TE Lvwg Erkenntnis 2020/12/7 LVwG-AV-1341/001-2020

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Veröffentlicht am 07.12.2020
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Entscheidungsdatum

07.12.2020

Norm

BAO §212a Abs1
AVG 1991 §68

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde der Frau A und des Herrn C, beide vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, vom 05. November 2020 gegen den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 06. Oktober 2020, Zahl: ***, mit welchem eine Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 27. Juli 2020, betreffend Aussetzung der Einhebung einer Aufschließungsabgabe, als unbegründet abgewiesen wurde, zu Recht:

1.   Der angefochtene Berufungsbescheid wird dahingehend abgeändert,
dass der Antrag vom 08. Juni 2020 auf Aussetzung der Einhebung einer Aufschließungsabgabe als unzulässig zurückgewiesen wird.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Sachverhalt und verwaltungsbehördliches Verfahren:

A und C (in der Folge: Beschwerdeführer) sind grundbücherliche Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstückes Nr. ***, EZ ***, KG ***, entsprechend dem geltenden Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde *** gewidmet als Bauland-Agrargebiet.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 08. November 2017, Zahl: ***, wurden das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, zum Bauplatz erklärt und die beantragte Baubewilligung erteilt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 02. März 2018, Zl. ***, wurde den Beschwerdeführern gemäß § 38 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 aus Anlass der mit dem Bescheid des Bürgermeisters vom 08. November 2017 erfolgten Bauplatzerklärung eine Aufschließungsabgabe in der Höhe von € 16.309,10 vorgeschrieben.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 06. Oktober 2020, Zl. ***, wurde eine Berufung der Beschwerdeführer vom 30. März 2018 gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 02. März 2018 als unbegründet abgewiesen. Damit wurde die im erstinstanzlichen Bescheid erfolgte Aussetzung der Einhebung einer Aufschließungsabgabe gemäß § 38 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 aus Anlass der mit dem Bescheid des Bürgermeisters vom 08. November 2017 erfolgten Bauplatzerklärung in der Höhe von € 16.309,10 bestätigt.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 30. März 2020, LVwG-AV-1249/002-2019, wurde die dagegen eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Auf der Grundlage des Baubewilligungsbescheides vom 08. November 2017, Zahl: ***, mit der darin enthaltenen Bauplatzerklärung sei der Abgabentatbestand einer Aufschließungsabgabe verwirklicht, deren Vorschreibung sei dem Grunde und der Höhe nach zu Recht erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 08. Juni 2020 beantragten die Beschwerdeführer die Behebung bzw. Nichtigerklärung des Bescheides vom 08. November 2017 und stützten sich dabei auf § 68 AVG.

Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung der vorgeschriebenen Aufschließungsabgabe gestellt, deren Höhe von der Erledigung des Antrages auf Nichtigerklärung des Bescheides vom 08. November 2017 abhänge. Eine rückwirkende Aufhebung oder Nichtigerklärung der Bauplatzerklärung habe gemäß § 295a BAO abgabenrechtliche Wirkungen auf die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 27. Juli 2020 wurde dieser Antrag auf Aussetzung der Einhebung als unbegründet abgewiesen. Der Antrag auf Aufhebung der Bauplatzerklärung erscheine wenig erfolgversprechend, weshalb die Aussetzung der Einhebung der Aufschließungsabgabe nicht bewilligt werde.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 06. Oktober 2020, Zl. ***, wurde der Antrag auf Behebung des baubehördlichen Bescheides vom 8. November 2017, Zahl: ***, zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde vom 05. November 2020 wurde mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 30. November 2020, LVwG-AV-1340/001-2020, als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 06. Oktober 2020, Zahl: ***, wurde die Berufung vom 20. August 2020 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 27. Juli 2020, betreffend Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung der Aufschließungsabgabe, als unbegründet abgewiesen. Da dem Antrag auf Behebung bzw. Nichtigerklärung des Baubescheides vom 08. November 2017, Zahl: ***, nicht entsprochen worden sei, könne auch dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Abgabe nicht stattgegeben werden.

Dagegen richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom 05. November 2020, welche dem Landesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 17. November 2020 zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Beantragt wurde, der Beschwerde Folge zu geben und die Einhebung der gegenständlichen Abgabe auszusetzen. Entgegen der Rechtsansicht der Berufungsbehörde erscheine der Antrag an den Gemeindevorstand, den Baubescheid samt Bauplatzerklärung zur Gänze zu beheben, erfolgversprechend und lägen daher die Voraussetzungen zur Bewilligung der Aussetzung der Einhebung vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten, unbedenklichen Akt der Gemeindebehörden.

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.

2.   Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1.     Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

§ 212a. (1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,

a)   soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder

b)   soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c)   wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

§ 254. Durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

2.2.     Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.   Würdigung:

3.1.     Zu Spruchpunkt 1:

Die Einhebung einer Abgabe ist gemäß § 212a Abs. 1 BAO aussetzbar, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt.

Bei dem auf § 68 AVG gestützten Antrag der Beschwerdeführer vom 08. Juni 2020 auf Behebung bzw. Nichtigerklärung des Bescheides vom 08. November 2017 handelte es sich jedenfalls nicht um eine Bescheidbeschwerde.

Im Übrigen räumt § 68 AVG einer Verfahrenspartei auch kein subjektives Recht auf Aufhebung eines formell rechtskräftig gewordenen Bescheides ein.

Der aus Anlass dieses (unzulässigen) Antrages auf Nichtigerklärung eines Baubescheides gleichzeitig eingebrachte Antrag auf Aussetzung der Einhebung der bereits rechtskräftig vorgeschriebenen Aufschließungsabgabe entspricht nicht den Anforderungen des § 212a Abs. 1 BAO und erweist sich bereits mangels Vorliegens einer Bescheidbeschwerde, von deren Erledigung die Abgabenhöhe (zumindest mittelbar) abhängt, als unzulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2.     Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Aufschließungsabgabe; Bauplatzerklärung; Antrag; Nichtigerklärung; Aussetzung der Einhebung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1341.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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