TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/26 W147 2235138-1

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Veröffentlicht am 26.11.2020
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Entscheidungsdatum

26.11.2020

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §66 Abs4
B-VG Art133 Abs4
FMGebO §47 Abs1
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50 Abs1 Z1
FMGebO §50 Abs4
FMGebO §51 Abs1
RGG §2
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W147 2235138-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 6. Juli 2020, GZ 0002056083, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1, 2 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Mit am 9. Juni 20202 per E-Mail bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben meldete der Beschwerdeführer den Betrieb von Radioempfangseinrichtungen gemäß dem Rundfunkgebührengesetz an, beantragte zugleich die Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen und machte keine weiteren mit ihm gemeinsamen Haushalt lebenden Personen namhaft, sondern vermerkte handschriftlich „WG der WWH – keine Bedarfsgemeinschaft“. Unter Punkt 4. des Antragsformulars kreuzte der Beschwerdeführer den Bezug von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz bzw. von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz als Anspruchsvoraussetzung an.

Dem Antragsformular wurden folgende Unterlagen beigeschlossen:

?        eine Bezugsbestätigung des zuständigen AMS über die bewilligte Notstandshilfe des Beschwerdeführers ab 9. September 2019 bis 6. September 2020,

?        eine Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister über einen aufrechten Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers an antragsgegenständlicher Wohnanschrift sowie

?        eine Kopie seines Reisepasses.

2. Mit Schreiben vom 10. Juni 2020 wurde der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde aufgefordert, folgende Unterlagen in Kopie binnen einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages nachzureichen:

?        Kopien der Meldebestätigung des Beschwerdeführers und gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, und

?        Nachweise über das Einkommen von den mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen und des Beschwerdeführers selbst.

Dezidiert wurde das aktuelle Einkommen seiner Mitbewohner und der Mietzinsaufschlüsselung unter Nennung von konkreten Beispielen gefordert („Einkommen (Lohn, AMS, etc.) von [zwei namentlich angeführte Personen] sowie ggf. eine Mietzinsaufschlüsselung nachreichen.“).

3. In der Folge teilte die Sozialbetreuerin des Beschwerdeführers mit E-Mail vom 22. Juni 2020 mit, dass der Beschwerdeführer mit zwei weiteren Personen in einer Wohnungsgemeinschaft der zuständigen Wohnungslosenhilfe lebe und würden diese keine Bedarfsgemeinschaft bilden sowie in keinerlei Verhältnis zueinander stehen. Die Mitbewohner des Beschwerdeführers würden weder ein Radio noch einen Fernseher besitzen und handle es sich gegenständlich nur um die Befreiung des Beschwerdeführers.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers zurück. Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdeführer schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen nachzureichen. Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht würden.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Sozialarbeiterin des Beschwerdeführers fristgerecht unter Beischluss näher bestimmter Unterlagen verfahrensgegenständliche Beschwerde und monierte im Wesentlichen, dass es sich bei antragsgegenständlicher Wohnung um keine Wirtschafts- oder Bedarfsgemeinschaft handle, weil die Mitbewohner sich bei Einzug nicht kannten und jeder Mitbewohner verfüge über eine eigene Nutzungsbewilligung. Der Beschwerdeführer wohne seit Mai 2020 in einer Wohngemeinschaft der XXXX , einer Einrichtung der XXXX , mit dem Ziel, wieder eine eigene Wohnung zu erlangen und selbständig zu wohnen.

6. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 15. September 2020 und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am 17. September 2020 ein.

7. In Entsprechung eines Mängelbehebungsauftrages des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. November 2020 reichte die Sozialarbeiterin des Beschwerdeführers eine Vollmacht zur Führung des Beschwerdeverfahrens (ohne Zustellvollmacht) nach.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den unter I. angeführten Ausführungen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie den von dem Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gegen von der GIS Gebühren Info Service GmbH erlassene Bescheide ist nach § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz – RGG, BGBl. I Nr. 159/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2013, die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

3.2. Anzuwendendes Recht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 und des IV. Teiles, sowie im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 28 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 VwGVG lauten wortwörtlich:

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.“

§ 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, lautet:

„(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“

Die §§ 2, 3, 4 und 6 Rundfunkgebührengesetz – RGG lauten:

„Gebührenpflicht, Meldepflicht

§ 2. (1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.

(2) Die Gebührenpflicht nach § 1 besteht nicht, wenn

1. dem Rundfunkteilnehmer eine Befreiung (§ 3 Abs. 5) erteilt wurde oder

2. für den Standort bereits die Gebühren nach § 3 entrichtet werden.

Standort ist die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw. ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird.

(3) (…)

Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen (…)

(2) (…)

(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl Nr 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.

(6) (…)

Einbringung der Gebühren

§ 4. (1) Die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge (§ 3 Abs. 5) obliegt der “GIS Gebühren Info Service GmbH” (Gesellschaft).

(2) bis (5) (…)

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.

(3) bis (5) (…).“

Die Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. I Nr. 170/1970 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2016, lautet (auszugsweise):

„ABSCHNITT XI

Befreiungsbestimmungen

§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung

- der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),

- der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG) zu befreien:

1.       Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;

2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;

3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,

4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,

5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,

6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,

7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.

(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:

1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Blindenheime, Blindenvereine,

b) Pflegeheime für hilflose Personen, wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.

2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;

b) Heime für solche Personen, wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.

3.(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 71/2003)

§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.

(3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.

(4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden.

(5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen:

1. den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen,

2. anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.

§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:

1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,

2. der Antragsteller muss volljährig sein,

3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,

4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen gemäß § 47 Abs. 2 eingerichtete Gemeinschaftsräume gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.

§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:

1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,

2. im Falle der Gehörlosigkeit oder schweren Hörbehinderung durch eine ärztliche Bescheinigung oder durch einen vergleichbaren Nachweis über den Verlust des Gehörvermögens.

(2) Der Antragsteller hat anlässlich seines Antrages Angaben zum Namen, Vornamen und Geburtsdatum aller in seinem Haushalt lebenden Personen zu machen. Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist, sofern der Antragsteller und alle in seinem Haushalt lebenden Personen dem schriftlich zugestimmt haben, berechtigt, diese Angaben im Wege des ZMR auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, wobei die Anschrift als Auswahlkriterium vorgesehen werden kann.

(3) Die Finanzbehörden haben der GIS Gebühren Info Service GmbH bei Vorliegen der Zustimmung der Betroffenen über Anfrage die Einkommensverhältnisse des Antragstellers und aller mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mitzuteilen; der Nachweis hat die Summe sämtlicher Einkünfte im Sinne von § 48 Abs. 3 zu umfassen. Unbeschadet des Vorliegens einer Zustimmung der Betroffenen dürfen Auskünfte über die Einkommensverhältnisse nur insoweit eingeholt und gegeben werden, als im Einzelfall berechtigte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit von Angaben des Antragstellers entstanden sind, die durch Befragung der Betroffenen voraussichtlich nicht ausgeräumt werden können.

(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.

(5) Die GIS Gebühren Info Service GmbH kann die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung um Auskunft über das Bestehen der für die Befreiung maßgeblichen Voraussetzungen ersuchen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen; diese sind ihrerseits zur kostenfreien Auskunft verpflichtet.

(6) (…)

§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen. (…)“

3.3. Zu Spruchteil A) Aufhebung des Bescheides:

3.3.1. Die belangte Behörde hat somit im zugrundeliegenden Antragsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 RGG das AVG anzuwenden

Mit Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, weiterer Nachweise binnen einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung beizubringen.

Eine Behörde darf nur dann nach § 13 Abs. 3 AVG vorgehen, wenn das Anbringen einen "Mangel" aufweist, also von der Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht. Was unter einem Mangel schriftlicher Eingaben im Sinne des § 13 AVG zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden. Als Mangel ist insbesondere das Fehlen von Belegen anzusehen, wenn die Partei aufgrund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind (vgl. VwGH 16.09.2009, 2008/05/0206).

§ 13 Abs. 3 AVG gibt der Behörde nicht die uneingeschränkte Ermächtigung, unter allen Umständen alle Unterlagen, die einem Ansuchen nach dem Gesetz anzuschließen sind, zu verlangen, sondern erlaubt nur diejenigen anzufordern, die für die Entscheidung des Parteibegehrens notwendig sind (vgl. VwGH 28.05.2013, 2013/05/0008).

Die von der Behörde gesetzte Frist muss zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen angemessen sein, nicht aber zur Beschaffung dieser (noch fehlenden) Unterlagen. Dieser Grundsatz gilt allerdings nur in jenen Fällen, in denen der Gesetzgeber zweifelsfrei und für den Antragsteller eindeutig erkennbar festlegt, welche Unterlagen erforderlich sind (VwGH 25. 4. 1996, 95/07/0228; 12. 11. 1996, 96/04/0198; 17. 1. 1997, 96/07/0184; 27. 3. 2008, 2005/07/0070).

Zum nunmehrigen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erkannte der Verwaltungsgerichtshof, dass „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs – jedenfalls nur jene Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 17. 12. 2014, Ra 2014/03/0049). Wenngleich § 66 Abs. 4 AVG einerseits und § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VwGVG andererseits unter jeweils verschiedenen Tatbestandsvoraussetzungen eine Pflicht zur Entscheidung „in der Sache selbst“ normiert, ist das Verständnis dessen, was unter „Sache des Verfahrens“ zu verstehen ist, unverändert geblieben. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist „Sache“ sowohl eines Berufungsverfahrens vor einer im administrativen Instanzenzug übergeordneten Berufungsbehörde als auch eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die „Rechtmäßigkeit der Zurückweisung“ (VwGH 18. 12. 2014, Ra 2014/07/0002).

Es ist somit die Zulässigkeit des Zurückweisungsbescheides zu überprüfen, nicht jedoch das Begehren des zugrunde liegenden Antrages, über den nicht befunden wurde. (Hengstschläger/Leeb AVG I [2. Ausgabe 2014] § 13 Rz 30).

3.3.2. Sache im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist somit alleine die Frage, ob die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der mit Verbesserungsauftrag aufgetragenen Nachweise zu Recht erfolgt ist, nicht jedoch der Antrag.

Der Beschwerdeführer wies im Rahmen seiner Antragstellung auf den Umstand hin, dass es sich bei seiner Wohngemeinschaft um keine Wirtschaftsgemeinschaft handle, weil er in einer Einrichtung der XXXX untergebracht sei. Selbige Ausführungen wiederholte der Beschwerdeführer nach der Aufforderung von Unterlagen der belangten Behörde vom 10. Juni 2020.

Die belangte Behörde begründet den angefochtenen Zurückweisungsbescheid im Wesentlichen, dass das Einkommen der Mitbewohner des Beschwerdeführers nicht nachgereicht worden sei.

Da hinsichtlich der Rundfunkgebührenpflicht in § 3 RGG an den Begriff des "Standorts" angeknüpft wird, ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.10.2012, 2009/17/0194, hinzuweisen, das betreffend die Begriffe des "Standorts" und der "Wohnung" (im Sinne des RGG) Folgendes festhält:

"2.3. Ein ‚Standort' wird in § 2 Abs. 2 RGG definiert als ‚die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw. ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird'. Ein Standort ist also entweder eine ‚Wohnung' oder ‚eine sonstige Räumlichkeit bzw. ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck'. Für mehrere Wohnungen und somit Standorte ist mehrfach Rundfunkgebühr zu entrichten (vgl. § 3 Abs. 1 sowie Abs. 3a RGG).

Der Begriff des Standortes ist dabei jedoch offensichtlich nicht zu eng zu verstehen. So ergibt sich beispielsweise aus § 3 Abs. 3 Z 5 RGG, dass das RGG bei einem Hotel von einem gemeinsamen Standort (arg: ‚am jeweiligen Standort') ausgeht, obwohl die Hotelgäste jeweils über ihre eigenen Aufenthaltsbereiche verfügen. Gemeinsame Klammer über diese eigenen Bereiche ist jedoch der Hotelbetrieb, der als solcher als Standort im Sinne des RGG angesehen wird. Dieses gesetzliche Beispiel zeigt, dass Untereinheiten nach dem RGG zulässig sind und noch nicht notwendiger Weise einen eigenen Standort begründen.

2.4. Entscheidend ist im vorliegenden Fall die Begriffsbestimmung von ‚Wohnung', wobei hierfür keine eigene Legaldefinition im RGG besteht. Eine Wohnung ist dabei die Zusammenfassung von Räumlichkeiten und Einrichtungen, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind (vgl. schon zu § 26 BAO das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1969, Zl. 125/68 = Slg 3901). Dass eine Wohnung regelmäßig nicht nur der dauernden Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses einer einzelnen Person, sondern auch des Wohnbedürfnisses einer durch enge Bande zusammengefügten Gemeinschaft (Familie) dient, hat der Verwaltungsgerichtshof - wie die Beschwerde zu Recht aufzeigt - bereits in anderem Zusammenhang hervorgehoben (vgl das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1989, Zl. 88/16/0090, zu § 4 Abs. 1 GrEStG 1955). Ob ein Privatwohnhaus zwei ‚Wohnungen' beinhaltet oder als solches eine ‚Wohnung' bildet, ist jedoch letztlich eine Tatfrage und nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen.

Dabei ist es ein erstes Indiz, ob die Liegenschaft eine gemeinsame oder eine getrennte Bezeichnung/Anschrift besitzt. Letztlich sind aber die tatsächlichen Umstände der Wohnnutzung maßgebend, wobei sich für den Verwaltungsgerichtshof folgendes Abgrenzungsmuster ergibt:

Wohnen mehrere Personen in einem gemeinsamen Wohnungsverband, gewähren einander wechselseitigen Zutritt zu ihren Räumlichkeiten und üben eine Form des Zusammenlebens (Wohngemeinschaft), so ist von einer gemeinsamen Wohnung und einem einheitlichen Standort im Sinne des RGG auszugehen. Die Annahme eines solchen Wohnungsverbandes wird dabei noch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es für die Personen des Wohnungsverbandes durchaus getrennte Wohn- und Rückzugsbereiche in ihrer grundsätzlichen Verfügungshoheit gibt. Dies zeigen auch die Beispiele für eine einheitliche Zuordnung zu einem Standort in § 3 Abs 3a RGG (Gästezimmer von Privatzimmervermietern und von gewerblichen Beherbergungsbetrieben oder Heimen für Auszubildende und für ältere Menschen).

Liegen hingegen zwei getrennte und abgeschlossene Einheiten vor, ist von zwei Standorten im Sinne des RGG auszugehen. Eine solche Trennung manifestiert sich beispielsweise in getrennten Eingangsbereichen, getrennten Postfächern, versperrbaren und regelmäßig versperrten Eingangsportalen zu den jeweiligen Einheiten. Ein räumliches ‚Zusammenleben', das über ein Nachbarschaftsverhältnis hinausgeht, findet hier nicht statt. Sie erscheinen damit auch nach außen beispielsweise nicht als einheitliche Abgabenstelle im Sinne des § 2 Z 4 ZustellG.

2.5. Vor diesem Hintergrund ist die ‚Bewohnung getrennter Wohnbereiche' oder das Vorhandensein getrennter Infrastrukturen wie Küche und Bad auf zwei miteinander verbundenen Stockwerken allein noch kein Grund, von zwei Standorten im Sinne des RGG auszugehen."

3.3.3. Vor diesem Hintergrund gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die belangte Behörde ihrer Pflicht zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts im Hinblick auf den vorliegenden Antrag nicht nachgekommen ist. Dem Verwaltungsakt sind insbesondere keinerlei Ermittlungen betreffend versperrbare und regelmäßig versperrte Eingangsportale, getrennte Eingangsbereiche und Postfächer oder getrennt genutzte Räumlichkeiten am antragsgegenständlichen Standort zu entnehmen. Anhand der vorliegenden Ermittlungsergebnisse kann daher nicht beurteilt werden, ob ein gemeinsamer Haushalt der genannten Personen besteht, wobei bei Vorliegen getrennter Haushalt eine abweichende Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers möglich erscheint.

3.3.4. Da die Zurückweisung des vorliegenden Antrages nicht zu Recht erfolgte, war der angefochtene Bescheid folglich aufzuheben.

Als Folge der Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheides tritt das Verfahren einerseits in den Zustand vor Bescheiderlassung zurück, andererseits ist der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers (wieder) unerledigt.

Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die belangte Behörde wird sohin im weiteren Verfahren zu prüfen haben, ob an der im Antrag genannten Adresse getrennte Haushalte vorhanden sind, bei denen von mehreren Standorten im Sinne des RGG auszugehen ist. Ferner wird die belangte Behörde diese Ergebnisse mit dem Beschwerdeführer - unter Wahrung des Parteiengehörs - zu erörtern haben.

3.4. Bei diesem Ergebnis konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

4. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren war die Rechtsfrage zu klären, ob die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der mit Verbesserungsauftrag aufgetragenen Nachweise zu Recht erfolgte.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. In diesem Zusammenhang ist neuerlich auf die jüngsten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (VwGH 17. 12. 2014, Ra 2014/03/0049, VwGH 18. 12. 2014, Ra 2014/07/0002). Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher auch in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

angemessene Frist Behebung der Entscheidung Berechnung Bindungswirkung Einkommensnachweis Ermittlungspflicht ersatzlose Behebung gemeinsamer Haushalt getrennter Haushalt Kassation Mängelbehebung mangelhafter Antrag mangelhaftes Ermittlungsverfahren Mangelhaftigkeit mangelnde Sachverhaltsfeststellung Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Nettoeinkommen Prüfumfang Rundfunkgebührenbefreiung Standort Verbesserungsauftrag Vorlagepflicht Wohngemeinschaft Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W147.2235138.1.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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