RS Vfgh 2020/12/10 V17/2019 (V17/2019-18)

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Veröffentlicht am 10.12.2020
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z3
Tir RaumOG 2016 §29 Abs2
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Aufhebung eines Bebauungsplans einer Tiroler Gemeinde hinsichtlich eines Grundstücks mangels Abwägung der öffentlichen Interessen mit den Interessen des (einzigen) Eigentümers bei Verhängung einer Bausperre

Rechtssatz

Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplans einschließlich des ergänzenden Bebauungsplans "BP 166" der Stadtgemeinde Schwaz vom 24.01.2018 betreffend das Grundstück Nr 1263, KG 87007 Schwaz. Die antragstellende Partei legt nachvollziehbar dar, dass sie konkrete Bauabsichten auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück habe. Ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffs steht der antragstellenden Partei nach der Tiroler Bauordnung 2018 nicht zur Verfügung.

Eine der grundlegenden Anforderungen bei der Erlassung oder Änderung von Flächenwidmungs- oder anderen Raumordnungsplänen, durch die - wie im vorliegenden Fall - eine davor zulässige Bebauung eines bestimmten Grundstückes eingeschränkt wird, ist nach stRsp des VfGH die Abwägung der für die Erlassung bzw Änderung sprechenden (öffentlichen) Interessen mit den Interessen des Grundeigentümers. Diese Interessenabwägung samt den zugrunde liegenden, konkret auf das jeweilige Grundstück bezogenen Grundlagenerhebungen muss im Verordnungsakt dokumentiert sein. Gemäß §29 Abs2 TROG 2016 sind dem Bebauungsplan Erläuterungen anzuschließen, die eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen zu enthalten haben.

Aus den Verordnungsakten geht nicht hervor, dass der Erlassung des angefochtenen Bebauungsplanes eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Interessen der antragstellenden Partei im Hinblick auf deren Grundstück vorausging, obwohl dieses als einziges vom angefochtenen Bebauungsplan betroffen ist. Es wurde auch nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb die Erlassung eines Bebauungsplanes gerade und ausschließlich für das Grundstück der antragstellenden Partei im öffentlichen Interesse der Wahrung des Orts- und Straßenbildes gelegen sein sollte. Zudem führt die Vorgangsweise der verordnungserlassenden Behörde dazu, dass auf Grund des angefochtenen Bebauungsplanes im Ergebnis der Effekt einer vollständigen Bausperre über das in Rede stehende Grundstück verhängt wurde. Dafür fehlt es aber im vorliegenden Fall wegen des Fehlens jeglicher Abwägung mit den Interessen der antragstellenden Partei an einer sachlichen Rechtfertigung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Raumordnung, Widmung, Bebauungsplan, Verordnungserlassung, Baurecht, VfGH / Weg zumutbarer, Bebauungsvorschriften, Bausperre, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:V17.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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