TE Vfgh Erkenntnis 1995/9/25 B782/94

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Veröffentlicht am 25.09.1995
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Index

13 Staatsvertragsdurchführung, Kriegsfolgen
13/02 Vermögensrechtliche Kriegsfolgen

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art133 Z4
StGG Art5
VerteilungsG DDR §13
VerteilungsG DDR §24

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Entscheidung des Feststellungssenates der Bundesverteilungskommission beim BMF über das Bestehen eines angemeldeten Entschädigungsanspruchs bzw die Höhe des den Anspruch begründenden Verlustes aufgrund des VerteilungsG DDR (vgl VfSlg 13130/1992, VfSlg 13132/1992); Abweisung des Abtretungsantrags

Spruch

Die Beschwerdeführerinnen sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Feststellungssenat der Bundesverteilungskommission beim Bundesministerium für Finanzen (im folgenden kurz: Feststellungssenat) stellte mit Bescheid vom 21. Jänner 1994 gemäß §24 des Verteilungsgesetzes DDR, BGBl. 189/1988, fest, daß der von der Rechtsvorgängerin der von den beiden Beschwerdeführerinnen nach §20 leg.cit. angemeldete Entschädigungsanspruch (betreffend den Verlust von Grundvermögen, nämlich eines Mietwohngrundstückes, in der ehemaligen DDR) zu Recht bestehe. Er stellte den den Anspruch begründenden Verlust nach den §§10 bis 18 leg.cit. mit je S 252.367,50 fest.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (insbesondere des Verteilungsgesetzes DDR) behauptet wird. Die Beschwerdeführinnen beantragen die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

3. Der Feststellungssenat legte die bezughabenden Verwaltungsakten vor. Von der Erstattung einer Gegenschrift nahm er jedoch Abstand.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die in der Beschwerde behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt schon deshalb nicht vor, weil die Ansprüche nach dem Verteilungsgesetz DDR öffentlich-rechtlicher Natur sind (s. zB VfSlg. 13130/1992, S 820, und die dort zitierte weitere Vorjudikatur; VfSlg. 13132/1992, S 826 f.).

2. Die Behauptung, das Verteilungsgesetz DDR sei verfassungswidrig, wird in der Beschwerde nicht substantiiert.

Der Verfassungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten. Er verweist hiezu auf seine Erkenntnisse VfSlg. 13130/1992 (in dem die auch hier maßgebende Rechtslage ausführlich dargestellt wird) und VfSlg. 13132/1992 - jeweils mit Hinweisen auf weitere Vorjudikatur.

Die Beschwerdeführerinnen wurden also nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

3.a) Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften könnten die beschwerdeführenden Parteien im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger nur durch eine willkürliche Gesetzeshandhabung verletzt worden sein (vgl. hiezu etwa VfSlg. 13130/1992, S 821).

Ein solcher Vorwurf kann dem Feststellungssenat im vorliegenden Fall nicht mit Recht gemacht werden:

b) Die Beschwerdeführerinnen bringen vor, daß nach den einschlägigen Gesetzesbestimmungen für die Ermittlung der Höhe des Verlustes von Grundvermögen von Zeitwerten auszugehen sei (vgl. §13 Abs1 VerteilungsG DDR). Der belangten Behörde sei von den zuständigen deutschen Behörden jedoch ein Wert bekanntgegeben worden, der nicht dem Zeitwert entspreche, sondern einen Ertragswert darstelle. Das Bundesministerium für Finanzen habe "sich seiner Erkundungs- und Prüfungspflicht des Zeitwertes enthalten und zum Nachteil der Beschwerdeführer einen 'Scheinwert' ohne Prüfung übernommen und dies in Bescheidform gekleidet". Entgegen der Meinung einzelner Beamter sei "mit dem ermittelten Betrag" nicht bloß eine Verfügungsbeschränkung, sondern eine Enteignung zu entschädigen.

c) Hinsichtlich des letztgenannten Vorbringens sind die Beschwerdeführerinnen auf das Erkenntnis VfSlg. 13130/1992,

S 815 (2. Absatz), zu verweisen. Demnach "bedeutet die sogenannte 'Entschädigung' (ungeachtet dessen, daß im VerteilungsG DDR dieser Ausdruck verwendet wird) keine (eigentliche) Entschädigung für die erfolgte Enteignung oder den sonstigen Verlust einer Rechtsposition, sondern einen Ausgleich für die Schwierigkeit, seinen Anspruch geltend zu machen und durchzusetzen; mit der Annahme der sogenannten 'Entschädigung' tritt nicht der Verlust des Rechtsanspruches ein; ob ein solcher besteht und (nunmehr) durchsetzbar ist, richtet sich nach deutschem Recht."

Was die Diskrepanz "Zeitwert" - "Ertragswert" betrifft, geht aus dem angefochtenen Bescheid hervor, daß die belangte Behörde (aufgrund eines Einspruchs der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerinnen) eine neuerliche Anfrage an die zuständigen deutschen Behörden gerichtet hat; letztere hätten jedoch "keine abweichende Zeitwertfeststellung übermittelt"; auf der Grundlage des (neuerlich bekanntgegebenen) Zeitwertes sei die Höhe des Vermögensverlustes errechnet worden.

Das Ermittlungsverfahren und dessen rechtliche Wertung weisen sohin kein willkürliches Verhalten der Behörde nach.

Die Beschwerdeführerinnen wurden also auch nicht im Gleichheitsrecht verletzt.

4. Das verfassungsgerichtliche Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerinnen aus von ihnen nicht geltend gemachten Gründen in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wären.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Den Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil die Bundesverteilungskommission eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Behörde ist, gegen deren Entscheidung mangels einer ausdrücklichen anderslautenden Vorschrift die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

Entschädigung DDR, VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B782.1994

Dokumentnummer

JFT_10049075_94B00782_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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