Entscheidungsdatum
19.01.2021Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §54b Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Hason über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Teilzahlungsbescheid der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 21.09.2020, GZ: VStV/..., mit dem dessen Ansuchen vom 18.09.2020 um Genehmigung einer Teilzahlung im Sinne des § 54b Abs. 3 VStG abgewiesen wurde,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm. § 54b Abs. 3 VStG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Das Ansuchen des Beschwerdeführers um Teilzahlung des offenen Gesamtbetrages von 4.098,60 Euro wird wie folgt genehmigt:
Der Beschwerdeführer ist verpflichtet, die Verwaltungsstrafen in Höhe von insgesamt 3.726,- Euro, zunächst in 18 Raten à 200,- Euro und anschließend in einer Rate à 126,- Euro, jeweils fällig am 10. des Monates, zu bezahlen. Bei Verzug von zwei Raten wird nach einmaliger Mahnung der gesamte ausstehende Strafbetrag samt Mahngebühren binnen 14 Tagen fällig.
Die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 372,60 Euro sind sofort fällig.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Am 02.06.2020 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer als Lenker des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen „...“ einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch Exekutivbeamte der belangten Behörde unterzogen. Da der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt über keine gültige Lenkberechtigung verfügte und er überdies den aufgrund des Verdachtes einer Alkohol- bzw Suchtmittelbeeinträchtigung angezeigten Alkomattest sowie eine amtsärztliche Untersuchung verweigerte, erstatteten die einschreitenden Beamten umgehend Anzeige.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erließ die belangte Behörde am 23.07.2020, zur Zahl VStV/..., ein Straferkenntnis, mit welchem dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt wurde:
„1.
Datum/Zeit: 02.06.2020, 08:00 Uhr
Ort: Wien, D.-straße
Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: ... (A)
Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse, in die das gelenkte Fahrzeug fällt, waren, da Ihnen diese mit Bescheid der BH E. vom 13.02.2020 GZ: … entzogen wurde.
2.
Datum/Zeit: 02.06.2020, 08:00 Uhr
Ort: Wien, D.-straße
Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: ... (A)
Sie haben sich am 02.06.2020 um 08:01 Uhr in Wien D.-straße nach Aufforderung eines besonders geschulten Organs der Bundespolizei geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass Sie zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug gelenkt haben.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
1. § 37 Abs. 1 FSG i.V.m. § 1 Abs. 3 FSG
2. § 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
1. € 726,00 7 Tage § 37 Abs. 1 FSG i.V.m. § 37
Abs. 4 Z 1 FSG
2. € 3.000,00 30 Tage § 99 Abs. 1 lit b StVO
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 372,60 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 4.098,60“
Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 29.07.2020 durch Hinterlegung zugestellt und erwuchs nach Ablauf der vierwöchigen Rechtsmittelfrist am 26.07.2020 in Rechtskraft.
In weiterer Folge richtete der Beschwerdeführer am 18.09.2020 eine E-Mail an die belangte Behörde, in der er sein monatliches Einkommen sowie seine regelmäßigen finanziellen Belastungen aufschlüsselte und ausgehend davon um Bewilligung einer Ratenzahlung in Höhe von 120,- Euro monatlich ersuchte.
Dieser Antrag wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21.09.2020 zur Zahl VStV/... abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass den Angaben des Beschwerdeführers im Ratenzahlungsersuchen zufolge, im Zuge einer Gehaltsexekution ein Betrag von etwa 580,- Euro monatlich zum Abzug gebracht werden können. Es bestehe daher eine erhebliche Divergenz zwischen dem exekutierbaren Betrag und der vom Beschwerdeführer angebotenen Monatsrate, sodass durch eine Bewilligung des Ansuchens der Strafcharakter verlorengehen würde. Das Ansuchen habe daher nicht bewilligt werden können.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schreiben vom 16.10.2020 Beschwerde. Darin führt der Beschwerdeführer Folgendes aus:
„Wie in ihrem Abweisungsbescheid erwähnt geben sie an eine Gehaltsexekution € 580,-- monatlich zu erwirken. Verdienst monatlich 1.800,--, Fixkosten für Wohnen, Strom, Heizung und Rückzahlung eines Kredites betragen rund 1.100,--. Ich habe ihnen eine Ratenzahlung von 120,-- angeboten. Da bleiben mir dann zum Leben – sprich Essen und Trinken – gerade einmal € 580,-- zur Verfügung. Ich weiß, daß ich das alles selbst verschuldet habe und dies tut mir auch jetzt im Nachhinein sehr leid. Die Situation gesamt ist jetzt für mich durch mein unbedachtes Handeln leider nicht sehr leicht und ich möchte aber wirklich versuchen meine Schuld abzutilgen.
Ich werde mein Ratenansuchen dahingehend ändern auf monatlich € 200,--.
Ich bitte sie mir die Ratenzahlung von € 200,-- zu gewähren.
Mir bleiben dann noch monatlich € 500,-- zur Aufrechterhaltung meiner Lebenskosten und zur Sicherstellung für die Fahrten zu meiner Arbeitsstätte. Dies ist mir sehr wichtig damit ich meinen Arbeitsplatz in Wien behalten kann.
Ich bitte die LPD Wien PK C. um eine positive Entscheidung.“
Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien gemeinsam mit dem erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vor.
Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien wurde in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und das Beschwerdevorbringen gewürdigt.
II. Sachverhalt
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt als erwiesen fest:
Der Beschwerdeführer hat am 02.06.2020, die genannten Verwaltungsübertretungen begangen und wurde deshalb mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.07.2020, zur Zahl VStV/..., zur Zahlung eines Gesamtbetrages von 4.098,60 Euro verpflichtet. Dieser Betrag setzt sich aus den Geldstrafen in Höhe von 726,- Euro und 3.000,- Euro sowie aus den Verfahrenskostenbeitragen in Höhe von 72,60 Euro und 300,- Euro zusammen.
Das Einkommen des Beschwerdeführers beläuft sich auf 1.800,- Euro monatlich. Dem stehen regelmäßige monatliche Aufwendungen des Beschwerdeführers für Wohnen, Strom, Heizung sowie die Rückzahlung eines Kredites in Höhe von insgesamt 1.100,- Euro gegenüber.
III. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und dabei insbesondere zu den zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen sowie zur Summe der gegenständlichen Geldforderung gründen sich auf den Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes der belangten Behörde sowie des verwaltungsgerichtlichen Aktes zum gegenständlichen Beschwerdeverfahren.
Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen beruhen auf den glaubwürdigen und schlüssigen Angaben des Beschwerdeführers in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde vom 16.10.2020 (vgl. VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029, mwN, wonach hinsichtlich der Feststellung der Einkommensverhältnisse in der Regel mit den Angaben des Beschuldigten das Auslangen zu finden sein wird).
IV. Rechtsgrundlagen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 57/2018, lauten auszugsweise:
„Vollstreckung von Geldstrafen
§ 54b. (1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.
(1b) Als Grundlage für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Mahngebühr ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Bestraften, den pauschalierten Kostenbeitrag und den Vermerk zu enthalten hat, dass der Kostenbeitrag vollstreckbar geworden ist. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.
(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.
(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.“
V. Rechtliche Beurteilung:
Nach § 54b Abs 3 VStG hat die Behörde einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.
Die Erteilung einer Bewilligung nach § 54b Abs 3 VStG liegt nicht im Ermessen der Behörde. Liegen die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle vor und ist daher einem Bestraften die unverzügliche Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten, dann hat der Bestrafte einen Rechtsanspruch auf angemessenen Aufschub oder Teilzahlung (siehe dazu Lewisch/Fister/Weilguni2, § 54b VStG, Rz 13, mit Verweis auf VwGH, 30.04.1992, 92/02/0008; 20. Mai 1994, 94/02/0165 sowie auf Hengstschläger/Leeb5 Rz 943).
§ 54b Abs. 3 VStG ist nicht auf die Vollstreckung der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens anzuwenden (vgl. VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0114), sodass hier nur die Geldstrafen iHv insgesamt 3.726,- Euro verfahrensgegenständlich sein können. Die Verfahrenskosten iHv 372,60 Euro sind nicht von der Bestimmung des § 54b Abs. 3 VStG umfasst und können daher von vornherein nicht in Raten beglichen werden.
Der Überprüfung einer etwaigen Zumutbarkeit einer unverzüglichen Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen nach § 54b Abs 3 VStG ist allerdings die Ermittlung der Einbringlichkeit der Geldstrafe nach § 54b Abs 2 VStG vorgelagert. Ist Uneinbringlichkeit nach § 54b Abs 2 VStG gegeben, so besteht nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH für eine Anwendung des § 54b Abs 3 VStG kein Raum (VwGH, 19.05.2014, 2013/09/0126). Im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe bzw für den Fall, dass die Uneinbringlichkeit mit Grund anzunehmen ist, ist einem Antrag auf Zahlungsaufschub nicht stattzugeben (siehe 26.01.1995, 94/16/0303). Dies gilt auch hinsichtlich eines Antrages auf Zahlungserleichterungen in Form von Ratenzahlungen (siehe VwGH, 15.12.2011, 2011/09/0160). Ferner ist bei der Beurteilung der Einbringlichkeit der Geldstrafe nur die Sachlage maßgebend, wie sie sich im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde dargestellt hat. Die belangte Behörde ist daher gehalten, vorab auch die Frage der Einbringlichkeit der über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen zu prüfen (VwGH, 22.03.2013, 2013/13/3329).
Eine Geldstrafe ist uneinbringlich, wenn der Bestrafte außerstande ist, die Geldstrafe zu bezahlen, also durch ihre Begleichung der notwendige Unterhalt des Bestraften oder derjenigen Personen, zu deren Unterhalt ihn das Gesetz verpflichtet, gefährdet würde. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen, wobei als Orientierungshilfe jeweils das Existenzminimum herangezogen werden kann. Liegt das Einkommen unter diesem und verfügt der Bestrafte über kein Vermögen, so steht dieser Umstand der Zwangsvollstreckung der Geldstrafe entgegen (vgl. VwGH 05.06.2020, Ro 2019/04/0228; Wessely in Raschauer/Wessely, VStG² § 54b Rz 7).
In § 291a Abs 1 und 2 der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896 idF BGBl. I Nr. 31/2003, wird das Existenzminimum folgendermaßen definiert:
§ 291a. (1) Beschränkt pfändbare Forderungen, bei denen der sich nach § 291 ergebende Betrag (Berechnungsgrundlage) bei monatlicher Leistung den Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen (§ 293 Abs. 1 lit. a ASVG) nicht übersteigt, haben dem Verpflichteten zur Gänze zu verbleiben (allgemeiner Grundbetrag).
(2) Der Betrag nach Abs. 1 erhöht sich
1. um ein Sechstel, wenn der Verpflichtete keine Leistungen nach § 290b erhält (erhöhter allgemeiner Grundbetrag),
2. um 20% für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt (Unterhaltsgrundbetrag); höchstens jedoch für fünf Personen. (…)“
Gemäß § 293 Abs 1 lit bb des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) in der Fassung BGBl. II Nr. 576/2020 beträgt der Ausgleichszulagenrichtsatz im Jahr 2021 für eine alleinstehende Person 1.000,48 Euro. Für den Beschwerdeführer ergibt sich somit ein unpfändbarer Betrag (Existenzminimum) von monatlich € 1.000,48 Euro. Das monatliche Einkommen des Beschwerdeführers beläuft sich auf rund 1.800,- Euro. Dieser Betrag überschreitet das gesetzliche Existenzminimum von 1.000,48 Euro gemäß § 293 Abs 1 lit bb ASVG, idF BGBl. II Nr. 576/2020, deutlich.
Aus Sicht des Verwaltungsgerichts Wien kann bei Einkünften über dem Existenzminimum Uneinbringlichkeit nicht automatisch iSd § 54b Abs. 2 VStG ausgeschlossen werden. Vielmehr müssen die zu erwartenden Einkünfte und die zu entrichtenden offenen Strafbeträge in einem solchen Verhältnis stehen, dass eine Entrichtung in einer angemessenen Zeitspanne möglich und realistisch erscheint. Was unter einer angemessenen Zeitspanne zu verstehen ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Aufgrund der Höhe der zu begleichenden Forderung von 3.726,- Euro erscheint für das Verwaltungsgericht Wien ein Rückzahlungszeitraum von 19 Monaten, also von etwas mehr als eineinhalb Jahren, als angemessen. Angesichts der das Existenzminimum übersteigenden Einkünfte des Beschwerdeführers erweist sich die Entrichtung eines Strafbetrages von 3.726,- Euro in angemessener Zeit daher als möglich und realistisch.
Da die verhängte Geldstrafe somit nicht uneinbringlich ist, ist § 54b Abs. 3 VStG anzuwenden: Demzufolge ist einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, auf Antrag ein angemessener Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen. Liegen die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle vor, ist also einem Bestraften die unverzügliche Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten, dann hat der Bestrafte einen Rechtsanspruch auf angemessenen Aufschub oder Teilzahlung (VwGH 20.05.1994, 94/02/0165 mwN).
In Anbetracht der Höhe der Strafe und des Einkommens des Beschwerdeführers, welchem diverse regelmäßige finanzielle Aufwendungen gegenüberstehen, ist diesem eine unverzügliche Zahlung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien nicht zuzumuten, weshalb der Beschwerdeführer gemäß § 54b Abs. 3 VStG einen Rechtsanspruch auf Teilzahlung hat. In Anbetracht des monatlichen Einkommens des Beschwerdeführers in Höhe von rund 1.800,- Euro ist diesem aus Sicht des Verwaltungsgerichts Wien eine Begleichung des offenen Betrags in 18 Raten à 200,- Euro und einer Rate à 126,- Euro, jeweils fällig am 10. des Monates, zuzumuten. Das in der gegenständlichen Beschwerde modifizierte Teilzahlungsbegehren ist daher im Ergebnis zu bewilligen.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Da sich die gegenständliche Beschwerde nur gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtete und überdies von keiner Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde, konnte im Hinblick auf § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da (VwGH 22. Februar 2013, 2011/02/0232).
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Vollstreckung von Geldstrafen; Teilzahlung; Zumutbarkeit; wirtschaftliche Gründe; Uneinbringlichkeit; ExistenzminimumEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.005.15797.2020Zuletzt aktualisiert am
12.02.2021