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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
KFG 1967 §101 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des E in Z, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. November 1996, Zl. UVS-03/P/03/1899/96, betreffend Übertretung des KFG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt, vom 15. März 1996 wurde der Beschwerdeführer als Verantwortlicher und somit als zur Vertretung der Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges (nach außen Berufener) einer Übertretung nach "§ 103 Abs. 1 KFG" iVm § 134 KFG für schuldig befunden und bestraft. Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, er habe nicht dafür gesorgt, daß dieses Kraftfahrzeug am 18. Mai 1995 um 08.20 Uhr den Vorschriften des KFG und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung entsprochen habe, da dieses Kraftfahrzeug einer näher genannten Person zum Lenken überlassen worden sei, obwohl es mehr Rauch entwickelt habe, als bei ordnungsgemäßem Zustand unvermeidbar gewesen wäre, und weil "nach der letzten Begutachtung folgende Schäden zu beheben gewesen" wären: "Rahmen, Bremsleitung, Karr. Schutzvorrichtung", und somit das Kraftfahrzeug an einem näher genannten Ort "in einem vorschriftswidrigen Zustand" gelenkt worden sei.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. November 1996 gab die belangte Behörde dieser Berufung nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) keine Folge und bestätigte das vorgenannte Straferkenntnis mit der Maßgabe, daß der Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretung als "Alleinvorstand" und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Zulassungsbesitzerin (einer näher genannten Aktiengesellschaft) zu verantworten habe sowie, daß die verletzte Verwaltungsvorschrift "§ 103 Abs. 1 Z. 1 iVm § 4 Abs. 2 KFG" zu lauten habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei die Strafbehörde erster Instanz gemäß § 27 VStG unzuständig gewesen, weil im Zusammenhalt mit dem gemäß § 9 VStG gegenüber dem Beschwerdeführer als Tatort der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sei. Dieser Unternehmenssitz liege aber nicht in Wien, sondern in einem näher genannten Ort in Niederösterreich.
Zur Übertretung des § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG hat der Gerichtshof ausgesprochen, daß als Tatort der Ort des "Lenkens" des Fahrzeuges anzusehen ist (vgl. das hg. Erkennntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/02/0489 m.w.N.). Da das beanstandete Fahrzeug zum Tatzeitpunkt - wie der Beschwerdeführer selbst nicht bestreitet - an einem näher genannten Ort in Wien gelenkt worden ist, lag daher die gerügte Unzuständigkeit der Strafbehörde erster Instanz und somit die diesbezüglich gerügte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vor.
Ferner bringt der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die nach § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG iVm § 9 VStG erfolgte Bestrafung vor, es liege eine zeitgerechte Bestellung von "verantwortlichen Beauftragten" vor. Die Zustimmung jedes Kraftfahrers erfolge bei dem näher genannten Dienstgeber unmittelbar mit Einstellung eines Kraftfahrers und sei Bedingung für eine Anstellung. Damit sei klar, daß die Zustimmung vor Begehung der Tat vorgelegen habe und der Strafbehörde erster Instanz durch Vorlage einer entsprechenden Vereinbarung zwischen dem Dienstgeber und jenem Kraftfahrer, der zum Tatzeitpunkt das Kraftfahrzeug gelenkt habe, auch nachweislich zur Kenntnis gebracht worden sei. Es liege daher ein Fall nach § 9 Abs. 2 VStG vor.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Strafbarkeit eines Organwalters nach § 9 Abs. 1 VStG iVm § 103 Abs. 1 Z.1 KFG u.a. in seinem Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl.90/03/0148, ausgeführt hat, ist eine Überwälzung der den Zulassungsbesitzer treffenden Verpflichtungen auf die ohnedies gesondert unter Strafsanktion stehenden Lenker nicht möglich. Dem diesbezüglichen Einwand des Beschwerdeführers kommt daher keine Berechtigung zu. Vielmehr hätte es, weil der Beschwerdeführer behauptet, selbst nicht in der Lage zu sein, den kompletten Fuhrpark (ca. 50 Fahrzeuge) auf seinen technischen Zustand hin zu überprüfen, einer wirksamen begleitenden Kontrolle bedurft (vgl. das zuletzt genannte hg. Erkennntnis). Das Vorhandensein eines derartigen Kontrollsystems hat jedoch der Beschwerdeführer - abgesehen von der bereits dargestellten unzulässigen Überwälzung der Verpflichtungen eines Zulassungsbesitzers auf die jeweiligen Lenker - im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht. Mit dem Hinweis des Beschwerdeführers auf die Bestellung des Lenkers des in Rede stehenden Kraftfahrzeugs zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG für dieses Fahrzeug ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Eine solche Bestellung war nämlich schon deshalb rechtswirksam nicht möglich, weil es sich bei der Bestellung einer Person in Ansehung eines einzelnen Fahrzeugs im Hinblick auf den "Umfang" dieser Bestellung entsprechend dem Sprachgebrauch und Sinngehalt dieser Vorschrift nicht um einen räumlich oder sachlich abgegrenzten "Bereich des Unternehmens" (§ 9 Abs. 2 VStG) handelt. Der Versuch, durch eine solche Bestellung die soeben dargestellte Rechtslage betreffend die Unmöglichkeit der Abwälzung der Verantwortung des Zulassungsbesitzers auf den Lenker zu umgehen, muß daher fehlschlagen.
Der Beschwerdeführer vermeint, der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche nicht § 44a Z. 1 und 2 VStG, weil das "Überlassen des Lenkens eines Kraftfahrzeuges" durch den Zulassungsbesitzer an eine andere Person zwar bei Vorliegen der in § 103 Abs.1 Z.3 KFG angeführten Voraussetzungen strafbar wäre, jedoch kein Tatbestandsmerkmal des Abs.1 Z. 1 leg. cit. darstelle; er verweist insofern auf das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1986, Zl. 84/03/0182. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß in dem dem soeben zitierten hg. Erkenntnis zugrundeliegenden Fall das "Überlassen" den wesentlichen Spruchteil bildete, hingegen im vorliegenden Beschwerdefall der Schwerpunkt des spruchgemäßen Vorwurfs in dem "nicht dafür gesorgt" zu haben liegt.
Im Zusammenhang mit § 44a Z. 2 VStG wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, diese habe es unterlassen, jene Bestimmungen des KFG anzuführen, deren Übertretung dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde und die schließlich zu seiner Bestrafung geführt habe. Die belangte Behörde hätte vielmehr jene Bestimmungen des KFG und der KDV oder andere einschlägige kraftfahrrechtliche Bestimmungen anzuführen gehabt, die in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG die Strafbarkeit begründen würden. Es werde jene Bestimmung nicht angeführt, der zufolge eine "übermäßige Rauchentwicklung" verhindert werden solle. Ebenso fehle es an den Ausführungen kraftfahrrechtlicher Normen, die den Mindeststandard oder Zustand betreffend Rahmen, Bremsleitung und Karrosserieschutzvorrichtungen betreffen würden.
Gemäß § 103 Abs.1 Z. 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.
Gemäß § 4 Abs. 2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, daß durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßiger Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeug entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa in seinem Erkennntnis vom 19. Jänner 1994, Zl. 93/02/0220 , ausgesprochen, daß § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG keine verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z.2 VStG ist; es ist vielmehr erforderlich, im Spruch des Straferkennntnisses anzuführen, welche bestimmte Vorschrift des KFG oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung im Einzelfall verletzt wurde.
Dieser dargestellten Anforderung wird der angefochtene Bescheid jedoch nur teilweise gerecht. Hinsichtlich der übermäßigen Rauchentwicklung wurde durch ergänzende Zitierung des § 4 Abs. 2 (erster Satz) KFG jene zusätzliche Norm angeführt, die einen derartigen Mangel bei Betrieb eines Kraftfahrzeuges hintanhalten soll.
Nicht nachvollziehbar ist jedoch, weshalb § 4 Abs. 2 KFG auch jene weitere einschlägige kraftfahrrechtliche Vorschrift sein sollte, auf die der gleichfalls dem Beschwerdeführer gemachte Tatvorwurf gestützt werden könnte, er habe die entsprechende Vorsorge für die Behebung näherer "bei der letzten Begutachtung" angeführter Schäden des Kraftfahrzeuges unterlassen. Diese Subsumtion ist nicht möglich, weil es die belangte Behörde unterließ, entsprechend der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG im Spruch zum Ausdruck zu bringen, welcher KONKRETE Zustand des Fahrzeugs (abgesehen von der Rauchentwicklung) im einzelnen als (jeweils) vorschriftswidrig anzusehen war. Im Hinblick auf die Untrennbarkeit des Spruchs war der angefochtene Bescheid insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenvorschreibung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten VerwaltungsvorschriftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997020042.X00Im RIS seit
07.06.2001Zuletzt aktualisiert am
25.08.2017