TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/20 W204 2230208-2

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Veröffentlicht am 20.11.2020
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Entscheidungsdatum

20.11.2020

Norm

AIFMG §1 Abs5
AIFMG §2 Abs1 Z2
AIFMG §4 Abs1
AIFMG §56
B-VG Art133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W204 2230208-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER als Vorsitzende und den Richter Dr. Stefan KEZNICKL als Beisitzer sowie die Richterin Mag. Elisabeth SCHMUT, LL.M., als Beisitzerin über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch den Masseverwalter Rechtsanwalt Mag. XXXX , gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 20.12.2019 zu Zl. FMA XXXX in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 13.03.2020 zu Zl. FMA- XXXX in einer Angelegenheit nach dem Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz – AIFMG zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung werden aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die XXXX GmbH (im Folgenden: GmbH) war seit 20.03.2018 als Alternativer Investmentfonds Manager (im Folgenden: AIFM) gemäß § 1 Abs. 5 AIFMG bei der FMA registriert und zur Verwaltung eines in Österreich ansässigen Alternativen Investmentfonds (im Folgenden: AIF) berechtigt. Darüber hinaus wurden seitens der GmbH der FMA keine weiteren Tätigkeiten als AIFM, sei es innerhalb Österreichs, der EU oder außerhalb der EU, gemeldet.

I.2. Mit dem im Rubrum genannten Bescheid vom 20.12.2019, gerichtet an die durch den Insolvenzverwalter vertretene GmbH (im Folgenden: beschwerdeführende Partei; BF), wurde der BF aufgetragen, zu jedem Monatsletzten, beginnend mit 31.01.2020, ausführlich unter Vorlage geeigneter Nachweise über den jeweils aktuellen Stand der Liquidation des auf St. Vincent ansässigen Nicht-EU-AIF XXXX Ltd. (im Folgenden: Ltd) bis zur vollständigen Abwicklung des Nicht-EU-AIF schriftlich zu informieren (Spruchpunkt I.) Außerdem wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).

Dazu führte die FMA näher begründet aus, die GmbH sei die faktische Geschäftsführerin der Ltd und Managerin des Fonds, wobei der faktische Geschäftsführer beziehungsweise wirtschaftliche Eigentümer der GmbH auch der Direktor der Ltd sei.

I.3. Die BF richtete ihre rechtzeitige Beschwerde nur gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides und beantragte, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu den Bescheid zu beheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung an die FMA zurückzuverweisen.

In ihrer Beschwerde bestritt die BF die Tätigkeiten der GmbH für die Ltd und die faktische Geschäftsführung der GmbH durch den Direktor der Ltd.

Darüber hinaus sei, selbst wenn man von einer früheren Tätigkeit der GmbH als AIFM ausgehe, diese Tätigkeit durch die Liquidation der Ltd bereits abgeschlossen. Die GmbH sei jedenfalls nicht faktischer Liquidator. Darüber hinaus sei durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH ein vorher etwaig bestehender Vertrag für die Tätigkeit als AIFM ipso iure und damit endgültig aufgelöst.

I.4. Mit der im Rubrum angeführten Beschwerdevorentscheidung vom 13.03.2020 bestätigte die FMA ihren Bescheid vom 20.12.2019 und konkretisierte die Bezeichnung „Insolvenzverwalter“ auf „Masseverwalter“.

Die FMA stellte darin insbesondere fest, dass es sich bei der GmbH um den alleinigen AIFM des Nicht-EU-AIF Ltd handle. Gemäß Offering Memorandum fungiere als Manager der Ltd zwar die XXXX Management Ltd. (im Folgenden: Management Ltd), ebenfalls mit Sitz auf St. Vincent. Gemäß den Ermittlungsergebnissen der FMA habe jedoch die GmbH die Tätigkeiten als AIFM gemäß Anlage 1 zu § 4 AIFMG, insbesondere die Verwaltung des Nicht-EU-AIF, hinsichtlich der Ltd tatsächlich erbracht und hierfür eine entsprechende Vergütung über die gesamte Laufzeit des Nicht-EU-AIF erhalten. Diese Vergütung sei nach Ausstellung entsprechender Rechnungen mit der Leistungstitulierung „Management- und Performancefees“ durch die GmbH an die Management Ltd abgerechnet und von zuvor genannter Gesellschaft auf das Geschäftskonto der GmbH gutgeschrieben worden. Die GmbH habe so im Zeitraum von 10.01.2011 bis 09.01.2018 Zahlungen für Management- und Performanceleistungen in Bezug auf den Nicht-EU-AIF Ltd erhalten; über den Zeitraum nach dem 09.01.2018 lägen der FMA keine Informationen vor.

Als Fondsinitiatorin der Ltd und der ihr vertraglich eingeräumten Rechte im Hinblick auf diesen Nicht-EU-AIF, vor allem der ihr zustehenden Letztentscheidungsbefugnis über die Managementtätigkeit und sonstigen AIFM-Tätigkeiten gemäß Anlage 1 zu § 4 AIFMG, sowie der Letztverantwortung sei die GmbH als einziger AIFM der Ltd zu qualifizieren. Die Verwaltung des Nicht-EU-AIF Ltd sei alleinig durch die GmbH und deren faktischen Geschäftsführer bzw. wirtschaftlichen Eigentümer Dipl. Ing. Mag. K XXXX , der zugleich auch alleiniger Direktor des Nicht-EU-AIF Ltd sei, von Österreich aus operierend, erfolgt.

Die FMA stellte in der Beschwerdevorentscheidung weiter fest, dass die GmbH für die Verwaltung des Nicht-EU-AIF Ltd eine Konzession gemäß § 4 Abs. 1 AIFMG benötigt hätte. Am 17.07.2019 sei deshalb an die GmbH eine Verfahrensanordnung der FMA mit dem Inhalt ergangen, ihre Tätigkeit als EU-AIFM für den Nicht-EU-AIF Ltd umgehend einzustellen und der FMA über die Umsetzung der Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands durch Vorlage geeigneter Nachweise, wie z.B. einer Bestellurkunde für einen externen Liquidator und einen Liquidationsbeschluss, schriftlich bis zum 22.08.2019 (einlangend) zu berichten.

Die FMA hielt fest, dass mit Bekanntmachung in der Insolvenzdatei am XXXX über die GmbH ein Insolvenzverfahren in Österreich eröffnet worden sei. Zum Insolvenzverwalter sei RA Mag. XXXX bestellt worden. Dieser habe der FMA mitgeteilt, dass bereits am 27.02.2019 der Direktor der Ltd deren Liquidation beschlossen habe und Deloitte als externer Liquidator für die Ltd bestellt worden sei. Mit der Stellungnahme vom 25.09.2019 sei der Verfahrensanordnung der FMA vom 17.07.2019 nicht Folge geleistet worden, weil die GmbH die AIFM-Tätigkeit des Nicht-EU-AIF Ltd bis dato nicht eingestellt habe. Erst mit vollständiger Abwicklung des Nicht-EU-AIF, was den Verkauf der Vermögenswerte des AIF und die Rückführung der Gelder an die Investoren umfasse, und der Erbringung entsprechender Nachweise hierfür, gelte die AIFM-Tätigkeit der GmbH für den Nicht-EU-AIF Ltd als eingestellt und der unerlaubte Geschäftsbetrieb als beendet.

Der Insolvenzverwalter habe der FMA wiederholt (so im Oktober 2019, Jänner und Februar 2020) mitgeteilt, dass er dieser Berichtspflicht nicht nachkommen könne, da er auf die Informationen des Gesellschafters bzw. des Direktors Dipl.-Ing. Mag. XXXX K XXXX angewiesen, dieser jedoch für ihn nicht erreichbar sei und er selbst weder faktisch noch rechtlich irgendwelche Verfügungs-, Einsichts- oder Anordnungsrechte habe. Die von der FMA auferlegte Berichtspflicht der GmbH im Hinblick auf den Stand der Liquidation des Nicht-EU-AIF sei jedoch vertraglich gedeckt, möglich und die der GmbH zustehenden Rechte seien entsprechend wahrzunehmen, ggf. gerichtlich durch den Insolvenzverwalter gegenüber dem Nicht-EU-AIF durchzusetzen. Die vertragliche und faktische Letztverantwortung sei sohin im Hinblick auf den Nicht-EU-AIF Ltd bei der GmbH angesiedelt.

I.5. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung erhob die BF einen Vorlageantrag, in dem sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus der Beschwerde wiederholte.

I.6. Am 07.04.2020 langte der Verwaltungsakt samt Beschwerde und Vorlageantrag beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.7. Mit Schriftsatz vom 31.08.2020 teilte die FMA dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass gegen den Direktor der Ltd strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts des schweren Betrugs an einem Anleger der Ltd geführt werden. Gleichzeitig übermittelte die FMA eine bei ihr eingelangte Stellungnahme der BF, in der die beiden gemeinsam bestellten Liquidatoren der Ltd namentlich genannt wurden, an die sich die FMA wenden möge. Dieser beigeschlossen waren die durch die Behörden von St. Vincent am XXXX registrierten Meldungen der Liquidation der Ltd wie auch der Bestellung der Liquidatoren; beide Schriftstücke sind mit 13.09.2019 datiert. Die BF wiederholte den Antrag, den Bescheid bzw. die Beschwerdevorentscheidung aufzuheben.

I.8. Am 16.10.2020 übermittelte die FMA den neuerlichen Antrag der BF vom 15.09.2020 auf Aufhebung des Bescheids bzw. der Beschwerdevorentscheidung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und den Akt des Bundesverwaltungsgerichts sowie die Ediktsdatei der Justiz und das Firmenbuch.

II. Feststellungen

Über das Vermögen der GmbH, die im Jahr 2009 gegründet worden war, wurde mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX zu XXXX das Insolvenzverfahren eröffnet. Handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH war J XXXX N XXXX , der auch zu 24 % an ihr beteiligt ist.

Die Liquidation der Ltd wurde im Register des Sitzstaates der Ltd mit XXXX eingetragen und es wurden externe Liquidatoren bestellt, die in keinem Zusammenhang zur GmbH standen oder stehen. Direktor der Ltd war Dipl. Ing. Mag. XXXX K XXXX , der auch zu 28 % an der GmbH beteiligt ist.

Zwischen der Ltd und der GmbH existierten Vertragsbeziehungen. Der Masseverwalter der GmbH hat zumindest seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am XXXX keinen Einfluss auf die Ltd oder deren Direktor.

III. Beweiswürdigung

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen Akten der FMA und des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellung zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruht auf einer Einsichtnahme in die öffentlich zugängliche Ediktsdatei der Justiz und wurde auf deren Basis auch bereits von der FMA festgestellt. Ebenso traf bereits die FMA die Feststellungen zum handelsrechtlichen Geschäftsführer der GmbH und dessen Beteiligung an der GmbH. Diese Feststellungen werden von der BF nicht bestritten und sind vor dem Hintergrund eines aktuellen Firmenbuchauszugs zutreffend. Ebenfalls bereits durch die FMA festgestellt und vom BF nicht bestritten wurden die Funktion des Direktors der Ltd und dessen Beteiligung an der GmbH.

Gleichfalls unstrittig sind die Vertragsbeziehungen zwischen der Ltd und der GmbH, sodass eine entsprechende Feststellung erfolgen konnte. Davon, dass ein offizielles Firmengeflecht bspw. durch eine Mutter-/Tochterbeziehung zwischen den Unternehmen bestand, ging auch die FMA nicht aus. Vielmehr beurteilte sie den Direktor der Ltd als faktischen Geschäftsführer der GmbH und ging von einer faktischen Verwaltung der Ldt durch die GmbH als AIFM, einer vertraglichen Ausgestaltung der GmbH als Fondsinitiatorin mit Letztentscheidungskompetenz und Letztverantwortung sowie der Funktion der Management Ltd als Briefkastenfirma aus, weil diese nie eine faktische AIFM-Tätigkeit für die Ltd übernommen habe.

Die Feststellung, dass die BF zumindest seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens keinen Einfluss mehr auf die Ltd oder deren Direktor hat, beruht im Wesentlichen auf der Insolvenzeröffnung über die GmbH, weil dadurch, wie in der rechtlichen Beurteilung noch zu zeigen sein wird, selbst ein möglicherweise zuvor noch bestehender Vertrag aufgelöst wurde. Dafür, dass aber nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der GmbH erneut die Vollmacht beziehungsweise ein Auftrag erteilt worden wäre oder sie sonst in irgendwelche Geschäftsbeziehungen mit der Ltd oder deren Direktor getreten wäre, ergeben sich weder aus dem Vorbringen der BF noch aus dem festgestellten Sachverhalt durch die FMA, der sich im Wesentlichen auf den Zeitraum bis zum Beschluss der Liquidation der Ltd beziehungsweise bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens der GmbH beschränkt, Anhaltspunkte. Vielmehr gab die BF mehrmals an, einen derartigen Vertrag jedenfalls nicht abgeschlossen zu haben. Diesen Behauptungen ist die FMA nicht entgegengetreten, obwohl ihr das möglich gewesen wäre, wurden doch nicht nur die Beschwerde und der Vorlageantrag, sondern entgegen der verfahrensrechtlichen Vorschriften auch die weiteren Schriftsätze der BF bei der FMA eingebracht und von dieser jeweils mit begleitendem Schriftsatz an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet. Es besteht daher kein Grund, diesen Ausführungen der BF nicht zu folgen.

Weiter stellte ebenfalls bereits die FMA fest, dass der Direktor der Ltd auch deren Liquidation beschlossen hatte. Aufgrund der Vorlage der BF konnte nunmehr das Bundesverwaltungsgericht feststellen, dass für die Ltd externe Liquidatoren bestellt wurden und deren Liquidation im Register des Sitzstaates eingetragen wurde. Einerseits besteht kein Grund, an den vorgelegten Unterlagen zu zweifeln, und andererseits hat auch die FMA im Rahmen der Dokumentenvorlage an das Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit dieser Dokumente geäußert (siehe auch übereinstimmend mit den vorgelegten Unterlagen: XXXX ).

Hierbei ist dem Beschwerdevorbringen wie auch jenem im Vorlageantrag zu folgen, dass die FMA keine ausreichenden Feststellungen zum Sachverhalt nach Insolvenzeröffnung getroffen hat und das rechtliche Verhältnis beider sich in Insolvenz bzw. Liquidation befindlicher und einem Liquidator unterstellter Gesellschaften von der FMA nicht behandelt wurde. Damit ging sie aber auf ein wesentliches Vorbringen der BF, dass die Verträge nach ABGB ipso iure erloschen seien und die IO vorrangig heranzuziehen sei, weshalb rechtlich wie faktisch gar keine Möglichkeit bestehe, die der BF auferlegten Berichtspflichten zu erfüllen, nicht ein. Insbesondere legt die FMA nicht dar, wie eine Abwicklung der Ltd – bei Wahrunterstellung der früheren faktischen AIFM-Tätigkeit der GmbH – im Einflussbereich der nunmehr vom Masseverwalter vertretenen GmbH liegen könnte. Zu Recht bringt die BF in diesem Zusammenhang vor, dass die von der FMA herangezogene Liquidationsbestimmung im Auftrags- und Fondspromotorenvertrag zur Gründung und Verwaltung von Investmentunternehmen nach Saint Vincent Rechts (Z 6.), geschlossen zwischen der GmbH und der Dritten XXXX International Ltd., keine Aussage auf ein (laut FMA trotz Liquidation anhaltendes) Vertragsverhältnis der GmbH mit der Ltd treffen kann. Auch das Investment Advisory Agreement zwischen der Ltd und der Management Ltd wurde nicht mit der GmbH geschlossen, wie die BF richtig vorbringt, weshalb der GmbH auch daraus kein einklagbares Recht zukommen kann.

IV. Rechtliche Beurteilung

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Über Beschwerden gegen Bescheide der FMA entscheidet gemäß § 22 Abs. 2a FMABG das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, sodass gegenständlich Senatszuständigkeit vorliegt.

IV.1. Zu Spruchpunkt A):

Nach § 2 Abs. 1 Z 2 AIFMG ist ein AIFM jede juristische Person, deren reguläre Geschäftstätigkeit darin besteht, einen oder mehrere AIF zu verwalten. Verwaltung von AIF bedeutet nach § 2 Abs. 1 Z 23 AIFMG, dass mindestens die in Anlage 1 Z 1 lit. a oder b genannten Anlageverwaltungsfunktionen (das sind Portfolioverwaltung und Risikomanagement) für einen oder mehrere AIF erbracht werden.

Unabhängig davon, ob die Annahmen der FMA hinsichtlich der früheren Tätigkeit der GmbH als AIFM der Ltd zutreffend sind, führt bereits das Vorbringen der BF zum Erfolg der Beschwerde, wonach ein allfällig bestehender Vertrag aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wurde. Wie sie nämlich richtig darlegt, regelt § 1024 ABGB 2. Satz, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Machthabers dessen Vollmacht erlischt. Nach herrschender Ansicht erlischt dadurch jedoch nicht nur die Vollmacht, sondern auch der dieser zugrundeliegende Auftrag ipso iure und ex nunc (vgl. OGH 16.07.2004, 8 ObA 116/03x; Strasser in Rummel, ABGB3 § 1026 ABGB, Rz 30f; Baumgartner/Torggler in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB: Großkommentar zum ABGB - Klang-Kommentar zu § 1024 ABGB, Rz 32f; Perner in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1024, Rz 3; P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB: Kurzkommentar zu § 1024 ABGB, Rz 2). Selbst wenn daher vor Insolvenzeröffnung ein (allenfalls auch nur mündlich oder konkludent geschlossener) Vertrag zur Vermögensverwaltung bestand, ist dieser durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die GmbH jedenfalls erloschen, zumal keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Masseverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens neuerlich ein Auftrag beziehungsweise eine Vollmacht erteilt worden wäre. Derartiges hat die FMA auch nicht festgestellt. Auch aus der von der FMA zitierten Liquidationsbestimmung im Auftrags- und Fondspromotorenvertrag geht lediglich hervor, dass der Fonds von einer Liquidation oder Insolvenz der GmbH nicht berührt wird.

Wenn die FMA weiter ausführt, eine AIFM-Tätigkeit gelte erst mit vollständiger Liquidation des Nicht-EU-AIF als beendet, ist unabhängig von der grundsätzlichen Richtigkeit dieser Ansicht auch damit im konkreten Fall nichts zu gewinnen. Im Sinne der Begriffsdefinition „AIF“ nach § 2 Abs. 1 Z 1 lit. a AIFMG, nach der von einer Anzahl von Anlegern Kapital eingesammelt wird, um es zum Nutzen derselben zu veranlagen, umfasst diese kollektive Portfolioverwaltung nach Ansicht der FMA nicht nur den laufenden Investitionsprozess, sondern auch die Phase des De-Investments und der Abwicklung des AIF, die für die Anleger nutzbringend zu erfolgen habe, sodass erst nach (gänzlichem) Abbau des vormaligen Fondsvermögens und Rückführung des zu jenem Zeitpunkt allfällig noch vorhandenen Kapitals (an die Anleger) die Tätigkeit und Verantwortung als AIFM ende. Einerseits beruht jedoch die Tätigkeit als AIFM hiervon unabhängig auf einem zivilrechtlichen Vertrag, der im vorliegenden Fall durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der GmbH jedenfalls aufgelöst wurde.

Andererseits zeigt die Bestellung externer Liquidatoren, dass die GmbH jedenfalls seit diesem Zeitpunkt nicht mehr AIFM der Ltd ist, da sie dazu den AIF zu verwalten hätte, also Risikomanagement oder Portfolioverwaltung betreiben müsste oder diesen zumindest abzuwickeln hätte. Dazu müsste sie jedoch Einfluss auf die derzeit die Geschäftstätigkeit ausübenden Liquidatoren nehmen können, wozu jedoch weder der von der FMA festgestellte Sachverhalt noch das Vorbringen des BF Anhaltspunkte bieten. Auch bei Unterstellung der früheren faktischen Geschäftsführung durch den wirtschaftlichen Eigentümer der GmbH bzw. Direktor der Ltd und einer früheren AIFM-Eigenschaft der GmbH wurde jedenfalls seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Registrierung der Liquidation der Ltd samt Ernennung zweier Liquidatoren die Letztentscheidungskompetenz und Verantwortlichkeit der GmbH durchbrochen. Sie ist seit diesem Zeitpunkt – und damit bereits vor Erlass des Bescheides der FMA – jedenfalls nicht mehr AIFM der Ltd.

Darüber hinaus ist es der BF, wie von dieser vorgebracht, auch rechtlich und faktisch unmöglich, Informationen über den aktuellen Stand der Liquidation zu erhalten, weil eben keine aktuellen Vertragsverhältnisse mehr bestehen und die von der FMA argumentativ herangezogenen Verträge nicht zwischen der GmbH und der Ltd geschlossen worden waren. Der BF kann aber nicht eine Verpflichtung auferlegt werden, die sie nicht erfüllen kann. Weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerdevorentscheidung ergibt sich, weshalb die FMA, trotz der Tatsache, dass die GmbH sich in Liquidation befindet, davon ausgeht, dass der sie vertretende Masseverwalter auf die ebenfalls in Liquidation befindliche Ltd und deren Liquidatoren Einfluss nehmen könnte. Auch geht daraus nicht hervor, weshalb die FMA trotz dieses Sachverhaltes noch in der Beschwerdevorentscheidung an der Qualifikation der GmbH als AIFM des Nicht-EU-AIF Ltd festhielt und weiterhin von einer (faktischen) AIFM-Tätigkeit der GmbH für die Ltd, die ja im Wesentlichen auf den führenden Funktionen von Dipl. Ing. Mag. K XXXX und dessen Personalunion beruhte, ausging. So führte die FMA, ohne weitere Erläuterungen und ohne auf das Beschwerdevorbringen einzugehen, aus, dass erst mit vollständiger Abwicklung des Nicht-EU-AIF, welche den Verkauf der Vermögenswerte des AIF und die Rückführung der Gelder an die Investoren umfasse, und der Erbringung entsprechender Nachweise hierfür, die AIFM-Tätigkeit für den Nicht-EU-AIF als eingestellt und der unerlaubte Geschäftsbetrieb als beendet gelte. Damit vertrat die FMA auch in ihrer Beschwerdevorentscheidung noch eine Rechtsansicht, die die (bereits eingetragene) Liquidation beider Gesellschaften nicht miteinschloss.

Bei diesem Ergebnis ist daher unerheblich für die vorliegende Rechtssache, die einzig eine Berichtspflicht der sich in Liquidation befindlichen GmbH, vertreten durch den Masseverwalter, über die sich in Liquidation befindliche Ltd beinhaltet, ob und welche Funktion Dipl. Ing. Mag. K XXXX in diesen Gesellschaften zukam, ob die GmbH tatsächlich AIFM des Nicht-EU-AIF Ltd war und ob die Vorwürfe der FMA gegenüber den handelnden Personen (Umgehung einer Konzessionspflicht und der Beaufsichtigung durch die FMA) gerechtfertigt wären, auch wenn die Überlegungen der FMA hierzu durchaus überzeugend sind.

Nach § 56 Abs. 2 Z 9 AIFMG kann die FMA jegliche Art von Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass unter anderem AIFM sich weiterhin an die auf sie anwendbaren Anforderungen dieses Bundesgesetzes, der auf Basis der Richtlinie 2011/61/EU erlassenen delegierten Rechtsakte, der Verordnung (EU) Nr. 345/2013, der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 und der Verordnung (EU) 2015/760 halten. Die Maßnahmen der FMA haben sich daher nach dem klaren Gesetzeswortlaut gegen AIFM zu richten. Wie gezeigt, ist die GmbH spätestens seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens / Liquidationsverfahrens nicht mehr AIFM und die von der FMA herangezogene Bestimmung daher auf sie nicht mehr anwendbar.

Es waren daher der Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026) spruchgemäß aufzuheben.

IV.2. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Die von der BF beantragte Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war. Auch aufgrund von § 24 Abs. 4 VwGVG konnte von einer Verhandlung abgesehen werden, weil lediglich Rechtsfragen zu klären waren und der dafür notwendige Sachverhalt unstrittig war. Es bestand daher trotz Antrags keine Verhandlungspflicht, weil auch weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC dem Entfall der Verhandlung entgegenstanden (VwGH 14.11.2018, Ra 2018/11/0199; 19.09.2017, Ra 2017/01/0276).

IV.3. Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der Verwaltung fallenden Rechtsmaterien kommt dem Verwaltungsgerichtshof keine Leitfunktion zu; er ist zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivilrechts nicht berufen, sodass die Auslegung zivilrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen kann, solange den Verwaltungsgerichten dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist. Eine derartige Unvertretbarkeit ist in der Regel dann auszuschließen, wenn die Verwaltungsgerichte eine zivilrechtliche oder insolvenzrechtliche Vorfrage im Einklang mit der Rechtsprechung des OGH gelöst haben (VwGH 03.07.2020, Ra 2020/14/0006; 03.04.2019, Ra 2018/15/0060). Zur hier maßgeblichen Rechtsfrage konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf Judikatur des OGH, die von der herrschenden Ansicht geteilt wird, stützen. Zur Frage, wer Adressat einer von der FMA auferlegten Verpflichtung sein kann, ist der Gesetzeswortlaut klar und eindeutig, weswegen die Revision ebenfalls unzulässig ist.

Schlagworte

Abwicklung Beendigungstatbestände Behebung der Entscheidung Berichtspflicht Beschwerdevorentscheidung Finanzmarktaufsicht Informationspflicht Insolvenzverfahren Insolvenzverwalter Kassation Masseverwalter Vermögensverwaltung Vertragsauflösung Vertragsverhältnis Vollmacht Vorlageantrag wirtschaftlicher Eigentümer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W204.2230208.2.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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