TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/16 W170 2149802-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.11.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.11.2020

Norm

AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §88 Abs2a
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2149802-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2020, Zl. 1098755406/180822587, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 2 VwGVG, 88 Abs. 2a FPG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in Folge: Beschwerdeführerin) ist eine syrische Staatsangehörige, der in Österreich der Status der subsidiär Schutzberechtigten zukommt. Die Beschwerdeführerin hat am 30.08.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gestellt.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der Antrag mit (im Spruch bezeichneten) Bescheid im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführerin sei es möglich und zumutbar, bei der syrischen Botschaft einen syrischen Reisepass zu erlangen, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde, in der vorgebracht wurde, dass die Beschwerdeführerin einerseits ihren Reisepass verloren und andererseits Angst habe, die Botschaft zu betreten, da man ihr eine oppositionelle Gesinnung wegen der Asylantragstellung in Österreich unterstellen könnte. Sie benötige den Pass, um ihren in Großbritannien lebenden Sohn zu besuchen.

Die Beschwerde wurde am 11.09.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Am 12.11.2020 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an deren Ende die Beschwerdeführerin auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses verzichtet hat. Dieses hat daher schriftlich zu ergehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Allgemeine Feststellungen zum Antrag auf Passausstellung bei syrischen Vertretungsbehörden:

Es besteht für Syrer im Ausland die Möglichkeit, auch ohne persönliche Anwesenheit, einen Reisepass zu erhalten, wenn diese über

?        einen originalen Pass plus einer Passkopie oder

?        einen Auszug aus dem Zivilstandsregister und die nationale Nummer sowie die syrische ID-Karte oder eine Kopie davon oder eine Kopie des Zivil- oder Familienregisterauszuges oder eine Kopie der Familienkarte, auf der die nationale Nummer verzeichnet ist und

?        drei Fotos

verfügen. Die Kosten liegen zwischen $ 350 oder $ 400 und $ 850 sowie – beim ersten Mal – eine konsularische Anmeldegebühr. Unter Zuhilfenahme eines „Fixers“, der zu bezahlen ist, kommt man leichter an einen Termin bei der syrischen Botschaft.

Es ist insbesondere auch für Syrer, die Syrien illegal verlassen haben, möglich, einen Reisepass in einer Auslandsvertretungsbehörde zu beantragen.

Es ist für Personen, die – von der illegalen Ausreise abgesehen – keine aus syrischer Sicht Oppositionelle sind bzw. keine oppositionelle Betätigung in Syrien oder im Ausland getätigt haben, unproblematisch, sich einen Reisepass ausstellen zu lassen. Unter aus syrischer Sicht Oppositionelle sind insbesondere auch Deserteure, Wehrdienstverweigerer, deren Angehörige oder Personen, die Kontakt zu Personen in einem oppositionellen Gebiet (derzeit Idlib) aufnehmen, zu verstehen, wenn es auch möglich ist, dass solche Personen durch Bestechung einen syrischen Reisepass an einer Auslandsvertretung erhalten. Es sind keine Informationen darüber zu finden, wie die Daten aus einem Reisepassantrag an einer syrischen Botschaft nachrichtendienstlich verwendet werden.

In den syrischen Botschaften findet Informationsgewinnung zu syrischen Bürgern im Ausland statt, der syrische Nachrichtendienst „Politische Sicherheit“ ist mit den Ämtern für Personenstandsangelegenheiten in Syrien vernetzt. Die syrischen Vertretungsbehörden sind über exilpolitische Aktivitäten informiert.

Es gibt Befürchtungen unter Auslandssyrern, sich an die syrische Botschaft zu wenden, insbesondere, wenn diese oppositionell eingestellt sind. Sie befürchten auch Repressionen gegen in Syrien befindliche Familienmitglieder. Diese Gefahr besteht hinsichtlich Verwandten von Personen, denen das Regime eine oppositionelle Gesinnung unterstellt, etwa wegen politisch-oppositioneller Betätigung, Wehrdienstverweigerung oder Desertion. Es gibt auch Berichte über die Bedrohung von Auslandssyrern, bei denen Informationen eingesetzt wurden, die nur der zuständigen syrischen Botschaft bekannt waren. Allerdings gibt es nur Berichte zu Besuchen von Sicherheitsdiensten bei Angehörigen von Personen, die exilpolitisch tätig waren.

Allerdings stellt die Ausstellung von Reisepässen im Ausland eine erhebliche Einnahmequelle für das syrische Regime dar.

In einer Gesamtbetrachtung der Quellen besteht daher die Gefahr von Repressionen gegen einen Antragsteller oder seine in Syrien verbliebenen nahen Angehörigen – soweit sich diese in einem von der Regierung beherrschten Gebiet aufhalten –, wenn

?        der Antragsteller in Syrien oder im Ausland exilpolitisch tätig war oder ist;

?        der Antragsteller ein Wehrdienstverweigerer oder ein Deserteur ist oder

?        der Antragsteller Kontakt zu in einem von den Rebellen gehaltenen Gebiet regelmäßig hat sowie

?        ein naher Verwandter (Eltern, Kinder, Geschwister) in Syrien oder im Ausland (exil)politisch tätig war oder ist;

?        ein naher Verwandter (Eltern, Kinder, Geschwister) ein Wehrdienstverweigerer oder ein Deserteur ist oder

?        ein naher Verwandter (Eltern, Kinder, Geschwister) in einem von den Rebellen gehaltenen Gebiet lebt und dies dem Regime bekannt ist.

1.2. Zur Person von XXXX :

XXXX ist eine syrische Staatangehörige, der in Österreich der Status der subsidiär Schutzberechtigten zukommt.

XXXX ist im Besitz eines Auszugs aus dem Personenstandesregister samt deutscher Übersetzung, eines Auszuges aus dem Familienstandregister samt deutscher Übersetzung, und eines syrischen Personalausweises.

XXXX war jedenfalls bis zum Umzug nach Wien, der im März 2018 erfolgte, im Besitz eines bis zum 26.11.2013 gültigen syrischen Reisepasses; nunmehr hat sie jedenfalls eine Kopie dieses Reisepasses, sie hat behauptet den Originalpass beim Umzug verloren zu haben. Dies ist aber nicht glaubhaft gemacht worden, sodass davon auszugehen ist, dass XXXX diesen Pass immer noch besitzt.

Der Antrag auf internationalen Schutz der XXXX von 12.12.2015 wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.02.2018, Zl. W136 2149802-1/10E, als unbegründet abgewiesen, es wurde XXXX mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2017, Zl. 1098755406-151978508, der Status der subsidiärer Schutzberechtigten zuerkannt; diese Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen. Der Status kommt XXXX immer noch zu.

1.3. In Syrien befindet sich nur noch der in Homs, das in der Hand der Regierung ist, aufhältige Ehemann der XXXX , ihre Kinder haben Syrien bereits verlassen. Der Ehemann der XXXX hat kein Problem mit dem syrischen Regime, weder er noch andere Verwandte der XXXX noch diese selbst waren oder sind politisch oder exilpolitisch tätig, unter den nahen Verwandten finden sich keine Deserteure, Wehrdienstverweigerer oder in einem von Rebellen gehalten Gebiet aufhältige Personen.

Es ist nicht zu sehen, wie die syrische Botschaft oder syrische Behörden von der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz durch XXXX hätten erfahren können.

1.4. XXXX hat bisher nicht versucht, einen Reisepass bei der syrischen Botschaft zu erhalten, sie habe Angst, dorthin zu gehen, konnte aber diese Angst nicht näher begründen. In Wahrheit erhofft sich XXXX vom Fremdenpass ein erleichtertes Reisen, insbesondere eine Einreise ohne Visum nach Großbritannien, wo ihr Sohn lebt und befürchtet, dass man ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten aberkennen würde, wenn sie sich durch den Botschaftsbesuch unter den Schutz Syriens stellen würde.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus dem Länderberichten für das Asylverfahren und bringt das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Syrien“, Gesamtaktualisierung am 13.5.2019, letzte Aktualisierung eingefügt am 17.10.2019 samt den darin genannten Quellen (in Folge: LIB) und aus

•        der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Ausstellung eines syrischen Reisepasses an der syrischen Botschaft Wien, 23.11.2017 (in Folge: Anfragebeantwortung vom 23.11.2017);

•        der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Ausstellung von Reisepässen im Ausland, 16.03.2018 (in Folge: Anfragebeantwortung vom 16.03.2018);

•        der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Passausstellung im Ausland über einen Stellvertreter, österreichischer Konventionspass als Reisedokument, 12.04.2019 (in Folge: Anfragebeantwortung vom 12.04.2019);

•        der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Verweigerung der Passausstellung für Kurden, 21.07.2020 (in Folge: Anfragebeantwortung vom 21.07.2020) und

•        der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Sammlung von Personendaten für nachrichtendienstliche Zwecke, Syrische Botschaften als Knotenpunkt für die Überwachung von AuslandssyrerInnen, 04.11.2019 (in Folge: Anfragebeantwortung vom 04.11.2019).

Die Antragsvoraussetzungen für einen syrischen Reisepass bei der syrischen Botschaft ergeben sich aus einer Zusammenschau der Anfragebeantwortung vom 23.11.2017 (S. 2 f) und der Anfragebeantwortung vom 12.04.2019 (S. 3).

Die Kosten ergeben sich aus der Anfragebeantwortung vom 16.03.2018 (S. 6), der Anfragebeantwortung vom 12.04.2019 (S. 7) und der Anfragebeantwortung vom 21.07.2020 (S. 4), ebenso ergibt sich die mögliche Heranziehung eines Fixers aus der Anfragebeantwortung vom 12.04.2019 (S. 7).

Das es insbesondere auch für Syrer, die Syrien illegal verlassen haben, möglich ist, sich einen Reisepass ausstellen zu lassen, ergibt sich aus der Anfragebeantwortung vom 12.04.2019 (S. 2, S. 9). Ebenso ergibt sich aus der Anfragebeantwortung vom 21.07.2020, dass jeder Syrer unter bestimmten Umständen Anspruch auf einen Reisepass hat (S. 2).

Dass insbesondere den in den Feststellungen genannten Personengruppen (Oppositionelle, insbesondere auch Deserteure, Wehrdienstverweigerer, deren Angehörige oder Personen, die Kontakt zu Personen in einem oppositionellen Gebiet [derzeit Idlib] aufnehmen) Schwierigkeiten bei der Passausstellung drohen, ergibt sich aus einer Zusammenschau der Anfragebeantwortung vom 21.07.2020 (S. 2 f) und der Anfragebeantwortung vom 04.11.2019 (insbesondere ab S. 15; siehe auch S. 19 zu Repressionen gegen Verwandte in Syrien).

Dass keine Informationen darüber zu finden sind, wie die Daten aus einem Reisepassantrag an einer syrischen Botschaft nachrichtendienstlich verwendet werden, ergibt sich aus der Quellenlage, auch wenn sich aus den Feststellungen klar ergibt, dass diese verwendet werden.

Hinsichtlich der Feststellungen zur Sammlung von Personendaten zu nachrichtendienstlichen Zwecken siehe die Anfragebeantwortung vom 04.11.2019.

Hinsichtlich der Befürchtungen unter Auslandssyrern siehe ebendort, insbesondere S. 21., hinsichtlich der Bedrohung und Einschüchterung von Auslandssyrern siehe ebendort, insbesondere S. 32 und S. 41.

Dass die Ausstellung von Reisepässen im Ausland eine erhebliche Einnahmequelle für das syrische Regime darstellt ergibt sich aus der Anfragebeantwortung vom 16.03.2018 (S. 4).

In einer Gesamtbetrachtung der obigen Beweiswürdigung bzw. der obigen Feststellungen ergibt sich unter Berücksichtigung des LIB, insbesondere des Abschnittes 18. Rückkehr, wann die Gefahr von Repressionen gegen einen Antragsteller oder seine in Syrien verbliebenen nahen besteht.

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. ergeben sich aus der Aktenlage und vor allem aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung.

Hinsichtlich der Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ist auf die vorgelegten Ausweise und deren diesbezügliche Angaben zu verweisen, hinsichtlich der vorgelegten Ausweise auf die Aktenlage.

Hinsichtlich der Feststellungen, ob und bis wann die Beschwerdeführerin im Besitz des genannten Reisepasses war bzw. gewesen sein will und hinsichtlich des Umstandes, dass diese eine Kopie besitzt, ist auf deren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zu verweisen. Dass der Verlust des Reisepasses nicht glaubhaft gemacht wurde, liegt an den diesbezüglich widersprüchlichen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung (siehe S. 4, ganz oben). Im Wesentlichen will die Beschwerdeführerin ihren Reisepass im März 20187 verloren haben, dieser wurde aber noch nach dem Antrag 30.08.2018 für den Akt kopiert. Zwar ist es möglich, dass die im Akt befindliche Kopie von der Kopie der Beschwerdeführerin hergestellt wurde, dies wurde aber nicht behauptet, obwohl die Beschwerdeführerin hiezu intensiv befragt wurde. Da der Verlust des Passes nicht glaubhaft gemacht wurde, ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin diesen immer noch hat.

Hinsichtlich des asylrechtlichen Status der Beschwerdeführerin ist auf das in die Verhandlung eingeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.02.2018, Zl. W136 2149802-1/10E, hinzuweisen sowie auf den Umstand, dass ein Entzug des Status nicht aktenkundig ist.

2.3. Hinsichtlich der Feststellungen zu 1.3. ist auf die korrespondierenden Aussagen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung (S. 5) zu verweisen sowie auf den Umstand, dass das Faktum der Asylantragstellung durch österreichische Behörden nicht weitergegen werden darf; dass die Beschwerdeführerin dieses selbst an die syrischen Behörden herangetragen hat, hat diese nicht einmal behauptet.

2.4. Dass die Beschwerdeführerin (Feststellungen zu 1.4.) bisher nicht versucht hat, einen Reisepass bei der syrischen Botschaft zu erhalten, ergibt sich aus der mündlichen Verhandlung (S. 6), dass sie angegeben hat, sie habe Angst, dorthin zu gehen, diese Angst aber nicht näher begründen konnte, ergibt sich ebenso aus der Verhandlung (S. 5), da sie keine Gründe mit Bezug zur Botschaft nennen konnte, die diese Angst nachvollziehbar machen; stattdessen hat die Beschwerdeführerin die wahren Gründe bezeichnet, sodass diese festzustellen sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 88 Abs. 2a FPG sind Fremdenpässe Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

3.2. Der Beschwerdeführerin kommt der Status der subsidiär Schutzberechtigte zu, es ist also auf Antrag ein Fremdenpass auszustellen, wenn diese nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu besorgen und – hier nicht relevant – keine Passversagungsgründe vorliegen.

Nach den Feststellungen besteht für Syrer im Ausland die Möglichkeit, auch ohne persönliche Anwesenheit, einen Reisepass zu erhalten, wenn diese über

•        einen originalen Pass plus einer Passkopie oder

•        einen Auszug aus dem Zivilstandsregister und die nationale Nummer sowie die syrische ID-Karte oder eine Kopie davon oder eine Kopie des Zivil- oder Familienregisterauszuges oder eine Kopie der Familienkarte, auf der die nationale Nummer verzeichnet ist und

•        drei Fotos

verfügen.

Die Beschwerdeführerin verfügt sowohl über einen originalen, wenn auch abgelaufenen Reisepass und eine Passkopie als auch über einen Auszug aus dem Zivilstandsregister samt nationaler Nummer und eine syrische ID-Kartte im Original, die Beischaffung von entsprechenden Fotos ist ihr auch möglich.

Sie kann daher in der syrischen Botschaft einen Reisepass beantragen.

3.3. Dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage ist, sich ein Reisedokuments Syriens zu besorgen, ist gleichzustellen, wenn die Antragstellung bei der syrischen Botschaft unzumutbar ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11.06.2019, E67-68/2019-14 ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht Feststellungen darüber zu treffen gehabt hat, für welche Personen oder Personengruppen eine Antragstellung in der syrischen Botschaft in Österreich unzumutbar ist und ob eine solche Unzumutbarkeit auch hinsichtlich der beiden Beschwerdeführer besteht.

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführerin mangels asylrelevanter Verfolgung rechtskräftig nicht der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde, eine Veränderung hinsichtlich einer objektiv nachvollziehbaren Verfolgungsangst hat sich nicht ergeben.

Festgestellt wurde, dass die Gefahr von Repressionen gegen Antragsteller oder die in Syrien verbliebenen nahen Angehörigen – soweit sich diese in einem von der Regierung beherrschten Gebiet aufhalten – dann gegeben zu sein, wenn

•        der Antragsteller in Syrien oder im Ausland exilpolitisch tätig war oder ist;

•        der Antragsteller ein Wehrdienstverweigerer oder ein Deserteur ist oder

•        der Antragsteller Kontakt zu in einem von den Rebellen gehaltenen Gebiet lebenden Angehörigen hat sowie

•        ein naher Verwandter (Eltern, Kinder, Geschwister) in Syrien oder im Ausland (exil)politisch tätig war oder ist;

•        ein naher Verwandter (Eltern, Kinder, Geschwister) ein Wehrdienstverweigerer oder ein Deserteur ist oder

•        ein naher Verwandter (Eltern, Kinder, Geschwister) in einem von den Rebellen gehaltenen Gebiet lebt und dies dem Regime bekannt ist.

Das bedeutet aber auch, dass alleine die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz noch zu keiner Gefahr einer Repression führen würde, auch wenn dieser Umstand in Bezug auf die Beschwerdeführerin den syrischen Behörden nicht bekannt ist.

Es wurde festgestellt, dass sich nur noch der in Homs, das in der Hand der Regierung ist, aufhältige Ehemann der Beschwerdeführerin in Syrien befindet, ihre Kinder haben Syrien bereits verlassen. Dieser Ehemann hat kein Problem mit dem syrischen Regime, weder er noch andere Verwandte der Beschwerdeführerin noch diese selbst waren oder sind politisch oder exilpolitisch tätig, unter den nahen Verwandten finden sich keine Deserteure, Wehrdienstverweigerer oder in einem von Rebellen gehalten Gebiet aufhältige Personen.

3.4. Daher sind die Befürchtungen der Beschwerdeführerin, dass sie oder ihre Verwandten in Syrien, wenn sich die Beschwerdeführerin in der syrischen Botschaft einen Reisepass besorgt, Probleme bekommen, objektiv nicht nachvollziehbar und sind diese aus diesem Grund und weil sie die für die Antragstellung nötigen Dokumente hat, in der Lage, einen entsprechenden Antrag zu stellen und somit in der Lage, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen.

Alleine, dass sich die Beschwerdeführerin vom Fremdenpass ein erleichtertes Reisen, insbesondere eine Einreise ohne Visum nach Großbritannien, wo ihr Sohn lebt, erhofft und befürchtet, dass man ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten aberkennen würde, wenn sie sich durch den Botschaftsbesuch unter den Schutz Syriens stellen würde – was nicht dem Gesetz entsprechen würde – stellen keine Gründe für die Ausstellung eines Fremdenpasses dar; da sie nach der möglichen und zumutbaren Erlangung eines syrischen Reisepasses (aus österreichischer Sicht) ungehindert zu ihrem Sohn reisen könnte, stellt die Versagung auch keinen Eingriff in ihre Rechte nach Art. 8 EMRK dar.

Auch mit dem Verweis auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.07.2020, W116 1432275-3/4E, ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, zumal das Bundesverwaltungsgericht oben unter Bezugnahme auf Länderberichte geprüft hat, ob die Antragstellung möglich und zumutbar ist oder nicht. Auch handelt es sich beim dortigen Beschwerdeführer – im Gegensatz zur nunmehrigen Beschwerdeführerin – um einen Mann, der sich laut der dortigen Entscheidung im wehrfähigen Alter befand, sodass eine vergleichbare Situation mit der nunmehrigen Beschwerdeführerin nicht einmal im Ansatz bestehen kann.

Daher ist auf vorliegenden Antrag ein Fremdenpass auszustellen, abzuweisen gewesen und somit auch die Beschwerde abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es sind keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen, es stellen sich im Wesentlichen Tatsachenfragen. Daher ist die Revision nicht zulässig.

Schlagworte

Fremdenpass mündliche Verhandlung öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Reisedokument subsidiärer Schutz Unzumutbarkeit Voraussetzungen Zumutbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2149802.2.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten