TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/19 I403 2166615-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2020
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Entscheidungsdatum

19.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2166615-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch den Verein Legal Focus, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 19.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass seine Stiefmutter ihn töten wolle.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der belangten Behörde, vom 20.07.2017 wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, unter Spruchteil II. auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen und unter Spruchteil III. gem. § 57 leg. cit. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei, wobei keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.). Abschließend wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Nach Durchführung einer Verhandlung wurde diese mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zu I409 2166615-2/23E vom 26.06.2020 als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer verblieb in der Folge trotz der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung illegal im österreichischen Bundesgebiet und stellte am 06.10.2020 im Stande der Schubhaft seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Diesen begründete er damit, dass die Polizei nach ihm suchen würde, da sie ihn fälschlicherweise für einen in Nigeria am 23.12.2015 begangenen Mord verantwortlich machen würden.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 22.10.2020 wies die belangte Behörde den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt (Spruchpunkt VI.). Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Der Bescheid wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 27.10.2020 zugestellt. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 11.11.2020 Beschwerde erhoben. Es wurde die im Vorverfahren getroffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes kritisiert, erklärt, dass die Behörde nur unzureichende Feststellungen zur Covid-19-Pandemie in Nigeria getroffen habe, und behauptet, der Beschwerdeführer habe sein aktuelles Vorbringen durch Beweise untermauert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig und nigerianischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest. Er gehört zur Volksgruppe der Ibo und ist christlichen Glaubens. Seit 19. April 2015 hält sich der Beschwerdeführer in Österreich auf, wobei er hier über keine familiären und über keine maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte verfügt. Seine Familie lebt in Nigeria. Er ist erwerbsfähig, war in Österreich allerdings nie erwerbstätig, und leidet an keiner schwerwiegenden Erkrankung: Er hat Schlafstörungen und ein Hautekzem. Er ist somit kein Risikopatient im Falle einer möglichen COVID-19-Infektion.

1.2. Zu den Vorverfahren und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Sein erster Antrag auf internationalen Schutz vom 19.04.2015 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.07.2017 abgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.06.2020, Zl. I409 2166615-2/23E wurde die Beschwerde gegen diese Entscheidung als unbegründet abgewiesen. Diesen Antrag hatte der Beschwerdeführer damit begründet, dass er in Nigeria von seiner Stiefmutter und von ihr angeheuerten Kultisten aufgrund von Erbstreitigkeiten verfolgt werde.

Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor. Sein Vorbringen hinsichtlich einer Verfolgung in Nigeria durch die Polizei wegen einer ihm unterstellten Beteiligung an dem Mord an einem Anwalt wegen Landstreitigkeiten weist keinen glaubhaften Kern auf und wäre jedenfalls schon während seines ersten Asylverfahrens gegeben und dem Beschwerdeführer bekannt gewesen.

Die individuelle Situation des Beschwerdeführers hat sich ebenso wie die Lage in Nigeria seit Juni 2020 nicht wesentlich geändert.

1.3. Zur Covid-19-Pandemie in Nigeria und in Österreich:

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Nigeria wurden bisher 65.457 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 1.163 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden. In Österreich wurden dagegen 214.597 Fälle und 1.945 Todesfälle gemeldet (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 18.11.2020).

Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (Quelle: https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 22.10.2020.)

1.4. Zum Rechtsschutz bzw. Justizwesen in Nigeria:

Die Verfassung unterscheidet zwischen Bundesgerichten, Gerichten des Hauptstadtbezirks sowie Gerichten der 36 Bundesstaaten (AA 16.1.2020; ÖB 10.2019). Letztere haben die Befugnis, per Gesetz erstinstanzliche Gerichte einzusetzen (AA 16.1.2020). Daneben bestehen noch für jede der 774 LGAs eigene Bezirksgerichte (District Courts) (ÖB 10.2019). Bundesgerichte, die nur staatlich kodifiziertes Recht anwenden, sind der Federal High Court (Gesetzgebungsmaterie des Bundes, Steuer-, Körperschafts- und auch Verwaltungssachen), der Court of Appeal (Berufungssachen u.a. der State Court of Appeal und der State Sharia and Customary Court of Appeal) sowie der Supreme Court (Revisionssachen, Organklagen) (AA 16.1.2020). Für Militärangehörige gibt es eigene Militärgerichte (USDOS 11.3.2020).

Mit Einführung der erweiterten Scharia-Gesetzgebung in neun nördlichen Bundesstaaten sowie den überwiegend muslimischen Teilen dreier weiterer Bundesstaaten 2000/2001 haben die staatlichen Schariagerichte strafrechtliche Befugnisse erhalten, während sie zuvor auf das islamische Personenstandsrecht beschränkt waren (AA 16.1.2020). Laut Bundesverfassung wird die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte seit 1999 betreffend das anzuwendende Rechtssystem („Common Law“ oder „Customary Law“) durch Gesetze der Gliedstaaten festgestellt. Einzelne Bundesstaaten haben „Scharia-Gerichte“ neben „Common Law“- und „Customary Courts“ geschaffen. Mehrere Bundesstaaten, einschließlich die gemischt-konfessionellen Bundesstaaten Benue und Plateau, haben auch Scharia-Berufungsgerichte eingerichtet (ÖB 10.2019).

Die Verfassung sieht Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz vor (AA 16.1.2020; vgl. FH 1.2019; ÖB 10.2019; USDOS 11.3.2020). In der Realität ist die Justiz allerdings der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen ausgesetzt (AA 16.1.2020; vgl. USDOS 11.3.2020; FH 1.2019). Vor allem auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) versuchen Politiker die Justiz zu beeinflussen (USDOS 11.3.2020). Die drei einander mitunter widersprechenden Rechtssysteme (ÖB 10.2019; vgl. BS 2020) sowie die insgesamt zu geringe personelle und finanzielle Ausstattung sowie mangelnde Ausbildung behindern die Funktionsfähigkeit des Justizapparats und machen ihn chronisch korruptionsanfällig (AA 16.1.2020; vgl. FH 1.2019; USDOS 11.3.2020; ÖB 10.2019; BS 2020). Trotz allem hat die Justiz in der Praxis ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht (FH 1.2019).

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o. ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Das bestehende System benachteiligt jedoch tendenziell Ungebildete und Arme, die sich weder von Beschuldigungen freikaufen noch eine Freilassung auf Kaution erwirken oder sich einen Rechtsbeistand leisten können. Zudem ist vielen eine angemessene Wahrung ihrer Rechte aufgrund von fehlenden Kenntnissen selbst elementarster Grund- und Verfahrensrechte nicht möglich (AA 16.1.2020). Gesetzlich vorgesehen sind prozessuale Rechte wie die Unschuldsvermutung, zeitnahe Information über die Anklagepunkte, das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren, das Recht auf einen Anwalt, das Recht auf ausreichende Zeit zur Vorbereitung der Verteidigung, nicht gezwungen werden auszusagen oder sich schuldig zu bekennen, Zeugen zu befragen und das Recht auf Berufung. Diese Rechte werden jedoch nicht immer gewährleistet (USDOS 11.3.2020). Auch der gesetzlich garantierte Zugang zu einem Rechtsbeistand oder zu Familienangehörigen wird nicht immer ermöglicht (AA 16.1.2020).

Der Zugang zu staatlicher Prozesskostenhilfe ist in Nigeria beschränkt: Das Institut der Pflichtverteidigung wurde erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen. Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben (AA 16.1.2020). Das Recht auf ein zügiges Verfahren wird zwar von der Verfassung garantiert, ist jedoch kaum gewährleistet. Dauerinhaftierungen ohne Anklage oder Urteil, die sich teils über mehrere Jahre hinziehen, sind weit verbreitet (AA 16.1.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Entgegen gesetzlicher Vorgaben ist die Untersuchungshaft nicht selten länger als die maximal zu erwartende gesetzliche Höchststrafe des jeweils in Frage stehenden Delikts. Außerdem bleiben zahlreiche Häftlinge auch nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafen in Haft, weil ihre Vollzugsakten unauffindbar sind (AA 16.1.2020).

Im Allgemeinen hat der nigerianische Staat Schritte unternommen, um ein Strafverfolgungssystem zu etablieren und zu betreiben, im Rahmen dessen Angriffe von nicht-staatlichen Akteuren bestraft werden. Er beweist damit in einem bestimmten Rahmen eine Schutzwilligkeit und -fähigkeit, die Effektivität ist aber durch einige signifikante Schwächen eingeschränkt. Effektiver Schutz ist in jenen Gebieten, wo es bewaffnete Konflikte gibt (u.a. Teile Nordostnigerias, des Middle Belt und des Nigerdeltas) teils nicht verfügbar. Dort ist auch für Frauen, Angehörige sexueller Minderheiten und Nicht-Indigene der Zugang zu Schutz teilweise eingeschränkt (UKHO 3.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029575/country_report_2020_NGA.pdf, Zugriff 18.5.2020

-        FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2018 - Nigeria, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/nigeria, Zugriff 20.3.2019

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        UKHO - United Kingdom Home Office (3.2019): Country Policy and Information Note - Nigeria: Actors of protection, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/794316/CPIN_-_NGA_-_Actors_of_Protection.final_v.1.G.PDF, Zugriff 29.4.2020

-        USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026341.html, Zugriff 9.4.2020

1.5. Zu den Gründen für die Erlassung eines Einreiseverbots:

Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach; er verblieb unrechtmäßig im Inland und stellte einen unbegründeten Folgeantrag auf internationalen Schutz, um seiner Außerlandesbringung zu entgehen.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, 144 HV 152/2015a vom 19. Oktober 2015 wurde der Beschwerdeführer wegen des Besitzes und teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Verkaufes von Suchtmitteln nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG sowie § 27 Abs. 1 achter Fall und Abs.3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt, 011 HV 20/2016m vom 15. Juni 2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Besitzes und des gewerbsmäßigen Verkaufes von Suchtmitteln nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG sowie § 27 Abs. 1 achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, 043 HV 97/2018z vom 29. November 2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hatte am 09.11.2018 in Wien vorschriftswidrig in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage, nämlich in der U-Bahnstation Schottenring, öffentlich, nämlich für mindestens zehn Personen unmittelbar wahrnehmbar, Suchtgift, nämlich 0,7 Gramm (brutto) Kokain mit zumindest durchschnittlichem Reinsubstanzgehalt in Straßenqualität (20 % Cocain), einem verdeckten Ermittler gegen Entgelt von EUR 50,-- überlassen, indem er mit dem Genannten Verkaufsgespräche führte, das in seinem Mund verwahrte Suchtgift ausspuckte und Zug um Zug gegen Übernahme des Kaufpreises übergab. Mildernd wurden bei der Strafbemessung das Geständnis und die Sicherstellung des tatverfangenen Suchtgiftes, erschwerend die zwei einschlägigen Vorstrafen berücksichtigt. Ein Vorgehen nach den §§ 198 ff StPO oder § 35 Abs 2 SMG kam nicht in Betracht, da aufgrund der zwei einschlägigen Vorstrafen die Schuld des Angeklagten als schwer anzusehen war und eine Bestrafung geboten erschien, um den Angeklagten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Aus denselben spezialpräventiven Erwägungen war § 37 StGB nicht anzuwenden, zumal eine allfällige unbedingte Geldstrafe im Hinblick auf den Umstand, dass der Angeklagte bereits das Haftübel verspürt hat und dennoch unmittelbar nach der bedingten Entlassung weiter delinquierte, keine ausreichende abschreckende Wirkung aufweisen würde.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sowie des Aktes zum vorangegangenen Asylverfahren. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seiner Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Staatsangehörigkeit ergeben sich aus seinen diesbezüglichen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Seine Identität steht aufgrund der Ausstellung eines Heimreisezertifikats am 30.01.2019 durch die nigerianische Botschaft Wien (gültig bis 03.04.2019) und neuerlich durch das nigerianische Konsulat Wien am 13.10.2020 (gültig bis 12.11.2020) fest. Dessen Ausstellung ergibt sich aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR).

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem im Akt zum vorangegangenen Asylverfahren einliegenden Gutachten der Amtsärztin vom 24.06.2020. Eine Änderung des Gesundheitszustandes wurde im Verfahren nicht behauptet.

Im rechtskräftig gewordenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.06.2020 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären und über keine maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte verfügt. Ebenso wurde im angefochtenen Bescheid vom 22.10.2020 festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine Angehörigen verfügt und dass keine besondere Integrationsverfestigung in Österreich besteht. Diesen Feststellungen wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten und geht daher auch die erkennende Richterin davon aus, dass der Beschwerdeführer in Österreich kein Familienleben führt und keine nachhaltige Aufenthaltsverfestigung vorliegt.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.06.2020 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 22.10.2020 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Im vorangegangenen Verfahren, das mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.06.2020 abgeschlossen wurde, hatte der Beschwerdeführer seine Flucht aus Nigeria damit begründet, dass seine Stiefmutter ihn töten wollte und sich dazu eines Kultes bedient habe.

Im gegenständlichen Verfahren begründet er eine ihm drohende Verfolgung in Nigeria damit, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit anderen jungen Männern seines Dorfes im Herbst 2013 in Streit mit einem einflussreichen Landbesitzer namens XXXX XXXX geraten seien und die Pflanzen auf dessen Grund zerstört haben würden. Die Polizei habe nach ihnen gesucht und deswegen sei der Beschwerdeführer im November 2013 geflüchtet. Am 23.12.2015 würden die anderen Jugendlichen XXXX XXXX getötet haben. Der Beschwerdeführer werde nun über Interpol gesucht.

Dieses Vorbringen weist keinen glaubhaften Kern auf; darüber hinaus wäre es bereits während des ersten Verfahrens gegeben und dem Beschwerdeführer bekannt gewesen, wie im Folgenden gezeigt wird.

2.3.1. Zur Frage des glaubhaften Kerns des Vorbringens:

In der Einvernahme durch die belangte Behörde am 21.10.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass XXXX XXXX , Rechtsanwalt und „Sekretär“ in Enugu State, aus seinem Dorf Okwojo Ngwo stamme. Dem Vater von XXXX XXXX seien viele Grundstücke überlassen worden; XXXX XXXX habe diese dann landwirtschaftlich genutzt, doch die jungen Leute des Dorfes hätten das Land dann zurückgefordert. XXXX XXXX habe dies abgelehnt. 20 Jugendliche würden sich zusammengetan haben und die Pflanzen auf dem Land zerstört haben. XXXX XXXX habe alle gekannt, ihre Namen notiert und der Polizei übermittelt. Die Polizei sei dann ins Dorf gekommen und habe die 20 Jugendlichen gesucht; alle seien weggerannt, doch seien einige festgenommen worden. Gegen eine Zahlung habe man sie wieder freibekommen, allerdings sei die Polizei einen Monat später wiedergekommen und sei der Beschwerdeführer daraufhin geflüchtet, dies sei im November 2013 gewesen. Etwa dreizehn Personen seien dann wieder zu XXXX XXXX gegangen und hätten ihn am 23.12.2015 getötet. Die Polizei sei dann wieder ins Dorf gekommen, um alle 20 gesuchten Personen zu verhaften. Auch der Onkel des Beschwerdeführers und der Anführer der Jugendlichen seien verhaftet worden und zum Tode verurteilt worden. Die Familie des Ermordeten suche aber weiterhin nach den anderen. Man habe dem Beschwerdeführer telefonisch mitgeteilt, dass er gesucht werde und ihm geraten dies in der Zeitung Vanguard nachzulesen.

Dieses Vorbringen weist keinen glaubhaften Kern auf. Zunächst ist festzuhalten, dass er die Ermordung von XXXX XXXX zwar bereits im Vorverfahren, konkret in der mündlichen Verhandlung am 23.06.2020, erwähnte, dies jedoch erst fünf Jahre nach seiner Einreise und seiner Asylantragstellung. Im Verfahren vor dem BFA hatte er seine Flucht aus Nigeria nur damit begründet, dass seine Stiefmutter ihn töten wollte. Dagegen begründete er im nunmehrigen Verfahren seine Flucht mit einer Verfolgung durch die Polizei wegen der Ereignisse rund um den Konflikt mit XXXX XXXX (Niederschrift vom 21.10.2020: „Vor ca. 4 Monaten wollte ich zurückkehren. Ich habe denen gesagt, dass ich zurückwill. Ich habe dann zuhause angerufen und die haben gesagt, dass das Problem, das mich zur Flucht veranlasst hat, wiederaufgetaucht ist. Es wäre jetzt für mich sehr gefährlich zurückzugehen.“ (…) „Nach einem Monat kam die Polizei wieder zurück. Wir begannen dann wider zu flüchten. Zu dieser Zeit flüchtete ich aus Nigeria, das war im November 2013. Dieses Problem wurde einfach zu ernst, es wurde zu heftig.“). Wenn er aber tatsächlich 2013 wegen dieser Geschehnisse geflüchtet wäre, hätten diese ihren Niederschlag bereits im Zuge der Asylantragstellung 2015 gefunden und nicht erst fünf Jahre später. Daher ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer wegen der von ihm genannten Ereignisse Nigeria verlassen hat. Zudem schwankt der Beschwerdeführer auch in seinen Aussagen, einmal gab er in der Befragung am 21.10.2020 eben an, dass das Problem eben „zu ernst“, „zu heftig“ geworden sei und er deswegen geflüchtet sei, dann aber, gefragt, warum er es nicht früher erwähnt habe, zog er sich auf den Standpunkt zurück, dass das Problem damals noch „nicht so groß“ gewesen sei. Diese widersprüchlichen Angaben lassen keine andere Schlussfolgerung zu, als dass der Beschwerdeführer das neue Fluchtvorbringen konstruiert hat.

Zudem weist das neue Fluchtvorbringen auch keinen glaubhaften Kern auf, weil es nicht schlüssig ist, dass der Beschwerdeführer für einen Mord verantwortlich gemacht werden sollte, der zu einem Zeitpunkt passierte, zu dem er sich schon seit zwei Jahren außerhalb Nigerias und nachweislich in Österreich aufhielt. Entsprechend stellte die belangte Behörde auch fest, dass kein Grund ersichtlich sei, weshalb der Beschwerdeführer mit diesem Verbrechen in Verbindung gebracht werden sollte. Auch wenn in Nigeria nicht immer alle prozessualen Rechte gewahrt werden, so ist doch eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o. ä. diskriminiert, nicht erkennbar (siehe dazu oben Punkt 1.4.).

In der Beschwerde wurde allerdings behauptet, der Beschwerdeführer habe sein Vorbringen mit „vielen Beweisen“ untermauert. Tatsächlich wurde vom Beschwerdeführer am 21.10.2020 ein im Internet zugänglicher Artikel der Zeitung Vanguard (Vanguard News, Two sentenced to death over murder of Enugu Lawyer; 28.07.2020, abrufbar unter: https://www.vanguardngr.com/2020/07/two-sentenced-to-death-over-murder-of-enugu-lawyer) vorgelegt. Darin wird von einem Anschlag auf einen Anwalt am 23.12.2015 berichtet; es sei damals zu 25 Festnahmen gekommen, wobei zwei Angeklagte zu Tode verurteilt wurden, gegen acht weitere sei ebenfalls Anklage erhoben worden. 6 Angeklagte seien freigesprochen worden. Einige Verdächtige seien geflüchtet und man suche sie über Interpol.

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer in diesem Artikel nicht direkt erwähnt wird, sondern nur allgemein von über Interpol gesuchten Flüchtigen die Rede ist, stimmen die Angaben im Zeitungsbericht nicht mit jenen des Beschwerdeführers überein: Der Beschwerdeführer sprach ja davon, dass sein Onkel zum Tode verurteilt worden sei; tatsächlich ist im Artikel die Rede davon, dass es sich bei einem der zwei Verurteilten um den Neffen des Ermordeten handeln würde, was erstens nahe legt, dass der Beschwerdeführer bei der Erzählung der Geschichte nach Durchlesen des Artikels irgendwo die Verwandtschaftsbeziehung Neffe-Onkel im Kopf hatte und in einem anderen als im Artikel genannten Kontext wiedergab und zweitens, dass es sich tatsächlich nicht um eine reine Jugendbande handelte, wurde der Neffe des Ermordeten (und zugleich Täter) im Artikel doch als „former President General of Okwojo-Ngwo community in Udi Local Government Area“ bezeichnet. Im Übrigen ist im Artikel die Rede von 25 Festgenommenen, wobei gegen acht Anklage erhoben worden sei, während der Beschwerdeführer erklärte, es habe sich bei der Aktion im Jahr 2013 (als man das Grundstück zerstört habe) um 20 Personen gehandelt, wobei 13 dann den Mord begangen hätten und nur 2 angeklagt worden seien. Wenn der Beschwerdeführer davon spricht, dass über Interpol alle gesucht würden, die 2013 bei der Zerstörung des Landes dabei gewesen seien, widerspricht dies dem Artikel, in dem ein Mitglied der Familie des Ermordeten zitiert wird, der sich unzufrieden über sechs Freisprüche zeigt, angibt, dass der Rechtsweg weiter beschritten wird und man diese freigesprochenen Personen über Interpol suchen werde. Zusammengefasst stimmen das Vorbringen des Beschwerdeführers und die im Artikel geschilderten Ereignisse nicht überein.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer, wie von ihm behauptet, 2013 tatsächlich an der Verwüstung des Grundstückes von XXXX XXXX beteiligt gewesen war, doch ist auszuschließen, dass er deswegen Verfolgung durch die Polizei zu befürchten hat, da er eine entsprechende Gefahr im ersten Asylverfahren fünf Jahre lang nicht erwähnte. Ausgeschlossen kann aber jedenfalls werden, dass der Beschwerdeführer wegen des Mordes an XXXX XXXX gesucht wird. Dieses Vorbringen weist aufgrund der dargelegten Unstimmigkeiten keinen glaubhaften Kern auf.

2.3.2. Zum Umstand, dass das Vorbringen bereits während des ersten Asylverfahrens bekannt war:

In der mündlichen Verhandlung im vorangegangenen Beschwerdeverfahren erklärte der Beschwerdeführer am 23.06.2020: „2015 gab es einen Mann, einen Rechtsanwalt namens XXXX , er war von der reichsten Familie des Dorfes. Sein Vater hat vieles für das Dorf gemacht, daher hat das Dorf Land für eine Farm zur Verfügung gestellt. Als wir erwachsen wurden, wollten wir das Land zurücknehmen, aber er hat das abgelehnt. Wir haben deshalb alles auf dem Land zerstört. Er ging zur Polizei, einige Leute liefen weg. In Europa war die Gruppe ... Der Governor schickte die Polizei, um Festnahmen zu vollziehen. Viele sind immer noch in Polizeihaft, andere sind weggelaufen. Alle Mitglieder meiner Gruppe sind tot. Als ich schon in Europa war, haben sie ihn getötet am 23. Dezember.“ Darauf wurde auch im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.06.2020, mit dem das Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz abgeschlossen wurde, Bezug genommen. Von neuen Fluchtgründen kann daher wohl nicht gesprochen werden, wenn sie bereits Eingang in das vorangegangene Verfahren fand.

Daraus ergibt sich, dass das nunmehrige Fluchtvorbringen bereits während des ersten Asylverfahrens bekannt war. Soweit der Beschwerdeführer erklärt, dass die Verurteilung von zwei Tätern erst Ende Juli 2020 und damit kurz nach Abschluss des ersten Asylverfahrens erfolgt sei, stimmt dies mit den Angaben im vorgelegten Zeitungsartikel überein. Dies ändert aber nichts daran, dass der Beschwerdeführer im nunmehrigen Verfahren behauptete, dass er wegen des Konflikts mit XXXX XXXX und der daraus resultierenden Verfolgung durch die Polizei aus Nigeria geflüchtet sei und dass dieses Fluchtvorbringen bekannt gewesen sein muss. Ebenso war ihm bereits während des vorangegangenen Verfahrens bekannt, dass XXXX XXXX ermordet worden war und dass dafür die Jugendlichen verantwortlich gemacht wurden, zu denen (angeblich) auch der Beschwerdeführer gehörte. Dass die mit dem Tod von XXXX XXXX in Verbindung stehenden Personen gesucht werden, war dem Beschwerdeführer daher schon im Vorverfahren klar. Der Umstand, dass zwei der Angeklagten zum Tode verurteilt wurden, vermag am grundsätzlichen Vorliegen des Fluchtgrundes (bei Wahrunterstellung) nichts zu ändern.

Es handelt sich daher jedenfalls um keinen neu entstandenen Sachverhalt.

2.3.3. Zur Frage einer Änderung in Bezug auf eine Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK:

Eine wesentliche Änderung der Situation in Nigeria wurde in der Beschwerde nicht behauptet und entspricht dies auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa eine schwere Erkrankung oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließe.

In der Beschwerde wurde moniert, dass von der belangten Behörde nur unzureichend auf die Covid-19-Pandemie eingegangen worden sei. Damit vermag der Beschwerdeführer aber erstens nicht aufzuzeigen, dass eine Änderung des Sachverhaltes vorliegt, war die Covid-19-Pandemie doch bereits bei Erlassung des Erkenntnisses vom 26.06.2020 gegeben und sind zweitens die Infektionszahlen in Nigeria im Vergleich zu Österreich angesichts der Bevölkerungsunterschiede verschwindend gering. Im Übrigen wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auch auf die aktuellen Zahlen in Nigeria eingegangen und wurde es in der Beschwerde unterlassen aufzuzeigen, welche konkrete Bedrohung der Beschwerdeführer aufgrund der Pandemie in Nigeria zu gewärtigen hätte.

Soweit in der Beschwerde erklärt wurde, dass in Bezug auf Nigeria die Sicherheitsstufe 6 gelte, ist dies unbestritten; damit wird aber nicht aufgezeigt, dass sich die Situation seit Erlassung des Vorerkenntnisses verändert hätte, galt doch bereits im Juni 2020 diese Sicherheitsstufe. Zudem sei daran erinnert, dass es aktuell aufgrund der Pandemie Reisewarnungen (Sicherheitsstufe 6) für 36 Länder gibt, darunter auch die USA (vgl. https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reisewarnungen/, Zugriff am 19.11.2020).

2.4. Die Feststellungen zur Erlassung eines Einreiseverbots:

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer dem im Zuge des Erstverfahrens angeordneten sofortigen Verlassen des Bundesgebietes nicht gefolgt ist, ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt. Er verblieb rechtswidrig im Bundesgebiet und stellte – im Stande der Schubhaft - einen letztlich ebenfalls unbegründeten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grund für seine neuerliche Antragstellung weniger in einem Schutzbedürfnis als vielmehr im Versuch, seinen Aufenthalt in Österreich zu verlängern, gesehen werden kann.

Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich, die Feststellungen zu der seiner letzten Verurteilung zugrundeliegenden Straftat aus dem entsprechenden Strafurteil.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Da das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Soweit in der Beschwerde „entscheidende Fehler im Vorverfahren“ behauptet werden, wird verkannt, dass es sich dabei um ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren handelt, das im gegenständlichen Erkenntnis nicht neu aufgerollt werden kann.

Die Rechtskraft einer in der gleichen Angelegenheit ergangenen Erledigung steht einer neuen Sachentscheidung gem § 68 Abs 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. Identität der Sache liegt dann vor, wenn weder in der Rechtslage noch in den tatsächlichen Umständen, die für die Beurteilung in der Vorentscheidung maßgebend waren, eine Änderung eingetreten ist.

Im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder iVm anderen Tatsachen Relevanz zukommt; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags aufgrund geänderten Sachverhalts hat – von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen – im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden (VwGH 2. 8. 2018, Ra 2018/19/0294).

Der Beschwerdeführer hatte im gegenständlichen Verfahren vorgebracht, Nigeria verlassen zu haben, weil er mit einem einflussreichen Mann in einen Konflikt geraten sei, der veranlasst habe, dass der Beschwerdeführer von der Polizei gesucht werde. Zudem werde der Beschwerdeführer nunmehr von der Polizei gesucht, weil ihm eine Beteiligung an der Ermordung dieses Mannes am 23.12.2015 unterstellt werde.

Dabei entspricht es im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukommt; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen (vgl. etwa VwGH 15.4.2020, Ra 2019/18/0234, mwN), an den eine positive Entscheidungsprognose im obigen Sinne anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrags mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. dazu etwa grundlegend VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, ist gegenständlich nicht eingetreten, das Vorbringen des Beschwerdeführers weist keinen glaubhaften Kern auf. Wie bereits ausgeführt wurde, gibt es keine schlüssige Erklärung dafür, warum der Beschwerdeführer das Vorbringen nicht schon während der ersten fünf Jahre seines Aufenthaltes in Österreich erwähnte und befand er sich zudem zum Zeitpunkt der Ermordung des Mannes bereits seit zwei Jahren außerhalb Nigerias. Insgesamt weist das Vorbringen keinerlei glaubhaften Kern auf.

Soweit daher in der Beschwerde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 2019, EU 2019/0008 (Ro 2019/14/0006), und das dadurch eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren durch den Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-18/20 verwiesen wird, ist dem entgegenzuhalten, dass das Vorbringen im gegenständlichen Verfahren keinen glaubhaften Kern aufweist und daher eine Aussetzung des Verfahrens nicht in Betracht kommt.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass das Vorbringen bereits in der Beschwerdeverhandlung des Vorverfahrens vom Beschwerdeführer angesprochen wurde und daher jedenfalls bereits zu diesem Zeitpunkt gegeben war bzw. wenn man seinen Aussagen im gegenständlichen Verfahren folgen würde, die Verfolgung durch die Polizei das fluchtauslösende Moment im November 2013 gewesen war. Es handelt sich daher jedenfalls nicht um einen gegenüber dem Vorverfahren geänderten Sachverhalt.

Wesentliche Änderungen in der Person des Beschwerdeführers bzw. in der Lage in Nigeria wurden auch nicht behauptet, so dass auch unter dem Blickwinkel des subsidiären Schutzes keine neue inhaltliche Prüfung notwendig war.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat daher völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des Bundesamtes an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.

Die angefochtenen Spruchpunkte I. und II. waren sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich. Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hält sich seit etwas über fünfeinhalb Jahren im Bundesgebiet auf. Allerdings stellte der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum zwei unbegründete Anträge auf internationalen Schutz. Zudem wurde er dreimal strafrechtlich verurteilt. Es liegen auch keine Aspekte einer außerordentlichen Integration vor und kann von einer nachhaltigen Aufenthaltsverfestigung im Fall des Beschwerdeführers nicht gesprochen werden.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor; bei dem Beschwerdeführer sind keine besonderen Vulnerabilitäten gegeben.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz (FPG) festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist.

Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062).

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.5. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für eine freiwillige Ausreise in Fällen einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG.

Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.6. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):

Die belangte Behörde erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm 3 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot.

§ 53 Abs. 3 FPG lautet auszugsweise:

„Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

(…)“

Das Vorliegen einer Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 3 FPG („ schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit“) wird im gegenständlichen Fall schon durch die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 53 Abs. 3 Z 1 FPG („wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist“) indiziert; der Beschwerdeführer wurde dreimal wegen der geleichen schädlichen Neigung verurteilt und zuletzt einmal zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier, dann von zwölf Monaten.

Der Beschwerdeführer versuchte, durch den Verkauf von Suchtgift Gewinne zu erzielen. Er handelte dabei im Sinne eines an eine bewusst kontinuierliche Tatbegehung geknüpften Gesamtvorsatzes bereits von Beginn seiner Tathandlungen an mit dem zumindest bedingten Vorsatz, insgesamt Suchtgift in einer größeren und die Grenzmenge jedenfalls übersteigenden Menge (die geeignet ist, in einem großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen) anderen zu überlassen. Aus seinem Verhalten ergibt sich aus Sicht des erkennenden Gerichts eine beträchtliche kriminelle Energie.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass bei schweren Verbrechen im Zusammenhang mit Suchtmitteln weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einem Einreiseverbot entgegenstehen (vgl. etwa VwGH, 24.10.2019, Ra 2019/21/0207, aber auch VwGH, 03.07.2018, Ra 2018/21/0050, Rn. 10, mit dem Hinweis auf VwGH, 25.02.2016, Ra 2016/21/0022, Rn. 14, mwN; siehe auch VwGH 03.07.2018, Ra 2018/21/0066, Rn. 19, mwN).

Beim Beschwerdeführer liegt eine gravierende und von evidenter Unbelehrbarkeit gekennzeichnete Suchtmitteldelinquenz, die auch durch das Verspüren des Haftübels nicht beendet wurde, vor. Angesichts dessen besteht in diesem Fall ein besonders großes Interesse an dessen Aufenthaltsbeendigung und war die Erlassung eines mehrjährigen Einreiseverbots notwendig und verhältnismäßig.

Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230; 20.10.2016, Ra 2016/21/02 89). Ebenso ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes die Dauer der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Annahme eines Wegfalls der sich durch das bisherige Fehlverhalten manifestierten Gefährlichkeit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Außerdem ist auf die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2016, Zl. Ra 2016/21/0109). Schließlich darf bei der Verhängung eines Einreiseverbots das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002 mwH).

Das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers ist unbestritten den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen. Es wird vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht verkannt, dass er sich auch von einer Erfahrung des Haftübels nicht beeindrucken ließ. Demgemäß kann auch die diesbezügliche Zukunftsprognose nicht positiv ausfallen und können weitere strafbare Handlungen der geschilderten Art in Hinkunft nicht ausgeschlossen werden und ist auch nicht mit einer baldigen Änderung seines Verhaltens zu rechnen.

Es ist zudem auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in Österreich über kein Familienleben verfügt und sich hier auch nicht nachhaltig integriert hat. Ein Familienleben in einem anderen Staat der Europäischen Union wurde von ihm nie behauptet. Vielmehr wurde in der Beschwerde der Verhängung des Einreiseverbotes inhaltlich nicht entgegengetreten.

Insgesamt ist daher das von der belangten Behörde nicht mit der Höchstdauer, aber doch mit einem wesentlichen Zeitraum von sieben Jahren festgesetzte Einreiseverbot durchaus als gerechtfertigt anzusehen.

Da somit im vorliegenden Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Erlassung eines auf die Dauer von sieben Jahren befristeten Einreiseverbotes erfüllt sind, war die Beschwerde gegen den Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ebenfalls abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).

Gegenständlich war der Antrag zurückgewiesen worden und konnte daher eine mündliche Verhandlung unterbleiben; zudem wurde in der Beschwerde auch nichts vorgebracht, was eine entscheidungswesentliche Sachverhaltsänderung im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nahelegen würde.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich im vorliegenden Fall auch trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da keinerlei schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich behauptet wurde und die wesentlichen Feststellungen, insbesondere zu den vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, unbestritten blieben.

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Abschiebung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig entschiedene Sache Folgeantrag freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Identität der Sache Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata Rückkehrentscheidung Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat subsidiärer Schutz Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verbrechen Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2166615.2.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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