TE OGH 2021/1/14 5Ob230/20i

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Veröffentlicht am 14.01.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Günther Schmied, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. D***** KG, *****, 2. V*****, beide vertreten durch Mag. Anton Becker, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, hier: Ablehnung, über den „Rekurs“ (richtig: Revisionsrekurs) der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 18. August 2020, GZ 6 R 18/20v-6, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 24. September 2020, GZ 6 R 18/20v-10, mit dem der Rekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 19. Mai 2020, GZ 2 Nc 6/20w-1, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]       In dem beim Bezirksgericht Liezen anhängigen Anlassverfahren begehrt die Klägerin als Eigentümerin von den Beklagten die Unterlassung näher bezeichneter Störungshandlungen betreffend ihre Liegenschaft. In diesem Verfahren lehnten die Beklagten den zuständigen Verhandlungsrichter und den Vorsteher des Bezirksgerichts als befangen ab.

[2]       Der Ablehnungssenat des Landesgerichts Leoben wies den Ablehnungsantrag zurück und sprach aus, dass jede weitere Eingabe der Beklagten, die sich in der Wiederholung bereits erledigter Streitpunkte oder schon vorgebrachter Behauptungen – auch aus näher bezeichneten weiteren Verfahren – erschöpft, ohne inhaltliche Behandlung zu den Akten genommen werden wird. Der Beschluss wurde den Beklagten am 25. 5. 2020 durch Übernahme eines Mitbewohners bzw der Empfängerin persönlich zugestellt.

[3]       Den dagegen von beiden Beklagten am 28. 7. 2020 erhobenen Rekurs wies das Oberlandesgericht Graz mit dem angefochtenen Beschluss als verspätet zurück. Es sprach mit Ergänzungsbeschluss vom 24. 9. 2020 aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und ließ den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zu.

[4]       Dagegen richtet sich das als „Rekurs nach § 519 ZPO“ bezeichnete Rechtsmittel der Beklagten, das sie nachträglich um einen Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs ergänzten.

[5]            Das Rekursgericht wies den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs mit Beschluss vom 26. November 2020, AZ 6 R 18/20v, mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zurück. Von der Zurückweisung des Revisionsrekurses selbst nahm das Rekursgericht wegen der darin vertretenen Auffassung, auf den Rekurs sei § 519 ZPO anzuwenden, Abstand.

Rechtliche Beurteilung

[6]       Das als Rekurs bezeichnete, als Revisionsrekurs zu wertende Rechtsmittel der Beklagten ist absolut unzulässig.

[7]       1. Gegenstand der rekursgerichtlichen Entscheidung ist die Zurückweisung eines Rekurses im Ablehnungsverfahren als verspätet. Gemäß § 24 Abs 2 JN findet gegen die Stattgebung der Ablehnung kein Rechtsmittel, gegen die Zurückweisung der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht statt. Die ständige Rechtsprechung legt diese Bestimmung als abschließende Sonderregelung über die Rechtsmittelzulässigkeit im Ablehnungsverfahren zwar in dem Sinn aus, dass gegen die Zurückweisung des Ablehnungsantrags der Rekurs nur an das zunächst übergeordnete Gericht stattfindet und gegen dessen Entscheidung kein weiteres Rechtsmittel zulässig ist (RIS-Justiz RS0122963, RS0074402). Ausgenommen ist allerdings der – hier gegebene – Fall, dass das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rekurses aus formellen Gründen ablehnt (RS0044509, RS0046065), weil sich in diesen Fällen nicht zwei Instanzen mit derselben Frage befasst haben (Mayr in Rechberger/Klicka ZPO5 § 24 JN Rz 6 mwN). Die absolute Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Beklagten ergibt sich hier daher nicht aus § 24 Abs 2 JN.

[8]            2. Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung (RS0044501) ein Beschluss des Rekursgerichts, mit dem ein an dieses Gericht gerichteter Rekurs zurückgewiesen wurde, nur wegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO und nur dann anfechtbar, wenn der Entscheidungsgegenstand im Sinn des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO 5.000 EUR übersteigt. Aus diesem Grund hat das Rekursgericht auszusprechen, ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist (RS0044501 [T7]). Eine Ausnahme macht die Judikatur nur dann, wenn ein dem § 519 Abs 1 Z 1 ZPO vergleichbarer Fall vorliegt, das Rekursgericht also funktionell wie ein Berufungsgericht entscheidet und aus Anlass eines Rekurses gegen eine Sachentscheidung einen Grund für die formelle Zurückweisung des Rechtsschutzbegehrens wahrnimmt (RS0044501 [T3]). Eine generelle analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auf einen Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichts lehnt die ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung ab (RS0044501 [T10]). Diese Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wurde ungeachtet teilweise gegenteiliger Lehrmeinungen aufrecht erhalten (3 Ob 12/94; 5 Ob 159/99i; 3 Ob 16/12t).

[9]            3. Das Rekursgericht wies den Rekurs der Beklagten als verspätet zurück, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR, nicht hingegen 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Den Abänderungsantrag der Beklagten wies es zurück. Einer der in der Judikatur anerkannten Fälle der analogen Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO lag daher hier nicht vor; das Rekursgericht hat nicht etwa aus Anlass des Rekurses einen Grund für die Zurückweisung des Rechtsschutzbegehrens erstmals wahrgenommen. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht ihnen hier daher nicht der Vollrekurs nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zur Verfügung.

[10]     4. Die Zurückweisung des auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs gerichteten Antrags der Beklagten ist gemäß § 528 Abs 2a ZPO iVm § 508 Abs 4 letzter Satz ZPO unanfechtbar und macht einen Revisionsrekurs nach dieser Bestimmung absolut unzulässig.

[11]     5. Das Rechtsmittel der Beklagten war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Textnummer

E130641

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00230.20I.0114.000

Im RIS seit

15.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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