastruktur der Erstmitbeteiligten befunden, an die die Geräte sowie die Wettkassa angebunden worden seien. Die Erstmitbeteiligte habe dort eine umfassende technische Ausstattung mit Serverhardware betrieben, weil es sich bei diesem Standort um eine sogenannte „Vollfiliale“ handle, die intern ähnlich wie eine „eigene Filiale“ der Erstmitbeteiligten betrieben worden sei, was sich insbesondere an der (auch tatsächlich erfolgten) Anlegung und Registrierung von Neukunden zeige. Als Verwendungszweck für den Lagerraum könne der Betrieb einer Annahmestelle oder ein für eine Kundenbetreuung rückversetzter Bereich bei geöffneter Türe für diesen Raum ausgeschlossen werden.
8 Der Automatenaufstellungsraum sei mit dem gastgewerblichen Bereich im Inneren des Gebäudes nicht verbunden, sondern vollständig baulich getrennt gewesen. Zwischen diesen zwei Bereichen habe sich eine Trafik befunden. Auch vom Lagerraum des Automatenaufstellungsraums führe im Gebäudeinneren kein Weg oder Durchgang zum gastgewerblichen Bereich. Der Wechsel zwischen dem Automatenaufstellungsraum und dem gastgewerblichen Bereich müsse über den Gehsteig auf der J Straße erfolgen, indem etwa der gastgewerbliche Bereich über die W Straße oder über den Haupteingang am Eck verlassen und der Automatenaufstellungsraum durch die fingerprintgesicherte Eingangstür in der J Straße betreten werde.
9 Nach Darlegung der Beweiswürdigung führte das Verwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung zunächst aus, es sei vorauszuschicken, für die gegenständliche Betriebsstätte seien am 14. November 2018 und am 29. November 2018 zwei Mal der völlig gleichgelagerte Sachverhalt zur Anzeige gebracht worden. Das Verwaltungsgericht habe das Verfahren betreffend den Tatzeitpunkt 14. November 2018 mit Erkenntnis vom 10. Dezember 2019 eingestellt. Dieses Erkenntnis hätten die Mitbeteiligten unter Hinweis auf das Doppelbestrafungsverbot vorgelegt.
10 Die belangte Behörde habe der Zweitmitbeteiligten angelastet, dass im Tatzeitpunkt ein „Wettannahmeschalter versperrt vorgefunden“ worden sei und als Konsequenz in einer Betriebsstätte ohne Wettannahmeschalter ein für den Abschluss einer Probewette benutztes Wettterminal nicht auf andere Weise als durch Eingabe von Bargeld benutzbar gemacht hätte werden dürfen, somit nicht (ausschließlich) mit der Kundenkarte der Erstmitbeteiligten ohne Bargeld. Diese Tatanlastung erweise sich als unbegründet. Im Automatenaufstellungsraum sei kein Wettannahmeschalter vorhanden oder vorgesehen gewesen. Die dort versperrt vorgefundene Türe zum Lagerraum habe keinen dahinterliegenden, nicht besetzten bzw. betriebsbereiten Wettannahmeschalter „abgeschlossen“. Im gastgewerblichen Bereich habe sich eine Wettkassa mit Wettannahme befunden, die im Tatzeitpunkt offenbar nicht unbesetzt gewesen sei und für den Abschluss von Sportwetten „scheinbar“ genutzt habe werden können.
11 In „faktischer Hinsicht“ sei den Mitbeteiligten somit das gänzliche Fehlen eines allenfalls vorzusehenden Wettannahmeschalters im Automatenaufstellungsraum nicht zur Last gelegt worden. Der dort vermeintlich versperrte Wettannahmeschalter könne diesfalls nicht mit dem Tatvorwurf einer „Betriebsstätte ohne Wettannahmeschalter“ gleichgesetzt werden, weil sich in der Betriebsstätte - zwar nicht im Automatenaufstellungsraum, aber im weiteren, sei es auch baulich vollständig getrennten, gastgewerblichen Bereich - eine vom Lokalpersonal zu besetzende Wettkassa befand, die mit „Wettannahme“ kenntlich gemacht worden sei, mit umfassender Hardware ausgestattet und technisch „scheinbar“ auch betriebsbereit gewesen sei. Der unzureichende faktische, personelle oder technische Betrieb dieser unter anderem als Wettannahme eingerichteten Wettkassa im gastgewerblichen Bereich, was auf eine tatbildlich relevante „Betriebsstätte ohne Wettannahmeschalter“ hinausliefe, sei der Zweitmitbeteiligten aber ebenfalls nicht (in unverwechselbar konkretisierter Weise) zur Last gelegt worden.
12 Eine Änderung des Tatvorwurfs um das Sachverhaltselement eines (allenfalls in rechtlicher Hinsicht) an geeigneter Stelle gänzlich fehlenden oder untauglichen Wettannahmeschalters ginge über die Tatanlastung des angefochtenen Straferkenntnisses und damit über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens im Beschwerdeverfahren hinaus und habe keine Präzisierung des Tatvorwurfs mehr dargestellt. Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis angelastete Tatbegehung am 29. November 2018 entsprechend der Tatumschreibung im Spruch könne daher nicht als erwiesen festgestellt werden.
13 Schließlich würde aus Sicht des Verwaltungsgerichtes eine wiederholte Bestrafung eines gleichen Sachverhaltes, anlässlich der hier offenkundig vorgenommenen zwei Kontrollen am 14. November 2018 und am 29. November 2018 gegen das Doppelbestrafungsverbot verstoßen.
14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision der belangten Behörde mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
15 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
16 Die Amtsrevision bringt vor, das Verwaltungsgericht habe den Begriff „Betriebsstätte ohne Wettannahmeschalter“ iSd § 13 Abs. 3 Wr. Wettengesetz falsch ausgelegt. Es habe zu Unrecht die gewerberechtliche Bewilligung für die Beurteilung der Wettunternehmertätigkeit herangezogen. Das Verwaltungsgericht hätte erkennen müssen, dass es sich bei dem gastgewerblichen Bereich und dem Automatenaufstellungsraum um zwei getrennte wettenrechtliche Betriebsstätten handle. Weiters nehme das Verwaltungsgericht zu Unrecht einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot an. Schließlich sei das Erkenntnis aufgrund von Aktenwidrigkeit und mangelhafter Beweiswürdigung nicht ausreichend begründet und sei zu einem Schriftsatz der Behörde kein Parteiengehör eingeräumt worden.
17 Die Mitbeteiligten brachten in ihrer Revisionsbeantwortung vor, dass es sich bei dem Standort um eine einzige Betriebsstätte mit einem Wettannahmeschalter handle (Einheitlichkeit der Betriebsstätte). Das gegenständliche Verfahren beziehe sich auf ein fortgesetztes Delikt, weshalb das Doppelbestrafungsverbot beachtlich sei.
18 Die Revision ist im Ergebnis zulässig, jedoch nicht berechtigt.
19 § 2 Z 7 und 8, § 5 Abs. 3 und § 13 Abs. 5 Wr. Wettengesetz in der (Stamm-)Fassung LGBl. Nr. 26/2016 lauten:
„§ 2 Die in diesem Landesgesetz verwendeten Begriffe sind jeweils im Sinne der nachfolgenden Begriffsdefinitionen zu verstehen:
[...]
7. Betriebsstätte im Sinne dieses Gesetzes ist jede ortsfeste, öffentlich zugängliche Einrichtung, in der Wetten von einer Buchmacherin oder von einem Buchmacher gewerbsmäßig abgeschlossen und/oder in der Wetten von einer Totalisateurin oder einem Totalisateur vermittelt und/oder in der Wetten oder Wettkundinnen und Wettkunden von einer Vermittlerin oder einem Vermittler gewerbsmäßig vermittelt werden.
8. Wettterminal im Sinne dieses Gesetzes ist eine technische Einrichtung in einer Betriebsstätte, die über eine Datenleitung einer Person, gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes unmittelbar den Abschluss einer Buchmacherwette mit der Bewilligungsinhaberin als Buchmacherin, mit dem Bewilligungsinhaber als Buchmacher oder einer oder eines vom Wettunternehmen angegebenen Buchmacherin oder Buchmachers zu deren oder dessen Bedingungen und Quoten ermöglicht. [...]
§ 5 [...]
(3) Wird die Tätigkeit einer Wettunternehmerin oder eines Wettunternehmers über ein Wettterminal ausgeübt, darf die Bewilligung, abgesehen von den Voraussetzungen nach Abs. 1 oder 2, nur erteilt werden, wenn
a) die Bewilligungswerberin oder der Bewilligungswerber über das Wettterminal oder die Wettterminals verfügungsberechtigt ist und
b) das Wettterminal oder die Wettterminals die Eigenschaften nach § 13 erfüllen.
[...]
§ 13 [...]
(5) In Betriebsstätten ohne Wettannahmeschalter dürfen Wettterminals weiters nicht
a) Einsätze von mehr als 50 € pro Wette zulassen;
b) mit Wertkarten benutzbar gemacht werden;
c) auf andere Weise als durch Eingabe von Bargeld benutzbar gemacht werden.“
20 Die einschlägigen Erläuterungen in der Stammfassung lauten wie folgt (BlgLT 20. GP 3/2016, S 4ff):
„Zu § 2:
Diese Bestimmung enthält diverse Begriffsbestimmungen. Soweit diese Begriffe im Gesetz verwendet werden, sind sie jeweils im Sinn dieser Definitionen zu verstehen.
[...]
Als Betriebsstätte kommen insbesondere öffentlich zugängliche Räumlichkeiten in Betracht, in denen die Wettunternehmerin und der Wettunternehmer den Wettkundinnen und Wettkunden die Wettteilnahme ermöglichen.
[...]
In Ziffer 8 wurde betreffend Wettterminals (‚unmittelbar den Abschluss ... ermöglicht‘) überdies klargestellt, dass jene technischen Geräte (Annahmeschalter), wo ausschließlich Personal des jeweiligen Unternehmens für die Kundin oder den Kunden Wetten eingeben kann, keine Wettterminals im Sinne des § 2 Z 8 darstellen (so z.B. in Trafiken, wo die Eingabe der Wetten ausschließlich durch das Verkaufspersonal erfolgt und der Annahmeschalter für Kundinnen und Kunden nicht frei zugänglich ist).
Zu § 5:
[...]
Wettterminals weisen im Vergleich zu persönlichen Wettannahmestellen eine erhöhte Suchtgefahr auf. Dies liegt vor allem daran, dass durch den mangelnden persönlichen Kontakt die Hemmschwelle zur Wettteilnahme abgebaut und somit die Wettteilnahme erleichtert wird. Die Wettteilnahme über ein Wettterminal führt insgesamt zu einem erhöhten Wettverhalten. Dies liegt auch daran, dass den Wettkundinnen und Wettkunden aufgrund der technischen Möglichkeiten über Wettterminals ein viel größeres Wettangebot zur Verfügung gestellt werden kann. Gleichzeitig ermöglichen Wettterminals, dass mehrere Wetten in eher kurzen Zeitabständen hintereinander abgeschlossen werden können. Aufgrund dieser Überlegungen werden besondere Vorschriften für den Fall vorgesehen, dass die Tätigkeit des Wettunternehmers über ein Wettterminal ausgeübt wird.
[...]
Zu § 13:
Hier werden die näheren Eigenschaften sowie Bestandteile von Wettterminals geregelt. Nach § 5 Abs. 3 lit. b des gegenständlichen Entwurfs darf die Bewilligung nur erteilt werden, wenn das Wettterminal die Eigenschaften nach § 13 erfüllt.
[...]
In Abs. 5 wurde schließlich dem Umstand Rechnung getragen, dass es in Betriebsstätten ohne Wettannahmeschalter (zB Gaststätten, Tankstellen) aufgrund der fehlenden Aufsicht durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers zusätzlicher strengerer Bestimmungen für Wettterminals bedarf.“
21 Mit der Novelle LGBl. 40/2018 wurden die Bestimmungen des § 13 Abs. 5 und des § 5 Abs. 3 Wr. Wettengesetz ohne Änderungen des Regelungsinhaltes in § 13 Abs. 3 bzw. § 5 Abs. 2 leg. cit. übernommen, weshalb die Erläuterungen der Stammfassung auch für die hier maßgebliche Rechtslage weiterhin von Bedeutung sind.
22 Was unter einem Wettannahmeschalter zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht weiter und unterliegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer Beurteilung im Einzelfall (vgl. VwGH 14.9.2020, Ra 2020/02/0103-0104).
23 Nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis hat sich im gastgewerblichen Bereich des Lokals J Straße 29 eine Wettkassa mit der Aufschrift „Wettannahme“ befunden, die im Tatzeitpunkt besetzt gewesen ist, weshalb vorliegend vom Vorhandensein eines Wettannahmeschalters im gastgewerblichen Bereich der Betriebsstätte ausgegangen werden kann.
24 Strittig ist, ob der Automatenaufstellungsraum, der vom gastgewerblichen Bereich mit dem Wettannahmeschalter baulich vollständig getrennt ist, nur über den Gehsteig erreicht werden kann und wo sich kein Wettannahmeschalter befindet, als Teil einer Betriebsstätte mit einem Wettannahmeschalter iSd § 13 Wr. Wettengesetz zu beurteilen ist.
25 Eine Betriebsstätte ist gemäß § 2 Z 7 Wr. Wettengesetz jede ortsfeste, öffentlich zugängliche Einrichtung, in der Wetten abgeschlossen oder vermittelt werden.
26 Führt man sich den Zweck der Einschränkungen nach § 13 Abs. 3 Wr. Wettengesetz bei der Benutzung von Wettterminals in Betriebsstätten, in denen sich kein (mit einer Person besetzten) Wettannahmeschalter befindet, vor Augen (Schutz der Wettkunden vor einer Senkung der Hemmschwelle zur Wettteilnahme mangels persönlichen Kontakts), kann dieser Schutzzweck nur dann erreicht werden, wenn das Spielgeschehen vom Wettunternehmer beaufsichtigt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn in den Räumen der Betriebsstätte, in der sich die Wettterminals befinden, ein Wettannahmeschalter eingerichtet ist, von dem aus die Wettkunden und das Wettgeschehen beobachtet werden können (vgl. die Erläuterungen zu § 13 Abs. 5 Wr. Wettengesetz).
27 Geht man im vorliegenden Fall aufgrund derselben Postadresse im Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 2010 davon aus, dass auch der baulich abgetrennte und nur von außen begehbare Automatenaufstellungsraum Teil dieser Betriebsstätte ist, ist eine Beobachtung der Wettkunden und des Wettgeschehens vom Wettannahmeschalter aus, der sich im gastgewerblichen Hauptbereich mit eigenem Eingang befindet, nicht möglich.
28 Allerdings beziehen sich die Einschränkungen des § 13 Abs. 5 Wr. Wettengesetz nicht auf einzelne Räume einer Betriebsstätte ohne Wettannahmeschalter, sondern nach dem Wortlaut der Bestimmung ausdrücklich auf eine (gesamte) Betriebsstätte ohne Wettannahmeschalter. Für eine Analogie, wonach diese Einschränkungen dem Zweck der Bestimmung entsprechend auch auf einzelne Räume ohne Wettannahmeschalter angewendet werden könnten, bleibt im Verwaltungsstrafrecht, wo der äußerst mögliche Wortsinn die Grenze belastender Strafrechtsgewinnung darstellt, kein Raum (vgl. VwGH 5.3.2015, Ro 2015/02/0003).
29 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
30 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 22. Jänner 2021
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020139.L00Im RIS seit
01.03.2021Zuletzt aktualisiert am
01.03.2021