TE Vwgh Beschluss 2021/1/20 Ra 2020/09/0055

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Veröffentlicht am 20.01.2021
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Index

L22005 Landesbedienstete Salzburg
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §66 Abs4
AVG §7 Abs1
B-VG Art133 Abs4
LBG Slbg 1987
LBG Slbg 1987 §50 Abs3
VStG §24
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2
VStG §44a Z3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §38
VwGVG 2014 §50
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der AB in C, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 18. Dezember 2019, Zl. 405-6/136/1/50-2019, betreffend Disziplinarstrafe nach dem Salzburger Landes-Beamtengesetz 1987 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Salzburger Landesregierung als Disziplinarbehörde), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die im Jahr 1962 geborene Revisionswerberin stand (vor ihrer Versetzung in den Ruhestand) zuletzt als Gruppenleiterin der Bezirkshauptmannschaft X in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Salzburg; als solche oblag ihr in den Jahren 2008 und 2009 die Führung der Verfahren Y-Bachverbauung und Z-Hochwasserschutzverbauung (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof). Zur weiteren Vorgeschichte wird auf das Vorerkenntnis des VwGH vom 12. September 2017, Ra 2017/09/0032, verwiesen.

2        Mit Disziplinarerkenntnis der Salzburger Landesregierung als Disziplinarbehörde (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde; in der Folge: DK) vom 29. November 2018 wurde die Revisionswerberin schuldig erkannt ihre Dienstpflichten nach § 9 Abs. 1 und 2 Salzburger Landes-Beamtengesetz 1987 (L-BG) in Verbindung mit § 68 1. Fall L-BG dadurch verletzt zu haben, dass sie als Organwalterin das Verfahren „[Y-] Bachverbauung“ geführt habe, obwohl sonstige wichtige Gründe vorgelegen seien, die ihre volle Unbefangenheit in Zweifel gezogen haben. Des Weiteren habe die Revisionswerberin im Verfahren „[Z-] Hochwasserschutzverbauung“ Verfahrenshandlungen gesetzt, obwohl eine Liegenschaft ihrer Mutter vom Projekt „beteiligt“ gewesen sei und sonstige wichtige Gründe vorgelegen seien, die ihre volle Unbefangenheit in Zweifel gezogen haben. Es wurde über sie deswegen die Disziplinarstrafe einer Geldstrafe in der Höhe des 1,5 fachen des Ruhebezuges verhängt.

3        Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin hinsichtlich des wasserrechtlichen Verfahrens „[Y-] Bachverbauung“ stattgegeben und die Revisionswerberin von dem gegen sie erhobenen Vorwurf freigesprochen (Spruchpunkt I.a). In Bezug auf das wasserrechtliche Verfahren „[Z-] Hochwasserschutzverbauung“ wurde die Beschwerde hingegen als unbegründet abgewiesen und der Schuldspruch dahingehend modifiziert, dass der Tatzeitraum mit „ab dem Einreichen des Projektes bei der Behörde am 17.12.2008 bis einschließlich zur mündlichen Verhandlung am 25.03.2009“ festgelegt und nähere Handlungen der Revisionswerberin im Verfahren angeführt wurden (Spruchpunkt I.b). In Bezug auf die Strafbemessung und die Kostentragung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.c). Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II).

4        Das Verwaltungsgericht begründete seinen Ausspruch zu (den hier maßgeblichen) Punkt I.b und I.c zusammengefasst damit, dass eine absolute Befangenheit der Revisionswerberin im Sinne von § 7 Abs. 1 Z 1 AVG aufgrund der Parteistellung ihrer Mutter wie auch ihres Bruders im wasserrechtlichen Verfahren vorgelegen habe. Dies ergebe sich durch die projektgemäße unmittelbare Inanspruchnahme ihrer Grundstücke vorerst nach dem ursprünglich im Dezember 2008 eingereichten Projekt, nach dem im Jänner 2009 überarbeiteten und endausgefertigten Projekt habe aufgrund der nach wie vor gegebenen unmittelbaren „Grundinanspruchnahme“ jedenfalls eine Parteistellung der Mutter vorgelegen; der Bruder habe mit der weiteren Abänderung des Projektes im Zuge der mündlichen Verhandlung ebenso wieder Parteistellung erlangt. Zur Strafbemessung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass im Hinblick auf das Vorliegen einer absoluten Befangenheit in der genannten Verfahrensphase und den Umstand, dass der Revisionswerberin als Führungskraft eine Vorbildfunktion zugekommen sei und sie aufgrund ihrer langjährigen Praxis als Verhandlungsleiterin in wasserrechtlichen Verfahren die Parteistellung von Bruder und Mutter erkennen hätte können und müssen sowie selbst bei mildernder Berücksichtigung der langen Verfahrensdauer die von der DK verhängte, im unteren Bereich des mit bis zu fünf Ruhebezügen reichenden Strafrahmens liegende Geldstrafe - trotz des teilweisen Freispruches - nicht als unangemessen zu qualifizieren und daher nicht zu reduzieren gewesen sei.

5        Die außerordentliche Revision der Revisionswerberin richtet sich gegen „den verurteilenden Teil“ des Erkenntnisses und damit im Ergebnis gegen die Spruchpunkte I.b und I.c.

6        Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 15.9.2020, Ra 2020/09/0030).

9        In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird zunächst geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen, weil es im Verfahren „Y-Bachverbauung“ einen Freispruch gefällt und trotzdem das erstinstanzliche Strafausmaß bestätigt habe. Auf Grund dieses Freispruches hätte das Verwaltungsgericht zudem die Verfahrenskosten erster Instanz kürzen müssen.

10       Zu diesem Vorbringen ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach kein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht im Rahmen der vorzunehmenden eigenen Bewertung von Milderungs- und Erschwerungsgründen trotz Wegfalls eines von der Behörde für die Bemessung der Strafe herangezogenen Erschwerungsgrundes die verhängte Strafe nicht herabsetzt, wenn es in der Lage ist zu begründen, dass andere Umstände vorlagen, die es rechtfertigen, das Ausmaß der verhängten Strafe für angemessen zu halten (vgl. VwGH 3.8.2020, Ra 2019/09/0150).

11       Im konkreten Fall hat das Verwaltungsgericht eine eigene Bewertung der Strafbemessungsgründe unter Heranziehung von Milderungs- sowie Erschwerungsgründen vorgenommen und die Beibehaltung der von der belangten Behörde verhängten Strafe begründet. Ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann somit in der Revision nicht aufgezeigt werden. Angesichts dessen bestand seitens des Verwaltungsgerichtes auch keine Veranlassung die Verfahrenskosten erster Instanz zu kürzen.

12       In der Zulässigkeitsbegründung wird im Weiteren geltend gemacht, dass das Verwaltungsgericht die Anschuldigungspunkte und den Tatzeitraum durch die Festlegung des Tatzeitbeginns mit 17. Dezember 2008 insoweit ausgeweitet habe, als dadurch erstmals auch Vorgänge eines Vorprojektes - konkret die Errichtung einer Entwässerungsmulde - einbezogen worden seien. Dieses sei durch das Einreichungsprojekt vom 18. Februar 2009 ersetzt worden, mit welchem die Errichtung einer Uferschutzmauer (ohne Entwässerungsmulden) vorgesehen gewesen sei.

13       Im Spruch eines Disziplinarerkenntnisses obliegt es den Disziplinarbehörden im Rahmen ihrer gesetzlichen Entscheidungszuständigkeit, unter Zugrundelegung der im Anschuldigungspunkt enthaltenen, die Tat bestimmenden Sachverhaltselemente bei einem Schuldspruch - im Ergebnis nicht anders als dies § 44a Z 1 VStG für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens anordnet - die vom beschuldigten Beamten begangene Tat bestimmt zu umschreiben, wobei - mangels eines Typenstrafrechtes - im Einzelnen die Anführung des konkreten Verhaltens und der dadurch bewirkten Folgen sowie weiters des die Pflichtverletzung darstellenden Disziplinar(straf)tatbestandes erforderlich ist (vgl. u.a. VwGH 15.10.2009, 2008/09/0009).

14       Die vom Verwaltungsgerichtshof bezüglich der Erfordernisse der Bestimmtheit des Strafausspruches zu § 44a Z 1 VStG entwickelte Judikatur gilt auch in vergleichbaren Disziplinarverfahren. Demnach hat eine Ungenauigkeit bei der Konkretisierung der Tat in Ansehung von Tatzeit und Tatort dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird. Ein unzulässiger Austausch des Tatvorwurfs stellt eine im Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. die Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts dar. Ergänzt das Verwaltungsgericht den Tatvorwurf lediglich präzisierend, so liegt keine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. des Tatzeitraums vor. Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch für die Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG gegeben ist (vgl. dazu u.a. VwGH 21.11.2019, Ra 2018/10/0050, und VwGH 19.11.2019, Ra 2019/09/0027, mwN).

15       Im Spruch der Entscheidung der DK war der Tatzeitraum gegenständlich nicht konkret festgelegt worden. Im Bescheid der DK zur Einleitung des Disziplinarverfahrens vom 20. April 2011 (womit gleichzeitig das Disziplinarverfahren aufgrund der erhobenen Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft unterbrochen wurde) war der Revisionswerberin in Bezug auf das Verfahren „[Z-] Hochwasserschutzverbauung“ vorgeworfen worden, dass sie dieses Verfahren „über eine lange Zeit geführt und ständig Amtshandlungen durchgeführt habe, obwohl sie aufgrund von Befangenheit ihre Vertretung hätte veranlassen müssen, zumal ihre Mutter und ihr Bruder an dem von ihr geführten Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen waren.“ Die Vorwürfe wurden durch die Einschränkung im angefochtenen Erkenntnis auf einen konkreten Verfahrenszeitraum und Präzisierung auf Verfahrenshandlungen demnach konkretisiert; es wurde damit vom Verwaltungsgericht entgegen dem Revisionsvorbringen keine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. des Tatzeitraums vorgenommen; ebensowenig kann darin eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte bzw. die Gefahr einer Doppelbestrafung gesehen werden.

16       Insoweit in der Revision in diesem Zusammenhang auch gerügt wird, dass der Revisionswerberin im Disziplinarerkenntnis in Bezug auf ihren Bruder eine relative Befangenheit vorgeworfen worden sei, während das Verwaltungsgericht schließlich das Vorliegen einer absoluten Befangenheit angenommen habe, ist ihr zu entgegnen, dass es dabei nicht zu einem Austausch der Tat durch das Verwaltungsgericht durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zugrunde gelegten Sachverhaltes (vgl. VwGH 18.11.2019, Ra 2019/08/0050), sondern bloß zu einer zulässigen Änderung der rechtlichen Beurteilung gekommen ist.

17       Im Hinblick darauf und den Umstand, dass - wie zuvor dargelegt - im Laufe des Verfahrens eine zulässige Präzisierung der Vorwürfe erfolgte, geht auch das zum Verjährungseinwand der Revisionswerberin erhobene Vorbringen, die Entwässerungsmulden und die Annahme einer absoluten Befangenheit in Bezug auf das Grundstück des Bruders seien nie Gegenstand der von der Disziplinarbehörde gesetzten Verfolgungshandlung gewesen und könnten daher auch nicht von der Fristhemmung durch die Anzeige beim „Straflandesgericht“ (gemeint wohl: Staatsanwaltschaft) umfasst gewesen sein, ins Leere.

18       Soweit die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung einen Verstoß gegen § 50 Abs. 3 L-BG geltend macht, da die Disziplinarbehörde verpflichtet gewesen wäre, das unterbrochene Verfahren binnen sechs Monaten nach Ende der Unterbrechung zum Abschluss zu bringen, ist sie auf die zu § 114 Abs. 3 BDG 1979 ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der Ablauf der sechsmonatigen Frist allein das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis noch nicht rechtswidrig machen würde, weil es sich bei dieser Frist nicht um eine (Strafbarkeits-)Verjährungsfrist, sondern lediglich um eine Ordnungsvorschrift handelt, deren Missachtung sanktionslos bleibt (vgl. VwGH 16.9.2009, 2008/09/0360). Bei der gegenständlichen mit § 114 Abs. 3 BDG vergleichbaren Bestimmung des L-BG handelt es sich ebenfalls nur um eine Ordnungsvorschrift, deren Missachtung sanktionslos bleibt. Entgegen dem Vorbringen in der Revision ist auch die überlange Verfahrensdauer bei der Strafbemessung des Verwaltungsgerichtes mildernd berücksichtigt worden.

19       In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird im Weiteren das Vorliegen einer unvertretbaren Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes hinsichtlich des Themas, ob die Uferschutzmauer bereits Teil des Einreichungsprojektes war bzw. während der mündlichen Verhandlung geworden ist, geltend gemacht und damit begründet, dass dies ausschlaggebend dafür sei, ab wann eine Parteistellung der Mutter der Revisionswerberin im wasserrechtlichen Verfahren und somit eine absolute Befangenheit der Revisionswerberin angenommen werden könne.

20       Im Hinblick auf dieses Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. u.a. VwGH 2.7.2020, Ra 2019/09/0094). Derartiges vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen, reicht es dafür doch nicht aus, dass aufgrund der Beweisergebnisse auch ein anderes Ergebnis begründbar gewesen wäre.

21       Darüber hinaus kann dem Verwaltungsgericht, wenn es argumentiert, dass schon eine potenzielle Beeinträchtigung von Rechten ausreicht, um eine Parteistellung in einem wasserrechtlichen Verfahren zu begründen, nicht entgegengetreten werden (vgl. auch VwGH 30.9.2010, 2009/07/0001). Ob eine Beeinträchtigung von Rechten tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, vermag jedoch die Parteieigenschaft einer Person nicht zu berühren (vgl. VwGH 23.2.2017, Ro 2014/07/0034). Insofern war es für die Parteistellung der Mutter im wasserrechtlichen Verfahren (auch) nicht relevant, ab welchem Zeitpunkt ihr Grundstück durch die Uferschutzmauer tatsächlich berührt war, solange nur eine potenzielle Beeinträchtigung ihrer Rechte gegeben war.

22       Ebenso verfängt nicht der weitere Einwand aktenwidriger Feststellungen über die Geschäftsverteilung in der Dienststelle der Revisionswerberin: Aktenwidrigkeit liegt vor, wenn die Entscheidung in ihrer Begründung von Sachverhalten ausgeht, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. VwGH 6.12.2018, Ra 2018/02/0280). Die dazu gerügten Feststellungen waren für den Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nämlich nicht entscheidend.

23       Wenn die Revisionswerberin die Zulässigkeit der Revision im Weiteren im Vorliegen mehrerer angeführter Verfahrensmängeln begründet sieht, ist ihr diesbezüglich zu erwidern, dass die Zulässigkeit einer Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber - günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. u.a. VwGH 23.9.2020, Ra 2019/14/0558). Mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen zeigt die Revisionswerberin die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne der dargelegten Judikaturkriterien nicht auf.

24       Dasselbe gilt, insoweit die Revisionswerberin schließlich eine Voreingenommenheit des Verwaltungsgerichtes aus angeführten Verfahrenshandlungen bzw. -ergebnissen ableitet: Die Zulässigkeit einer Revision bei Behauptung einer Befangenheit setzt aus dem Grunde des Art. 133 Abs. 4 B-VG jedenfalls voraus, dass im Zuge dieser Rüge eine grundsätzliche Rechtsfrage (des Verfahrensrechtes) aufgeworfen wird. Rechtsfragen des Verfahrensrechtes (insbesondere auch solche der Befangenheit) sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. u.a. VwGH 29.5.2018, Ra 2018/03/0018). Auch hiezu vermag die Revisionswerberin nichts Stichhaltiges darzutun.

25       In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. Jänner 2021

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Berufungsbescheid Berufungsverfahren Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020090055.L00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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