TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/24 W214 2232816-1

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Entscheidungsdatum

24.11.2020

Norm

AVG §13 Abs8
AVG §73
AVG §74 Abs1
AVG §74 Abs2
B-VG Art130 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
DSG §24 Abs6
VwGVG §16
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35
VwGVG §8

Spruch


W214 2232816-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Huberta MAITZ-STRASSNIG und Mag. Claudia KRAL-BAST als Beisitzerinnen über die Beschwerde des Mag. XXXX , vertreten durch XXXX , vom 18.01.2019 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Datenschutzbehörde betreffend ein Beschwerdeverfahren wegen Verletzung des Rechts auf Auskunft durch die XXXX , (soweit diese für XXXX zuständig ist)

A1)

I. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird insofern gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG iVm § 8 VwGVG stattgegeben, als sie sich auf das ursprünglich bei der belangten Behörde anhängige Datenschutzbeschwerdeverfahren wegen Nichterteilung der Auskunft bezieht.

II. beschlossen:

Sofern sich die Datenschutzbeschwerde auf die Nichterteilung der Auskunft durch die XXXX (soweit diese für XXXX zuständig ist) bezieht, wird das Verfahren gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.

A2)

beschlossen:

Der Antrag, der XXXX (soweit diese für XXXX zuständig ist) aufzutragen, dem Beschwerdeführer die Kosten des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens zu ersetzen, wird zurückgewiesen.

A3)

beschlossen:

Im Übrigen wird die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (samt entsprechenden Anträgen) mangels Zuständigkeit zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. In seiner an die Datenschutzbehörde (DSB, belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) gerichteten Beschwerde vom 18.01.2019 machte der Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Auskunft geltend. Dazu brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass seinem Antrag auf Auskunft über seine personenbezogenen Daten an die XXXX (soweit diese für XXXX zuständig sei [bei XXXX handelt es sich um einen kostenpflichtigen Streamingdienst, Anm.]), Beschwerdegegnerin im Verfahren vor der DSB, kurz: BG) vom 29.09.2018 überhaupt nicht nachgekommen worden sei. Die BG habe mit Ablauf der Frist am 29.10.2018 keinerlei Antwort übermittelt, sie habe den Antrag des Beschwerdeführers nicht bestätigt, geschweige denn den Zugangsantrag des Beschwerdeführers beantwortet. Die BG habe jedenfalls gegen ihre Pflichten nach Art. 15 iVm Art. 12 DSGVO verstoßen, weshalb die Feststellung der Rechtsverletzung beantragt werde, sowie, die BG zu verpflichten, auf den vom Beschwerdeführer gestellten Auskunftsantrag unverzüglich vollständig und korrekt zu antworten. Weiters beantragte der Beschwerdeführer nach Art. 58 Abs. 2 lit. iVm Art. 83 Abs. 5 DSGVO die Verhängung einer wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Strafe.

Der Beschwerde beigelegt wurde der ursprüngliche Antrag auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO an die BG vom 29.09.2018 sowie ein Ausdruck der Datenschutzerklärung und Cookie-Hinweise der BG vom 20.11.2018.

2. Mit E-Mail vom 13.02.2019 gab der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung der belangten Behörde bekannt, bisher keine Reaktion zu seiner Beschwerde vom 18.01.2019 erhalten zu haben.

3. Mit E-Mail vom 15.04.2019 wandte sich der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung abermals an die belangte Behörde und ersuchte um Bestätigung des Erhalts der Beschwerde sowie um Mitteilung der Entwicklung des Beschwerdeverfahrens.

4. Die belangte Behörde gab mit E-Mail vom 26.04.2019 bekannt, dass die Beschwerde nicht separat protokolliert worden sei, es werde eine Überprüfung stattfinden, ob die Beschwerde die belangte Behörde erreicht habe.

5. Mit Schriftsatz vom 04.06.2020 brachte der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Rechtsvertretung, eine Säumnisbeschwerde ein. In dieser Beschwerde wurde darauf hingewiesen, dass gemäß § 73 Abs. 1 AVG, der auch im Verfahren über Beschwerden an die Datenschutzbehörde gemäß § 24 DSG zur Anwendung komme, Behörden verpflichtet seien, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlagen den Bescheid zu erlassen. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sei die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde am 19.01.2019 und damit vor mehr als 16 Monaten eingebracht worden. Die der belangten Behörde nach § 73 Abs. 1 AVG eingeräumte Frist ist damit um mehr als das Doppelte überschritten. Die Entscheidungspflicht der belangten Behörde sei somit verletzt worden.

Wie seine Rechtsvertretung inzwischen feststellen habe können, habe der Beschwerdeführer am 08.02.2019 eine verspätete Auskunft der BG erhalten, die jedoch gesetzwidrig sei. So scheine die BG in keinem Punkt konkret die Verarbeitung seiner Daten zu beschreiben, sondern nur einen generischen Brief zu übermitteln. Hierdurch sei es ihm unmöglich konkret zu verstehen, wie seine Daten tatsächlich verarbeitet worden seien. Die BG scheine die generische, prospektive Information nach Artikel 13 bzw. 14 DSGVO mit der konkreten Information nach Artikel 15 DSGVO zu vermengen. Weiters fehle jegliche Zuordnung von Zwecken und Daten gemäß Art. 15 Abs. 1 lit. a DSGVO sowie konkrete Empfängerangaben gemäß lit. c. Die Angaben zur Speicherdauer gemäß lit. d hätten zwar einige konkrete Angaben, würden aber für jeden der drei angeführten Fälle alternativ auch eine „angemessene Frist“ nutzen. Eine konkrete Speicherfrist für konkret beauskunftete Daten fehle jedenfalls. Eine Angabe zur Datenherkunft gemäß lit. g fehle völlig. Unter Punkt 1 des Briefs sei zwar davon die Rede, dass Daten „über Dritte“ gesammelt würden, um welche „Dritte“ es sich konkret handle, sei aber mit keinem Wort erklärt. Nur im letzten Punkt finde sich ein Verweis auf „externe Datenbanken“ ohne konkrete Namen noch „den von dort erhaltenen Daten“. Die Information zum Datentransfer gemäß Art. 15 Abs. 2 DSGVO beschränke sich auf eine Beschreibung der DSGVO und benenne weder die konkreten Datentransfers noch die konkreten Länder, in die die Daten des Betroffenen übermittelt worden seien. Ein Verweis darauf, dass der Betroffene eine weitere Anfrage stellen müsse, um Genaueres herauszufinden, sei nach der DSGVO nicht vorgesehen. Der Verantwortliche müsse umgehend eine vollständige Auskunft nach Artikel 15 Abs. 2 DSGVO bereitstellen. Zudem seien die Rohdaten gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO schon insofern offensichtlich unvollständig, als im Brief von drei Dateien gesprochen werde, im Anhang an die E-Mail jedoch nur zwei Dateien angehängt gewesen seien. Eine Datei beinhalte nur das Auskunftsersuchen, die andere Datei einen Datensatz zum Beschwerdeführer, wobei es sich hier anscheinend um eine Transaktion vom 18.01.2019 handle, die einfach sechs Mal parallel angeführt werde. Keine der Daten die in Teil 1 des Briefs beschrieben würden (z.B. Kontodetails, Nutzungsdaten) oder andere offensichtlich notwendigen Daten (z.B. Cookie-Daten) seien inkludiert.

Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde des Beschwerdeführers Folge geben und feststellen, dass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Auskunft verletzt worden sei, das Bundesverwaltungsgericht möge der BG als Beschwerdegegnerin im Ausgangsverfahren auftragen, eine vollständige und den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Auskunft zu erteilen sowie das Bundesverwaltungsgericht möge die BG verpflichten, dem Beschwerdeführer die Kosten des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens zu Handen der Vertreterin des Beschwerdeführers zu ersetzen.

Der Säumnisbeschwerde beigelegt wurde die Beschwerde an die belangte Behörde vom 18.01.2019 samt Anhängen, Urgenzschreiben der rechtlichen Vertretung des Beschwerdeführers an die belangte Behörde vom 13.02.2019, 15.04.2019 und 23.01.2020, sowie das Antwortschreiben der BG samt Beilagen vom 08.02.2019.

6. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 19.06.2020 die Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers vom 04.06.2020 samt den dazugehörigen Verwaltungsakten vor und gab eine Stellungnahme dahingehend ab, dass die Beschwerde berechtigt sei, in Folge eines im Verantwortungsbereich der belangten Behörde liegenden Versehens sei die Beschwerde nicht als solche erkannt, nicht erfasst und auch nicht innerhalb der gemäß § 73 AVG normierten Frist bearbeitet worden. Dies sei erst nach einer anlässlich der Prüfung der nun vorliegenden Säumnisbeschwerde durchgeführten näheren Prüfung der am 18.01.2019 eingelangten Eingangsstücke erkannt und die Beschwerde erst am 18.06.2020 unter der neuen Verfahrenszahl DSB-D130.457 protokolliert worden. Der säumige Bescheid könne auch nicht innerhalb der Frist nach § 16 Abs. 1 VwGVG nachgeholt werden, weil es sich gegenständlich aller Voraussicht nach um eine Beschwerde handle, die gemäß Art. 56 und 60 DSGVO zu behandeln sei und die federführende Zuständigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht bei der belangten Behörde liege. Erfahrungsgemäß könnten solche Verfahren nicht innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden. § 24 Abs. 10 DSG nehme jedoch ausdrücklich nur auf die Frist nach § 73 AVG Bezug, nicht jedoch auf jene nach § 16 Abs. 1 VwGVG, sodass eine Fristenhemmung nicht in Betracht komme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird den Feststellungen zugrunde gelegt.

Der Beschwerdeführer stellte mit E-Mail vom 29.09.2018 an die BG ein Auskunftsbegehren. Da er keine Auskunft erhielt, erhob er mit Schreiben vom 18.01.2019 eine Beschwerde an die belangte Behörde.

Die belangte Behörde hat nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden, weil die Beschwerde versehentlich nicht protokolliert und damit auch nicht bearbeitet wurde. Sie hat auch nicht aufgrund der mehrfachen Bitten des Beschwerdeführers um Bestätigung des Eingangs der Beschwerde diese ausfindig gemacht und protokolliert, sondern hat erst aufgrund der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungsfrist eine nähere Prüfung der am 18.01.2019 eingelangten Eingangsstücke durchgeführt.

Mit Schreiben vom 08.02.2019 erhielt der Beschwerdeführer von der BG eine Auskunft. Dies teilte er jedoch der belangten Behörde vor Einbringung der Säumnisbeschwerde nicht mit.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 04.06.2020 eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde an das Bundesverwaltungsgericht und teilte in dieser erstmals mit, dass er eine Auskunft erteilt bekommen habe, die er für unvollständig erachte.

Die belangte Behörde holte den Bescheid nicht innerhalb von drei Monaten nach, sondern legte die Säumnisbeschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor. Sie begründete dies damit, dass es sich aller Voraussicht nach um eine Beschwerde handle, die gemäß Art. 56 und 60 DSGVO zu behandeln sei und die federführende Zuständigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht bei der belangten Behörde liege. Erfahrungsgemäß könnten solche Verfahren nicht innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem hg. Gerichtsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zu den Spruchpunkten A1), A2) und A3):

3.2.1. Zu A1) I. Säumnis:

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Nach § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, nicht innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der gesetzlich vorgesehenen Stelle eingelangt ist. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind Behörden verpflichtet, über Anträge von Parteien innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden.

Ein überwiegendes Verschulden der Behörde ist dann anzunehmen, wenn diese die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 8 VwGVG, Anm. 9 mit Verweis auf VwGH 26.01.2012, 2008/07/0036; vgl. auch VwGH 18.12.2014, 2012/07/0087 m.w.N.).

§ 16 VwGVG lautet:

"Nachholung des Bescheides

§ 16. (1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen."

Die belangte Behörde ist, was sie auch selbst eingesteht, ihrer Entscheidungspflicht binnen sechs Monaten nicht nachgekommen und säumig geworden, weil sie die Beschwerde versehentlich nicht protokolliert und in Behandlung genommen hat. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass den Beschwerdeführer Verschulden an der Verzögerung trifft, vielmehr hat er sogar mehrmals um Bestätigung des Eingangs der Beschwerde ersucht.

Die belangte Behörde hat auch die Frist gemäß § 16 VwGVG ungenützt verstreichen lassen.

Daher war der Beschwerde in diesem Punkt stattzugeben und ist nunmehr das Bundesverwaltungsgericht zuständig, über die Beschwerde wegen Nichterteilung der Auskunft zu entscheiden.

3.2.2. Zu A1) II: Einstellung des Datenschutzbeschwerdeverfahrens wegen Nichterteilung der Auskunft:

Gemäß § 24 Abs. 6 DSG kann ein Beschwerdegegner bis zum Abschluss des Verfahrens vor der Datenschutzbehörde die behauptete Rechtsverletzung nachträglich beseitigen, indem er den Anträgen des Beschwerdeführers entspricht. Erscheint der Datenschutzbehörde die Beschwerde insofern als gegenstandslos, so hat sie den Beschwerdeführer dazu zu hören. Gleichzeitig ist er darauf aufmerksam zu machen, dass die Datenschutzbehörde das Verfahren formlos einstellen wird, wenn er nicht innerhalb einer angemessenen Frist begründet, warum er die ursprünglich behauptete Rechtsverletzung zumindest teilweise nach wie vor als nicht beseitigt erachtet. Wird durch eine derartige Äußerung des Beschwerdeführers die Sache ihrem Wesen nach geändert (§ 13 Abs. 8 AVG), so ist von der Zurückziehung der ursprünglichen Beschwerde und der gleichzeitigen Einbringung einer neuen Beschwerde auszugehen. Auch diesfalls ist das ursprüngliche Beschwerdeverfahren formlos einzustellen und der Beschwerdeführer davon zu verständigen. Verspätete Äußerungen sind nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens bis zu einer allfälligen Schließung des Ermittlungsverfahrens (§ 39 Abs. 3) geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren – hier das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. zur Bejahung der Notwendigkeit der Fällung eines Beschlusses über die Verfahrenseinstellung auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5 und § 31 VwGVG Anm 5, sowie Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 28 VwGVG Anm K 3 und § 31 VwGVG Anm K 2) [ vgl. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047].

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs, als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5, vgl VwGH, 28.1.2016, Ra 2015/11/007; 31.1.208, Ra 2018/10/0022).

Für den konkreten Sachverhalt bedeutet dies Folgendes:

Wie bereits unter Punkt 3.2.1. ausgeführt, ist mit der Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht die Zuständigkeit bezüglich des Verfahrens wegen Nichterteilung der Auskunft auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

Ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über die ursprüngliche Nichterteilung der Auskunft besteht allerdings nicht mehr; dies aufgrund folgender Erwägungen:

Wie sich aus § 24 Abs. 6 DSG ergibt, hätte die belangte Behörde – hätte sie das Verfahren durchgeführt und hätte sie von der Auskunftserteilung erfahren und festgestellt, dass der Beschwerdeführer die Auskunft für unvollständig erachtete, in jedem Fall das Verfahren wegen der Nichterteilung der Auskunft einzustellen gehabt und hätte gleichzeitig – da die Sache durch die Äußerung des Beschwerdeführers ihrem Wesen nach im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG geändert wurde - ein neues Verfahren wegen einer unvollständigen Auskunftserteilung eröffnen müssen.

Da dem Begehren des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Auskunft nachgekommen wurde, ist demnach das rechtliche Interesse an grundsätzlichen Erteilung einer Auskunft weggefallen, das Verfahren gegenstandslos geworden und dementsprechend auch vom Bundesverwaltungsgericht einzustellen. Diese Einstellung hat aus den oben erwähnten rechtlichen Gründen nicht formlos, sondern mittels eines Beschlusses zu erfolgen.

3.2.3. Zu A3) Kostenersatz:

Gegenständlich handelt es sich um ein Verfahren über die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungsbefugnis gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG.

Nachdem das VwGVG für Säumnisbeschwerden keinen Kostenersatz vorsieht, sind gemäß § 17 VwGVG subsidiär die entsprechenden Regelungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) anzuwenden.

Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Dieser Grundsatz gilt für sämtliche Parteienkosten, also etwa Anwaltskosten, Kosten für Privatgutachten etc. (VwSlg. 16.636 A/2005 mwN). Nach Abs. 2 leg. cit. bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwieweit einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht.

Ein wie vom Beschwerdeführer beantragter Kostenersatz käme daher nur in Betracht, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage bestünde und die sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts darüber vorliegen würde, über einen solchen Antrag abzusprechen (Art. 18 Abs. 1 B-VG).

Gegenständlich besteht weder im VwGVG, noch im subsidiär anzuwendenden AVG eine Rechtsgrundlage für einen Kostenersatz im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde, da § 35 VwGVG einen Kostenersatzanspruch lediglich über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG vorsieht.

Mangels materienspezifischer Sonderregelung im DSG oder in der DSGVO ergibt sich auch aus § 74 Abs. 2 AVG kein Kostenersatzanspruch.

Es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte für eine planwidrige Lücke im Gesetz vor, die es erlauben würde, diese im Wege der Analogie zu schließen. Im Gegenteil hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich für eine grundsätzliche Selbstbestreitung der Kosten im Verwaltungsverfahren entschieden und ist auch nicht davon auszugehen, dass er im DSG einen Kostenersatzanspruch regeln wollte und dies bloß „vergessen“ hat.

Weiters ist festzuhalten, dass weder im Verfahren vor der belangten Behörde, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Anwaltspflicht bzw. eine Vertretungspflicht herrscht (§ 17 VwGVG iVm § 10 AVG) und es gerade intendiert war, den Beschwerdeführern ohne (außer den bei Einbringung der Beschwerde erforderlichen Gebühren) weitere Kosten niederschwellig eine Anrufung des Bundesverwaltungsgerichtes möglich zu machen. Eine Heranziehung eines Rechtsvertreters ist deshalb nicht zwingend notwendig.

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass die Regelung des § 74 auch nicht verfassungswidrig ist. Der Verfassungsgerichtshof führte dazu aus:
„Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 74 AVG bestehen keine Bedenken. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Verwaltungsverfahrensgesetzgebers, ob und in welchen Fällen er eine Selbsttragung der Verfahrenskosten (iSd § 74 Abs. 1 AVG) oder einen Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten (vgl. § 74 Abs. 2 AVG iVm dem jeweiligen Materiengesetz) normiert. Dem Nachteil im (datenschutzrechtlichen) Verwaltungsverfahren, die eigenen Kosten selbst zu tragen, steht der Vorteil des fehlenden Risikos gegenüber, zur Übernahme von Kosten eines anderen Beteiligten verpflichtet zu werden.“ (VfGH vom 26.02.2020, E 315/2020-5).

Der Antrag auf Verpflichtung der BG auf Erstattung des Kostenersatzes an den Beschwerdeführer war daher mangels Rechtsgrundlage zurückzuweisen.

3.2.4. Zu A3) Zurückweisung der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht bezüglich der unvollständigen Auskunftserteilung:

Der Beschwerdeführer hat bei der belangten Behörde keine Beschwerde gegen die BG wegen Unvollständigkeit der Auskunftserteilung eingebracht. Die belangte Behörde erlangte erstmals durch Einbringung der Säumnisbeschwerde davon Kenntnis, dass die BG eine Auskunft erteilt hat und dass der Beschwerdeführer diese für unvollständig erachtet. Damit wird jedoch eine Änderung des Verfahrensgegenstandes vorgenommen, was gemäß § 13 Abs. 8 zweiter Satz AVG nicht zulässig ist.

Da bei der belangten Behörde gar kein Verfahren wegen unvollständiger Auskunftserteilung anhängig war, konnte sie diesbezüglich auch nicht säumig werden. Es ist daher keine Säumnis gegeben, weshalb die Zuständigkeit durch die Vorlage der Beschwerde auch nicht auf das Bundesverwaltungsgericht übergehen konnte. Die Säumnisbeschwerde war daher diesbezüglich durch Beschluss zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass selbst dann, wenn die belangte Behörde aufgrund der Säumnisbeschwerde ein neues Verfahren wegen unvollständiger Auskunftserteilung eingeleitet hätte, die dafür vorgesehen Sechsmonatsfrist noch nicht abgelaufen wäre, da die Säumnisbeschwerde mit Schriftsatz vom 04.06.2020 eingebracht wurde.

3.2.5. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Beschwerdeführerin keine mündliche Verhandlung beantragt und war der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt. Die Heranziehung weiterer Beweismittel war zur Klärung des Sachverhaltes nicht notwendig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.06.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff.). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.06.2012, B 155/12).

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war daher nicht erforderlich.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Höchstgerichte und ist außerdem aus dem eindeutigen Wortlaut des VWGVG, des AVG und des DSG erschließbar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

3.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Auskunfterteilung Auskunftsbegehren Datenschutz Datenschutzbehörde Datenschutzbeschwerde Entscheidungspflicht Gegenstandslosigkeit Kostenersatz Nachholung des Bescheides personenbezogene Daten planwidrige Lücke Protokollierung Rechtsgrundlage Rechtsschutzinteresse Säumnisbeschwerde Unvollständigkeit Verfahrensgegenstand Zurückweisung Zuständigkeitsübergang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W214.2232816.1.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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