TE Vwgh Beschluss 2020/12/21 Ra 2020/01/0442

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Veröffentlicht am 21.12.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Staatsbürgerschaft

Norm

MRK Art8 Abs2
StbG 1985 §10 Abs1 Z6
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des M I in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Auner, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft KG in 8700 Leoben, Parkstraße 1/I, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 7. September 2020, Zl. VGW-152/019/7733/2020-29, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist ägyptischer Staatsangehöriger.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - in der Sache - das mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 18. Februar 2019 abgeschlossene Verfahren, mit welchem dem Revisionswerber die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zugesichert worden war, gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 AVG wiederaufgenommen und das Ansuchen des Revisionswerbers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 StbG abgewiesen (I.). Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt (II.)

3        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, im Verfahren sei hervorgekommen, dass der Revisionswerber im Zeitraum von Jänner bis September 2017 vorsätzlich eine Verkürzung der Umsatzsteuer in der Höhe von 5.599,98 bewirkt habe. Hiefür sei über den Revisionswerber mit Strafverfügung des Finanzamtes Klosterneuburg vom 18. September 2019 wegen des Deliktes der Abgabenhinterziehung eine Geldstrafe in Höhe von € 1.200,-- rechtskräftig verhängt worden.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Der Revisionswerber erachtet sich unter der Überschrift „Revisionspunkt“ in seinem Recht auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft verletzt.

8        In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. für viele VwGH 20.12.2019, Ra 2019/01/0431, mwN).

9        Diesen Anforderungen wird das erwähnte Zulässigkeitsvorbringen nicht gerecht:

10       Zunächst trifft die Behauptung, das Verwaltungsgericht habe die nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG erforderliche Prognosebeurteilung nicht vorgenommen, nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr den Zeitraum des Wohlverhaltens des Revisionswerbers von knapp unter drei Jahren fallbezogen als noch nicht ausreichend angesehen. Die Revision zeigt nicht auf, dass das Verwaltungsgericht damit von den Leitlinien der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 28.1.2019, Ro 2018/01/0018, mwN) abgewichen wäre.

11       Weiters fehlt es „nach Ansicht des Revisionwerbers“ an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „unter welchen Voraussetzungen ... Finanzstrafvergehen als geringfügig anzusehen sind ... bzw. welche Gewichtung der Dauer des Aufenthaltes eines Staatsbürgerschaftswerbers zuzumessen ist“.

12       Dem ist einerseits zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner - auch vom Verwaltungsgericht zitierten - Judikatur bereits klargestellt hat, dass Finanzvergehen im Hinblick auf das wirtschaftliche Wohl des Landes nach Art. 8 Abs. 2 EMRK Bedeutung haben können und dass eine Tathandlung, die sich auf die Hinterziehung von Abgaben bezieht, den Betroffenen als gefährlich im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG erscheinen lässt (vgl. auch dazu VwGH Ro 2018/01/0018, mwN).

13       Andererseits ist die Revision darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der - allein geltend gemachten - Verletzung des Rechts auf Verleihung der Staatsbürgerschaft lediglich die Beurteilung des Vorliegens des Verleihungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG durch das Verwaltungsgericht zu überprüfen hat (zur Bindung des Verwaltungsgerichtshofes an die geltend gemachten Revisionspunkte gemäß § 41 VwGG vgl. etwa VwGH 30.9.2020, Ra 2020/01/0349, mwN); auf die Dauer des Aufenthaltes des Betroffenen im Bundesgebiet kommt es dabei nicht an.

14       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010442.L00

Im RIS seit

22.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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